Tobit 2
Tobits Erblindung: 2,1–10
1Zur Zeit des Königs Asarhaddon kehrte ich also in mein Haus zurück. So waren mir meine Frau Hanna und mein Sohn Tobias wiedergegeben. An unserem Pfingstfest, welches das heilige Fest der Sieben Wochen ist, wurde mir ein gutes Mahl bereitet. Und ich ließ mich nieder, um zu essen. 2Mir wurde der Tisch gerichtet und verschiedene Speisen wurden mir aufgetragen. Da sagte ich zu meinem Sohn Tobias: Kind, geh, und wenn du unter unseren nach Ninive verschleppten Brüdern einen Armen findest, der mit ganzem Herzen des Herrn gedenkt, dann führe ihn hierher und er soll gemeinsam mit mir speisen. Siehe, ich werde auf dich warten, mein Kind, bis du kommst. 3Und Tobias ging, um einen Armen von unseren Brüdern zu suchen. Als er zurückkam, sagte er: Vater! Ich sagte zu ihm: Hier bin ich, Kind. Er erwiderte: Vater, siehe, einer aus unserem Volk ist ermordet worden und wurde auf den Marktplatz geworfen. Dort liegt er jetzt erdrosselt. 4Ich sprang auf, ließ das Mahl stehen, bevor ich davon gekostet hatte, hob den Leichnam vom Platz auf und legte ihn in eine der Hütten, bis die Sonne untergegangen war, um ihn dann zu begraben. 5Als ich zurückgekehrt war, badete ich und aß mein Brot in Trauer. 6Ich gedachte des Prophetenwortes, das Amos über Bet-El gesprochen hatte:
Eure Feste werden in Trauer verwandelt werden /
und all eure Lieder in Totenklage.
Da weinte ich.
7Als die Sonne untergegangen war, ging ich fort, hob ein Grab aus und setzte den Leichnam bei. 8Meine Nachbarn verlachten mich und sagten: Fürchtet er sich immer noch nicht? Er wurde schon gesucht, um wegen dieser Tat hingerichtet zu werden, und war geflohen. Doch siehe, schon wieder begräbt er die Toten. 9In derselben Nacht badete ich, ging in meinen Hof hinaus und legte mich an der Hofmauer zum Schlafen nieder; mein Gesicht war unverhüllt wegen der Hitze. 10Ich wusste aber nicht, dass Spatzen über mir in der Mauer waren. Ihr warmer Kot fiel mir in die Augen und führte zu weißen Flecken. Ich ging zu den Ärzten, um mich behandeln zu lassen, aber je mehr Arzneien sie mir daraufstrichen, desto mehr erblindeten meine Augen an den weißen Flecken, bis sie ganz blind waren. Vier Jahre lang konnte ich meine Augen nicht gebrauchen. Alle meine Brüder waren meinetwegen bekümmert. Achikar sorgte zwei Jahre lang für meinen Unterhalt, bevor er nach Elymaïs ging.
Tobits Verhöhnung durch seine Frau: 2,11–14
11In jener Zeit verdiente meine Frau Hanna Geld durch Frauenarbeiten. 12Sie schickte die Arbeiten ihren Herren und die bezahlten ihr den Lohn. Einmal, an einem siebten Dystros, stellte sie das Webstück fertig und schickte es den Herren und die gaben ihr den ganzen Lohn und schenkten ihr dazu ein Ziegenböcklein für den Herd. 13Als sie zu mir heimkam, begann das Böcklein zu meckern. Da rief ich sie und sagte: Woher ist dieses Böcklein? Ist es etwa gestohlen? Gib es seinen Herren zurück! Wir haben kein Recht, etwas Gestohlenes zu essen. 14Sie sagte zu mir: Es wurde mir als Geschenk zum Lohn hinzugegeben. Ich aber glaubte ihr nicht und sagte, sie solle es den Herren zurückgeben und ich wurde rot vor Zorn über sie. Darauf erwiderte sie und sagte zu mir: Und wo sind jetzt deine Werke der Barmherzigkeit? Wo sind deine gerechten Taten? Es ist doch bekannt, was mit dir los ist!
Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift, vollständig durchgesehene und überarbeitete Ausgabe. © 2016 Katholische Bibelanstalt GmbH, Stuttgart