Erneute Unschuldsbeteuerung vor Gott: 31,1–34
1Einen Bund schloss ich mit meinen Augen, / nie eine Jungfrau lüstern anzusehen.
2Was wäre sonst mein Teil von Gott dort oben, / mein Erbe vom Allmächtigen in der Höhe?
3Ist nicht Verderben dem Frevler bestimmt / und Missgeschick den Übeltätern?
4Sieht er denn meine Wege nicht, / zählt er nicht alle meine Schritte?
5Wenn ich in Falschheit einherging, / wenn zum Betrug mein Fuß eilte,
6dann wäge Gott mich auf gerechter Waage, / so wird er meine Unschuld anerkennen.
7Wenn mein Schritt vom Wege wich, / mein Herz meinen Augen folgte, / an meinen Händen Makel klebte,
8dann esse ein anderer, was ich säe, / entwurzelt werde, was mir sprosst.
9Wenn sich mein Herz von einer Frau betören ließ / und ich an der Tür meines Nachbarn lauerte,
10dann mahle meine Frau einem andern / und andere sollen sich beugen über sie.
11Denn das wäre eine Schandtat / und ein Verbrechen, von Richtern zu strafen.
12Denn das wäre Feuer, das zum Abgrund frisst / und meine ganze Habe entwurzelt.
13Wenn ich das Recht meines Knechts missachtet / und das meiner Magd im Streit mit mir,
14was könnte ich tun, wenn Gott sich erhöbe, / was ihm entgegnen, wenn er mich prüfte?
15Hat nicht er, der mich im Mutterleib gemacht hat, ihn gemacht, / hat nicht Einer uns im Mutterschoß geformt?
16Wenn ich der Armen Wunsch versagte, / verschmachten ließ der Witwe Augen,
17wenn ganz allein ich meinen Bissen aß, / das Waisenkind nicht davon aß -
18von Jugend an hat wie ein Vater er mich großgezogen, / vom Mutterschoß an mich geleitet - ,
19wenn ich den Verlorenen sah ohne Kleid / und ohne Decke den Verarmten,
20wenn seine Lenden mich nicht segneten, / er nicht von der Schur meiner Lämmer sich wärmte,
21wenn meine Hand der Waise drohte, / weil ich am Tor Helfer für mich sah,
22dann falle die Schulter mir vom Nacken, / breche der Arm mir aus dem Gelenk.
23Ja, Schrecken träfe mich, Gottes Verderben, / vor seiner Hoheit hielte ich nicht stand.
24Wenn ich auf Gold meine Hoffnung setzte, / zum Feingold sprach: Du meine Zuversicht!,
25wenn ich mich freute, dass groß mein Vermögen, / dass viel erreicht hat meine Hand,
26wenn ich die leuchtende Sonne sah, wie sie strahlte, / den Mond, wie er herrlich dahinzog,
27wenn heimlich sich mein Herz betören ließ / und meine Hand dem Mund zum Kuss sich bot,
28auch das wäre ein Verbrechen, vom Richter zu strafen, / denn Gott da droben hätte ich verleugnet.
29Wenn ich am Unglück meines Feinds mich freute / und mich erhob, als das Unheil ihn traf -
30habe ich doch meinem Mund zu sündigen verboten, / sein Leben mit Fluch zu verwünschen.
31Wenn meine Zeltgenossen nicht gestanden: / Wer wurde von seinem Fleisch nicht gesättigt?
32Kein Fremder musste draußen übernachten, / ich hielt meine Tore zur Straße hin offen.
33Wenn ich nach Menschenart meine Frevel verhehlte, / meine Schuld verbarg in meiner Brust,
34weil ich die große Menge scheute / und die Verachtung der Sippen mich schreckte, / so schwiege ich still und ginge nicht zur Tür hinaus.
Warten auf Gottes Antwort: 31,35–40
35Gäbe es doch einen, der mich hört! / Hier ist mein Zeichen! Der Allmächtige antworte mir! / Hier ist das Schriftstück, das mein Gegner geschrieben.
36Auf meine Schulter wollte ich es heben, / als Kranz es um den Kopf mir winden.
37Ich täte die Zahl meiner Schritte ihm kund, / ich nahte mich ihm wie ein Fürst.
38Wenn über mich mein Acker schrie, / seine Furchen miteinander weinten,
39wenn seinen Ertrag ich verzehrte, ohne zu bezahlen, / das Verlangen seines Herrn ich unerfüllt ließ,
40sollen Dornen wachsen statt Weizen, / statt Gerste stinkendes Kraut.
Zu Ende sind die Worte Ijobs.