Abdi Chepa
Andere Schreibweise: Abdi-Cheba; Abdi-Chiba; Abdi-Kheba; Abdihiba
(erstellt: Oktober 2008)
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Abdi Chepa war im 14. Jh. v. Chr. Stadtkönig von Jerusalem (ú-ru-sa-lim). Bekannt ist er aus seinen in Tell el-Amarna aufgefundenen eigenen, auf Akkadisch mit kanaanäischen Glossen verfassten Briefen (EA 285-290, wahrscheinlich auch der sehr fragmentarische Brief 291; → Amarnabriefe
1. Name
Das Logogramm ÌR, das das erste Namenselement bildet und meist mit dem kanaanäischen ’abdi wiedergegeben wird, kann auch hurritisch purame, hethitisch arta oder akkadisch ardu gelesen werden. Die Bedeutung des Namens ist in jedem Fall „Diener der (Göttin) Chepa“. Chepa (auf die womöglich der biblische Name chawwāh „Eva“ in Gen 3,20
2. Historische Situation
Nach den Angaben in seinen Briefen beherrschte Abdi Chepa ein Territorium, das im Südwesten bis Keïla und im Nordwesten bis Ajalon reichte. Er verfügte über eine eigene Truppe, zu der zeitweise eine Einheit von 50 ägyptischen Soldaten gehörte, und besaß einen königlichen Palast und eine Administration mit Beamten, u.a. einem Schreiber, der die Korrespondenz mit dem ägyptischen Hof führte. Sein Amt hatte er geerbt, war aber auch vom Pharao zusätzlich eingesetzt worden (vgl. EA 286,9-13; 287,25-28; 288,13-15).
In den Jerusalemer Amarna-Briefen spiegelt sich eine schwere Notsituation des Stadtkönigs: In dem Machtvakuum, das durch die militärische und politische Schwäche der Hegemonialmacht Ägypten unter Amenophis III. und besonders Echnaton in Palästina entstanden war, versuchten die Kleinstaaten der Region in Kämpfen gegeneinander ihre Herrschaft auszudehnen. Besonders Labaja von → Sichem
Abdi Chepa klagt in den Briefen seine Gegner an, Verbündete einer als cha-bi-ru bezeichneten Gruppe zu sein (vgl. EA 286,18-19.56; 287,31; 288,37-38.44; 289,24; 290,12-13.23-24), die er als Bedrohung sowohl seiner eigenen Position als auch der ägyptischen Oberherrschaft in Palästina betrachtet. Bei dieser in literarischen Quellen des 2. Jahrtausends für weite Teile des Vorderen Orients belegten Personengruppe handelt es sich um Menschen, die aufgrund wirtschaftlicher oder politischer Zwänge zur Flucht aus ihren angestammten Siedlungsgebieten gezwungen waren und in der Fremde als soziale Schicht minderen Rechts in Abhängigkeitsverhältnissen als Arbeiter oder Söldner lebten oder sich außerhalb gesellschaftlicher Ordnungen bewegten. Alttestamentlich wird der Begriff in der Form ‘ivrîm → „Hebräer
In seiner bedrängten Situation bat Abdi Chepa den Pharao um Ersatztruppen oder die Möglichkeit, mit seiner Verwandtschaft zu ihm nach Ägypten zu fliehen (vgl. EA 288,48-61). Über den Erfolg seiner Eingaben gibt es keine schriftlichen Nachrichten mehr, Briefe eines Nachfolgers sind nicht erhalten.
Literaturverzeichnis
1. Quellen
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- Galling, K., 1979, Textbuch zur Geschichte Israels (TGI), 3. Aufl. Tübingen, 25-26 (= EA 286)
- Kaiser, O. (Hg.), 1985-1997, Texte aus der Umwelt des Alten Testaments (TUAT), Gütersloh, I/5, 512-516 (= EA 286; 289)
2. Lexikonartikel
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- Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
- Lexikon der Ägyptologie, Wiesbaden 1975-1992
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3. Weitere Literatur
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- Wilhelm, G., 1982, Grundzüge der Geschichte und Kultur der Hurriter (Grundzüge 45), Darmstadt, bes. 9-58
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