Deutsche Bibelgesellschaft

Geschichte der Deutschen Bibelgesellschaft

Über 200 Jahre Bibelkompetenz

Am 11. September 1812 gründeten Pfarrer, hohe Beamte und Kaufleute im Hause des Kaufmanns Tobias Heinrich Lotter am Stuttgarter Marktplatz die Württembergische Bibelanstalt. Die Initiative ging von der Britischen und Ausländischen Bibelgesellschaft aus. Karl Friedrich Adolf Steinkopf, gebürtiger Württemberger und Pfarrer der deutschen Auslandsgemeinde in London, bereiste 1812 im Auftrag der britischen Bibelgesellschaft das europäische Festland und fand als erstes in Stuttgart Unterstützung für sein Anliegen.

Bereits in der ersten Sitzung formulierte die Bibelanstalt als ihren Zweck „die Verbreitung der Bibel unter den ärmeren Volksklassen im evangelischen Württemberg“. Die Bibel sollte in der Übersetzung Martin Luthers hergestellt und verbreitet werden. König Friedrich I. von Württemberg unterstellte die Anstalt der Königlichen Oberstudiendirektion und gewährte zugleich das Privileg der Postportofreiheit. 1862 änderte man die Statuten, denn ursprünglich durften nur Bibeln im Stammland verbreitet werden. Danach versorgte die Bibelanstalt in steigendem Maße deutschsprachige Auswanderer mit dem Buch der Bücher. Anfang des 20 Jahrhunderts verbreiteten die Württemberger auch in Deutschland mehr Bibeln als jede andere Bibelgesellschaft.

Der Ruf nach einer einheitlichen deutschen Bibelgesellschaft erklang 1871 mit der Reichsgründung besonders laut. Doch blieb dies noch lange Zeit unerhört. Erst 1948 wurde der Verband der evangelischen Bibelgesellschaften Deutschlands gegründet, der sich dann dem Weltverband der Bibelgesellschaften anschloss. 1976 übertrugen die druckenden Bibelgesellschaften, die von Cansteinsche und die Württembergische Bibelanstalt sowie das Evangelische Bibelwerk, ihre verlegerischen Tätigkeiten auf eine neu gegründete Deutsche Bibelstiftung. Gleichzeitig entstand die Württembergische Bibelgesellschaft, die das bibelmissionarische Anliegen der Bibelanstalt in der Region fortführt. Mit Veranstaltungen und Aktionen fördert sie das Lesen der Bibel und die Auseinandersetzung mit ihr in den Kirchengemeinden und der Gesellschaft.

Zum 1. Januar 1981 schlossen sich die Deutsche Bibelstiftung und das Evangelische Bibelwerk zur „Deutschen Bibelgesellschaft/Evangelisches Bibelwerk in der Bundesrepublik Deutschland und in Berlin-West“ zusammen. Zur Vollversammlung der Deutschen Bibelgesellschaft gehören heute 26 regionale Bibelgesellschaften. Bibelzentren, pädagogische Angebote und andere Initiativen unter dem Motto „Bibel im Leben“ dienen dazu, Menschen heute das Buch der Bücher zu öffnen.

Für die weltweite Übersetzung und Verbreitung der Bibel engagiert sich die Weltbibelhilfe der Deutschen Bibelgesellschaft. Seit ihrer Gründung 1975 wurden dafür mit Hilfe von Spenderinnen und Spendern mehr als 100 Millionen Euro zu Verfügung gestellt. Bedarf gibt es weiterhin, denn noch immer warten viele Christinnen und Christen in den ärmeren Ländern auf eine eigene Bibel in ihrer Muttersprache.

Die Lutherbibel stand von Anfang an im Zentrum der bibelgesellschaftlichen Arbeit in Deutschland. Dazu gehört auch die Revisionsgeschichte der klassischen deutschen Bibelübersetzung. Sie begann mit der Erstellung des ersten einheitlichen kirchenamtlichen Textes 1892 und führte durch verschiedene Revisionen zur Fassung von 1984, die mit kleinen Änderungen 1999 der neuen deutschen Rechtschreibung angepasst wurde. Ab dem 30.10.2016 ist die revidierte Lutherbibel 2017 der offizielle von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) empfohlene Bibeltext.

Es erschienen bei der Bibelgesellschaft aber auch neue Übersetzungen für Menschen, die mit der klassischen Kirchensprache nicht mehr vertraut sind. Den Anfang machte die „Gute Nachricht Bibel“. Sie ist bis in die Gegenwart die einzige durchgehend interkonfessionelle Bibelübersetzung. Heute erscheinen bei der Bibelgesellschaft außerdem die Neue Genfer Übersetzung und die crossmediale BasisBibel, die sich an eine neue Generation von Mediennutzern wendet. Kinderbibeln und elektronische Ausgaben gehören ebenso zum Verlagsprogramm.

Die Tradition der Württembergischen Bibelanstalt führt die Deutsche Bibelgesellschaft auch bei den wissenschaftlichen Ausgaben fort. 1898 brachte man in Stuttgart erstmals das von Eberhard Nestle erarbeitete „Novum Testamentum Graece“ heraus. Der nach seinen Herausgebern so genannte „Nestle-Aland“ (28. Auflage) ist heute weltweit die maßgebliche Grundlage für die Arbeit am Neuen Testament. Die wissenschaftliche Betreuung liegt beim Institut für neutestamentliche Textforschung in Münster. Dort entsteht zurzeit eine völlig neue Ausgabe des griechischen Neuen Testaments, die „Editio Critica Maior“, die die komplette Textgeschichte des Neuen Testaments dokumentiert.
Die von Rudolf Kittel entwickelte Biblia Hebraica erschien als wissenschaftliche Ausgabe zum Alten Testament bereits in den 1920er Jahren bei der Bibelanstalt. Seit 1977 liegt die „Biblia Hebraica Stuttgartensia“ als weltweit einzige textkritische Ausgabe des gesamten hebräischen Alten Testaments vor. Eine neue Edition, die „Biblia Hebraica Quinta“ (BHQ), wird zur Zeit mit internationaler und interkonfessioneller Herausgeberschaft erarbeitet.

Deutsche Bibelgesellschaftv.4.25.3
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