Deutsche Bibelgesellschaft

(erstellt: Februar 2021)

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1. Aktuelle Herausforderungen

Tierethische Themen sind in gesellschaftlichen Diskursen allgegenwärtig. Hundeshows, Skandale um die Haltung von Tieren in Zoos, Züchtungen von Moderassen und Skandale in der Lebensmittelindustrie sind nur einige Beispiele. In Deutschland hat sich in den letzten 20 Jahren die Tierproduktion im landwirtschaftlichen Sektor nahezu verdoppelt. Wurde in den 90er Jahren noch weniger Fleisch produziert als konsumiert, hat sich die Lage heute umgekehrt. So wurden nach Angaben des Statistischen Bundesamts 1994 allein in Deutschland rund 2,7 Millionen Tonnen Schweinefleisch produziert, 2019 waren es 5,2 Millionen Tonnen, das entspricht 55,1 Millionen getöteter Schweine pro Jahr (Statistisches Bundesamt, 2020). Solche Mengen lassen sich nur durch intensive Tierhaltung, sogenannte Massentierhaltung, produzieren.

Deutschland verfügt nicht über ausreichende Anbauflächen für die Produktion solcher großen Mengen an Futtermitteln für die Schweine-, Rinder- und Geflügelhaltung. 2017 importierte Deutschland etwa 5,8 Millionen Tonnen Soja, dafür wurde in Brasilien, den USA und Argentinien eine Anbaufläche von 2,3 Hektar benötigt (Bundesinformationszentrum Landwirtschaft, 2020). Monokulturen und die Abholzung von Regenwald in Anbauländern sind die Folge und wirken sich entsprechend auch direkt auf das Artensterben aus.

Weitere Aspekte tierethischer Diskussionen betreffen Qualzuchten im Heimbereich und einen artgerechten Umgang mit Tieren, z.B. in Zirkussen, sowie das Nutzen von Tieren zu Versuchszwecken oder zur Herstellung von Konsumgütern. Neben diesen Langzeitthemen rückt zum einen durch die Diskussion um die Herkunft des Corona-Virus auch der Handel und Verzehr von Wildtieren verstärkt in den Fokus. Auch der jüngste Fleischskandal in Deutschlands größtem Schweine-Tötungsbetrieb, ausgelöst durch den Corona-Virus, führt dazu, dass nicht nur arbeitsrechtliche Fragen dieser Branche, sondern auch die grundlegende Frage nach einer umweltverträglichen Quantität von Fleisch sowie die Missstände in der Tierhaltung in den Fokus des öffentlichen Interesses rücken. Inwieweit beispielsweise die kürzlich publizierten Empfehlungen des deutschen Ethikrats zur Tierwohlachtung (Deutscher Ethikrat, 2020) in politische Konsequenzen hinsichtlich eines verantwortlichen Umgangs mit landwirtschaftlich genutzten Tieren einfließen, bleibt offen.

Weil tierethische Fragstellungen durch z.B. Ernährungsfragen und Heimtierhaltung eine hohe Alltags- und Gesellschaftsrelevanz aufweisen und neben philosophischen Überlegungen und rechtlichen Setzungen auch theologische Inhalte einen weiteren Zugang zu dieser Diskussion bieten können, kommt dem Fach Religion bei der Bearbeitung tierethischer Themen eine hohe Verantwortung zu. Veröffentlichungen der letzten Jahre weisen darauf hin, dass nicht nur die theologisch-ethische sondern auch die religionspädagogische Debatte aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklungen zunehmend sensibel für dieses Feld wird und beginnt, durch Forschungsarbeiten und Schulmaterial diese Lücke zu schließen.

2. Fachwissenschaftliche Orientierungen

Tierethik tangiert verschiedene Bedürfnisse, Interessen und Probleme von Menschen und Tieren und erfordert ethische Analysen, in denen unterschiedliche fachliche Perspektiven und psychologische Prozesse wie Empathieschulung und Wahrnehmung des Individuums, zur Klärung beitragen können. Fachdidaktische Untersuchungen verdeutlichen, dass die geforderte Multiperspektivität eine große Herausforderung für Schüler und Schülerinnen darstellt (Tramowsky, 2019, 239-250). So sind deren Bewertungen oftmals stärker durch monoperspektivische als durch multiperspektivische Vorstellungen gekennzeichnet. Um der Thematik und der daran anhängigen Diskussion um → Ethik gerecht zu werden, bedarf es eines Blickes über den Tellerrand der Religionspädagogik hinaus, weswegen neben theologischen Bezügen auch Aspekte der Philosophie (→ Philosophie, philosophische Bildung), Biologie, Psychologie, Sprache, Gesellschaft und Recht in den Blick genommen werden. So gibt es in Deutschland zwar bestimmte allgemeingültige Regeln im Umgang mit Tieren, die jedoch je nach Tierart unterschiedlich ausfallen und sich nicht immer an biologischen Grundlagen orientieren. Werbung und Sprache beeinflussen den Menschen in seiner Wahrnehmung und auch biologische Erkenntnisse um die Fähigkeiten von Tieren sind Bestandteile für ein ethisches Urteilen. Diese zum Teil konträren Aspekte werden im Folgenden vorgestellt.

2.1 Rechtliche und gesellschaftliche Aspekte in Deutschland

Wie Tiere denken und was sie fühlen, beschäftigt Vertreterinnen und Vertreter der Philosophie und Naturwissenschaft seit jeher. Im 17. und 18. Jahrhundert waren viele Menschen überzeugt, dass die Welt nach mechanischen Gesetzen funktioniere. Dieses Weltbild wurde besonders durch die Ansichten von René Descartes (1596-1650) geprägt. Infolgedessen wurden Tiere als seelenlose, lebendige Maschinen verstanden. Seele, Geist und Sprache waren die wichtigsten Kriterien zur Unterscheidung von menschlichen und tierlichen Wesen, biologisch-evolutionäre Kriterien wie Abstammung und Verwandtschaft waren nicht bekannt. Trotz des mittlerweile immensen Zugewinns an Wissen über Intelligenz, Schmerzwahrnehmung, Kommunikation und Sozialverhalten von Tieren sind mechanische Tierbilder und anthropozentrische Ansichten weiterhin verbreitet. So werden in der Landwirtschaft etwa die Körper der Tiere an ein Optimum von Leistung und an ein Minimum der biologischen Funktionsfähigkeit geführt, indem ihre Körper durch chirurgische Eingriffe den Haltungsbedingungen angepasst, der Platz in Quadratzentimetern pro Körpergewicht angegeben und Muskelpartien von Tieren derart abnormal gezüchtet werden, dass Haltungs- und Bewegungsschäden folgen. Dies alles geschieht aufgrund wirtschaftlicher Interessen.

Der Tierschutz wurde in Deutschland 2002 als Staatsziel im Grundgesetz (Art. 20a) verankert. Im Tierschutzgesetz von 1972 ist von "der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf" (§ 1) die Rede, wobei es verboten ist, einem Tier ohne „vernünftigen“ Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen. Wird ein Tier jedoch unabsichtlich oder in einer Notsituation verletzt, handelt es sich um Sachbeschädigung (§ 303 StGB). Rechtlich gelten für Tiere teils dieselben Gesetze wie für Sachen (§ 90a BGB).

