(erstellt: Mai 2024)
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1. Name und Quellen
MT ist die semitische Wurzel für „Tod“, vergleiche etwa מָוֶת (hebräisch, māvæt) und موت (arabisch, mawt). Bekannt ist der Name Mot – eigentlich als Motu zu vokalisieren (Tropper 2000) – aus ugaritischen Mythen und Epen, v.a. dem Baal-Zyklus (KTU 1.1-1.6 + 1.8; → Baal
Der ugaritische Mot bietet sodann eine passende Erklärung für den ansonsten nicht weiter genannten Μούθ Mouth in der Demonstratio evangelica 1, 10, 1-2 (Text Kirchenväter 3
2. Mot in literarischen Quellen
2.1. Der ugaritische Baal-Zyklus. Allgemein
Der Baal-Zyklus (→ Baal
Dieser Fund ermöglicht uns trotz vieler Unklarheiten und Fragen einen direkten Einblick in die ugaritische Mythologie, die als Vorläuferin der Mythologie Phöniziens (z.B. Dussaud 1931) und Israels (z.B. Hvidberg-Hansen 1971; kritisch: Worden 1953) im 1. Jt. v. Chr. gilt und auch auf die griechische Mythologie einwirkte (Dussaud 1931) oder zumindest gemeinsame Taxonomien in Bezug auf Weltordnungssysteme erschließen lässt, wie z.B. das Ausfechten von Machtpositionen unter Einsatz oder mit Begleiterscheinungen von Regen und Dürre (López-Ruiz 2011).
Die Tafeln mit der Erzählung um Baal und Mot im Baal-Zyklus werden heute im Musée du Louvre, Paris, aufbewahrt (AO 16.641 + 16.642
2.2. Die Erzählung von Baal und Mot im Baal-Zyklus
Der Baal-Zyklus besteht aus insgesamt drei Episoden, nämlich dem Kampf zwischen Baal und → Jammu
Bereits am Ende der zweiten Episode nimmt der Konflikt zwischen Baal und Mot, Sohn des → El
3. Mot in Bildquellen
Bildliche Darstellungen des Mot sind nicht sicher identifizierbar, und wir kennen seine → Ikonographie
Es fehlen der obere und der untere Teil; die rekonstruierbare Höhe beträgt 64,5 m, die Breite 19,5-36 cm, die Dicke 16-17,5 cm und die Reliefhöhe bis zu 1 cm. Dargestellt ist ein nach rechts schreitender Mann, bekleidet mit Schnabelschuhen, einem gestreiften Schurz und einem Halsreif. Ein Dolch ist über dem Schurz befestigt, auf der Stirn befindet sich eine zum Horn umgedeutete Uräus-Schlange (→ Uräus
Die Identifizierung mit Mot in gemeinsamer Aufstellung mit Baal und Anat und somit gewissermaßen als Illustration des schriftlich überlieferten Baal-Zyklus geht auf den Ausgräber Claude Schaeffer zurück. Er parallelisierte die Darstellung des Mot aufgrund der Attribute mit der des ägyptischen → Seth
4. Deutung des Mot
Unser Verständnis des Mot erschließt sich aufgrund der Quellenlage hauptsächlich aus dem Gegensatz zu Baal im Baal-Zyklus: Er ist der Gott des Todes, der Unfruchtbarkeit, der → Dürre
Von den meisten Wissenschaftler:innen wird die jahreszeitliche Deutung im Sinne eines Kalendermythos präferiert. Sie interpretiert die wechselseitigen Niederlagen von Baal und Mot als eine Allegorie des jahreszeitlichen Wechsels von Regen- und Trockenzeit. Durch das Töten von Mot durch Anat wird Baal zum Leben wiedererweckt, was den natürlichen Kreislauf der Landwirtschaft spiegele (→ Ackerbau
Gulde hebt vielmehr die Beschäftigung mit der → Theodizee im Rahmen der Bearbeitung des Mythenstoffes durch den Schreiber Ilimalku hervor und erkennt in dem Baal-Zyklus letztlich die Schilderung einer Balance zwischen den drei Machtbereichen Meer, Königtum und Unterwelt (Gulde 2007, 82). Den Aspekt der Ordnungskomponente des Baal-Zyklus’ unterstreicht auch Niehr (2015, 186-187), der das Hauptthema des Zyklus nicht in den Kämpfen, sondern im Palastbau sieht. Dieser wird von den Erzählungen um die Kämpfe mit Jammu und mit Mot flankiert, wobei sich die beiden Kampf-Erzählungen jeweils mit älteren mesopotamischen Vorbildern verbinden lassen; die Erzählung um Baal-Mot erinnert an den seit dem ausgehenden 3. Jt. v. Chr. belegten Gang der Göttin → Ischtar
