BasisBibel (BB)
55

Wenn ich doch Flügel hätte

551FÜR DEN CHORLEITER,

ZU BEGLEITEN MIT SAITENINSTRUMENTEN.

EIN WEISHEITSLIED, VON DAVID55,1 David: Bedeutender König in der Geschichte Israels, der etwa 1000–960 v. Chr. regierte. Er gilt als Dichter zahlreicher Lieder und Gebete..

2Öffne dein Ohr für mein Gebet55,2 Gebet: Reden des Menschen mit Gott., Gott!

Entziehe dich nicht meinem Flehen.

3Gib auf mich acht! Antworte mir!

Ich bin verzweifelt und fassungslos.

4Denn der Feind macht viel Lärm,

der Frevler55,4 Frevler: Menschen, die Gottes Gebote missachten und ihre eigenen Interessen gewaltsam durchsetzen. schreit, so laut er kann.

Sie lassen Unheil über mich kommen

und beschuldigen mich in blinder Wut.

5Mir pocht das Herz in meiner Brust,

Todesangst hat mich überfallen.

6Furcht und Zittern packen mich,

ein Schaudern hat mich erfasst.

7Da sprach ich: »Wenn ich doch Flügel hätte!

Wie eine Taube wollte ich davonfliegen

und mich woanders niederlassen.

8Siehe, weit in die Ferne würde ich fliehen

und die Nacht in der Wüste55,8 Wüste: Hier Ort des Rückzugs vor dem Lärmen der Feinde. verbringen. Sela55,8 Sela: Zeichen zum Atemholen..

9Ich würde mich eilig in Sicherheit bringen,

vor dem Sturmwind, der über mich hinwegfegt.«

10Mein Herr, verwirre55,10 verwirre: Anspielung auf die Erzählung vom Turmbau zu Babel in 1. Mose/Genesis 11,1-9, in der Gott die Sprache der Menschen durcheinanderbringt. doch ihre Sprache,

damit sie einander nicht mehr verstehen.

Denn ich sehe Gewalt und Streit in der Stadt:

11Tag und Nacht kreisen sie um ihre Mauern55,11 Mauern: Meint die Stadtmauer. Sie schützt die Stadt vor dem Angriff der Feinde. Ihr Eingangstor wird tagsüber bewacht und ist nachts geschlossen..

Doch drinnen herrschen Elend und Not.

12Verbrechen werden in ihrer Mitte begangen.

Erpressung und Betrug verschwinden nicht

von ihrem Markt.

13Es ist nicht der Feind, der mich beschimpft. –

Das würde ich noch ertragen!

Und es ist niemand, der mich maßlos hasst. –

Vor ihm würde ich mich verstecken!

14Nein, du bist es! Ein Mensch, den ich schätze,

mein Freund, der mein Vertrauen besitzt!

15Gern kamen wir in vertrauter Runde zusammen.

Im festlichen Treiben gingen wir zu Gottes Haus55,15 Haus Gottes: Bezeichnet den Tempel in Jerusalem..

16Der Tod soll über die Verbrecher55,16 Verbrecher: Meint die Leute aus Psalm 55,10-12, die das Leben in der Stadt unsicher machen. kommen!

Lebendig sollen sie in das Totenreich55,16 Totenreich: Aufenthaltsort der Verstorbenen, der unter der Erde liegt. hinabsteigen!

Denn Bosheit wohnt in ihren Häusern und Herzen.

17Ich aber, ich rufe zu Gott,

ja, der Herr55,17 Herr: Hier steht im Hebräischen der Gottesname. Bereits in der Antike war es üblich, den Gottesnamen nicht auszusprechen, sondern ihn beim Lesen durch das hebräische Wort für »Herr« (adonaj) zu ersetzen. In deutschen Bibeln wird das in der Regel durch eine besondere Schreibweise kenntlich gemacht: HERR. wird mir helfen.

18Abends und morgens und mittags –

ununterbrochen klage und stöhne ich.

Da hat er meine Stimme gehört.

19Er befreite mich von denen, die mich angriffen.

So ließen sie mich in Frieden.

Denn viele von ihnen standen gegen mich.

20Gott soll es hören und sie bestrafen,

sie und die Bewohner des Ostens55,20 Bewohner des Ostens: Hinweis auf weitere Feinde. Der Text ist an dieser Stelle schwer zu deuten.. Sela55,20 Sela: Zeichen zum Atemholen..

Denn sie halten sich an keine Abmachung

und haben keine Ehrfurcht55,20 Ehrfurcht: Eine Haltung größter Hochachtung gegenüber Gott, die sowohl Bewunderung als auch Erschrecken zum Ausdruck bringt. vor Gott.

21Der falsche Freund55,21 falscher Freund: Meint den Freund aus Psalm 55,13-15, der den Beter enttäuscht hat. erhob die Hände

gegen den, der ihm Vertrauen schenkte.

So hat er den Freundschaftsbund entweiht.

22Weicher als Butter sind seine Reden,

doch nach Krieg steht ihm der Sinn.

Geschmeidiger als Öl sind seine Worte,

doch sie schneiden wie scharfe Schwerter.

23Übergib dem Herrn deine Last!

Er selbst wird für dich sorgen!

Zu keiner Zeit wird er zulassen,

dass der Gerechte55,23 Gerechte: Menschen, die Gottes Gebote befolgen, sodass das Leben in Gemeinschaft miteinander gelingt. zu Fall kommt.

24Du aber, Gott, stürze die Verbrecher55,24 Verbrecher: Meint die Leute aus Psalm 55,10-12, die das Leben in der Stadt unsicher machen. hinab,

hinab in die Zisterne55,24 Zisterne: In den Boden geschlagene Kammer zum Sammeln und Speichern von Regenwasser. Hier Bild für das Totenreich., in ihr Verderben.

Ja, die Mörder und Betrüger sollen sterben,

bevor sie die Mitte ihres Lebens erreichen.

Ich aber setze mein ganzes Vertrauen auf dich.