So ist es erlaubt, Tieren vermeidbare psychische und physische Schmerzen rechtlich legitimiert zuzufügen, da wirtschaftliche Prämissen als wichtiger eingestuft werden. Tiere im landwirtschaftlichen Sektor unterliegen etwa der Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV), die zahlreiche Schutzaspekte des Tierschutzgesetzes wieder aufhebt. Zu nennen ist hier das Schreddern männlicher Küken, aufgrund der Unwirtschaftlichkeit von Zweinutzungsrassen, das betäubungslose Kastrieren und Kupieren von Schwänzen, das Abschleifen von Eckzähnen bei Ferkeln, das Ausbrennen der Hornanlagen bei Rindern, das Kupieren von Schnäbeln bei Puten. Zu wenig Platz in Verbindung mit reizarmen, wartungsfreundlichen Böden wie Spaltenböden erschweren oder verhindern natürliches Verhalten der Tiere wie Ausweichen, Wühlen und Scharren, weshalb es zu Langeweile oder Aggression kommt und sich die Tiere gegenseitig verletzen. Dies wiederum ist Anlass für die verstümmelnden Eingriffe an den Tieren, um Verletzungen einzudämmen. Andere gesetzliche Bestimmungen ignorieren verhaltensbiologische Prämissen, so werden in der Regel bei Rindern – die Herdentiere sind – Mutter und Kalb – auch in der biologischen Landwirtschaft – voneinander getrennt, da die Muttermilch der Kuh wirtschaftlich genutzt wird. So ist etwa die Haltung von Kälbern in Einzelboxen von unter einem Quadratmeter (Bundesministerium der Justiz und Verbraucherschutz, 2001) bis zu zwei Monate lang erlaubt. Die Betäubung von Schweinen vor der Tötung erfolgt in der Regel durch eine Elektrozange oder in einer CO2-Gondel. Tierschutzrechtlich ist hier zu kritisieren, dass ein CO2-Anstieg in der Umgebung, im Gegensatz etwa zu einer Betäubung durch CO (Kohlenmonoxid), Erstickungsängste zur Folge hat, was somit vermeidbare Schmerzen wären.

Zum Aspekt der Tierprodukte ist unter psychologisch-gesellschaftlichem Blick anzumerken, dass die Kennzeichnung bei tierischen Produkten zum großen Teil unzureichend ist, da zum einen verschleiernde Markennamen und Abbildungen genutzt werden dürfen und zum anderen tatsächliche Lebensbedingungen wie Platz- und Beschäftigungsangebot, chirurgische Eingriffe, Transportdauer und Tötungsart für den Verbraucher nicht ersichtlich sind. Labels sind meist ohne erklärende Inhalte auf Verpackungen zu finden. So schreibt das Tierwohlsiegel etwa 10 % mehr als den gesetzlich vorgeschriebenen Platz vor, was in der Praxis bei Schweinen von 100 kg bei 0,75 m2 in konventioneller Haltung nur 0,9 m2 mit Tierwohlsiegel beträgt. Auf der Verpackung ist diese Angabe jedoch nicht zu finden. Laut EU-Bio-Haltung sind 2,3 m2 pro Schwein vorgeschrieben, jedoch keine separierten Schlachthöfe, was ebenfalls für die Verbrauchenden nicht aufgeschlüsselt wird.

Darüber hinaus sind Verstöße gegen die genannten Mindeststandards zu nennen, wie Studien zur Fehlbetäubungsquote von Schweinen belegen, die lebendig gestochen oder gebrüht werden (Deutscher Bundestag, 2012). Unzureichend geschultes Personal und hoher Zeitdruck zugunsten besserer Wettbewerbsfähigkeit werden als Ursache für die Problematik vermutet.

Auch im Heimtierbereich sind zum einen gesetzlich erlaubte Praktiken zu nennen, die Tieren unnötiges Leid zufügen, wie die sogenannten Qualzuchten, infolge derer Hunde und Katzen mit kurzgezüchteten Nasen unter Atemnot leiden oder haarlose Rassen Probleme mit der Temperaturregulation haben.

Weitere Bereiche sind der Umgang mit Wildtieren, was u.a. etwa im Jagdrecht geregelt ist. So ist es mittlerweile kaum möglich, nicht tragende oder säugende Wildschweine zu schießen, da sie durch das vom Menschen hervorgerufene große Futterangebot sich das ganze Jahr über vermehren.

Auch der Umgang mit Wildtieren in Zoos, Zirkussen und Privathaushalten beinhaltet tierethische Diskussionspunkte. Die Debatte über Verhaltensstörungen und ob für manche Tiere, wie etwa Elefanten, eine artgerechte Haltung in Gefangenschaft überhaupt möglich ist, reißt nicht ab. Ähnlich ist es um Tierversuche bestellt, für deren Abschaffung Vereine wie Ärzte gegen Tierversuche arbeiten.

Neben diesen sind in allen Bereichen zudem Vorgänge zu kritisieren, die durch fehlende Sachkunde oder Übertragung menschlicher Bedürfnisse auf Tiere entstehen, und die durch Kontrollen nur punktuell erfasst werden können, wie zu kleine Käfige oder Einzelhaltung geselliger Tiere.

Ein artgerechteres Leben für Tiere ist entsprechend durch gesetzliche Nachbesserungen, stärkere Kontrollen und bessere Aufklärung anzustreben.

2.2 Biologische Perspektiven

Mit Charles Darwins Veröffentlichung On the Origin of Species (1859) und den damit offenkundigen Verwandtschaftsverhältnissen der Arten wurde deutlich, dass die Distanz zwischen dem Menschen und anderen Tieren nicht so groß ist, wie einst angenommen. Viele als typisch menschliche Eigenschaften ließen sich auch bei Tieren finden, wie Werkzeuggebrauch, Sprache und soziale Strukturen.

Biologisch betrachtet ist der Mensch ein Tier, der Art Homo sapiens, weshalb es entsprechend kritisch gesehen wird, Menschen und „Tiere“ einander gegenüberzustellen. So wird zumeist in philosophischen Kontexten (Krebs, 2014) sowie der interdisziplinären Brückenwissenschaft der Human-Animal Studies (Tuider, 2015) auch von menschlichen und nicht menschlichen Tieren gesprochen. Auch ist es problematisch, von „dem Tier“ zu sprechen, da es viele verschiedene Tierarten gibt, die ganz unterschiedliche Fähigkeiten und Bedürfnisse haben (Kattmann, 2016). Schweine etwa gehören wie Hunde zu den Säugetieren und besitzen ähnlich hochentwickelte Fähigkeiten im Sozialverhalten und der Sinneswahrnehmung. Im Gegensatz dazu haben jedoch Spinnen und Würmer weniger Gemeinsamkeiten mit Schweinen als Menschen mit Schweinen, obwohl sie sprachlich so separiert werden. Sprache beeinflusst jedoch unser Denken massiv.

2.3 Sprachliche Aspekte

Menschen können über verschiedene Vorstellungen zu Tieren verfügen und sie durch Sprache mitteilen. Dabei sprechen sie ihnen ganz unterschiedliche Eigenschaften zu, so wird dem Familienhund ein Name gegeben und dadurch die Wahrnehmung von ihm als Individuum deutlich. Für den Verzehr geeignete Tiere werden mit Nummern, z.B. über Ohrmarken, gekennzeichnet. Die Wahrnehmung eines Individuums mit Bedürfnissen begrenzt sich hier auf den wirtschaftlichen Aspekt der Gesundheit, den das Tier als Rohstoff aufweisen muss.

