Josua 3,5–11.17 | 1. Sonntag nach Epiphanias | 12.01.2025
Einführung in das Buch Josua
Das Buch Josua
Die Gliederung des kanonischen Buches, in der seine drei Ausgaben übereinstimmen, kann in gröbster Form durch die beliebte Zweiteilung nachvollzogen werden: Landnahme
Jos 1,1–5,15 | Auftakt der Epoche mit dem Einzug unter Josua |
Jos 6,1–12,24 | Eroberung des Landes |
Jos 13,1–21,42 | Verteilung des Landes |
Jos 21,43–24,33 | Abschluss der Epoche mit Abschieden und Abschiedsreden |
Die Josua-Erzählung ist ihrerseits Teil eines übergreifenden literarischen Kontextes – oder genauer: literarischer Kontexte. Zum einen wird erst im Josuabuch vom Einzug Israels in sein Land
In dieser Scharnierstellung des Buches spiegelt sich seine Entstehungsgeschichte. Eine Josua-Erzählung, die die Konturen der vorliegenden kanonischen Darstellung aufweist, ist vermutlich erstmals durch eine deuteronomistische
Jos 1; *3–4 | Auftakt der Epoche |
Jos 6*; 7,2–5a; 8,1–29; 9*; 10; 11; 12* | Landnahme |
Jos 21,43–45; 22,1–6; 23*; Ri 2,6–10 | Abschluss der Epoche |
Im Darstellungsbereich der Landnahme wurde dabei augenscheinlich eine bereits erzählerisch gestaltete vor-dtr Überlieferung verarbeitet.
Die dtr Josua-Erzählung erfuhr diverse Erweiterungen auf dem Weg zum kanonischen Josuabuch. Zunächst sind hier sekundär-dtr Bearbeitungen zu nennen, wie sich z.B. an Jos 23 gut ablesen lässt, wo der dtr Grundbestand in V. 1–3.6(?).11.14–16a erweitert wurde um die nachdrücklich eingeschärfte Warnung vor jeglicher Verbindung mit den Völkern des Landes. Aufs Buchganze gesehen besonders bedeutsam war sodann der Einbau des literarisch späten, aber gleichfalls unter Verwendung älterer Überlieferung konzipierten Landverteilungsberichts in Jos 13–19 (20–21).
Redaktionelle Bearbeitungen von unterschiedlicher Reichweite (und von Belang für die von der Perikopenordnung vorgesehenen Predigttexte) sind am Anfang und am Ende des Buches feststellbar. Zum einen liegt in Jos 2,1–24; Jos 3,1.5.9–11.13.16a*; 4,21–5,1
Neben und nach diesen Wachstumsstufen sind schließlich, wie in einer Überlieferung dieses Umfangs und Inhalts wenig verwunderlich, vielfältige lokale Fortschreibungen auszumachen. Darunter sind kleine und kleinste Zusätze, aber auch literarisch und theologisch durchaus gewichtige Stücke, allen voran die drei Exodusreminiszenzen
Angesichts dieser Entstehungsgeschichte des Buches ist auch die Frage nach seinem historischen Kontext nur im Plural zu beantworten. Die im Bereich Jos 6ff.
Literatur
- Gaß, E., 2023, Gott, Gewalt und die Landnahme Israels. Eine literarhistorische Analyse von Josua 9–12 (FAT 172), Tübingen.
- Krause, J.J., 2014, Exodus und Eisodus. Komposition und Theologie von Josua 1–5 (VT.S 161), Leiden / Boston.
- Krause, J.J., 2017, Hexateuchal Redaction in Joshua, in: HeBAI 6, 181–202.
- van der Meer, M.N., 2004, Formation and Reformulation. The Redaction of the Book of Joshua in the Light of the Oldest Textual Witnesses (VT.S 102), Leiden / Boston.
- Noort, E. (Hg.), 2012, The Book of Joshua (BEThL 250), Leuven.
- de Vos, J.C., 2003, Das Los Judas. Über Entstehung und Ziele der Landbeschreibung in Josua 15 (VT.S 95), Leiden / Boston.
Kommentare
- Fritz, V., 1994, Das Buch Josua (HAT 7), Tübingen.
- Knauf, E.A., 2008, Josua (ZBK 6), Zürich.
- Nelson, R.D., 1997, Joshua. A Commentary (OTL), Louisville.
- Noth, M., 21953, Das Buch Josua (HAT 7), Tübingen.
- Rösel, H.N., 2011, Joshua (HCOT), Leuven.
