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Die Revision der Lutherbibel 2017

Die revidierte Lutherbibel von 1984 war das Ergebnis eines langen und mühsamen Überarbeitungsprozesses. Doch als die Lutherbibel 1984 erschien, lag die Teilrevision des Alten Testaments (1964) bereits zwanzig Jahre zurück. So kam es Anfang des 21. Jahrhunderts erneut zu Revisionsbemühungen.

Anregung einer Durchsicht

Im März 2006 richtete die Deutsche Bibelgesellschaft (DBG) eine offizielle Anfrage an den Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) als Herausgeber der Lutherbibel und regte darin eine kritische Überprüfung des Textes in seiner letzten Fassung an. Der Initiative gingen eigene Vorarbeiten voraus: An einigen Stellen in den Büchern Samuel und Richter kamen von der DBG mit einem Gutachten beauftragte Theologen zu dem Ergebnis, dass der Text nicht dem aktuellen Stand der Forschung gerecht wird und daher eine erneute Durchsicht der Lutherbibel in Betracht gezogen werden muss. Auch wurde die Frage gestellt, ob die Textfassung des Alten Testamentes von 1964 mit der Revision des Neuen Testamentes von 1984 ausreichend harmoniere.

Daraufhin beschloss der Rat der EKD im Oktober 2006 die Bildung einer Expertengruppe, die stichprobenartig Texte des Alten und Neuen Testaments auf Richtigkeit und Genauigkeit hin überprüfen sollte. Diese sollte sich außerdem über Notwendigkeit und Umfang einer möglichen Durchsicht ein Urteil bilden und anschließend den Rat informieren.

„Probebohrungen“

Ende 2007 präsentierte die eingesetzte Steuerungsgruppe schließlich ihr Ergebnis: Es bestand definitiv Handlungsbedarf. Besonders das Alte Testament, dessen Revision von 1964 bereits fast ein halbes Jahrhundert zurücklag, gab Anlass zur umfassenden Überprüfung. Die Revision 1964 war unter grundsätzlich anderen Vorzeichen durchgeführt worden: An vielen Stellen hatte man damals die Grundlage des hebräischen Textes verlassen und sich Konjekturen angeschlossen (das heißt, einem vermuteten Wortlaut des hebräischen Textes, der jedoch keine klare Grundlage im Grundtext hat). Aus heutiger Sicht wird dieses Vorgehen als problematisch angesehen, sodass schätzungsweise 2.000 Stellen im Alten Testament kontrolliert und gegebenenfalls angepasst werden sollten.

Im Neuen Testament waren es vor allem textkritische Befunde und syntaktische Anpassungen der 1984er-Revision, die von den Experten als überarbeitungsbedürftig eingestuft wurden. Ihre Empfehlung lautete: Damit die Lutherbibel als verlässliche Grundlage in Liturgie, Katechese, Wissenschaft und Kultur Bestand hat, ist eine Überprüfung und Wiederannäherung an die biblischen Grundtexte unausweichlich. Dabei gab die Gruppe die Empfehlung: Es solle so viel korrigiert werden wie nötig, aber so wenig wie möglich der Luthertext verändert werden. Das Projekt der Durchsicht stand damit vor der Herausforderung, der philologischen Genauigkeit im gleichen Maße gerecht zu werden wie der Sprache Martin Luthers.

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Beginn einer „Durchsicht“

Als Reaktion auf den Bericht beschloss der Rat der EKD im April 2008 die Ausarbeitung konkreter Kriterien und Richtlinien für eine Durchsicht des 1984er Luthertextes. Diese umfassten einen Zeitplan, Vorgaben zur Überprüfung und Anpassung der Texte sowie einen Verfahrensplan, der die Durchführung des Projekts zwischen EKD und DBG regeln sollte. Die Kirchenkonferenz der EKD, das heißt die Vertreter der evangelischen Landeskirchen, begrüßte im Juni 2008 „eine am Kriterium der Texttreue orientierte Durchsicht der Lutherübersetzung“. In den darauffolgenden Monaten wurden zahlreiche Theologinnen und Theologen für das Vorhaben gewonnen. Ein mehrstufiges Verfahren wurde entwickelt, das neben verschiedenen Arbeitsgruppen für die Textprüfung und -übersetzung einen „Lenkungsausschuss“ als gesamtverantwortliche Redaktionsgruppe vorsah. Der Lenkungsausschuss sollte abschließend über alle Änderungen entscheiden. Neben Fragen der Übersetzung wurden dabei auch Anforderungen wie der Gebrauch der Texte im Gottesdienst oder die germanistische Dimension des Lutherdeutschs diskutiert.