Diese Vorstellungen, die als Tierbilder bezeichnet werden können, werden nicht als richtig oder falsch angesehen, sondern als Konstrukte mit subjektivem Wahrheitsgehalt verstanden (→ Konstruktivistischer Religionsunterricht), die sich in den Lebenswelten von Menschen mehr oder weniger bewähren (Gropengießer, 2007). Da sich diese Konstrukte jedoch in der Reflexionsebene unterscheiden können, werden verfügbare Vorstellungen mithilfe fachlicher Perspektiven kritisch hinterfragt. So kann aus sprachwissenschaftlicher und psychologischer Sicht etwa hinterfragt werden, was es für den Umgang mit Tieren bedeutet, sie als Nutz- oder Heimtiere oder mit einem Namen zu bezeichnen.

Neben den verfügbaren Tierbildern und deren Auswirkungen auf den Umgang mit tierlichen Mitgeschöpfen gilt es noch einen anderen Aspekt kritisch unter biologischen Aspekten zu reflektieren. Der Mensch zählt wie z.B. Rinder, Schweine oder Hunde zu den Säugetieren und er weist Gemeinsamkeiten mit ihnen auf. Hier bieten sich zwei Seitenblicke an: Die genannten Tiere werden nicht nur gesellschaftlich, sondern auch rechtlich unterschiedlichen Gruppen zugeordnet – der Hund den Heimtieren und Schweine und Rinder den Nutztieren. Eine solche Einteilung von Tieren ist jedoch problematisch, denn sie geschieht nach willkürlichen Zuordnungen und ignoriert biologisch begründete Eigenschaften von Tieren. Nutztiere in Massentierhaltung, gefangene Wildtiere auf Märkten oder das Essen von Hunden sind anschauliche Beispiele, wie stark gesellschaftliche und rechtliche Konventionen unser Denken beeinflussen.

2.4 Ein kognitionslinguistischer Zugang zu moralischen Vorstellungen

Die Kognitionslinguistik bietet einen neuen Zugang zur ethischen Bewertung. Danach wird Moral durch die Nutzung gedanklicher Metaphern verstanden. Bezüge auf Situationen des eigenen Wohlergehens oder des Wohlergehens anderer sind dabei wesentlich. Beispielsweise fühlen Menschen sich besser, wenn sie stark sind und nicht schwach, aufrecht stehen und nicht kriechen müssen, körperlich sauber und rein sind und nicht dreckig oder stinkend, wohlhabend sind und nicht arm. Auf dieser Erfahrungsbasis denken und sprechen Menschen von moralischer Stärke, die sie Versuchungen widerstehen lässt. So ist auch die Rede vom aufrechten Charakter und von niederen Taten, vom reinen Gewissen und schmutzigen Gedanken und von der Schuld, in der wir der anderen gegenüber stehen, die uns etwas Gutes – oder zumindest nichts Schlechtes – getan haben. Auf dem Hintergrund der kognitionslinguistischen Theorie (Lakoff/Johnson, 1999) bezeichnet man diese Ausdrücke als konzeptuelle Metaphern, die sich auf verkörperte Vorstellungen beziehen und aus Erfahrungen mit menschlichem Wohlergehen entstanden sind. Die Metapherntheorie von Lakoff und Johnson (1999) eignet sich auch für ein tieferes Verständnis über die Genese von Moralvorstellungen von Lernenden zum Umgang mit Tieren und das didaktische Moral-Metaphern-System (Tramowsky, 2019) stellt eine geeignete theorie- und subjektgeleitete Grundlage bei der Gestaltung von Lernangeboten dar. Zentrale Metaphern bei der Gestaltung religionspädagogischer Lernangebote zur Tierethik stellen dabei

  • die Einfühl- und Freiheits-Metapher zur Stärkung der Fähigkeit zum Einfühlungsvermögen und Perspektivenwechsels,
  • die Wesens-Metapher zur Thematisierung des Eigenwerts, der Würde und der Seele von Tieren,
  • die Herrscher-Metapher zur Thematisierung von Herrschaft über, Gebrauch und Missbrauch von Tieren und
  • die Ausgleichs-Metapher zur Thematisierung von Gerechtigkeit dar (Tramowsky/Eichler, 2020).

Da Sprache unser Denken über Tiere formt, sowie es unser Handeln beeinflusst (Gropengießer, 2007), müssen sprachliche Äußerungen wie z.B. Nutztier, Wildtier, Heimtier oder Schädling kritisch hinterfragt werden. Im philosophischen Kontext wird dies als Speziesismus (Richard D. Ryder) bezeichnet, analog zum Sexismus oder Rassismus findet eine moralische Diskriminierung von Gruppenmitgliedern aufgrund willkürlich gewählter Kriterien statt, in diesem Fall der Artzugehörigkeit (siehe Herrscher-Metapher). Zu Konflikten (kognitive Dissonanz) kommt es dann, wenn menschliche Interessen wie billiges Fleisch und etwa artgerechte Haltung von Schweinen miteinander in Konflikt geraten und beispielsweise durch die Ausgleichs-Metapher wahrgenommen und ggf. gedanklich aufgelöst werden können.

2.5 Klassische philosophische Ansätze

Tierethik aus philosophischer Perspektive kann unterschiedlich diskutiert werden. Anthropozentrische Sichtweisen stellen menschliche Bedürfnisse und Perspektiven in den Mittelpunkt und berücksichtigen tierische Belange aus der Einsicht menschlicher Verantwortung heraus. Das Tier ist dem Menschen ausgeliefert. Der Unterschied zwischen Menschen und Tieren ist also der Grundstein dieser Überlegungen. Ein klassischer Vertreter ist hier Immanuel Kant mit der Tugendethik. Menschen behandeln Tiere deshalb gut, um ihrem guten Charakter zu beweisen. Neben reiner vernunftbegründeter Verantwortung kann auch der gefühlsbasierte Ansatz des Mitleids (Tuider, 2015) Ansatzpunkt sein. Dabei wird die Fähigkeit zur Schmerzempfindung als Kriterium genutzt, Individuen moralisch zu berücksichtigen (Tuider, 2015). Diesen Ansatz nennt man Pathozentrismus. Hier stehen die Gemeinsamkeiten von Menschen und Tieren im Mittelpunkt. Schmerzvermeidung ist sowohl bei Menschen als auch Tieren zu vermeiden. Ein noch weiter greifender Ansatz ist der Biozentrismus, in welchem alle Entitäten berücksichtigt werden, die das Merkmal der Lebendigkeit erfüllen. Der bekannteste Vertreter davon ist Albert Schweitzer (2003, 111) mit seiner Prämisse der Ehrfurcht vor dem Leben und dem Votum „Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will“.