- van der Meer, M.N. / de Vos, J.C., 2025, Josua (IEKAT), Stuttgart (2 Bde.; in Vorbereitung).
A) Exegese kompakt: Josua 3,5–11.17
Übersetzung
5 Und Josua sprach zum Volk: Heiligt euch, denn morgen wird Jhwh in eurer Mitte Wunder tun. 6 Und Josua sprach zu den Priestern: Hebt die Lade des Bundes an und zieht dem Volk voran. Und sie hoben die Lade des Bundes an und gingen dem Volk voran. 7 Und Jhwh sprach zu Josua: Am heutigen Tag will ich anfangen, dich groß zu machen in den Augen ganz Israels, damit sie erkennen: Wie ich mit Mose gewesen bin, so werde ich mit dir sein. 8 Du aber befiehl den Priestern, die die Lade des Bundes tragen: Wenn ihr an den Rand des Wassers des Jordan kommt, stellt euch im Jordan auf. 9 Und Josua sprach zu den Israeliten: Kommt her und hört die Worte Jhwhs, eures Gottes. 10 Und Josua sprach: Daran sollt ihr erkennen, dass ein lebendiger Gott in eurer Mitte ist. Gewiss wird er vor euch vertreiben die Kanaanäer, die Hetiter, die Hiwiter, die Perisiter, die Girgaschiter, die Amoriter und die Jebusiter. 11 Seht, die Lade des Bundes des Herrn der ganzen Erde zieht vor euch her durch den Jordan. […]
17 Und die Priester, die die Lade des Bundes Jhwhs trugen, standen fest auf dem Trockenen mitten im Jordan, und ganz Israel zog auf dem Trockenen hinüber, bis das ganze Volk den Jordan überschritten hatte.
1. Ausgewählte textkritische Probleme und Hinweise zur Übersetzung
Der obigen Übersetzung liegt MT zugrunde. Die Differenzen gegenüber LXX sind in unserer Perikope überschaubar (s. die folgenden Hinweise). In Qumran
V. 5: LXX
V. 6: Wo MT „Lade des Bundes“ bietet, scheint LXX „Lade des Bundes Jhwhs“ (wie z.B. auch MT V. 17) vorauszusetzen. Dies ist nur ein Hinweis unter vielen auf den Umstand, dass die Bezeichnungen der sog. Bundeslade
V. 9: LXX liest „das Wort Jhwhs, unseres Gottes“. Hinsichtlich der Pronomina (wir vs. ihr) bietet LXX aber kein konsistentes Bild, weder immanent noch vis-à-vis MT.
V. 10: Die von MT eingangs des Verses gebotene Wiederholung der Redeeinleitung findet in LXX keine Entsprechung. Die Liste der zu vertreibenden Fremdvölker stimmt im Bestand überein, nicht hingegen in der Reihenfolge. Ausweislich der alttestamentlichen Parallelstellen ist sie aber ohnehin weniger fest geprägt, als es auf den ersten Blick erscheinen mag.
2. Text und Kontext
Die Exposition der dtr Josua-Erzählung (zu ihr s.o., Einführung) liegt in Jos 1 vor (vgl. die Exegese für die Predigt zum zurückliegenden Neujahrstag
An diese mit Sorgfalt komponierte Exposition der dtr Josua-Erzählung schließt die Erstfassung der Erzählung vom Jordandurchzug nahtlos an. Das markiert bereits ihre Einleitung: Josua hatte nach Jos 1,10–11 den „Amtleuten“ (so die traditionelle Wiedergabe der Lutherbibel; um die mutmaßliche Funktion deutlicher zum Ausdruck zu bringen, könnte man auch „Heeresordner“ übersetzen) Befehl zur Mobilmachung gegeben, da der Jordandurchzug „in noch drei Tagen“ stattfinden werde. Die Erzählung in Jos 3,2 beginnt nun damit, dass „gegen Ende dreier Tage“ erneut die Amtleute (Heeresordner) auftreten, wiederum mit Anweisungen für den jetzt unmittelbar bevorstehenden Jordandurchzug. Jos 1 und die Erzählung vom Jordandurchzug ab Jos 3,2 sind also sorgfältig miteinander verzahnt, und mit der Einsicht, dass die Rahab
3. Entstehung und Einordung
Bislang war von der dtr Erstfassung der Erzählung die Rede. Der Abschnitt Jos 3–4
Dieser Analyse zufolge ist erstmals im Rahmen der dtr
Es zeugt von der besagten Komplexität der Überlieferung, dass in dem kurzen von der Perikopenordnung als Predigttext vorgesehenen Ausschnitt sämtliche genannten Schichten vertreten sind: Gehören V. 6–8 zur dtr Grundschicht, so verdanken sich V. 5 und 9–11 der Jos-2-Bearbeitung, V. 17a.bα der Lade-Bearbeitung und V. 17bβ einem punktuellen Nachtrag.