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
- The Interpreter’s Dictionary of the Bible, Nashville / New York 1962 (Supp. 1976)
- The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
- New International Dictionary of Old Testament Theology and Exegesis, Grand Rapids 1997
- Dictionary of Deities and Demons in the Bible, 2. Aufl., Leiden u.a. 1999
2. Weitere Literatur
- Baumgarten, A.I., 1981, The Phoenician History of Philo of Byblos. A Commentary, Leiden
- Börker-Klähn, J., 1982, Altvorderasiatische Bildstelen und vergleichbare Reliefs, Baghdader Forschungen 4, Mainz
- Dietrich, M. / Loretz, O., 1997, Mythen und Epen IV, Texte aus der Umwelt des Alten Testaments, Bd. 3, Lfg. 6, Gütersloh
- Dussaud, R., 1931, La Mythologie Phénicienne d’après les Tablettes de Ras Shamra, Revue de l’histoire des religions 104, 353-408
- Gulde, S.U., 2007, Der Tod als Herrscher in Ugarit und Israel, Tübingen
- Hvidberg-Hansen, O., 1971, Die Vernichtung des Goldenen Kalbes und der ugaritische Ernteritus, Acta Orientalia 33, 5-46
- López-Ruiz, C., 2011, Mot, Hades y la muerte personificada en el Levante y Grecia, in: R.M. Hernández / S.T. Tovar (Hgg.), Conversaciones con la Muerte: Diálogos del hombre con el Más Allá desde la Antigüedad hasta la Edad Media, Madrid, 9-22
- Niehr, H., 2009, Die Königsbestattung im Palast von Ugarit. Ein Rekonstruktionsversuch der Übergangsriten aufgrund schriftlicher und archäologischer Daten, in: A. Berlejung / B. Janowski (Hgg.), Tod und Jenseits im alten Israel und seiner Umwelt, FAT 64, Tübingen, 323-346
- Niehr, H., 2015, Mythen und Epen aus Ugarit, in: B. Janowski / D. Schwemer (Hgg.), Texte aus der Umwelt des Alten Testaments. Neue Folge, Bd. VIII: Weisheitstexte, Mythen und Epen, Gütersloh, 177-302
- Pope, M.H., 1965, Mōt, in: H.W. Haussig (Hg.), Götter und Mythen im Vorderen Orient, Stuttgart, 300-302
- Schaeffer, C.F.A., 1949, Ugaritica II. Nouvelles études relatives aux découvertes de Ras Shamra, Paris
- Tropper, J., 2000, Ugaritische Grammatik, Münster
- Virolleaud, C., 1931, Le déchiffrement des tablettes alphabétiques de Ras-Shamra, Syria 12, 15-23
- Virolleaud, C., 1931a, Un poème phénicien de Ras-Shamra. La lutte de Môt, fils des dieux, et d’Aleïn, fils de Baal, Syria 12, 193-224
- Worden, T., 1953, The Literary Influence of the Ugaritic Fertility Myth on the Old Testament, Vetus Testamentum 3, 273-297
- Xella, P., 1995, Death and the Afterlife in Canaanite and Hebrew Thought, in: J.M. Sasson (Hg.), Civilizations of the Ancient Near East, New York, 2059-2070.
- Yon, M., 1991, Les stèles de pierre, in: Dies. (Hg.), Arts et industries de la pierre, Ras Shamra-Ougarit VI, Paris, 273-343
Abbildungsverzeichnis
- Abb. 1 Mögliche Darstellung des Mot, Stele aus Ugarit. © B. Morstadt (nach Schaeffer 1949, Taf. 22 rechts)
- Abb. 2 Sog. Dieux à la plume, mögliche Darstellung des Baal, Stele aus Ugarit. © B. Morstadt (nach Schaeffer 1949, Taf. 22 mittig)
- Abb. 3 Mögliche Darstellung der Anat, Stele aus Ugarit. © B. Morstadt (nach Schaeffer 1949, Taf. 22 links)
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