Einführung: Die Geschichte der Apostel
Die Geschichte der Apostel – auch kurz »Apostelgeschichte« genannt – schließt inhaltlich direkt an das Lukasevangelium an. Das Lukasevangelium handelt vom Leben und Wirken von Jesus. Es endet damit, dass er nach seiner Auferstehung in den Himmel aufgenommen wird (Lukas 24,50-53). Die Apostelgeschichte setzt hier wieder ein (1,4-12) und erzählt, wie sich die Gute Nachricht von Jesus in der Welt ausbreitet. Sie berichtet vom Wirken der Apostel und anderer Missionare. Aber der eigentliche Lenker der Geschichte ist der Heilige Geist. Er befähigt die Apostel und Missionare zur Verkündigung und zeigt ihnen, was sie tun sollen (1,8; 2,4; 4,8; 13,4; 16,6 und öfter).
Die Apostelgeschichte ist vermutlich zwischen 80 und 90 n. Chr. entstanden. Über ihren Verfasser wissen wir nicht viel: Die Schrift selbst gibt keine Auskunft über ihn. Sie ist aber – wie aus ihrem Vorwort hervorgeht (1,1-3) – demselben Theophilus gewidmet wie das Lukasevangelium. Es gilt als sicher, dass die beiden Schriften von demselben Verfasser stammen. Lange Zeit hat man angenommen, dass er ein Reisebegleiter des Paulus war. Grund hierfür war die Beobachtung, dass einige Teile der Apostelgeschichte in der »Wir«-Form geschrieben sind (16,10-16; 20,5-15; 21,1-18; 27,1–28,16). Da nach 2. Timotheus 4,11 nur Lukas bis zuletzt bei Paulus geblieben ist, hat man angenommen, dass er die Apostelgeschichte verfasst hat. Heute teilt man diese Annahme zumeist nicht mehr, denn einige Ereignisse werden in der Apostelgeschichte anders dargestellt als in den Briefen des Paulus. Die Abschnitte in der »Wir«-Form lassen sich auch als erzählerisches Mittel erklären, das dazu dient, den Leserinnen und Lesern einen besonders lebendigen Eindruck von den Ereignissen zu vermitteln.
Am Beginn der Apostelgeschichte kündigt Jesus seinen Jüngern an, dass der Heilige Geist auf sie kommen wird und sie Zeugen für die Gute Nachricht sein werden: »in Jerusalem, in ganz Judäa und Samarien und bis ans Ende der Erde« (1,8). Der Aufbau der Apostelgeschichte entspricht genau dieser Ankündigung. Der erste Teil (1,1–8,3) spielt in Jerusalem. Der zweite Teil (8,4–12,25) berichtet von der Ausbreitung der Guten Nachricht in Judäa und Samarien. Der dritte Teil (13–28) handelt hauptsächlich von den Reisen des Paulus. Diese führen ihn bis nach Rom, der Hauptstadt des Römischen Reiches, das den gesamten Mittelmeerraum beherrschte. Damit ist die Botschaft von Jesus dort vorerst an ihr Ziel gelangt.
In den ersten Kapiteln der Apostelgeschichte wird erzählt, wie der Heilige Geist an Pfingsten auf die Gemeinde in Jerusalem kommt und die Apostel dazu befähigt, die Gute Nachricht zu verkünden (2,1-41). Immer mehr Menschen kommen zur Gemeinde dazu. Sie versammeln sich zum Gottesdienst und leben in enger Gemeinschaft (2,42-47; 4,32-37; 5,12-16). Doch auch von Problemen ist die Rede. Die Frage nach persönlichem Besitz und die Versorgung der Witwen waren zu regeln (5,1-11; 6,1-8). Außerdem mussten sich die Apostel und Mitarbeiter der Gemeinde gegenüber dem jüdischen Rat verteidigen (4,1-22; 5,17-32). Der erste Teil endet mit der Verurteilung und Steinigung von Stephanus (6,9–8,3).
Der zweite Teil handelt zunächst vom Wirken von Philippus (8,4-40) und Petrus (9,31–11,18; 12,1-19). Dazu kommt dann Saulus, später auch »Paulus« genannt. Er begegnet Jesus und wird von ihm berufen, die Gute Nachricht zu verkünden (9,1-30). Immer mehr Menschen kommen zum Glauben an Jesus Christus. Auch Menschen, die nicht aus dem Volk Israel stammen, lassen sich taufen und empfangen den Heiligen Geist. Für das Zusammenleben in den Gemeinden stellte das eine neue Herausforderung dar: Während die Christen jüdischer Herkunft weiterhin ihre Speise- und Reinheitsgebote befolgten, hielten sich Christen ohne jüdische Wurzeln nicht daran. Gemeinsame Mahlzeiten von beiden Gruppen waren unter diesen Umständen nicht möglich. Auf dem »Apostelkonzil«, von dem im dritten Teil berichtet wird (15,1-35), wurden daher einige grundlegende Regeln für das Leben in der Gemeinde beschlossen.
Der dritte Teil der Apostelgeschichte berichtet dann vor allem von der Verkündigung und den Reisen des Paulus: den sogenannten Missionsreisen. Zunächst reist Paulus durch Kleinasien, das etwa auf dem Gebiet der heutigen Türkei liegt, später auch durch Griechenland. Vielerorts entstehen christliche Gemeinden. Bei einem Besuch in Jerusalem wird Paulus verhaftet (21,15–26,32). Er wird nach Rom gebracht, aber selbst in der Gefangenschaft dort hört er nicht auf, die Gute Nachricht zu verkünden (27–28).
Eine Besonderheit im Aufbau der Apostelgeschichte sind die ausführlichen Reden (2,14-36; 7,2-53; 13,16-41 und öfter). In ihnen wird die Geschichte von Jesus Christus erzählt und dabei zugleich in die Geschichte des Volkes Israel eingebettet. Auf diese Weise zeigt Lukas, dass Jesus wirklich der Sohn Gottes ist. Durch ihn hat Gott allen Menschen den Weg zu einem neuen Leben eröffnet – unabhängig davon, ob sie aus dem Volk Israel oder einem anderen Volk stammen.