4. Theologische Themen
Im Predigttext sind alle Schichten vertreten, aber nicht alle mit Bestandteilen, die ihr theologisches Proprium zu erkennen geben. So ist der Jordandurchzug durch die Jos-2-Bearbeitung zwar regelrecht umfunktioniert worden von einem Beglaubigungswunder
Dafür enthalten die zur Grundschicht gehörigen V. 6–8 eine der Pointen, von der ausgehend sich das theologische Profil der dtr Darstellung im Ganzen erschließen lässt. Sie zielt, so die hier vertretene These, auf die Beglaubigung Josuas
Diesen thematischen Zusammenhang markieren Jos 3,7 und 4,14. Unmittelbar vor dem Wasserwunder kündigt Jhwh Josua an, ihn am Jordan als legitimen Nachfolger des Mose zu erweisen: „Am heutigen Tag will ich anfangen, dich groß zu machen in den Augen ganz Israels, damit sie erkennen: Wie ich mit Mose gewesen bin, so werde ich mit dir sein.“ Jos 4,14 konstatiert der Erzähler dann, dass eben dies tatsächlich geschehen ist: „An jenem Tag machte Jhwh den Josua groß in den Augen ganz Israels, und sie fürchteten ihn, wie sie Mose gefürchtet hatten, alle Tage seines Lebens.“ Die beiden Aussagen greifen unverkennbar auf die Zusage Jhwhs
Literatur
- Krause, J.J., 2014, Exodus und Eisodus. Komposition und Theologie von Josua 1–5 (VT.S 161), Leiden / Boston.
B) Praktisch-theologische Resonanzen
1. Persönliche Resonanzen
Drei wesentliche Aspekte sind mir durch die Exegese deutlich geworden, die sich je unterschiedlich – oder in Beziehung zueinander – für die Predigt fruchtbar machen ließen.
Erstens: Erkannt habe ich, dass der Perikopenzuschnitt einmal mehr, weil er eben ein Zuschnitt ist (und in diesem Fall sogar auch Versauslassungen vorgesehen sind), bestimmte Aspekte abschneidet. Gerade die sehr anschauliche Darstellung, wie genau das Wasser weicht, nämlich wenn die Füße der Priester das Wasser berühren, lädt ja zu weiterem Nachdenken über das Verhältnis von göttlichem und menschlichem Handeln ein. Ja, ein göttlicher Machterweis ist hier geschildert, aber er geschieht eben doch nicht völlig losgelöst von menschlicher Körperlichkeit und menschlichem Handeln. Von daher könnte sich der Einschluss der V. 12–16 in die Predigtlesung empfehlen. Zudem ist mir – trotz komplexer Text- und Literargeschichte – der unmittelbare inhaltliche Zusammenhang von Kap. 3 und 4
Zweitens habe ich wahrgenommen, dass insbesondere die V. 6–8 im Sinn einer Beglaubigung Josuas zu verstehen sind und hier ein Bogen von Kap. 1 bis zum vorgegebenen Predigttext geschlagen wird.
Drittens ist, so habe ich für mich aufgenommen, ist in der Perikope in V. 10 bereits das angelegt, was dann in Jos 4,24 noch zugespitzt wird und was A „eine[n] streng theozentrisch gefassten Selbsterweis Jhwhs in seiner universalen Geschichtsmacht“ nennt. In Unterscheidung von der Beglaubigung, die das Wunder als zielgerichtetes Handeln zur Legitimierung eines konkreten Menschen erscheinen lässt, steht hier nun kein Mensch, sondern Gott im Mittelpunkt des Geschehens.
2. Thematische Fokussierung
Dabei finde ich die Spannung, die sich aus der offenbar komplexen Entstehungsgeschichte zwischen Beglaubigung und Selbsterweis Gottes ergibt, im mehrfachen Sinn „spannend“. Handelt Gott hier in Josuas oder in eigenem Interesse oder ist beides am Ende gar nicht voneinander zu lösen? (Letzteres scheint mir der Fall zu sein.)
