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Das Wartburg-Experiment

Das Wartburg-Experiment – Zwiesprache mit der Lutherbibel

„Perlen vor die Säue werfen“ oder „Mit seinen Pfunden wuchern“ oder „Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende“– unsere Gegenwartssprache kennt viele solcher bildhaften Wendungen. Aber nur wenige Menschen wissen, dass sie aus der Lutherbibel stammen.

Das Jahr 1521 war von großer Bedeutung, nicht nur für die Kirche, sondern auch für die deutsche Sprache, Literatur und Kultur. In diesem Jahr begann Martin Luther mit seiner Übersetzung der Heiligen Schrift auf der Wartburg in Eisenach.

500 Jahre später begeistert ein „Experiment“, bei dem auf der Wartburg wieder Bibel „übersetzt“ wird. Das Wartburg-Experiment ermöglicht einen ungewöhnlichen Zugang zu Luthers Bibelübersetzung und ihrer Bedeutung in der heutigen Zeit.

Das Wartburg-Experiment 2021

Die Eichendorff-Preisträgerin Iris Wolff, der Heinrich-Mann-Preisträger Uwe Kolbe und der Adelbert-von-Chamisso-Preisträger Senthuran Varatharajah haben sich auf ein ungewöhnliches Experiment eingelassen: An authentischer Stätte direkt neben Luthers Schreibstube residierten sie im Jahr 2021 für jeweils vier Wochen auf der Wartburg. Dort führten sie einen inneren Dialog mit Luthers Bibel und verfassten jeweils einen literarischen Text.

Das Buch zum Wartburg-Experiment

»Der Augenblick nennt seinen Namen nicht« – Wartburg-Tagebücher

Texte aus dem Wartburg-Experiment

  • Eine Referenz an Martin Luthers Bibelübersetzung
  • Literarische Texte zum Verhältnis von Poetologie und Theologie in der Gegenwart

Die Texte der Autorin Iris Wolff und ihre Kollegen Uwe Kolbe und Senthuran Varatharajah treten in Zwiesprache mit Luther, seiner Übersetzung und verleihen seiner Sprache literarisch Ausdruck. Denn die Sprache der Bibel prägt bis heute unsere Kultur, unser Leben, unsere Identität. Im Augenblick des Sprechens verändert sich die Wirklichkeit und dabei kann der Raum zwischen den Wörtern doch das Eigentliche sein: Der Augenblick nennt seinen Namen nicht. Die Wartburg-Tagebücher sind eine Hommage an die deutsche Sprache und ihre schöpferische Ausdruckskraft.

Die Wartburg-Tagebücher sind erhältlich bei den Verlagspartnern Otto Müller Verlag, Deutsche Bibelgesellschaft und Wartburg Verlag.

Über die Schriftsteller:innen.

Iris Wolff

„Im Wort ist der Ort schon angelegt, das eine ist ohne das andere nicht denkbar – von Luthers Bibel-Übersetzung bis heute. Für mich ist das Schreiben ohne die Landschaften meiner ersten Heimat nicht denkbar. Schreibend eröffnen sich Bilder, die ohne Grenzen auskommen, sie verweisen auf geistige Räume, innere Orte. Ich freue mich über die geschenkte Zeit auf der Wartburg, um in Zwiesprache mit beidem zu gehen.“

Iris Wolff wuchs in Siebenbürgen und im Banat auf, bevor sie 1985 mit ihrer Familie nach Deutschland auswanderte. Sie studierte Germanistik, Graphik und Malerei sowie Religionswissenschaft in Marburg. Ihren literarischen Auftakt nahm sie 2012 mit dem Roman Halber Stein. Für ihre Romane wurde sie bereits mehrfach mit Preisen und Stipendien ausgezeichnet. Für ihr Gesamtwerk erhielt die Autorin den Marieluise-Fleißer-Preis 2019 und 2021 den Marie Luise Kaschnitz-Preis, den Preis der LiteraTour Nord, den Eichendorff-Literaturpreis sowie den Solothurner Literaturpreis. Für ihren Roman Die Unschärfe der Welt wurde ihr in diesem Jahr der Evangelische Buchpreis zugesprochen.
Ein Schwerpunktthema ihrer literarischen Arbeit ist „Heimat“. Dazu sagt sie: „Heimat ist kein Ort, aus dem man vertrieben werden kann, sondern ein innerer Ort, den zu finden man die Freiheit hat.“

