Deutsche Bibelgesellschaft

Inhalt der Evangelien und der Apostelgeschichte

Matthäusevangelium

Matthäus, der Verfasser des Evangeliums, beherrschte die griechische Sprache und war mit den Schriften des Alten Testaments sehr vertraut. Man nimmt daher an, dass er selbst jüdischer Herkunft war und das Evangelium für eine Gemeinde geschrieben hat, die eine enge Verbindung zum Judentum hatte. Wahrscheinlich ist das Matthäusevangelium zwischen 80 und 90 n. Chr. in Syrien entstanden.

Das Matthäusevangelium beginnt mit der Vorgeschichte des Wirkens von Jesus (1,1–4,22): mit seinem Stammbaum, der Geschichte seiner Geburt und dem Auftreten von Johannes dem Täufer. Es folgt eine Beschreibung über das öffentliche Wirken von Jesus (4,23–16,12), den Weg nach Jerusalem (16,13–20,34) und sein Wirken in Jerusalem (21–25). Über das Leiden, Sterben und die Auferstehung von Jesus wird im letzten Teil (26–28) berichtet.

Eine Besonderheit im Aufbau des Matthäusevangeliums sind die fünf großen Reden, in denen Worte von Jesus zusammengestellt sind: die Bergpredigt (5,1–7,29), der Auftrag an die Apostel (9,35–11,1), die Gleichnisse (13,1-53), Anweisungen für die Gemeinschaft der Jünger (18) und die Rede über die Pharisäer und das Weltgericht (23–25). So tritt Jesus als Lehrer in Erscheinung, den Gott mit besonderer Vollmacht ausgestattet hat. Er verkündet den Menschen, was Gottes Wille ist.

Nach der Darstellung des Matthäusevangeliums erfüllt sich in der Geburt von Jesus und in seinem Wirken das, was im Alten Testament bereits angekündigt wurde. Vor allem in den ersten Kapiteln wird mehrfach aus dem Alten Testament zitiert. Diese Zitate lassen sich gut erkennen an Formulierungen wie: »So ging in Erfüllung, was durch den Propheten gesagt worden ist« (1,22; 2,17; 8,17 und öfter). Jesus wird zudem schon am Beginn des Evangeliums als Sohn Davids bezeichnet (1,1). Das macht deutlich: Jesus ist der Retter, auf den das Volk Israel gewartet hat und der im Alten Testament angekündigt wurde (2. Samuel 7,12-16). Gleichzeitig ist Jesus ein Nachkomme von Abraham. Abraham ist nicht nur der Stammvater Israels, sondern gilt auch als der, durch den alle Völker der Erde Segen empfangen (1. Mose/Genesis 12,3). Die Gute Nachricht ist also an alle Völker gerichtet. Das wird auch am Ende des Evangeliums im Auftrag von Jesus an seine Jünger deutlich: Sie sollen allen Menschen von Jesus erzählen und sie einladen, seine Jüngerinnen und Jünger zu werden (28,19-20). Jesus ist nicht nur der Retter Israels, sondern auch der Retter der ganzen Welt.

Nach der Darstellung von Matthäus steht die Erfüllung des Gesetzes im Zentrum dessen, was Jesus den Menschen gepredigt hat: Wer tut, was die Gebote des Alten Testaments fordern, der handelt nach dem Willen Gottes (5,17-20). Eine besondere Rolle nimmt dabei das Gebot ein, Gott und seinen Nächsten zu lieben wie sich selbst (22,34-40). Das Doppelgebot der Liebe besitzt seinen Hintergrund im Alten Testament (5. Mose/Deuteronomium 6,5; 3. Mose/Levitikus 19,18) und fasst alles zusammen, was Gott von den Menschen verlangt. Beim Befolgen der Gebote geht es also vor allem um Barmherzigkeit gegenüber den Mitmenschen (9,13; 12,7). Im Leben der Gemeinde zeigt sich die Barmherzigkeit unter anderem in der Bereitschaft, einander zu vergeben (18,21-35).

Markusevangelium

Markus, der Verfasser des Evangeliums, war vermutlich der Erste, der einen fortlaufenden Bericht über das Leben und die Verkündigung von Jesus verfasst hat. Er konnte dafür auf verschiedene Überlieferungen und Sammlungen zurückgreifen, die in den frühen Gemeinden im Umlauf waren. Dazu gehörte auch ein Bericht über das Leiden und Sterben von Jesus, den Markus in den Kapiteln 14–15 seines Evangeliums aufgenommen hat. Das Markusevangelium wurde wahrscheinlich um das Jahr 70 n. Chr. verfasst.