Im Januar 2010 berief der Rat der EKD die Mitglieder des Lenkungsausschusses und bat sie, die Arbeit an dem Projekt aufzunehmen. Im Verlauf des Jahres 2010 begann die inhaltliche Arbeit mit der Zielsetzung, noch vor Beginn des Jubiläumsjahres 2016/17 die durchgesehene Fassung veröffentlichen zu können.

In den folgenden Jahren galt es dabei, immer wieder Hürden zu nehmen und Kompromisse zu finden, denn nicht immer herrschte Einigkeit über die Änderungsvorschläge. Ob eine Anpassung zwingend erforderlich ist oder ob der traditionelle Wortlaut einer Bibelstelle gegenüber der philologischen Exaktheit stärker zu gewichten sei, war nicht selten Gegenstand intensiver Diskussion. Ungeachtet dessen wurde deutlich, dass die Zahl der überarbeitungsbedürftigen Stellen die vorherige Prognose bei Weitem übersteigt. Aus der Durchsicht wurde mit der Zeit eine Revision.

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Das Verfahren

An der Überarbeitung des Luthertextes waren insgesamt 70 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf verschiedenen Ebenen beteiligt. Sie erfolgte in mehreren Verfahrensschritten: In einem ersten Schritt erarbeiteten rund 50 Einzelbearbeiterinnen und -bearbeiter Änderungsvorschläge und gaben diese in Arbeitsgruppen weiter. Diese Fachgruppen – unterteilt nach Altem Testament, Apokryphen und Neuem Testament – bestanden wiederum aus Experten der jeweiligen Disziplin und diskutierten, ob ein Vorschlag weiterverfolgt werden sollte. Dazu bedurfte es einer 2/3-Mehrheit innerhalb der jeweiligen Gruppe.

Im Falle eines positiven Beschlusses wurde der Änderungsvorschlag an das oberste redaktionelle Gremium, den „Lenkungsausschuss zur Durchsicht der Lutherbibel“, weitergegeben. Der Lenkungsausschuss bestand aus Vertretern der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), den Koordinatoren der einzelnen Fachgruppen sowie weiteren Experten, die abschließend über die Annahme des Vorschlags diskutierten und abstimmten. Der vom Lenkungsausschuss beschlossene Text wurde nun noch einmal den Einzelbearbeiterinnen und -bearbeitern zur Ansicht vorgelegt. Sie verfügten an dieser Stelle über ein sog. Remonstrationsrecht, das heißt, sie konnten an einzelnen, wichtigen Stellen noch einmal ihre Position und Argumente für Ihre Vorschläge einbringen. Die abschließende Entscheidung oblag dennoch dem Lenkungsausschuss.

Nach der endgültigen Feststellung des Textes durch den Lenkungsausschuss wurde er in einem letzten Schritt dem Rat der EKD vorgelegt, der die Annahme der Lutherbibel 2017 beschlossen hat.

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Abschluss als „Revision“

Im Juni 2015 wurde die Bearbeitung der Veränderungsvorschläge durch den Lenkungsausschuss schließlich mit dem Matthäus-Evangelium abgeschlossen. Es folgten noch Rückmeldungen der Bearbeiter an den Lenkungsausschuss und Korrekturen an der vorliegenden Neufassung. Auf der Wartburg, wo Martin Luther selbst einst seine erste Bibelübersetzung verfasste, übergab am 16. September 2015 der Lenkungsausschuss das Manuskript mit der revidierten Textfassung an den Ratsvorsitzenden der EKD, Heinrich Bedford-Strohm. Dieser wiederum übergab das Manuskript an den Generalsekretär der DBG, Dr. Christoph Rösel, für die Vorbereitung und Drucklegung der neu revidierten Lutherbibel.

Damit ist eine so intensive wie umfassende Überarbeitung der Lutherbibel zu Ende gegangen, wie sie in der bisherigen Revisionsgeschichte einmalig ist. In nur fünf Jahren wurden die Bücher des Alten und Neuen Testaments sowie der Apokryphen vollständig durchgesehen und korrigiert. Das Ergebnis ist eine umfassende, in sich geschlossene Revision, bei der die verschiedenen Teile erstmals einen einheitlichen Stand widerspiegeln. Die aktuellen wissenschaftlichen Befunde finden genauso Berücksichtigung wie die Pflege der Sprache Martin Luthers und ihre Wirkungsgeschichte. Zudem wurde bei der Revision ausdrücklich Rücksicht genommen auf die Bedeutung des Textes für den Gebrauch im evangelischen Gottesdienst und seinen traditionellen Wert für Christinnen und Christen (mehr zum Ergebnis der Revision finden Sie hier).