Mittlerweile herrscht überwiegend Einigkeit im philosophischen und theologischen Kontext, dass Tiere einen inhärenten, also einen Wert über den ihnen vom Menschen zugeschriebenen instrumentellen Wert hinaus besitzen (Engels, 2005). Tom Regan fordert in diesem Sinne Rechte für Tiere, da jedem Tier als Subjekt seines Lebens bestimmte Rechte zukommen, die nicht auf menschlicher Verantwortung, sondern auf die Gleichheit von Menschen und Tieren verweist (Regan, 2013). Eine ähnliche Idee verfolgt Peter Singer mit seinem utilitaristischen Ansatz, in welchem er die Abwägung von Interessen ins Zentrum stellt. So sollten Menschen Tiere nicht ausbeuten dürfen für niedrige Bedürfnisse, da etwa das Interesse des Tieres am Leben zu bleiben schwerer wiegt, als das Interesse des Menschen Fleisch zu essen. Singer prägte innerhalb seines Ansatzes auch den Begriff des Speziesismus, welcher eine moralisch nicht akzeptable Diskriminierung von Entitäten aufgrund der Artzugehörigkeit meint, analog zu Sexismus oder Rassismus (Singer, 2013). Die rechtliche Legitimität, einem Tier Schmerzen zuzufügen für den wissenschaftlichen Fortschritt, stellt er beispielsweise ähnlich infrage, wie unfreiwillige medizinische Versuche an Menschen.

2.6 Biblische Aspekte

Eine Herausforderung, die sich bei tierethischen Überlegungen aufgrund biblischer Texte stellt, ist das Unterscheiden zwischen offensichtlich moralisierenden Texten und Texten, die etwa Idealvorstellungen oder das Verhältnis von Schöpfer und Schöpfung ausdrücken, aus welchem indirekte moralische Schlüsse gezogen werden können. Hinzu kommt eine rezeptionsgeschichtlich gewachsene Anthropozentrik des Christentums, die durch Einflüsse von Platon, Aristoteles und Thomas von Aquin eine Verzweckung von Tieren durch die Vernunftbegabung des Menschen rechtfertigt, obwohl diese Argumentationslinie biblisch so nicht vorhanden ist, jedoch gesellschaftlich stark präsent ist.

Eine christliche Tierethik kann – ähnlich der philosophischen Ansätze – zwischen den Polen der Gemeinsamkeiten von Menschen und Tieren (Eigenwert) und der Unterschiede (Verantwortung des Menschen) verortet werden (Eichler, 2017).

So können Argumentationspunkte biblischer Texte denen der klassischen → Philosophie zugeordnet werden. Pathozentrische Ansichten, deren Prämisse Schmerzvermeidung ist, finden sich etwa in Texten wie Ex 23,5, in welchem einem Tier im Zweifelsfall geholfen werden soll. Auch das Recht auf die Stillung grundlegender Bedürfnisse kann darunter gezählt werden (Dt. 25,4: „Du sollst dem Rind, das da drischt, das Maul nicht verbinden.“), wie auch die Ruhe am Sabbat, in die auch Tiere eingeschlossen sind (Ex 23, 12, Dt 5,14, Ex 20,10). Auch neutestamentliche Texte wie in Röm 8, 19-22, der vom „Seufzen“ der Schöpfung spricht, versammelt hier Menschen und Tiere als leidfähige Wesen.

Tierethische Diskussionsanlässe können auch Inhalte zum Verhältnis Gottes zu seinen Geschöpfen bieten. Die Fürsorge Gottes für Tiere findet sich z.B. in der Nahrungszuführung (Hiob 38,41; Schroer, 2004), wie auch in Psalm 104,21; 147,9 und Joel 1,20 (Riede, 2005, 402). In den Erzählungen von Mt 6,26 und Luk 12,24 nutzt Jesus Vögel exemplarisch für die Veranschaulichung der Fürsorge Gottes zu den Menschen (Schroer, 2004). In eschatologischen Texten Eschatologie, werden Frieden und Vegetarismus propagiert (Jes 11,6-8). Das Friedensmotiv und eine vegane Lebensweise finden sich auch in den Schöpfungstexten (Gen 1,29-1,30), welche erst nach der Flut beendet werden (Gen 9). Lange Zeit dominierte dabei eine einseitige Interpretation von Herrschaft als Gewalt des Menschen über Tiere (Schroer, 2001). Mittlerweile wird ein differenzierterer Herrschaftsbegriff nach Gen 1,26-28 diskutiert, etwa dass Herrschaft und Unterwerfung schon zu alttestamentlicher Zeit keine Willkürherrschaft bedeuten würden, sondern eine Treuhändlerschaft gegenüber Schutzbedürftigen. Auch das Unter-die-Füße-Legens in Psalm 8,7 kann als eine Schutzmetaphorik gegenüber einem Schwächeren gedeutet werden. Gleichwohl war bei diesen alttestamentlichen Texten die Notwendigkeit einer gewaltausübenden Herrschaft gegenüber wilden Tieren immer mitzudenken (Schroer, 2004), um sich gefährlicher Tieren zu erwehren. Dass diese Machtkonstellation sich im Vergleich zu heute nahezu gänzlich umgekehrt hat, muss präsent sein. So kann der Herrschaftsauftrag als ein verantwortlicher Umgang mit der → Schöpfung und den dem Menschen ausgelieferten Tieren verstanden werden.

2.7 Tierethik in der Theologie

Bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts ist nur eine schmale Spur der Tierethik in den Teilgebieten der Theologie zu verzeichnen. Tierethik genoss im Christentum aufgrund der genannten Anthropozentrik nie eine besonders hohe Stellung, allerdings zeigen sich stets einzelne kirchliche Vertreterinnen und Vertreter, die mit dieser Tradition brachen, allen voran Franz von Assisi (13. Jahrhundert). Remele (2016) gibt dazu einen Überblick. Vermutlich weniger populär ist, dass es Pietistinnen und Pietisten waren (Remele, 2016), die die ersten Tierschutzvereine gründeten - angesichts der Vivisektionen im 19. Jahrhundert. Vom „Schöpfungsboom“ der 70er Jahre profitierte die Diskussion um Tierethik jedoch nicht und führte im 20. Jahrhundert noch immer ein „Schattendasein“ in der Dogmatik (Körtner, 2002). Vielmehr muss von geschichtlichen Schlaglichtern gesprochen werden, wie dem Glauberger Schuldbekenntnis (Blanke, 1995), in Analogie zum Stuttgarter Schuldbekenntnis, welches die Versäumnisse der Kirchen in Hinsicht auf einen modernen Tierschutz anmahnt. Ähnliche Kritik äußern Drewermann (2001) und der Anglikaner Linzey (1995), der als einer der Ersten darüber hinaus eine eschatologische Perspektive einbezieht (Animal Theology). Janowski und Riede (1999) und Schroer (2001) weisen auf die genannten indirekten Anknüpfungspunkte tierethischer Überlegungen aus biblischen Texten hin, die sich gegen eine anthropozentrische Schöpfungsdeutung stellen. Heike Baranzke verbindet Überlegungen zum Eigenwert mit Verantwortungsethik im theologischen Kontext (Baranzke, 2002) und weist etwa auf den pathozentrischen Gehalt von Schlachtvorschriften im interreligiösen Dialog hin (Baranzke, 2011).