Das Evangelium beginnt mit der Taufe und dem öffentlichen Wirken von Jesus in Galiläa und den umliegenden Gebieten (1,1–8,26): Jesus redet vom Reich Gottes, heilt Menschen und vollbringt Wunder. Ab 8,27 verlagert sich der Schauplatz: Jesus macht sich auf den Weg nach Jerusalem (8,27–10,53). Immer deutlicher kündigt sich das bevorstehende Leiden und Sterben von Jesus an. In dieser Situation ruft Jesus seine Jünger dazu auf, ihm nachzufolgen, auch wenn sie dafür selbst Leid ertragen müssen. In 11–13 wird berichtet, wie Jesus in Jerusalem einzieht und dort wirkt. War Galiläa der Ort, an dem die Verkündigung Jesu von den Menschen angenommen wurde, so ist Jerusalem der Ort, an dem er in Auseinandersetzungen mit seinen Gegnern gerät und abgelehnt wird. Die Konflikte zwischen Jesus und seinen Gegnern führen schließlich zu seiner Verurteilung und seinem Tod am Kreuz (14–15). Doch der Tod hat nicht das letzte Wort: In 16,1-8 wird berichtet, dass Jesus von den Toten auferstanden ist und den Frauen am Grab den Auftrag erteilt, die Botschaft von seiner Auferstehung weiterzusagen.

Das Markusevangelium endete ursprünglich recht überraschend mit 16,8: Die Frauen, die eigentlich die Botschaft von der Auferstehung weitersagen sollten, fliehen und sagen aus Angst niemandem etwas. Der folgende Abschnitt 16,9-20 wurde später hinzugefügt. Er fehlt in den ältesten griechischen Handschriften.

Markus möchte mit seinem Evangelium von Beginn an klarmachen, dass Jesus der Sohn Gottes ist (1,1). Dieses Bekenntnis wird innerhalb des Evangeliums in drei Szenen wiederholt: zweimal durch eine Stimme vom Himmel (1,11; 9,7) und schließlich im Bekenntnis des römischen Hauptmanns, der den Tod von Jesus miterlebt (15,39). Die Jünger tun sich dagegen schwer, zu erkennen, wer Jesus wirklich war – und das, obwohl sie von Anfang an bei Jesus waren und seine machtvollen Taten gesehen haben. In 8,29 bekennt Petrus zwar: »Du bist der Christus«, das bedeutet »der Gesalbte«, also der im Alten Testament verheißene Retter. Doch schon in der nächsten Szene (8,33) wird Petrus hart zurechtgewiesen. Er und die anderen Jünger begreifen nicht, dass dieser Retter leiden und sterben muss. Aber Jesus ist gekommen, dass er »sein Leben gebe als Lösegeld für viele« (10,45).
Markus versteht das Leben und Wirken von Jesus vor dem Hintergrund verschiedener Aussagen des Alten Testaments. So wird das Auftreten von Johannes dem Täufer in 1,2-3 vom Alten Testament her gedeutet: Johannes ist der Bote, der nach Jesaja 40,3 und Maleachi 3,1 das Kommen Gottes zu den Menschen vorbereiten soll. Auch der Tod und die Auferstehung von Jesus wird vom Alten Testament her gedeutet: Jesus ist der Gottesknecht, der nach Jesaja 52,13–53,12 leiden und sterben muss: Er, der selbst unschuldig ist, trägt die Schuld der Menschen.

Lukasevangelium

Lukas, der Verfasser des Evangeliums, war ein gebildeter Theologe. Er wusste, wie die Geschichtsschreiber seiner Zeit arbeiteten und orientierte sich daran. Außerdem kannte er das Alte Testament und die jüdischen Sitten und Bräuche sehr genau. Er hat seinen Bericht wahrscheinlich für Menschen geschrieben, die – wie er selbst – den Glauben an Jesus Christus angenommen hatten, aber nicht aus dem jüdischen Volk stammten. Man nimmt an, dass sein Evangelium in der Zeit zwischen 80 und 90 n. Chr. entstanden ist.

In einem kurzen Vorwort (1,1-4) gibt Lukas Auskunft über sein Vorgehen: Lukas hat alle Quellen und Berichte gründlich geprüft. Er möchte zuverlässig und der Reihe nach über das Leben und Wirken von Jesus berichten. Außerdem nennt er die Regierenden in Judäa und im Römischen Reich (1,5; 2,1; 3,1-2) und ordnet so den Bericht über Jesus zeitlich genau ein.

