Amos und seine Visionen
Die erste Vision
1Gott, der Herr, ließ mich eine Vision sehen:
Ich sah, wie er einen Heuschreckenschwarm bildete,
gerade als die Spätsaat aufzugehen begann.
– Die Spätsaat wächst ja im Frühsommer,
nachdem das Gras für den König gemäht worden ist. –
2Doch die Heuschrecken fielen über das Land her
und begannen, die jungen Pflanzen abzufressen.
Da rief ich: »Herr, mein Gott, vergib!
Wie soll Jakob überleben?
Er ist doch so schwach.«
3Da bereute der Herr, was er vorhatte.
»Es soll nicht geschehen!«, sagte der Herr.
Die zweite Vision
4Gott, der Herr, ließ mich eine Vision sehen:
Ich sah, wie Gott, der Herr, eine Gluthitze herbeirief.
Die verzehrte das Grundwasser in der Tiefe
und war dabei, das Ackerland zu vertilgen.
5Da rief ich: »Herr, mein Gott, lass ab!
Wie soll das Volk Jakob überleben?
Es ist doch so schwach.«
6Da bereute der Herr, was er vorhatte.
»Auch das soll nicht geschehen!«, sagte der Herr.
Die dritte Vision
7Er ließ mich eine Vision sehen:
Ich sah den Herrn auf einer Mauer aus Zinn stehen.
Und in seiner Hand hielt er Zinn.
8Der Herr sprach zu mir: »Was siehst du, Amos?«
Ich antwortete: »Zinn!«
Da sprach der Herr:
»Ich werde Waffen ins Land bringen,
die mit Zinn gehärtet sind.
Die sollen unter meinem Volk wüten.
Ich werde Israel nicht noch einmal verschonen!
9Dann wird man Isaaks Kultplätze verwüsten
und Israels Heiligtümer zerstören.
Dem Haus Jerobeam aber
will ich mit dem Schwert entgegentreten.«
Amos wird weggeschickt
10Amazja, der Priester von Bet-El, sandte eine Botschaft
an Jerobeam, den König von Israel:
»Amos zettelt einen Aufstand gegen dich an.
Mitten in Israel führt er unerträgliche Reden.
Das hält das Land nicht länger aus!
11Denn Amos hat folgende Aussage gemacht:
›Jerobeam wird durch das Schwert umkommen,
und Israel wird aus seinem Land weggeführt.‹«
12Zu Amos aber sagte Amazja:
»Verschwinde von hier, Seher! Geh nach Juda!
Dort magst du dir dein Brot verdienen,
wenn du weiter als Prophet auftreten willst.
13Aber in Bet-El darfst du nicht mehr auftreten.
Denn das hier ist ein königliches Heiligtum.
Es ist ein Staatstempel!«
14Da antwortete Amos und sagte zu Amazja:
»Ich bin kein Prophet!
Ich bin auch kein Schüler eines Propheten!
Ich habe Rinder und züchte Maulbeerfeigen.
15Doch der Herr hat mich von der Herde weggeholt.
Der Herr hat zu mir gesagt: ›Geh nach Israel!
Dort sollst du als Prophet gegen mein Volk auftreten!‹
16Und jetzt hör das Wort des Herrn!
Es richtet sich gegen dich, weil du zu mir gesagt hast:
›Du darfst nicht als Prophet gegen Israel auftreten
und nicht gegen die Nachkommen Isaaks weissagen!‹
17Darum, so spricht der Herr:
Deine Frau wird in der Stadt zur Hure werden.
Deine Söhne und Töchter fallen durch das Schwert.
Dein Ackerland wird mit der Messschnur verteilt,
und du selbst sollst in einem unreinen Land sterben.
Israel aber wird aus seinem Land weggeführt.«