1Ach, wärst du doch mein Bruder, / genährt an den Brüsten meiner Mutter.
Träfe ich dich draußen, / ich würde dich küssen / und niemand dürfte mich deshalb verachten.
2Führen wollte ich dich, / in das Haus meiner Mutter dich bringen, / die mich erzogen hat.
Würzwein gäbe ich dir zu trinken, / von meinem Granatapfelmost.
3Seine Linke liegt unter meinem Kopf, / seine Rechte umfängt mich.
4Ich beschwöre euch, Jerusalems Töchter: / Was stört ihr die Liebe auf, / warum weckt ihr sie, ehe ihr selbst es gefällt?
Gegenseitige Liebe und Sehnsucht: 8,5–14
5Wer ist sie, / die aus der Wüste heraufsteigt, / auf ihren Geliebten gestützt?
Unter dem Apfelbaum habe ich dich geweckt, / dort, wo deine Mutter dich empfing, / wo deine Gebärerin in Wehen lag.
6Leg mich wie ein Siegel auf dein Herz, / wie ein Siegel auf deinen Arm,
denn stark wie der Tod ist die Liebe, / die Leidenschaft ist hart wie die Unterwelt!
Ihre Gluten sind Feuergluten, / gewaltige Flammen.
7Mächtige Wasser können die Liebe nicht löschen, / auch Ströme schwemmen sie nicht hinweg.
Böte einer für die Liebe den ganzen Reichtum seines Hauses, / nur verachten würde man ihn.
8Wir haben eine kleine Schwester, / noch ohne Brüste.
Was tun wir mit unsrer Schwester am Tag, / da jemand um sie wirbt?
9Ist sie eine Mauer, / bauen wir silberne Zinnen auf ihr.
Ist sie eine Tür, / versperren wir sie mit einem Zedernbrett.
10Ich bin eine Mauer / und meine Brüste sind wie Türme.
Da hab ich in seinen Augen / Frieden gefunden.
11Salomo besaß einen Weinberg in Baal-Hamon; / den Weinberg übergab er Hütern.
Für seine Frucht wird jeder / tausend Silberstücke bezahlen.
12Mein eigener Weinberg liegt vor mir. / Die tausend lass ich dir, Salomo, / und zweihundert noch denen, / die seine Frucht hüten.
13Die du in den Gärten weilst, / auf deine Stimme lauschen die Freunde; / lass sie mich hören!
14Flieh mein Geliebter, / der Gazelle gleich, dem jungen Hirsch / auf den Balsambergen!