Ebenso als Pioniere zu zählen sind Anton Rotzetter und Rainer Hagencord, die 2008 das Institut für Theologische Zoologie in Münster gründeten. Mit Rosenberger (2015) und Remele (2016) sind Anfang des 21. Jahrhunderts gleich zwei christliche Tierethiken im deutschsprachigen Raum erschienen, die unter anderem vegetarische oder vegane Schlussfolgerungen als Konsequenz einer biblisch inspirierten christlichen Lebensweise diskutieren. 2018 legen Horstmann, Ruster und Taxacher zudem eine deutschsprachige Tiertheologie vor. Ein Meilenstein katholischer Verlautbarungen ist die Enzyklika Laudato si 83 des Papstes, der sich den Namen des Schutzpatrons der Tiere Franziskus wählte und 2015 (Franziskus, 2015, 61) darin schreibt: „Der letzte Zweck der anderen Geschöpfe sind nicht wir“ und damit den Selbstzweck von Tieren betonte.

Im katholischen Bereich wird damit eine Kehrtwende eingeleitet, war doch noch in der Enzyklika von 1967 von Papst Pius VI zu lesen: „Die gesamte Schöpfung ist für den Menschen da“ (Teil 1, Aufgabe 3, 22) und im katholischen Katechismus von 1997, dass „Tiere von Natur aus zum gemeinsamen Wohl der Menschheit von gestern, heute und morgen bestimmt“ (Katechismus der Katholischen Kirche, Teil 3, Kapitel 2, Absatz 2415) sind und es unwürdig ist für Tiere „Geld auszugeben, das in erster Linie menschliche Not lindern sollte. Man darf Tiere gern haben, soll ihnen aber nicht die Liebe zuwenden, die einzig Menschen gebührt“ (Katechismus der Katholischen Kirche, Absatz 2418).

In der evangelischen Tradition sind stattdessen wohlwollendere Schriften der Kirchenleitung zu vermerken, wie Zur Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf (Evangelische Kirche in Deutschland, 1991) und Mitgeschöpf Tier (Arbeitsgemeinschaft der Umweltbeauftragten der Gliedkirchen in der Evangelischen Kirche in Deutschland, 2001). Das 2019 erschienene EKM-Papier Nutztier und Mitgeschöpf! Tierwohl, Ernährungsethik und Nachhaltigkeit aus evangelischer Sicht nimmt mit biblischen Verweisen ganz konkret Bezug auf Missstände in der Landwirtschaft.

Inwiefern diese unterschiedliche Äußerungspolitik der zwei großen christlichen Kirchen Einfluss auf die Theologieausbildung oder konkrete Handhabungen in den Gemeinden haben, ist nicht erforscht. Die Inhalte der genannten Texten weisen mehr oder weniger deutlich darauf hin, dass in der Praxis meist noch immer eine fehlende Sensibilität dafür besteht, wie Tierschutz als Schöpfungsbewahrung in Kirche und Gemeinde gelebt werden kann, beispielsweise in selbst auferlegten Ernährungskonzepten.

In der aktuellen Diskussion um Tierethik überwiegen Veröffentlichungen von katholischen Vertreterinnen und Vertretern, insofern kann im evangelischen und katholischen Bereich nur von unterschiedlichen Diskussionstraditionen gesprochen werden. Einzelne Vertreter im katholischen Bereich sprechen sich massiv gegen die allgemeine Lehrmeinung aus, die noch bis vor Kurzem stark anthropozentrisch geprägt war und langsam eine Veränderung vermuten lässt, vermutlich mit einer verantwortungs- oder tugendethisch-basierten Argumentationslinie. Im evangelischen Bereich wird dieser Diskurs eher von Seiten der Evangelische Kirche in Deutschland (2019) selbst geführt, auf Basis von Überlegungen um Eigenwert, Schmerzempfinden und Verantwortung.

Praktisch-theologische Ansätze sind die wachsende Zahl von Tiersegnungsgottesdiensten (Rosenberger, 2019) und Tierbestattungen in beiden christlichen Kirchen oder die Initiative tierfreundliche Kirche des Schweizer Arbeitskreis Kirche und Tiere (Arbeitskreis Kirche und Tiere, 2020).

3. Religionsunterricht und Tierethik

Durch die fehlende Auseinandersetzung mit Tierethik von Seiten der Theologie wurde diese Diskussion auch lange nicht in der → Religionspädagogik angestoßen. Durch die Entwicklung der Religionspädagogik, weg von einer Zentrierung auf biblische Gegenstände (→ Katechese/Katechetik) hin zu einer zunehmenden Subjektorientierung (→ Subjekt) und mit der liberalen Religionspädagogik ( Liberale Religionspädagogik) und später dem problemorientierten Religionsunterricht ( Problemorientierter Religionsunterricht) war es möglich, sich stärker mit Tierethik als gesellschaftliches Phänomen und Alltagsbezug der Lernenden auseinanderzusetzen. Die Diskussion um Tierethik in der Religionspädagogik kann sich entsprechend selbstständiger, in Anlehnung an andere Fachgebiete und losgelöster von den anderen theologischen Teildisziplinen entwickeln.

3.1 Empirische Befunde der Lehrpläne

Die Bildungsstandards für den evangelischen Religionsunterricht in der Sekundarstufe I empfehlen die Förderung ethischer Kompetenzen an gesellschaftlich kontrovers diskutierten Inhaltsbereichen (Kirchenamt der evangelischen Kirche in Deutschland, 2011). In den katholischen Bildungsstandards für die Sekundarstufe I wird die Darstellung der Bedeutung von Gewissensentscheidungen an aktuellen Beispielen sowie die Anwendung moralischer Grundsätze auf ethische Fragen gefordert (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 2004) (→ Kompetenzorientierter Religionsunterricht). Solche Inhalte betreffen verantwortliche Handlungsweisen und die damit verbundenen ethischen Reflexionen (Fuchs, 2010). Die curricularen Vorgaben des evangelischen und katholischen Religionsunterrichts legen dabei verstärkten Wert auf diejenigen ethischen Implikationen, die das Menschsein, die Menschenwürde (→ Medizinethik) oder Umweltfragen (→ Ökologische Ethik) thematisieren.

Einer exemplarischen Untersuchung von Lehrplänen des katholischen und evangelischen Religionsunterrichts im Primar- und Sekundarbereich von Thüringen und Nordrhein-Westfalen ist zudem zu entnehmen, dass sich dort keine tierethischen Themen finden lassen, die über Umwelt- oder Artenschutz hinausgehen (Eichler, 2017, 211f.). Dieser Befund liegt ebenso für die Lehrpläne in Österreich und den Kanton Zürich der Schweiz vor (Eichler, 2017, 211f.).

3.2 Empirische Befunde der Schulbücher

Trotz fehlender curricularer Verankerung findet Tierethik heute Eingang im Religionsunterricht. Zu diesem Fazit kommt Eichler (2017) in ihrer Untersuchung zum Umfang und zur Qualität tierethischer Inhalte in Religionsschulbüchern für den Primar- und Sekundarbereich (→ Schulbücher, aktuelle, evangelisch; → Schulbücher, aktuelle, katholisch, Grundschule/Förderschule; → Schulbücher, aktuelle, katholisch, Mittelstufe/Oberstufe). So hebt Eichler positiv hervor, dass etwa im Kursbuch Religion 1. Arbeitsbuch für den Religionsunterricht im 5./6. Schuljahr anspruchsvolle tierethische Themen wie Versuchstiere aufgeführt werden (Eichler, 2017, 410f.) und die Quantität an tierethischen Themen schulformübergreifend gegeben ist (Eichler, 2017, 419-422). Im Rahmen tiefgründiger, qualitativer Diagnosen zeigen sich jedoch hinsichtlich der Materialauswahl Einseitigkeiten und Defizite, beispielsweise wird konkretes Infragestellen von industrieller Tiernutzung und -tötung zum Teil oberflächlich und mit anthropozentrischer Ausrichtung thematisiert (Eichler, 2017, 313). Dadurch scheint diese Problematik weiterhin besonders gesellschaftskonform (→ Gesellschaft) diskutiert zu werden.

