Abschaloms Rückkehr
Joab hat einen Plan
1Joab, dem Sohn der Zeruja, blieb nicht verborgen,
dass die Gedanken des Königs um Abschalom kreisten.
2Deshalb schickte Joab jemanden nach Tekoa
und ließ von dort eine kluge Frau holen.
Zu ihr sagte er:
»Tu so, als ob du in Trauer bist!
Zieh Trauerkleider an, salbe dich nicht mit Öl!
Spiel eine Frau,
die schon lange um einen Verstorbenen trauert!
3Dann geh zum König und rede mit ihm so und so!«
Und die Worte, die sie sagen sollte,
legte Joab ihr in den Mund.
Die kluge Frau aus Tekoa
4Die Frau aus Tekoa kam zum König,
verneigte sich und warf sich mit dem Gesicht zur Erde.
Dann rief sie: »Hilf mir, mein König!«
5Der König fragte sie: »Was hast du denn?«
Sie antwortete: »Ach, ich bin eine arme Witwe!
Mein Mann ist tot.
6Deine Magd aber hatte zwei Söhne.
Die beiden waren draußen auf dem Feld,
als sie miteinander in Streit gerieten.
Da niemand da war, der dazwischengehen konnte,
ging der eine auf den anderen los und schlug ihn tot.
7Daraufhin stellten sich alle Verwandten gegen mich.
Sie sagten zu deiner Magd:
›Gib den Mörder seines Bruders heraus!
Wir wollen ihn töten für das Leben seines Bruders,
den er umgebracht hat.
So können wir auch noch den Erben beseitigen.‹
Aber ich hab doch nur noch diese eine Kohle im Feuer!
Wenn sie ihre Glut auslöschen,
wird damit auch der Name meines Mannes ausgelöscht.
Er wird keinen Nachkommen mehr haben auf der Erde.«
8Da sagte der König zu der Frau: »Geh heim!
Ich selbst nehme die Sache in die Hand.«
9Aber der Frau aus Tekoa war das noch nicht genug.
Sie sagte zum König:
»Doch die Schuld bleibt, mein Herr und König!
Sie lastet auf mir und dem Haus meines Vaters.
Der König aber und sein Thron bleiben davon frei.«
10Da versicherte ihr der König:
»Wenn dich jemand wegen dieser Sache angeht,
dann schick ihn zu mir!
Er wird dir nicht noch einmal zu schaffen machen.«
11Daraufhin sagte sie:
»Sei doch so gut, mein König,
und bekräftige es beim Herrn, deinem Gott.
So kann ich sicher sein,
dass sie meinen zweiten Sohn nicht töten.
Der Bluträcher würde sonst noch mehr Unheil anrichten.«
Er antwortete: »Beim Leben des Herrn!
Kein Haar soll deinem Sohn gekrümmt werden!«
12Die Frau sagte weiter:
»Erlaubst du deiner Magd, dass sie weiterredet?
Ich möchte meinem Herrn und König noch etwas sagen.«
Er antwortete: »Ja, sprich!«
13Da sagte die Frau:
»Warum hast du im Sinn,
dem Volk Gottes ein ähnliches Unrecht anzutun?
Mit dem Urteil, das der König gerade gefällt hat,
spricht er sich selbst schuldig.
Denn der König hat seinen eigenen Sohn verstoßen
und ist nicht bereit, ihn zurückkehren zu lassen.
14Wir alle müssen ja eines Tages sterben.
Wir sind wie Wasser, das auf die Erde gegossen wird.
Man kann es nicht wieder zurücknehmen.
Gott aber nimmt keinem das Leben,
der sich über diese Frage Gedanken macht:
Soll einer, den man verstoßen hat,
für immer verstoßen bleiben?
15Ich bin heute hierhergekommen,
um diese Sache meinem Herrn und König vorzutragen.
Denn die Leute haben mir Angst gemacht.
Und so dachte sich deine Magd:
Ich will darüber mit dem König reden.
Vielleicht kann der König etwas tun in der Sache,
die seiner Dienerin am Herzen liegt.
16Denn der König wird mir zustimmen
und seine ergebene Dienerin beschützen.
Dann wird es keiner mehr wagen,
mich und meinen Sohn zu vernichten
und aus der Gemeinschaft mit Gott zu drängen.