Eine Verknüpfungsmöglichkeit zwischen Text und gegenwärtiger Lebenswelt finde ich dabei im Aspekt der Beglaubigung. Es ist gängige Praxis in der Gegenwart, dass Dokumente beglaubigt werden müssen bzw. bei der Aufnahme in Vereine und Fachgesellschaften bisweilen auch ein Gutachten oder eine Empfehlung einer anderen Person eingeholt wird. Bei Kunstwerken, die versteigert werden, muss durch ein beglaubigendes Gutachten sichergestellt werden, dass es tatsächlich auch das ist, wofür man es hält. Das Interesse dabei ist jeweils, keinem Betrüger auf den Leim zu gehen und kein rechtliches oder finanzielles Fiasko zu erleiden. Beim Kunstwerk kommt schließlich noch eine schwer zu fassende Dimension hinzu, die sich mit dem Stichwort „Authentizität“ nur bedingt fassen lässt. Wer einen als „echt“ begutachteten van Gogh bei sich im Haus hängen hat, freut sich ja nicht nur darüber, dass der Wert des Kunstwerks dadurch gesichert ist, sondern das Wissen um die Authentizität stellt auch eine unmittelbare Verbindung zwischen Künstler/-in und Besitzer/-in her. (Und für diejenigen, die eher in anderen Einkommenssegmenten unterwegs sind: Das auf einen Armgips oder ein hingehaltenes Trikot gekritzelte Autogramm [als nachweislich „Selbst-Geschriebenes“] ‚funktioniert‘ für den passionierten Fan in derselben Weise.)
Gerade in Zeiten der „technischen Reproduzierbarkeit“ gewinnt solche Authentizität an Bedeutung, wie es Walter Benjamin schon vor über 80 Jahren reflektiert hat: Wichtig wird „das Hier und Jetzt des Kunstwerks – sein einmaliges Dasein an dem Orte, an dem es sich befindet.“ (Benjamin, 475).
Für die Israeliten stellten sich mit Blick auf Josua im weiteren Sinn vergleichbare Fragen: Ist Josua wirklich ein, ja mehr noch der (!) Mann Gottes, der das Volk in das Land der Verheißung bringt? Ist er bloß eine billige Kopie des ‚Originals‘, Mose, oder ist er selbst ein Original, mit dem Gott seine Geschichte schreibt? Oder, um es mit den Worten des Predigttextes zu sagen: Ist Gott auch mit Josua?
An dieser Stelle fallen dann aber meines Erachtens die beiden zunächst spannungsvoll zueinander stehenden Dimensionen von Selbstoffenbarung Gottes und Beglaubigung des Josua tatsächlich ineinander. Josua wird dadurch beglaubigt, dass er maßgeblich beteiligt ist an dem neuen, originellen und keineswegs nur kopierten Heilshandeln Gottes bei der Landnahme – auch wenn das neue Geschehen des Jordandurchzugs Motive aus der Exodustradition aufnimmt.
3. Theologische Aktualisierung
Bei der Frage danach, wie sich vom Text her heute von Gott und Christus zur Gemeinde sprechen ließe, lässt sich dieser Gedanke von Beglaubigung, Echtheit und Authentizität weiterdenken – und dies in einer doppelten Weise:
Menschen sind auf der Suche nach authentischen religiösen Erfahrungen. Dabei werden die Kirchen mit ihrem Angebot zunehmend kritisch hinterfragt. Sind dies die Räume, wo ich heute (!) mit Gott in Verbindung kommen kann, wo ich erfahre, dass Gott mit mir ist, oder werden hier nur die ‚Nachdrucke‘ religiöser Erfahrungen vertrieben, die schon Jahrhunderte, wenn nicht sogar Jahrtausende zurückliegen?
Auf den ersten Blick weckt in diesem Kontext der Predigttext Hoffnungen auf spektakuläre Mirakel, die kirchlicherseits nicht einzulösen sind. Wer Meeres- oder Flusswunder als Bestätigung für Gottes Gegenwart und für die Kirchen als Orte authentischer Gotteserfahrung fordert, wird enttäuscht werden. Gut möglich, dass die Kirchen so gesehen dann ‚entblößt‘ dastehen.
Doch gerade das könnte wieder zum Text zurückführen. Denn das Wasser weicht ja in der Erzählung nicht einfach so angesichts der Bundeslade zurück, sondern, wie A es prägnant nacherzählend formuliert, „nachdem die Träger der Lade ihre Füße hineingetaucht haben“.
