Deutsche Bibelgesellschaft

6.6.11. Der Prophet Sacharja (Sach)

Übersicht über Sach 1-8

1,1-6 Überschrift und Umkehrruf
1,7-17 1. Gesicht : Die Reiter vor dem Herrn
2,1-4 2. Gesicht : Die vier Hörner und die vier Schmiede (Zürcher: 1,18-21)
2,5-9 3. Gesicht : Der Mann mit der Meßschnur (Zürcher: 2,1-5)
2,10-17 Aufruf zur Sammlung am Zion
3,1-10 4. Gesicht : Der Hohepriester Jeschua (sekundär)
4,1-5 . 10b-14 5. Gesicht : Der Leuchter und die Ölbäume
4,6-10a Wort des Herrn über Serubbabel
5,1-4 6. Gesicht : Die fliegende Schriftrolle
5,5-11 7. Gesicht : Die Frau im Scheffel
6,1-8 8. Gesicht : Die vier Wagen
6,9-15 Die goldene Krone des Hohepriesters Jeschua
7,1-14 Über den wahren Gottesdienst
8,1-23 Die neue Heilszeit in Jerusalem

Gliederung

Das dem Propheten Sacharja („JHWH hat sich erinnert“) zugeschriebene Buch zerfällt erkennbar in zwei Teile 1-8 und 9-14, wobei sich der zweite wegen der erneuten Einführung in 12,1 nochmals unterteilen lässt. In der Forschung hat sich hier die dem Jesajabuch entlehnte Terminologie „Sacharja, Deutero- und Tritosacharja“ eingebürgert. Sacharja selbst, der in verschiedenen Texten anderer biblischer Bücher erwähnt wird, (vgl. Esr 5,1, Neh 12,16) hat in der Zeit um 518 v. Chr. gewirkt, nur wenig später als Haggai. Die späteren Buchteile sind kaum sicher zu datieren, sie sind in die Zeit der frühen Apokalyptik einzuordnen, vgl. das entsprechende Thema-Kapitel.

Nachtgesichte

Wie bereits Haggai erwartet Sacharja das Eintreffen des Heils in allernächster Zeit. Aufschlussreich ist hierfür die Stellungnahme zum Fasten in Kap. 7-8: Es muss nicht mehr getrauert werden, da das Heil nahe ist (8,18-19). In den ursprünglich sieben Nachtgesichten sieht Sacharja die Verfassung der künftigen Heilsgemeinde. Dabei ist besonders wichtig, dass hier eine „Gewaltenteilung“ zwischen dem Hohepriester Jeschua und dem königlichen Serubbabel angestrebt wird, vgl. Kap. 4. Jerusalem wird von allem Bösen gereinigt werden (7. Gesicht), die Völker werden bestraft werden (Fluchrolle, 6. Gesicht). Am Ende findet sich aber auch in Kap. 8 die Hoffnung, dass die Völker zum Zion kommen werden, V. 23: „Wir wollen mit euch gehen, denn wir haben gehört, dass Gott mit euch ist“.

Engellehre

Ein besonderer Aspekt in der Verkündigung Sacharjas ist die Notwendigkeit für einen Deuteengel, lat. angelus interpres. Der Prophet sieht zwar das Zukünftige, doch in so verschlüsselter Form, dass er nicht allein dazu in der Lage ist, die Vision zu deuten. Dazu bedarf es des Deuteengels, der Sacharja den verborgenen Sinn des Geschauten mitteilt.

Damit kündigt sich die Wende von der Prophetie zur Apokalyptik an. Interessant ist auch, dass in Kap. 3 der Satan als Widersacher des Jeschua vor Gott erscheint, in derselben Funktion begegnet er im Rahmen des Hiobbuches (vgl. das Themenkapitel „Engel“). In der Forschung gilt allerdings dieses 4. Nachtgesicht als spätere Zufügung; auch einige der Zwischenstücke lassen sich kaum auf Sacharja selbst zurückführen.

Deutero-/Tritosacharja

Die Texte der Teile Deutero- und Tritosacharja stammen wohl aus dem 4./3. Jh. Sie sind nicht auf einen oder zwei Verfasser zurückzuführen, sondern stellen eher eine Sammlung von verschiedenen Einzelstücken dar. Inhaltlich knüpfen sie an die Heilsbotschaft Sacharjas für den Zion an, zudem nehmen sie die Gerichtsansagen an die Völker auf. Kap. 9 beginnt mit einer Unheilsansage gegen Jerusalem und spielt möglicherweise auf die Eroberungen Alexanders des Großen an, in V. 13 ist jedenfalls Griechenland (יָוָן Jāwān) erwähnt. Die Umstürzungen des Alexanderzuges ließen die Verfasser wohl auf den nahen Anbruch der Endzeit schließen.

Endzeiterwartung

Kap. 12 zeigt dann aber eine Modifizierung der Endzeiterwartung gegenüber früheren Büchern: Zion/Jerusalem muss durch die Feinde erobert werden, dann erst wird JHWH sie dort endgültig schlagen. Vor der Heilszeit steht also die Notwendigkeit des Leidens. Aus 12,11 „im Felde/Tal Megiddos“ (= der Karmel) wurde in der neutestamentlichen Apokalypse (16,16) die Bezeichnung Harmagedon für den Ort der endzeitlichen Schlacht abgeleitet. Kap. 14 endet mit dem Ausblick auf das endgültige Heil in Jerusalem und seinem Tempel.

Rezeption

Auffällig ist, dass die Texte dieser späten Teile des Sacharjabuches sehr intensiv von den urchristlichen Gemeinden dazu benutzt wurden, das in Jesus Christus erlebte Heilsgeschehen zu deuten. So wird der Einzug in Jerusalem auf einem Esel mit der bekannten Stelle in 9,9 zusammengebracht; die Tempelreinigung in Mt 21,12 mit Sach 14,21, wonach es in der Endzeit keine Krämer mehr im Tempel geben wird. Die Klage über den Durchbohrten, 12,10, wird in Joh 19,37 wieder aufgenommen; 11,13 ist der Hintergrund für den Lohn des Judas, 30 Lot Silber.

Die Aussage, dass es von jenen Tagen an keinen prophetischen Geist mehr in Israel gebe (13,2f.), führte im Judentum zu der Ansicht, dass Maleachi (der letzte Prophet in der Reihe des Dodekapropheton) als letzter Prophet in Israel aufgetreten sei.

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Die Texte auf dieser Seite sind mit freundlicher Genehmigung übernommen aus:

Cover der Bibelkunde des Alten Testaments von Martin Rösel

Rösel, Martin: Bibelkunde des Alten Testaments. Die kanonischen und apokryphen Schriften. Mit Lernübersichten von Dirk Schwiderski, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 11., veränd. Aufl. 2021.

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