17Und auch das hat sich deine Magd überlegt:
Wenn mein Herr und König die Sache entscheidet,
komme ich endlich wieder zur Ruhe.
Denn mein Herr, der König, ist wie der Engel Gottes.
Er hört heraus, was gut ist und was böse.
Der Herr, dein Gott, sei mit dir!«
18Der König antwortete und verlangte von der Frau:
»Verheimliche mir nichts,
wenn ich dich jetzt nach etwas frage!«
»Nur zu, mein Herr und König!«, sagte die Frau.
19Da fragte sie der König:
»Hatte Joab bei der ganzen Sache seine Hand im Spiel?«
Die Frau antwortete darauf:
»Bei deinem Leben, mein Herr und König!
Es ist unmöglich, deiner Frage auszuweichen,
mein Herr und König, weder so noch so.
Ja wirklich, dein Knecht Joab steckt dahinter.
Er hat deiner Magd alle diese Worte in den Mund gelegt.
20Er wollte der Sache ein anderes Gesicht geben.
Deshalb hat dein Knecht Joab es so eingefädelt.
Aber mein Herr ist klug,
so klug wie der Engel Gottes.
Er durchschaut alles, was auf der Erde geschieht.«
Abschalom darf nach Jerusalem kommen
21Nun wandte sich der König direkt an Joab:
»Also gut, ich bringe die Sache in Ordnung!
Geh und hol den jungen Mann, hol Abschalom zurück!«
22Joab warf sich mit dem Gesicht auf den Boden.
Dann verneigte er sich vor dem König und segnete ihn.
Joab sagte: »Heute habe ich erfahren,
dass ich dir etwas bedeute, mein Herr und König.
Der König hat die Sache in Ordnung gebracht,
die seinem Knecht am Herzen lag.«
23Dann stand Joab auf, ging nach Geschur
und brachte Abschalom nach Jerusalem zurück.
24Der König entschied:
»Abschalom soll in sein Haus gehen.
Er darf mir nicht unter die Augen treten!«
So kehrte Abschalom in sein Haus zurück.
Den König aber bekam er nicht zu Gesicht.
Nachrichten über Abschalom
25In ganz Israel gab es keinen wie Abschalom,
der so schön war und so sehr bewundert wurde.
Von Kopf bis Fuß war an ihm nichts auszusetzen.
26Einmal im Jahr ließ er sich das Haar schneiden.
Denn es war so schwer, dass er es abschneiden musste.
Das abgeschnittene Haar wog über zwei Kilogramm.
27Abschalom hatte drei Söhne und eine Tochter.
Diese hieß Tamar und war ein sehr schönes Mädchen.
Joab vermittelt zwischen Abschalom und David
28Abschalom wohnte schon zwei Jahre in Jerusalem.
Den König aber hatte er nicht zu Gesicht bekommen.
29Abschalom wollte nun Joab dazu bewegen,
zum König zu gehen und zu vermitteln.
Deshalb ließ er ihn zu sich rufen.
Doch der wollte nicht zu ihm kommen.
Da ließ er ihn nochmals rufen.
Doch er wollte noch immer nicht kommen.
30Da sagte Abschalom zu seinen Knechten:
»Seht ihr das Feld, das Joab gehört?
Es liegt gleich neben meinem.
Er hat dort Gerste angebaut.
Geht jetzt und steckt es in Brand!«
Und so machten es die Knechte des Abschalom,
sie steckten das Feld in Brand.
31Da machte sich Joab auf den Weg,
kam zu Abschalom ins Haus und stellte ihn zur Rede:
»Warum haben deine Knechte das Feld angezündet?
Es gehört doch mir!«
32Abschalom sagte daraufhin zu Joab:
»Ich habe jemanden zu dir geschickt mit der Bitte,
dass du zu mir kommst.
Ich wollte, dass du zum König gehst
und ihn für mich fragst:
›Warum bin ich eigentlich von Geschur zurückgekehrt?
Es wäre besser für mich gewesen dortzubleiben.‹
Jetzt aber möchte ich das Gesicht des Königs sehen.
Und wenn noch immer eine Schuld bei mir liegt,
soll er mich töten.«
33So ging Joab zum König und berichtete ihm davon.
Da rief der König den Abschalom zu sich.
Und er kam, verneigte sich vor dem König
und warf sich mit dem Gesicht auf den Boden.
Der König aber küsste Abschalom.