Deutsche Bibelgesellschaft

(erstellt: Mai 2024)

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1. Termini

Das Hebräische kennt verschiedene Bezeichnungen für Räder: גַּלְגַּל galgal („Rundes“) bzw. גִּלְגָּל gilgāl (z.B. Jes 28,28) und אוֺפַן ՚ôfan (1Kön 7,33). In 1Kön 7,30-33 sind zudem Fachtermini für Teile des Rades belegt: סֶרֶן særæn für die Radachse, חִשֻׁר ḥišur für die Radnabe und חִשֻׁק ḥišuq für die Radspeiche.

2. Archäologisch

Unterschieden werden die Scheibenräder des Transportwagens, in der Regel zwei oder vier (vgl. Abb. 1), und die mit vier, sechs und am Ende acht Speichen ausgestatteten Speichenräder am Streitwagen (vgl. Abb. 2). Die Felgen dieser Räder bestanden aus Eschenholz und wurden mit Birkenrinde oder Birkenbast umwickelt, wie Funde aus Ägypten aus der 18. Dynastie zeigen. Seit dem 7. Jh. v. Chr. diente ein Nagelbeschlag der Räder dem Schutz vor zu schnellem Verschleiß.

3. Streitwagen

Auf die Räder der Streitwagen wird häufig in metaphorischer Rede Bezug genommen: Die Streitmacht JHWHs gleicht lärmenden Wagenrädern, die wie ein Sturmwind daherkommen (Jes 5,28; vgl. Jer 47,3). Das laute und dumpfe Rumpeln der Streitwagen ahmt die Kriegsschilderung Nah 3,2 sogar lautmalerisch nach. Wo die Räder der Streitwagen gehemmt werden (Ex 14,25), ist ein erfolgreicher Einsatz dieser mächtigen Waffe ausgeschlossen. → Wagen und Rad können metonymisch für die Streitwagentruppe stehen (Ez 23,24; Ez 26,19).

4. Landwirtschaft

Das Schöpfrad eines Brunnens hat Pred 12,6 vor Augen: Gemeint ist vermutlich das Rad über der Zisterne (→ Wasserversorgung). Über sie lief das Seil mit dem Schöpfeimer. Das Rad des Dreschwagens setzt Spr 20,26 in einem Gerichtsbild voraus. Die als Spreu bzw. Häcksel erscheinenden Frevler haben demnach keine Möglichkeit des Fortbestehens. In Jes 28,27f. werden die Räder des Lastwagens zum → Dreschen benutzt, wobei sich diese Methode zur Not für Brotkorn eignet, nicht dagegen für Schwarzkümmel, der mit dem Stock ausgeschlagen wird (vgl. Barthel 1997, 338f.; Beuken 2010, 93-95).

5. Verkehr

Seit der hellenistischen Zeit waren vermehrt durch → Pferde gezogene Reisewagen in Gebrauch. Dabei erlebte man „die schnelle Drehung der Radscheibe und ihrer Achse“ (Sauer 2000, 231). Sir 33,5 nimmt darauf Bezug und sieht „die Geschwindigkeit der sich drehenden Achse als Beispiel für die Wechselhaftigkeit des törichten Handelns“ (ebd.).

6. Kult

Sowohl die Fahrgestelle der Kesselwagen (→ Kultinstallationen) im Salomonischen Tempel (1Kön 7,30.32f.) wie auch der göttliche Thronwagen (Ez 1,15f.19-21; Ez 3,13f.; Ez 10,2.6-19; Ez 11,22) sind mit Rädern versehen. Auf den Thronwagen JHWHs bezieht sich auch die auf eine Gewittererscheinung rekurrierende Gerichtstheophanie Ps 77,19 (→ Epiphanie), wenn dort vom Dröhnen des göttlichen Donners „am Rad / Runden“ gesprochen wird.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Reallexikon der Assyriologie und vorderasiatischen Archäologie, Berlin 1928-2018
  • Der Kleine Pauly, Stuttgart 1964-1975 (Taschenbuchausgabe, München 1979)
  • Lexikon der Ägyptologie, Wiesbaden 1975-1992

2. Weitere Literatur (Auswahl)

  • Barthel, J., 1997, Prophetenwort und Geschichte. Die Jesajaüberlieferung in Jes 6-8 und 28-31 (FAT 19), Tübingen
  • Beuken, W.A.M., 2010, Jesaja 28-39 (HThKAT), Freiburg i. Br.
  • Keel, O., 1977, Jahwe-Visionen und Siegelkunst. Eine neue Deutung der Majestätsschilderungen in Jes 6, Ez 1 und 10 und Sach 4 (SBS 84 / 85), Stuttgart
  • Sauer, G., 2000, Jesus Sirach / Ben Sira (ATD.A 1), Göttingen
  • Zwickel, W., 1986, Die Kesselwagen im Salomonischen Tempel, UF 18, 459-461

Abbildungsverzeichnis

  • Abb. 1 Einfache Transportwagen verfügten oft nur über Scheibenräder und wurden von Rindern gezogen (Relief im Totentempel Ramses III.; 1184-1153 v. Chr.; Medinet Habu, Ägypten). © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
  • Abb. 2 Der Streitwagen des assyrischen Königs Assurnasirpal II. (883-859 v. Chr.) verfügt über Speichenräder und wird von Pferden gezogen (Relief aus dem Thronsaal B im Nordwest-Palast von Nimrud; heute: London). © The Trustees of the British Museum, BM 124540

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