Vielleicht könnte das ein Bild für Kirche und die Christinnen und Christen unserer Zeit sein: Menschen, die die Gegenwart Gottes weitertragen. sodass andere zu authentischen Gottesbegegnungen finden.
4. Bezug zum Kirchenjahr
Liturgisch ist der 1. Sonntag nach Epiphanias durch das Gedenken an die Taufe Jesu geprägt. Verschiedene Verbindungen ergeben sich dabei zwischen dem Predigttext, der Hörergemeinde und dem Kasus der Taufe Jesu: Zum Beispiel das Element des Wassers (Durchzug durch den Jordan, Wasser bei der eigenen Taufe, Taufe Jesu im Jordan), aber auch das Motiv der Beglaubigung (Josua, Taufe als Konstituierung und Beglaubigung der Gotteskindschaft, und die Beglaubigung der besonderen Gottessohnschaft Jesu in Mt 3,17). Auch die Namensgleichheit (Josua/Jesus) und die Tatsache, dass der Durchzug durch den Jordan an das grundlegende heilsgeschichtlich-erlösende Ereignis des Schilfmeerdurchzug erinnert und die Taufe wiederum auf individueller Ebene das grundlegende heilsgeschichtliche Ereignis darstellt, ließe sich in der Predigt aufnehmen.
Entsprechende Verbindungen lassen sich in der Predigt leicht entwickeln und sind möglich, ohne dem Verdacht zu verfallen, einfach nur Assoziationen aneinanderzureihen. Solches Weiterdenken stünde dabei in der typologischen Auslegungstradition der Alten Kirche, wie sie etwa bei Origenes
Einen erfrischenden Gegenimpuls zu Erwartungen mirakulöser Gotteserweise in den Kirchen stellt die Epistel dar (1. Kor 1,26–31), in der die Weisheit und damit auch die Gegenwart Gottes gerade unter dem Schein des Gegenteils, um mit Martin Luther zu sprechen, zu fassen ist – einmalig zugespitzt im Kreuz Christi.
5. Anregungen
Angesichts der beschriebenen komplexen Entstehungsgeschichte legt sich eine Homilie, die den Text Vers für Vers auslegt, wahrscheinlich nicht nahe. Brüche und unterschiedliche Akzentuierungen würden so entweder als erhebliche Störfaktoren wahrgenommen oder nivelliert werden.
Sinnvoller ist es wahrscheinlich, das Motiv der doppelten Beglaubigung (Gott beglaubigt Josua, indem er seine universale Geschichtsmacht offenbart) als Ausgangspunkt zu wählen, um von dort einzelne Aspekte des Textes (z.B. das Handeln der Menschen [= Priester] beim Tragen der Lade) oder aus der Lebenswelt (z.B. die Suche nach authentischen Gotteserfahrungen) zu beleuchten und miteinander ins Gespräch zu bringen.
Weil sich Gotteserfahrungen nicht machen lassen, sollten sie auch nicht einfach behauptet werden. Vielmehr kann die Predigt Hinweise auf die Orte geben, wo sich die Suche nach Gott lohnt und wo Gott sein ‚originales‘ Handeln zugesagt hat. Dafür würde sich an diesem Sonntag ein Verweis auf die Taufe nahelegen, die gerade in der Schlichtheit des Rituals zeichenhaft für das steht, was in der Epistel (und ihrem unmittelbaren Kontext) ausgesagt ist, dass sich Gottes Weisheit und Gegenwart bisweilen gerade im Unscheinbaren zeigt.
Als Lieder würden sich in Aufnahme des Motivs des Mitseins EG 209 („Ich möcht’, dass einer mit mir geht“) oder in Nacherzählung der alttestamentlichen Heilsgeschichte EG 301 („Danket Gott, denn er ist gut“) eignen.
Literatur
- Walter Benjamin, Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, [Dritte Fassung], in: Walter Benjamin – Gesammelte Schriften, Band I, Teil 2, Frankfurt/M. 1980, S. 471–508, online im Volltext zugänglich unter: https://de.wikisource.org/wiki/Das_Kunstwerk_im_Zeitalter_seiner_technischen_Reproduzierbarkeit_(Dritte_Fassung)#
(24.6.2024).
Autoren
- Prof. Dr. Joachim J. Krause (Einführung und Exegese)
- Prof. Dr. Christoph Barnbrock (Praktisch-theologische Resonanzen)
Permanenter Link zum Artikel: https://bibelwissenschaft.de/stichwort/500090
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