4. Didaktische Perspektiven

Aus dem religionspädagogischen Anspruch heraus erwächst die Chance, auch tierethische Themen mit seinen für Individuen und Gesellschaft relevanten Folgen für Mensch, Tier und Umwelt, zum Gegenstandsbereich von Religionsunterricht zu machen. Da Heranwachsende täglich im direkten oder indirekten Kontakt zu Tieren stehen, bieten sich Tiere insbesondere zur Entfaltung der motivationalen und emotionalen Dimension an. Der Religionsunterricht kann ein Ort sein, an dem Lernende ihre religiösen Fragen erschließen (z.B. Kommt meine Katze in den Himmel?) und theologische Gespräche führen können (Simojoki/Lindner, 2014) (→ Jugendtheologie). Damit Lehrkräfte solche theologischen Gespräche angemessen moderieren können, bedarf es der theologischen Fundierung.

Im Folgenden werden didaktische Anknüpfungs- und Anschlussmöglichkeiten ausgeführt. Zur Vermittlung wird der Tübinger Ansatz der → Elementarisierung genutzt, indem fünf konkrete Fragerichtungen eingenommen werden (Schweitzer, 2011).

4.1 Elementare Strukturen

Elementare Strukturen zielen auf die Analyse fachwissenschaftlicher und auch rechtlicher Orientierungen ab. Tiere und tierethische Herausforderungen werden dabei mehrperspektivisch betrachtet, damit komplexe Zusammenhänge, gesellschaftliche Probleme und streitbare Ansätze wie etwa die Idee einer universellen Barmherzigkeit für Tiere verstanden und beurteilt werden können.

4.2 Elementare Erfahrungen

Elementare Erfahrungen zielen auf eine lebensbedeutsame Erschließung von Tieren ab. Einerseits wird nach elementaren (Glaubens-)Erfahrungen von Menschen gefragt, z.B. Wie sieht der Umgang mit tierischen Mitgeschöpfen in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft aus? oder konkret: Kommt meine Katze in den Himmel?. Anderseits stehen die Erfahrungen der Lernenden mit Tieren und deren Lebenswelt im Fokus. Bei der unterrichtlichen Vermittlung sollten Zugangs- und Deutungsweisen der Lernenden, die sich aus ihrer Entwicklung und Lebenslage ergeben, berücksichtigt werden (z.B. Freundschaft zu oder Tod von Heimtieren).

4.3 Elementare Zugänge

Elementare Zugänge umfassen für die ethische Urteilsbildung auch entwicklungspsychologische Erkenntnisse (→ Entwicklungspsychologie), z.B. zur Moralentwicklung von Kindern (Kohlberg, 1976). Daneben sind gerade in tierethischen Zusammenhängen konstruktivistische Erkenntnisse (→ Konstruktivistischer Religionsunterricht) zu beachten, welche darüber Auskunft geben können, ab wann Kinder tierliche Bedürfnisse verstehen oder über welche Vorstellungen über Tiere sie verfügen, z.B. anthropomorphe Vorstellungen. Tiere werden durch diese metaphorisch strukturierten Vorstellungen verstärkt als fühlende Individuen wahrgenommen. Dieses anthropomorphe Tierbild kann einerseits zu einer emotionalen Beziehung und einem sorgsamen Umgang mit Tieren führen. Andererseits können vermenschlichende Tierbilder jedoch auch dazu führen, arteigene, tierliche Bedürfnisse zu übersehen und so dem Tier zu schaden (Gebhard, 2013; Kattmann, 2016; Tramowsky, 2019). Darüber mit Lernenden zu reflektieren, kann Gegenstand des Religions- oder auch Biologieunterrichts sein.

Ausgehend vom ethisch urteilenden Subjekt spielen Alltagsvorstellungen eine wichtige Rolle, denn sie ergänzen bestehende Ansätze um eine Verstehensperspektive und geben Aufschluss über die subjekt- und zeitgerechte Gestaltung von Lehr- und Lernprozessen (Fuchs, 2010). Sprachliche Analysen etwaiger metaphorischer Moralvorstellungen (Tramowsky, 2019) geben beispielsweise Aufschluss darüber, dass Lernende auf der Ebene von Relationen und Ebenen erfahrungsbasiert in ein Verhältnis zu einem Tier eintreten können, bei denen das Tier selbst als Subjekt verstanden, wahrgenommen und entsprechend behandelt, geliebt etc. wird, wie es etwa bei Hunden oder Kaninchen im Heimbereich der Fall sein kann, wenn ihnen Namen gegeben und ihre charakterlichen Eigenarten wahrgenommen werden. So kann etwa das Wahrnehmen eines Tieres als Subjekt, z.B. mithilfe der Einfühl-Metapher, unterstützend darin wirken, die Einfühlungsvermögensfähigkeit zu stärken und moralische Verhaltensweisen gegenüber Tieren aus Vorstellungen zum eigenen Wohlergehen abzuleiten. Zu bedenken ist dabei allerdings die Gefahr anthropomorpher Vorstellungen von Tieren, die vom Menschen unterschiedene tierliche Bedürfnisse besitzen, wie Aktivitätszeiten oder Nahrungszusammensetzung, weswegen der Einbezug weiterer Perspektiven, wie der biologischen, an dieser Stelle auch zentral für eine theoriegeleitete und subjektgerechte Gestaltung des Religionsunterrichtes wird (Tramowsky/Eichler, 2020).

4.4 Elementare Wahrheiten

Auch in tierethischen Kontexten kann keine → Wahrheit in eindeutiger, objektiver Tradition unabhängig von der persönlichen Erfahrung festgemacht werden. Der Religionsunterricht klammert die Frage nach der Wahrheit nicht aus, sondern nimmt sie dialogisch auf. Durch den Zugang über elementare Wahrheiten können subjektive Wahrheitsvorstellungen von Lernenden, Lehrenden sowie weitere „Wahrheiten“ anderer (z.B. aus Literatur, Medien) zum angemessenen Umgang mit Mitgeschöpfen dargestellt, nachvollzogen oder kritisch hinterfragt werden.

Ein Beispiel, das einem Modelllernen zuzuordnen ist, wäre hier die prominente Auseinandersetzung mit Albert Schweitzers Gedanken über das Beten für Tiere oder die Ablehnung, Tiere zu töten (Dierk/Freudenberger-Lötz/Kraft, 2015, 178). Bei der Bearbeitung essenzieller Fragen lernen Subjekte in Auseinandersetzung mit eigenen und fremden Ansichten einen eigenen Standpunkt zu finden und zu vertreten.