Senthuran Varatharajah

„Als Kind habe ich Deutsch anhand der Bibel gelernt. Die Bibel ist für mich immer noch der erste Text – in jeder Hinsicht. Dieses intime Verhältnis bestimmt auch wesentlich meine schriftstellerische Arbeit: sie kommt immer wieder auf die Bibel zurück, weil meine Sprache aus der Bibel kam. Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Ich freue mich darauf, während der Zeit auf der Wartburg dieses Gespräch mit dem ersten und letzten Text an dem Ort, an dem Luther einen Teil daraus übersetzt hatte, weiterführen zu dürfen.“

Senthuran Varatharajah, geboren in Jaffna, Sri Lanka, studierte Philosophie, ev. Theologie und vergleichende Religions- und Kulturwissenschaft in Marburg, Berlin und London. Sein vielbeachteter und mehrfach ausgezeichneter Debutroman Vor der Zunahme der Zeichen erschien 2016. Die Literaturkritikerin Meike Feßmann bezeichnet Vor der Zunahme der Zeichen als einen Roman, der durchgängig „mit der Überblendung von Theorie und Literatur“ arbeite und „von enormer gedanklicher Konsequenz und einer sprachlichen Radikalität“ sei, „die selten geworden ist in der deutschen Gegenwartsliteratur.“ Vor der Zunahme der Zeichen wurde u.a. mit dem Adalbert-von-Chamisso-Förderpreis, dem Bremer Literaturförderpreis, dem Kranichsteiner Literaturförderpreis und dem Rauriser Literaturpreis ausgezeichnet. Varatharajahs zweiter Roman Rot (Hunger) erscheint im Frühjahr 2022.

Uwe Kolbe

„Die Klinge kreuzen mit dem Teufel wie einst der Mönch Luther im Habit des Ritters – ihm gleich wird es keiner tun. Aber nah bei ihm auf das Wort zu vertrauen wie sein geliebter Evangelist Johannes, das müsste wohl möglich sein.“

Uwe Kolbe wurde in Ostberlin geboren und ist seit 1979 freier Schriftsteller. Seine ersten drei Gedichtbände erschienen sowohl in der DDR als auch im westdeutschen Suhrkamp Verlag. Gleichzeitig war er einer der Herausgeber der unabhängigen Literaturzeitschrift Mikado. Für seine Arbeit wurde er 2012 mit dem Heinrich-Mann-Preis ausgezeichnet. Zuletzt erschienen der Roman Die Lüge sowie die Gedichtbände Gegenreden und Imago. Zu seinem Gedichtband Psalmen sagt Uwe Kolbe: „Was meine Psalmen singen, kann ich nicht mit anderen Worten sagen (…). Ansonsten belegen sie unmissverständlich Zwiesprache mit Gott. Ich werde diesem Gott nur nicht die Maske einer bestimmten Konfession vor das Gesicht hängen.“

Das Wartburg-Experiment 2022

Im Herbst 2022 wurden die Texte der Autor:innen veröffentlicht und öffentlich gelesen. Bis dahin stellten sich weitere Menschen einem eigenen Wartburg-Experiment: Mit dem Wettbewerb „Bibel reloaded“ setzten sich SchülerInnen aus Eisenach und Umgebung kreativ mit Luthers Bibel auseinander. Und in einem „Sprach-Labor“ ließen sich Nachwuchsautor:innen von renommierten Kolleg:innen auf ihrem Weg im Schreibprozess zum Thema „Übersetzen“ begleiten.

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