Tobits Gebet: 3,1–6
1Da wurde ich in der Seele tieftraurig, ich seufzte, weinte und begann unter Seufzern zu beten: 2Gerecht bist du, Herr, und alle deine Werke sind gerecht und alle deine Wege sind Barmherzigkeit und Wahrheit. Du bist der Richter der Welt. 3Jetzt aber, o Herr, gedenke meiner und schau gnädig auf mich! Bestraf mich nicht für meine Sünden! Durch meine Versehen und die meiner Väter habe ich vor dir gesündigt. 4Ich war ungehorsam gegen deine Gebote. Du hast uns preisgegeben zum Raub und in Gefangenschaft und Tod, zu Gespött und Gerede und zur Schmach unter allen Völkern, unter die du uns zerstreut hast. 5Auch jetzt sind deine zahlreichen Urteile wahr, nach meinen Sünden an mir zu handeln. Denn deine Gebote haben wir nicht befolgt und sind nicht in Wahrheit vor dir gewandelt. 6Jetzt aber, handle an mir nach deinem Wohlgefallen und befiehl, dass mein Geist von mir genommen werde! So kann ich von dieser Erde Abschied nehmen und zu Erde werden. Denn es ist besser für mich, zu sterben als zu leben. Lügnerische Spottreden habe ich gehört, tiefe Trauer erfüllt mich. Herr, befiehl, dass ich entlassen werde aus dieser Not! Entlass mich an den Ort der Ewigkeit! Wende dein Angesicht nicht von mir ab, Herr! Denn es ist besser für mich zu sterben, als viel Not anzusehen in meinem Leben und Spottreden zu hören.
Saras Verhöhnung durch ihre Magd: 3,7–9
7Am selben Tag geschah es Sara, der Tochter Raguëls in Ekbatana in Medien, dass auch sie Spottreden von einer der Mägde ihres Vaters anhören musste. 8Sie war sieben Männern zur Frau gegeben worden, aber der böse Dämon Aschmodai hatte sie getötet, bevor sie mit ihr zusammengekommen waren, wie es den Ehefrauen vorgeschrieben ist. Die Magd sagte zu ihr: Du bist es, die deine Männer tötet! Siehe, schon sieben Männern bist du zur Frau gegeben worden und nach keinem von ihnen bist du mit Namen genannt worden. 9Warum behandelst du uns hart? Wenn deine Männer gestorben sind, so geh mit ihnen! Mögen wir in Ewigkeit weder Sohn noch Tochter von dir sehen!
Saras Gebet: 3,10–17
10An jenem Tag wurde Sara in der Seele traurig, sie weinte, ging hinauf in das Obergemach ihres Vaters und wollte sich erhängen. Aber sie dachte noch einmal nach und sagte: Niemals sollen sie meinen Vater verspotten und zu ihm sagen: Du hattest eine einzige geliebte Tochter und die hat sich vor Unglück erhängt. Dann würde ich meinen alten Vater noch vor Trauer in die Unterwelt bringen. Ich würde mich viel besser nicht erhängen, sondern den Herrn bitten, dass ich sterbe. Ich möchte in meinem Leben keine Spottreden mehr hören. 11Zur selben Zeit breitete sie ihre Hände zum Fenster aus, betete und sagte: Gepriesen bist du, barmherziger Gott, und gepriesen ist dein Name in alle Ewigkeit! Alle deine Werke sollen dich preisen in Ewigkeit! 12Jetzt aber habe ich dir mein Angesicht zugewandt und hebe meine Augen auf zu dir. 13Sprich, dass ich von der Erde Abschied nehmen darf und keine Spottreden mehr hören muss! 14Du, Herr, weißt, dass ich rein bin von jeder Unreinheit mit einem Mann 15und dass ich meinen Namen und den Namen meines Vaters im Land meiner Verbannung nicht befleckt habe. Ich bin die einzige Tochter meines Vaters. Er hat kein anderes Kind, das sein Erbe ist, und auch keinen nahestehenden Bruder oder einen Verwandten, für den ich mich als Ehefrau bewahren müsste. Sieben sind mir schon umgekommen. Was soll mir da noch das Leben? Aber wenn es dir nicht gut scheint, mich sterben zu lassen, Herr, dann achte jetzt auf meine Schande!
16Zu diesem Zeitpunkt wurde beider Gebet vor Gottes Herrlichkeit erhört. 17Rafaël wurde gesandt, beide zu heilen: die weißen Flecken von Tobits Augen abzulösen und Sara, die Tochter Raguëls, Tobias, dem Sohn Tobits, zur Frau zu geben und den bösen Dämon Aschmodai von ihr zu lösen.
Denn Tobias kam es zu, sie als seine Frau zu gewinnen vor allen, die sie heiraten wollten.
Zu derselben Zeit kehrte Tobit vom Hof in sein Haus zurück und auch Sara, die Tochter Raguëls, stieg vom Obergemach herab.