Elat
(erstellt: Mai 2024)
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Elat (אֵילַת ’Êlat, אֵילוֹת und אֵלוֹת ’Êlôt; Αιλων Ailon, Αιλωθ Ailoth und Αιλαθ Ailath; Helath, Ahila[m] und Ahilath) bezeichnet eine Ortschaft am Nordende des Golfs von Elat / Aqaba bei → Ezjon-Geber
1. Name
Das feminine Toponym ’Êlat beziehungsweise ’Êlôt ist etymologisch entweder von hebräisch ’êla, „großer Baum“, oder ’ayīl, „Widder“, abzuleiten (Gesenius, 18. Aufl., 48; KAHAL, 23; Keel / Küchler 1982, 279). Weniger wahrscheinlich ist ein Bezug zu dem in Gen 36,41
2. Identifizierung und Lage
Die genaue Lokalisierung des biblischen Elat im nördlichen Umfeld des Golfs von Elat / Aqaba ist nicht sicher. Grundsätzlich könnten sich Reste der fraglichen Siedlung unterhalb der modernen Städte Eilat (Israel) oder Aqaba (Jordanien) befinden, jedoch ließen sich an beiden Orten zumindest bisher keine relevanten eisenzeitlichen Funde und Befunde ergraben.
3. Biblische Überlieferung
Elat beziehungsweise Elot wird in der Hebräischen Bibel achtmal erwähnt (Dtn 2,8
Ausgehend von der kanonischen Anordnung der biblischen Bücher findet sich die erstmalige Nennung im Buch Deuteronomium, genauer in der Notiz von Dtn 2,8
Nach dem Sieg → Amazjas
4. Außerbiblische Überlieferung
In der nabatäischen sowie römisch-byzantinischen Zeit trug Elat den Namen Aila / Ailana und fungierte als wichtiger Handelshafen, (spätestens) ab dem 4. Jh. n. Chr. zudem als militärischer Stützpunkt und sodann im 5. und 6. Jh. n. Chr. auch als Bischofssitz (zu den Belegen bei den griechischen und lateinischen Autoren vgl. Robinson / Smith 1841, 250-251; Thomsen 1907, 17-18 und Tsafrir / Di Segni / Green 1994, 59-60; Di Segni / Tsafrir 2017, 212-252).
Strabon erwähnt die Stadt um die Zeitenwende in seiner Geographie als Ailana (Aἴλανα) und gibt deren Entfernung von → Gaza
Im 4. Jh. n. Chr. war die Legio X Fretensis mitsamt ihrem Hauptquartier in Aila stationiert, wobei es auch noch während des 5.-6. Jh.s n. Chr. militärisch und ökonomisch bedeutsam war (Avi-Yonah 2007, 287). Diesbezüglich berichtet Eusebius von Caesarea im frühen 4. Jh. n. Chr. (wie auch etwas später Hieronymus), dass Aila nicht nur an der äußersten Grenze Palästinas liege, sondern man auch die 10. Römische Legion (Legio Romana decima) dorthin disloziert habe (Eus. On. 6,17-8,1; Text gr. und lat. Autoren
Für die Zeit des 4.-6. Jh.s n. Chr. werden die Bischöfe von Aila mehrfach als Teilnehmer auf bedeutenden Konzilien und Synoden erwähnt. So war etwa Petrus von Aila im Jahr 325 n. Chr. auf dem Ersten Konzil von Nicäa anwesend (Patr. Nicaen. Nom. 10-13, 64), während wiederum Beryllus von Aila die Beschlüsse des Konzils von Chalcedon (451 n. Chr.) unterzeichnete (ACO II, 1, 1, S. 57, Z. 39 u.ö. [für weitere Belegstellen vgl. die Angaben bei Di Segni / Tsafrir 2017, 232-233]). Paulus von Aila beteiligte sich an der Jerusalemer Synode von 536 n. Chr. (ACO III, S. 189, Z. 13, Nr. 43), welche die Beschlüsse des Konzils von Konstantinopel gegen die Monophysiten bestätigte. Unabhängig davon kam Aila in byzantinischer Zeit nach dem im frühen 6. Jh. n. Chr. schreibenden Theodosius offenbar eine größere Bedeutung als Raststation für Pilger auf dem Weg von Elusa zum Sinai zu (Theodosii de situ terrae sanctae 27). Dabei überliefert er die falsche Information, Aila wäre durch Alexander d.Gr. gegründet worden (vgl. dazu Donner 2002, 209 Anm. 99). Auch in dem um 570 n. Chr. verfassten Bericht des Pilgers von Piacenza wird das dort als Abila bezeichnete Aila als Wegstation für Sinai-Pilger genannt (Antonini Placentini Itinerarium 40).