4.5 Elementare Lernformen

Aufbauend auf den oben skizzierten Dimensionen und unter Berücksichtigung kognitiver, affektiver und handlungsorientierter Aspekte kann hier im Weiteren von elementaren Lernformen im tierethischen Bereich gesprochen werden.

4.5.1 Ethische Urteilsbildung

Ethische Urteilskompetenz zu fördern bedeutet, den eigenen Standpunkt zu finden und keine vorgefertigten Meinungen unreflektiert wiederzugeben. Der Prozess der ethischen Urteilsbildung ist deshalb ein komplexer Konstruktions- und Verrechnungsprozess von Wahrnehmung, Situationsanalyse, Beurteilung und Abwägung von Handlungsalternativen, Prüfung der Normen, die Bewusstmachung der Quellen der eigenen Einstellungen, Perspektivenwechsel und Argumentation des eigenen Standpunktes (Reitschert/Hößle, 2007).

Mit Blick auf die Normenprüfung merkt Pirner (2012, 11) an, dass für eine Bearbeitung von Tierethik aus christlicher Sicht eine „theologische Grund- und Neuorientierung“ notwendig ist, aufgrund der vorherrschenden Anthropozentrik.

Für die Auseinandersetzung mit tierethischen Themen wären in diesem Prozess besonders zu bedenken, welche oft impliziten Vorstellungen vorliegen (Speziesismus) und welche familiären, gesellschaftlichen Konventionen prägend sind.

Durch die Auseinandersetzung mit Verstehensprozessen können neben den kognitiven Elementen auch Moralvorstellungen in ihrer Prozesshaftigkeit verstanden und überblickt werden (Tramowsky/Eichler, 2020). Darauf basierend können Lernangebote im Sinne der Moralpädagogik nach etablierten Lehr- und Lernmodellen wie dem Modell der Didaktischen Rekonstruktion entwickelt werden. Diese schulischen Vermittlungsangebote können bei der Beschreibung tierethischer Probleme und der Reflexion von Handlungsweisen (z.B. Anknüpfung, Perspektivenwechsel, Kontrast und Brücke; Kattmann, 2016) charakteristische Moralvorstellungen und verkörperte Vorstellungen zum Wohlergehen berücksichtigen, um Lernende zu unterstützen, eigene Perspektiven zu erweitern, verantwortliche Konsumentscheidungen zu treffen und deren Konsequenzen für Mensch, Tier und Umwelt nachhaltig abzuschätzen. Konkret können evidenzbasierte Lernangebote entwickelt werden, welche die Effekte der – metaphorisch verstandenen – „erniedrigten“ räumlichen Lage von landwirtschaftlich genutzten Tieren auf das moralische Handeln von Menschen aufgreifen und reflektieren (siehe Herrscher-Metapher). Menschen verfügen entsprechend des Metaphern-Pluralismus über die Fähigkeit zum vielfältigen metaphorischen Denken. Bi-Conceptuals können Lernenden die Möglichkeit eröffnen, durch die Arbeit mit ihren metaphorischen Denkstrukturen verfügbare Perspektiven zugunsten einer weiteren, neuen Perspektive zu erweitern (Tramowsky, 2019).

Für den Bereich landwirtschaftlich genutzter Tiere ist zudem wichtig zu erfragen, wie mediale Vermittlung funktioniert und welche oft verzerrten Darstellungen genutzt werden, um Tierprodukte zu bewerben und etwa das konkrete tierliche Individuum auszublenden, was einen empathischen Zugang verhindern kann. Bei Wildtieren hingegen wäre es wichtig, Aspekte wie Angst und Ekel (Gropengießer/Gropengießer, 1985) und bei Heimtieren Empathie (Gebhard, 2013) einer Reflexion zu unterziehen, denn auch dies kann den emotionalen Zugang erleichtern oder erschweren. Da verhaltensbestimmende Einstellungsänderungen nur erzielt werden, wenn neben kognitiven und pragmatischen auch emotionale Aspekte bedacht werden (Lachmann, 2006), kann die emotionale Dimension kaum genug betont werden. Auf diese Herausforderung besonders im Bereich landwirtschaftlich genutzter Tiere weisen Teschmer (2018) und Eichler (2020) hin.

4.5.2 Grundformen ethischen Lernens

Die Fähigkeiten zum ethischen Lernen sind bei Kindern ab dem Grundschulalter soweit entwickelt, dass sie Grundformen ethischen Lernens wie den Perspektivenwechsel (Adam, 2006) altersgemäß nutzen können (Wolf, 2012).

So könnte ein fiktiver Tagebucheintrag von einem Kaninchen verfasst werden, welches den ganzen Tag in einem kleinen Käfig im Kinderzimmer ausharren muss ohne ausreichend Bewegung. Ähnliche Veranschaulichungen lassen sich durch die Recherche nach gesetzlichen Platzvorgaben für Mastschweine konstruieren und eindrücklich in Szene setzen. Webcams in Schweineställen können hier digitale Einblicke ermöglichen.

Das → Modelllernen zählt ebenfalls zu den Grundformen ethischen Lernens und kann in engem Bezug zu gesellschaftlichen Prägungen betrachtet werden. Heranwachsende haben so die Möglichkeit, im Religionsunterricht anhand von Vorbildern (z.B. prominente Tierschützende) bisher nicht hinterfragte gesellschaftliche oder familiäre Normen in Frage zu stellen (z.B. Fleischverzehr, nicht artgerechte Haltungsbedingungen von Heimtieren). Verschiedene Ernährungsformen oder religiöse Positionierungen bei Bekannten (→ Buddhismus im Religionsunterricht) dürften ihnen auch aus dem Alltag bekannt sein und können auch dem Modelllernen zugeordnet werden.

4.5.3 Theologisieren

Strittigen oder noch unbearbeiteten theologischen Fragen kann sich auch durch die Methode des Theologisierens genähert werden. Lernende stärken dadurch nicht nur die Fähigkeit, ihre eigenen Vorstellungen und Deutungen einzubringen und diese sprachlich auszudrücken, sondern bekommen auch die Möglichkeit, ihren persönlichen Glauben (weiter-)zu entwickeln. Dies bedeutet keine Beliebigkeit, sondern ein Ausloten von Möglichkeiten subjektiver Verständnisse, bezogen auf biblische Quellen und aktuelle Problemlagen. Eschatologische Fragen (→ Eschatologie) oder die Infragestellung „göttlicher Logik“ biblischer Erzählungen, wie etwa das Ertrinken der unschuldigen ägyptischen Pferde im toten Meer (Sabreira-Majer, 2009), können hier Gesprächsanlässe bieten, die auch auf aktuelle Themen wie das Töten unschuldiger Nutztiere ausgeweitet werden können.

4.5.4 Interreligiöses Lernen

Auch im Rahmen des interreligiösen Lernens bieten sich Anlässe zum Theologisieren über Tierethik, da Speisegebote anderer Religionen auch pathozentrische Momente beinhalten, die im christlichen Kontext so konkret fehlen (Baranzke, 2011). Ein Beispiel hierfür findet sich im katholischen Religionsbuch der Grundschule in Österreich (Heykman, 2016), in dem Kinder ihre – unter anderem religiös begründeten – Ernährungsgewohnheiten äußern.