Sein Evangelium beginnt im Unterschied zum Markusevangelium mit einer Vorgeschichte (1,1–4,13). Darin wird die Geburt Jesu und der Beginn seines Wirkens geschildert. Im weiteren Aufbau folgt das Lukasevangelium dem Markusevangelium: Auf das Wirken von Jesus in Galiläa (4,14–9,50) folgt der Weg nach Jerusalem (9,51–19,27). Im Anschluss wird erzählt, wie Jesus nach Jerusalem kommt und wie sich dort der Konflikt zwischen ihm und seinen Gegnern immer weiter zuspitzt (19,28–21,38). Im letzten Teil wird über das Leiden Jesu, seinen Tod und seine Auferstehung berichtet (22–24).

Die Darstellung des Weges nach Jerusalem (9,51–19,27) ist bei Lukas deutlich länger als in den anderen Evangelien. Sie enthält viele bekannte Geschichten, die bei Matthäus und Markus nicht vorkommen: das Beispiel vom barmherzigen Samariter (10,29-37), das Gleichnis vom Vater und seinen beiden Söhnen (15,11-32) und die Erzählung von dem Zolleinnehmer Zachäus (19,1-10). Auch am Beginn und Schluss des Evangeliums finden sich zusätzliche Geschichten, darunter die so bekannte Weihnachtsgeschichte (2,1-21) und die Erzählung, wie Jesus in den Himmel aufgenommen wird (24,50-53).

Besondere Aufmerksamkeit schenkt Lukas den Frauen in seinem Evangelium: In den Geschichten über die Geburt von Jesus und Johannes treten neben Maria (1,27) auch Elisabeth (1,5) und Hanna (2,36) in Erscheinung. Später wird erzählt, wie Jesus bei zwei Schwestern – Maria und Marta – zu Gast ist (10,38-42). Und wir erfahren, dass es Frauen gab, die Jesus und seine Jünger unterstützten (8,1-3). Schließlich zeigt Jesus seinen Jüngern am Beispiel einer Witwe, wie sie beten sollen (18,1-8).

Johannesevangelium

Über den Verfasser des Johannesevangeliums gibt es am Ende des Buches eine kurze Notiz (21,24). Danach stammt es von dem Jünger, »den Jesus lieb hatte«. An keiner Stelle wird sein Name genannt. Aber er liegt an der Seite von Jesus bei dessen Abschiedsmahl mit den Jüngern (13,23). Er steht unter dem Kreuz, als Jesus stirbt (19,25-27), und er ist der Erste, der beim Anblick des leeren Grabes versteht und glaubt, dass Jesus auferstanden ist (20,1-10). Das Johannesevangelium ist wahrscheinlich um 100 n. Chr. entstanden und stammt aus dem Umfeld der Gemeinden, in denen auch die Johannesbriefe entstanden sind.

Im Vergleich zu den anderen Evangelien setzt das Johannesevangelium eigene Schwerpunkte in seiner Darstellung des Lebens und Wirkens von Jesus. So reist Jesus mehrmals anlässlich der großen jüdischen Feste nach Jerusalem. Es werden sieben wunderbare Zeichen geschildert, durch die sich Jesus als der Sohn Gottes und Retter der Welt zu erkennen gibt: Jesus verwandelt Wasser in Wein (2,1-12), er heilt einen Kranken (4,43-54) und einen gelähmten Mann (5,1-18), er macht mehr als 5000 Menschen satt (6,1-15), er geht über das Wasser (6,16-21), er gibt einem blinden Mann das Augenlicht (9,1-12) und weckt Lazarus vom Tod auf (11,1-44). Das größte Zeichen ist aber seine eigene Auferstehung (20,1-10). Typisch für Johannes sind auch die großen Reden und die sogenannten »Ich-bin-Worte«, mit denen sich Jesus selbst vorstellt: Er ist das Brot des Lebens (6,35) und das Licht der Welt (8,12). Er ist die Tür zu den Schafen (10,7) und der gute Hirte, der bereit ist, für die Schafe zu sterben (10,11). Er ist die Auferstehung und das Leben (11,25) und der Weg, auf dem die Menschen zu Gott kommen (14,6). Er ist der wahre Weinstock. Wer mit ihm verbunden bleibt, bleibt auch mit Gott verbunden (15,5).

Johannes eröffnet sein Buch mit einem großartigen Auftakt (1,1-18). Es ist ein Loblied, ein Hymnus, in dem die unvergleichliche Bedeutung und Würde von Jesus Christus besungen wird: In ihm können wir Gott selbst erkennen, denn er ist von Gott gesandt. Bevor die Welt geschaffen wurde, war er schon bei Gott und zu Gott kehrt er wieder zurück. Er ist das Licht und das Leben für die Menschen. Er ist in die Welt gekommen und selbst ein Mensch aus Fleisch und Blut geworden, um den Menschen ein Leben in der Gemeinschaft mit Gott zu schenken.