5. Archäologie
Bei den am Fundplatz von Tell el-Ḫulēfe zwischen 1938-1940 durchgeführten Ausgrabungen unter Leitung von Nelson Glueck (Glueck 1938, 3-18; 1939, 8-22; 1940, 2-18) sind insgesamt fünf Strata („Period I-V“) differenziert und in einen Zeitraum vom 10. bis in das 5. Jh. v. Chr. datiert worden.
Im Horizont des nächstjüngeren Stratums („Period II“) ist eine Siedlung mit deutlich größeren Ausmaßen von annähernd 0,57 ha, mehreren Gebäuden und einer massiven Lehmziegelfortifikation nachgewiesen worden. Nahe der Südostecke dieser Befestigung ließ sich ein Vierkammertor (→ Tor / Stadttor
Erst in den 1980er Jahren wurden Gluecks Thesen und insbesondere seine stratigrafische Rekonstruktion einer umfassenden Revision durch Gary D. Pratico (Pratico 1985, 1-32; 1993a; 1993b, 869-870) unterzogen. Nach seinem Ansatz ist lediglich von zwei Hauptbesiedlungsphasen, „Casemate Fortress Phase“ und „Fortified Settlement Phase“, auszugehen. Während die ältere Festung auf Basis des keramischen Fundgutes kaum chronologisch eingeordnet werden könne (→ Keramik / Keramiktypologie
Neuere archäologische Untersuchungen wurden auf dem Tell im Jahr 1999 unter Leitung von Mary-Louise Mussell durchgeführt, deren Ergebnisse bisher nur vorläufig publiziert worden sind (vgl. Mussell 1999, 5-6; Egan / Bikai / Zamora 2000, 577-578). Mussell folgerte, dass die befestigte Siedlung (Praticos „Fortified Settlement Phase“) aus dem 7. bzw. 6. Jh. v. Chr. stamme. Ihre Erbauung sei auf das unter assyrischer Suprematie stehende Edom zurückzuführen und wäre zum Schutz der Handelsrouten von der Arabischen Halbinsel zum Mittelmeer erfolgt.
Das mit einer Kasematten-Befestigung geschützte Fort (Praticos „Casemate Fortress Phase“) deutete Mussel (gegen Glueck und Pratico) aufgrund der von ihr ergrabenen, stratifizierten Keramik als jüngere Konstruktionsphase und datierte diese in die Mitte des 6. Jh.s v. Chr. Die Anlage habe ihres Erachtens als babylonischer Handels- und Militärposten unter → Nabonid
Literatur
1. Lexikonartikel
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Abbildungsverzeichnis
- Abb. 1 Karte zur Lage von Tell el-Ḫulēfe und Ǧezīret Far‘ūn. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
- Abb. 2 Plan der in Tell el-Ḫulēfe ergrabenen Siedlungsschichten nach den Rekonstruktionen von N. Glueck und G.D. Pratico. © F. Hagemeyer (nach Glueck 1993, 867 Abb. links unten [ohne Nummer])
- Abb. 3 Siegelabdruck mit der Darstellung eines Widders und dem Anthroponym ljtm. © N. Glueck (nach Lipinski 2013, 68 [Abb. ohne Nummer])
- Abb. 4 Plan des assyrischen Forts (Phase C) von Tell el-Ḫulēfe nach der Rekonstruktion von I. Finkelstein. Aus: Finkelstein 2014, 131, Abb. 6
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