5. Pädagogische Materialien

Besonders in jüngeren evangelischen und katholischen Schulbüchern finden sich verschiedene tierethische Themen und Bezugsaspekte. Darüber hinaus liegt vereinzelt weiteres Material vor, so können hier Garskes katholische Christliche Tierethik, 9.-13. Schuljahr und RU kompakt Gymnasium für das 5./6. Schuljahr genannt werden. Religiöse Perspektiven auf Tierschutz bietet außerdem das Online-Material zu Pädagogik und Katechese des Instituts für Theologische Zoologie Münster. Abzugrenzen davon ist jegliches Material, welches sich allgemein dem Thema Tiere im Religionsunterricht widmet, wie z.B. tiergestützte Pädagogik.

Mit tierethischen Inhalten beschäftigen sich die Katechetischen Blätter (Kulinna, 2005; Gaus, 2011), die religionspädagogische Zeitschrift entwurf von 2012 (Benz/Braun, 2012; Dittrich, 2012; Pirner, 2012), die Zeitschrift Religionsunterricht an höheren Schulen (Baranzke, 2011), die Ausgaben vom Loccumer Pelikan (Rosenberger, 2016; 2019; Kantuser, 2019) und das Jahrbuch für Kindertheologie (Dinter/Naurath/Scholz, 2012).

Neben religionspädagogischem liegt auch Unterrichtsmaterial anderer Schulfächer vor, welches Anreize zur multiperspektivischen Auseinandersetzung geben kann. Das Buch Tierethik, Ethik im Fokus von Palm und Frank (2015) (→ Ethikunterricht) kann ein Anstoß sein, sich mit philosophischen Ansätzen bzgl. „Haus-, Zoo- und Nutztieren“ auseinanderzusetzen, sowie pädagogisches Material aus dem Ethik- und Biologieunterricht von Hößle und Alfs (2014), Kattmann (2017; 2018a; 2018b; 2020), Palm/Keller (2015) und Tramowsky/Groß/Paul (2019), die unter anderem auch religiöse Bezüge aufweisen.

Didaktisch aufbereitetes – jedoch nicht religiös perspektiviertes – Material gibt es zudem vom Tierschutzverein Provieh, von Tierundwir, der Stiftung für Ethik im Unterricht. Der Verein Schüler für Tiere und der VGT (Verein gegen Tierfabriken) bieten zudem verschiedene Einzelmaterialien und Hefte an, darüber hinaus ist es möglich, Tierschutzlehrkräfte etwa vom Tierschutzbund oder dem Verein Mensch Tier Bildung in die Schule einzuladen. Unterrichtsmaterialien, die etwa von Interessenverbänden herausgegeben werden, benötigten vor dem Einsatz eine besonders aufmerksame Prüfung durch Lehrpersonen, da sie gegebenenfalls die Thematik einseitig betrachten.

Die Kindersachbücher des Theologen und Biologen Kattmann stellen altersgerecht die Bedürfnisse und Verhaltensweisen von (Kattmann, 2017; 2018a) und das Zusammenleben mit Tieren (Kattmann, 2020), für jüngere Kinder dar und appellieren für einen verantwortungsvollen Umgang mit Tieren.

6. Fächerübergreifende Projekte

Eine direkte Verschränkung naturwissenschaftlicher und religiöser Überlegungen bieten beispielsweise die Projekte von Benz/Braun (2012) und Hößle (2012) zum Regenwurm. Die Begegnung mit dem lebenden Tier, aus dem Biologieunterricht entnommen, bietet hier Anlass, über Angst und Ekel ins Gespräch zu kommen, den Regenwurm in seiner Erscheinung und Fortbewegung zu betrachten und seine ökologische Funktion zu thematisieren. Auf diesen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen aufbauend werden theologische Gespräche initiiert, über das Verhältnis Gottes zu seinen Geschöpfen und seiner Geschöpfe zueinander. Die naturwissenschaftlichen und theologischen Betrachtungsweisen werden pragmatisch an ethische Anwendungsaspekte gebunden und veranschaulichen gut, wie fruchtbar und sinnvoll eine Verschränkung verschiedener Weltzugänge sein kann, um ethisches Lernen (bei ungewöhnlichen Tieren) zu ermöglichen.

Das Buch Leben mit Tieren. Verantwortung – Tierhaltung – Fleischkonsum in der Lernbuchreihe Neue Wege in die Biologie (Tramowsky/Paul/Groß, 2019) knüpft gezielt an evidenzbasierten Moralvorstellungen von Lernenden an: Dürfen wir Tiere töten? Können Tiere fühlen und denken wie Menschen? Warum essen Menschen gerne Fleisch? Damit wird das Ziel verfolgt, dass Lernende nicht nur Informationen aufnehmen, sondern komplexe Strukturen und Prozesse verstehen und in übergreifende Zusammenhänge einordnen können. Das Anknüpfen und Revidieren von Alltagsvorstellungen und die Verwendung evolutionärer und ethischer Erklärungen unterstützt Schülerinnen und Schüler, komplexe Sachverhalte und Zusammenhänge der Tierethik nachhaltig zu lernen und fundiert zu bewerten. Diese Verknüpfung des fachlichen Lernens mit Moralvorstellungen und somit das lernförderliche Explizit-Machen deskriptiver und normativer Alltagsvorstellungen ist das wesentliche Kennzeichen im Projekt.

7. Forschungsdesiderate und offene Fragen

Auch wenn im Bereich der Tierethik im Religionsunterricht mittlerweile einige Projekte zu verzeichnen sind und Diskussionen begonnen werden, so zeigen sich doch noch Forschungsdesiderate etwa bei den Untersuchungen zum tatsächlichen Umfang und der Qualität tierethischer Inhalte im Schulunterricht und zur Effektivität didaktischer Ansätze. Fächerübergreifende Projekte der Biologiedidaktik und Religionspädagogik müssten begleitet und auf Chancen beim ethischen und religiösen Lernen evaluiert werden, ebenso wie Projekte zum Theologisieren mit Kindern, beispielsweise bei Tieren im landwirtschaftlichen Bereich.

Neben der Nutzung biologiedidaktischer Ansätze, wie lebende Tiere im Unterricht und Arbeit mit reflektierten Anthropomorphisierungen und Metaphern, wäre das Ausloten weiterer Potentiale interdisziplinärer Zusammenarbeit von Biologiedidaktik und Religionspädagogik (Tramowsky/Eichler, 2020) voranzutreiben.

Hier wäre die Entwicklung und Evaluation religionspädagogischer Lernkonzepte zur Förderung einer ethischen Urteilsfähigkeit im tierethischen Bereich wünschenswert. Besonders Erkenntnisse zur Empathie einerseits in Abhängigkeit vom Umgang mit lebenden Tieren wären hier von Interesse und zum anderen bezogen auf die religiöse Deutungskompetenz von Lernenden. Zu fragen wäre etwa, ob die Arbeit mit lebenden Tieren, die Ekel auslösen, die religiöse Deutungskompetenz von Schöpfung fördern kann, weil sie einen ungewohnten Blickwinkel herbeiführt? Oder fördert ein empathiebasierter Zugang zu Tieren in der Landwirtschaft eine religiöse Deutungskompetenz mehr als bei Wildtieren, da gesellschaftliche Konventionen zu kognitiven Dissonanzen führen und Klärungsbedarf offenkundig wird?

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