Deutsche Bibelgesellschaft

Andere Schreibweise: Sar-Ezer; Sherezer (engl.)

(erstellt: November 2009)

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1. Der Name

Der Name Sarezer (hebr. שַׂרְאֶצֶר śar’æṣær) ist ein verkürzter akkadischer Eigenname (šar-uṣur) mit der Bedeutung: „Schütze den König“. In der vollständigen Form handelt es sich um einen theophoren Satznamen des Typs: „(der Gott X) schütze den König“; Beispiele sind z. B. → Belsazar (= Bel-šar-uṣur „Bel schütze den König“), → Nergal-Sarezer (= Nergal-šar-uṣur „Nergal schütze den König“, Jer 39,3).

2. Biblische Überlieferung

In der Bibel gibt es zwei Personen mit dem Namen Sarezer.

2.1. Sarezer, ein Sohn Sanheribs

Sarezer war nach 2Kön 19,37 und Jes 37,38 einer der zwei Söhne des neuassyrischen Königs → Sanherib (705-681 v.Chr), die ihren Vater im Nisroch-Tempel in → Ninive ermordeten. Der andere Sohn hieß Adrammelech. Darauf mussten sie aus Ninive in das Land Ararat fliehen, während → Asarhaddon der neue König von Assur wurde.

2.2. Sarezer im Buch Sacharja?

Das → Sacharjabuch kennt möglicherweise – und für die Rekonstruktion der nachexilischen Geschichte Bethels bedeutsam – einen weiteren Mann namens Sarezer. Nach der masoretischen Akzentsetzung besagt Sach 7,2, dass die Stadt → Bethel im vierten Regierungsjahr des Königs → Darius (518 v. Chr.) die Boten Sarezer und Regem-Melech (akkadisch „der König hat gesprochen“) zum Tempel Jahwes schickte, um die dortigen Priester zu fragen, ob man im fünften Monat weiterhin eine Fasten- und Klagefeier durchführen solle, bei der wahrscheinlich der Zerstörung Jerusalems gedacht wurde. Daraus, dass die Anfrage von Bethel ausgeht, hat man gefolgert, dass in der Stadt in frühnachexilischer Zeit regelmäßig Klagefeiern durchgeführt wurden und sie als eigenständiges Kultzentrum fungierte. Allerdings ist die personifizierende Rede von einem Ort – in Sach 7,3 würde die Stadt sogar in der Ich-Rede das Wort ergreifen – in einem Prosatext singulär und damit problematisch. Schon nach den antiken Übersetzungen werden die Gesandten nicht von Bethel nach Jerusalem geschickt, sondern von einem nicht genannten Ort „nach Bethel“ (LXX, Peschitta, Targum) bzw. „zum Haus Gottes“ (Vulgata). Sollte „nach Bethel“ ursprünglich sein, müsste die Stadt in jener Zeit Jerusalem sogar als zentralen Kultort ersetzt haben (so North, 192-196; vgl. Zevit, 674).

Die These zur Bedeutung Bethels wird hinfällig, wenn man „Bethel“ – wie seit Wellhausen (186) vielfach angenommen (z.B. Hanhart, 463-465) – mit „Sarezer“ zu dem theophoren Personennamen zusammenzieht, so dass Bethel nicht den Ort, sondern den Gott → Bethel meint: bet’el-śar’æṣær (akk. bit-ili-šar-uṣur) „(der Gott) Bethel schütze den König“. In der Tat sind Personennamen mit dem Gott Bethel als theophorem Element in neubabylonischer Zeit recht häufig (Belege → Bethel). Bethel-Sar-Ezer und Regem-Melech sind dann nicht Gesandte, sondern die Auftraggeber einer Gesandtschaft, deren Herkunftsort nicht angegeben wird, und in dem singularischen „ich“ von Sach 7,3 würde nicht Bethel sprechen, sondern jeder einzelne Gesandte.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Reallexikon der Assyriologie und vorderasiatischen Archäologie, Berlin 1928ff
  • Biblisch-Historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
  • Biblisches Reallexikon, 2. Aufl., Tübingen 1977
  • Lexikon der biblischen Eigennamen, Neukirchen-Vluyn, 1981
  • Jerusalemer Bibellexikon, 3. Aufl., Stuttgart 1995
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
  • Eerdmans Dictionary of the Bible, Grand Rapids 2000
  • Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003
  • Herders Neues Bibellexikon, Freiburg i.Br. / Basel / Wien 2008

2. Monographien und Aufsätze

  • Frahm, E., Einleitung in die Sanherib-Inschriften (AfO B. 26), Wien 1997
  • Hanhart, R., Sacharja (BK XIV/7), Neukirchen-Vluyn 1996
  • Hyatt, J.P., A Neo-Babylonian Parallel to BETHEL-SAR-EZER, Zech 7,2, JBL 56 (1937), 387-394
  • Höffken, P., Sanherib als Gestalt der Überlieferung im Hinblick auf 2 Kön 18f. und Jes 36f., BN 133 (2007), 23-40
  • Koenen, K., Bethel. Geschichte, Kult und Theologie (OBO 192), Freiburg (Schweiz) / Göttingen 2003
  • Mayer, W., Sanherib und Babylonien. Der Staatsmann und Feldherr im Spiegel seiner Babylonienpolitik, in: M. Dietrich / O. Loretz (Hgg.), Vom alten Orient zum Alten Testament (FS W. Freiherr von Soden; AOAT 240), Neukirchen-Vluyn 1995, 305-332
  • Meißner, B., Neue Nachrichten über die Ermordung Sanheribs und die Nachfolge Asarhaddons (Sitzungsberichte der Preußischen Akademie der Wissenschaften), Berlin 1932, 250-262
  • Meißner, B., Wo befand sich Asarhaddon zur Zeit der Ermordung Sanheribs? AnOr 12 (1936), 232ff.
  • North, F.S., Aaron’s Rise in Prestige, ZAW 66 (1954), 191-199
  • Parpola, S., The Murderer of Sennacherib, in: B. Alster (Hg.), Death in Mesopotamia. 26ieme rencontre assyriologique internationale, Kobenhavn 1979, Kopenhagen 1980, 171-182
  • Rechenmacher, H., Personennamen als theologische Aussagen. Die syntaktischen und semantischen Strukturen der satzhaften theophoren Personennamen in der hebräischen Bibel (ATSAT 50), St. Ottilien 1997
  • Schwennen, J., Biblische Eigennamen. Gottes-, Personen- und Ortsnamen im Alten Testament, Neuhausen / Stuttgart 1995
  • Soden, W. von, Sanherib vor Jerusalem 701. v. Chr., in: ders., Bibel und Alter Orient. Altorientalische Beiträge zum Alten Testament, 1985, 149-157
  • Vieyra, M., Sennachérib à Ninive, RA 54 (1960), 41-44
  • Wellhausen, J., Die Kleinen Propheten, Berlin 3. Aufl.1898 (Nachdruck 1963)
  • Zevit, Z., The Religions of Ancient Israel. A Synthesis of Parallactic Approaches, London / New York 2001

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