Die neue Lutherbibel trägt die offizielle Bezeichnung „revidiert 2017“. Und das, obwohl die Arbeiten im Jahr 2010 ausdrücklich als „Durchsicht“ starteten. Grund dafür war der große Umfang der Änderungen, der zu Beginn der Arbeiten so noch nicht abzusehen war. Darüber hinaus spielten verlagsrechtliche Gründe eine wichtige Rolle: Die Bezeichnung „Revision“ macht deutlich, dass es sich bei der „Lutherbibel 2017“ um die Bearbeitung eines Werkes handelt, das aufgrund individueller schöpferischer Leistung einen eigenständigen Urheberrechtsschutz genießt. Bereits 2013 vermutete der Vorsitzende des Lenkungsausschusses Landesbischof i. R. Christoph Kähler, die neue Ausgabe müsse „am Ende auch aus verlagsrechtlichen Gründen wieder die Bezeichnung ‚Revision‘ tragen“.

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Das Reformationsjubiläum und die Einführung der Lutherbibel 2017

Am 31. Oktober 2016 begann das große Jubiläumsjahr „500 Jahre Reformation“. Die protestantische Welt feierte nicht nur 500 Jahre Thesenanschlag, sondern auch die Rückbesinnung auf Luthers Ausgangspunkt: die Bibel. Rechtzeitig zu diesem Ereignis erschien die gedruckte „Lutherbibel 2017“ am 19. Oktober 2016 und wurde auf der Frankfurter Buchmesse der Öffentlichkeit präsentiert. Im Rahmen dessen würdigten Gäste wie der Literaturkritiker Denis Scheck, die Autorin Sibylle Lewitscharoff und der Musiker Dieter Falk die Bedeutung der Lutherbibel.

Wenige Tage später und unmittelbar vor Beginn des Reformationsjubiläums, am 30. Oktober, fand ein Festgottesdienst in der St. Georgenkirche in Eisenach statt, der vom ZDF live übertragen wurde. Die Reformationsbotschafterin Margot Käßmann, die als ehemalige Ratsvorsitzende zeitweilig selbst mit der Revision verbunden war, und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, übergaben in einem feierlichen Akt die neue Lutherbibel an die Gemeinden im Land.

Im Laufe des Jubiläumsjahres folgten weitere Veranstaltungen und Aktionen im Zusammenhang mit der Einführung der revidierten Lutherbibel 2017. So gestalteten renommierte Künstler und Personen des öffentlichen Lebens exklusive Sammlereditionen für die Lutherbibel 2017. Zu den prominenten Gestaltern gehören Fußballtrainer Jürgen Klopp, Illustrator Janosch, Scorpions Legende Klaus Meine, Modedesigner Harald Glööckler, die Schauspielerin Uschi Glas und der Ratsvorsitzender der evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm.

Mit den Prominenten sind Videos entstanden, die Sie auf unserem YouTube Kanal finden:

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Die abschließende Fehlerkorrektur

Bei einem so komplexen und umfangreichen Projekt wie der Revision der Lutherbibel wird es immer auch Nachbesserungsbedarf geben. Aus diesem Grund wurde noch während der Revision vereinbart, in einem Abstand von 4 bis 5 Jahren nach Erscheinen der revidierten Fassung eine Überprüfung durchzuführen. Alle inhaltlichen und sprachlichen Fehler, Problemanzeigen und Inkonsistenzen, die in dieser Zeit gemeldet werden, sollten gesammelt, geprüft und in einer abschließenden Fehlerkorrektur beraten werden.

Tatsächlich erfolgte die Fehlerkorrektur dann in zwei Schritten: Im Zusammenhang mit der Revision der Perikopenordnung wurden Anfang 2018 in einer ersten Korrektur Änderungen an 13 Stellen vorgenommen, die in der geänderten Perikopenordnung als Lesungstexte vorgesehen sind. 2020/2021 wurden dann die übrigen Stellen und Problemanzeigen beraten. Eine Kommission, bestehend aus Personen, die auch schon an der Revision selbst beteiligt waren, erarbeitete entsprechende Korrekturvorschläge, über die der Rat der EKD schließlich einen Beschluss fasste. In dieser zweiten Korrektur wurden 74 Stellen geändert.

Die Ergebnisse der Fehlerkorrektur finden Sie hier als Liste.

Über diese vom Rat der EKD beschlossenen inhaltliche Fehlerkorrektur hinaus werden und wurden eindeutige formale Fehler (Tippfehler, orthografische Fehler, Fehler in der Zeichensetzung, fehlerhafte Verweisstellen) von der Deutschen Bibelgesellschaft selbstständig korrigiert und in Nachdrucken und Neuausgaben kontinuierlich verbessert.


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