Das Johannesevangelium deutet den Tod von Jesus auf eine ganz besondere Weise. Für Johannes ist das Kreuz nicht der Tief-, sondern der Höhepunkt des Weges Jesu. Dieser Weg ist von Anfang an vorgezeichnet: Jesus muss »erhöht werden« (3,14). Und Jesus geht seinen Weg als das Lamm Gottes, das die Sünde wegnimmt, die trennend zwischen den Menschen und Gott steht (1,29).

Apostelgeschichte

Die Apostelgeschichte setzt das Lukasevangelium fort und stammt vom selben Verfasser. Man spricht deshalb auch vom lukianischen Doppelwerk. Wie das Evangelium datiert man die Abfassung der Apostelgeschichte in die Zeit zwischen 80 und 90 n. Chr. entstanden.

Am Beginn der Apostelgeschichte kündigt Jesus seinen Jüngern an, dass der Heilige Geist auf sie kommen wird und sie Zeugen für die Gute Nachricht sein werden: in Jerusalem, in ganz Judäa, in Samarien und bis an das Ende der Erde (1,8). Der Aufbau der Apostelgeschichte entspricht genau dieser Ankündigung. Der erste Teil (1,1–8,3) spielt in Jerusalem. Der zweite Teil (8,4–12,25) berichtet von der Ausbreitung der Guten Nachricht in Judäa und Samarien. Der dritte Teil (13,1–28,31) handelt hauptsächlich von den Reisen des Paulus. Diese führen ihn bis nach Rom, der Hauptstadt des Römischen Reiches, das den gesamten Mittelmeerraum beherrschte. Damit ist die Botschaft von Jesus dort vorerst an ihr Ziel gelangt.

In den ersten Kapiteln der Apostelgeschichte wird erzählt, wie der Heilige Geistes an Pfingsten auf die Gemeinde in Jerusalem kommt und die Apostel dazu befähigt, die Gute Nachricht zu verkünden (2,1-41). Immer mehr Menschen kommen zur Gemeinde dazu. Sie versammeln sich zum Gottesdienst und leben in enger Gemeinschaft (2,42-47; 4,32-37; 5,12-16). Doch auch von Problemen ist die Rede. Die Frage nach persönlichem Besitz und die Versorgung der Witwen waren zu regeln (5,1-11; 6,1-8). Außerdem mussten sich die Apostel und Mitarbeiter der Gemeinde gegenüber dem jüdischen Rat verteidigen (4,1-22; 5,17-32). Der erste Teil endet mit der Verurteilung und Steinigung von Stephanus (6,9–8,3).

Der zweite Teil handelt zunächst vom Wirken des Philippus (8,4-40) und des Petrus (9,31–11,18; 12,1-19). Dazu kommt dann Saulus, der später »Paulus« genannt wird. Er begegnet Jesus und wird von ihm berufen, die Gute Nachricht zu verkünden (9,1-30). Immer mehr Menschen kommen zum Glauben an Jesus Christus. Auch Menschen, die nicht aus dem Volk Israel stammen, lassen sich taufen und empfangen den Heiligen Geist. Für das Zusammenleben in den Gemeinden stellt das eine neue Herausforderung dar: Während die Christen jüdischer Herkunft weiterhin ihre Speise- und Reinheitsgebote befolgen, halten sich Christen ohne jüdische Wurzeln nicht daran. Unter diesen Umständen waren gemeinsame Mahlzeiten der beiden Gruppen nicht möglich. Daher bedurfte es grundlegender Regeln für das gemeinsame Leben in der Gemeinde. Sie wurden auf dem »Apostelkonzil« beschlossen, von dem im dritten Teil erzählt wird (15,1-35).

Der dritte Teil berichtet dann vor allem von der Verkündigung des Paulus und seinen Reisen, den sogenannten »Missionsreisen«. Zunächst reist Paulus durch Kleinasien, das etwa auf dem Gebiet der heutigen Türkei liegt, später auch durch Griechenland. Vielerorts entstehen christliche Gemeinden. Bei einem Besuch in Jerusalem wird Paulus jedoch verhaftet (21,15–26,32) und später nach Rom gebracht. Aber auch in der Gefangenschaft hört er nicht auf, die Gute Nachricht zu verkünden (27–28).

Eine Besonderheit im Aufbau der Apostelgeschichte sind die ausführlichen Reden (z.B. 2,14-36; 7,2-53; 13,16-41; 17,22-31). In ihnen wird die Geschichte von Jesus Christus erzählt und in die Geschichte des Volkes Israel eingebettet. Auf diese Weise zeigt Lukas, dass Jesus wirklich der Sohn Gottes ist. Durch ihn hat Gott allen Menschen den Weg zu einem neuen Leben eröffnet − unabhängig davon, ob sie aus dem Volk Israel oder einem anderen Volk stammen.

Deutsche Bibelgesellschaftv.4.25.3
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