Deutsche Bibelgesellschaft

1. Timotheus 3,16 | Christnacht | 24.12.2024

Einführung in den ersten Timotheusbrief

1. Zugehörigkeit des ersten Timotheusbriefes zu den „Pastoralbriefen“ und Fragen zu seiner Verfasserschaft

Der 1. Timotheusbrief gehört zu den seit dem 18. Jahrhundert als „Pastoralbriefe“ („Hirtenbriefe“) bezeichneten Schriften des NT (1Tim, 2 Tim, Tit). Sie führen in ihren Präskripten Παῦλος als Absender an (1 Tim 1,1; 2 Tim 1,1; Tit 1,1). Herkömmlich galten diese Briefe daher als Paulusbriefe. Ende des 18. Jahrhunderts wurde dies jedoch innerhalb der deutschsprachigen Forschung in Frage gestellt. Im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Auffassung, dass nicht Paulus selbst der Verfasser dieser Briefe sei, sondern eine nicht näher bekannte Person aus der Paulusschule, die sich fiktiv seines Namens bediente. Die kritische Rückfrage nach der Verfasserschaft der Pastoralbriefe hatte sich vor allem an sprachlichen Beobachtungen von Friedrich Schleiermacher zum ersten Timotheusbrief entzündet. Die Abweichungen gegenüber der Ausdrucksweise der übrigen Paulusbriefe, zu denen Schleiermacher alle weiteren zwölf im Corpus Paulinum versammelten Briefe zählte, bewogen ihn dazu, 1 Tim für unpaulinisch zu halten. Dieser Brief sei eine Fälschung, schlecht kompiliert aus Stücken von 2 Tim und Tit (1807). Die anschließende Debatte führte zu der Frage, ob alle drei Briefe von ein- und demselben nicht-paulinischen Verfasser stammten und somit auch 2 Tim und Tit unpaulinisch seien (so J. G. Eichhorn 1812; F. C. Baur 1835). Durch H. J. Holtzmann wurde diese These zumindest in der deutschsprachigen evangelischen Forschung fest etabliert (1880/1892). Die Briefe wurden seither fast durchweg als „frühkatholisch“ bewertet: Sie zeigten eine beginnende „amtskirchliche“ Institutionalisierung der christlichen Gemeinde mit hierarchischen Strukturen. Im Vergleich mit den echten Paulusbriefen wurden sie als wenig eigenständig und minderwertig („epigonal“) eingestuft. Die neuere Forschung ist hingegen bestrebt, das differenzierte Gemeindeverständnis und den theologischen Eigenwert der Pastoralbriefe herauszuarbeiten.

2. Zur Datierung, Lokalisierung und Adressierung des ersten Timotheusbriefes

Mit der Verfasserfrage eng verknüpft ist die Frage nach der Datierung von 1 Tim. Unter der Annahme, dass Paulus diesen Brief selbst geschrieben hat, fällt die Datierung in die Mitte bzw. zweite Hälfte des ersten nachchristlichen Jahrhunderts (50/60 n. Chr.). Wird 1 Tim als nicht paulinisch („pseudepigraph“), zugleich aber als Teil eines aus 1 Tim, 2 Tim und Tit bestehenden Corpus Pastorale verstanden, tendiert die Mehrheitsmeinung zu einer Entstehung um 100 n. Chr. Als pseudepigrapher Brief, der nicht Teil eines solchen Corpus Pastorale sei, wird er teilweise zeitlich noch später angesetzt (zweites Viertel des 2. Jahrhunderts). Somit könnte 1 Tim jenen Schriften des Neuen Testaments Konkurrenz machen, die bisher als potentiell jüngste Schriften galten (2Petrus: um 110 n. Chr.; Spätdatierung der Johannesapokalypse auf die Zeit des römischen Kaisers Hadrian: um 130 n. Chr.).

Wird der Brief als authentischer Paulusbrief bewertet, wird auch die Adresse als echt eingestuft (1Tim 1,2: Τιμοθέῳ γνησίῳ τέκνῳ ἐν πίστει / An Timotheus, ein rechtmäßiges Kind im Glauben). Bei Timotheus handelt es sich demnach um einen der beiden engsten Mitarbeiter des Paulus, der sowohl in den Paulusbriefen als auch in der Apostelgeschichte erwähnt wird (vgl. Röm 16,21; 1 Kor 4,17; 16,10f; 2 Kor 1,1; Phil 1,1; 2,20–22; 1 Thess 1,1; 3,2f; Philm 1; Apg 16,1–3; 20,4). Wird der Brief als pseudepigraph eingeschätzt, gewinnt neben dem Verfasser meist auch der Adressat fiktive Züge: Es gehe weder um den historischen Paulus noch um den historischen Timotheus („doppelte Pseudepigraphie“). Dessen Name stehe vielmehr stellvertretend für Personen, die in der frühen christlichen Kirche ein Amt bzw. eine leitende Funktion innehaben und durch den Brief instruiert werden sollen. Eine andere Forschungsmeinung nimmt an, hinter der adressierten Person stünde eine Gemeinde von Christ:innen, die pagan (heidnisch) sozialisiert worden seien. Ausgehend von der Aussage in 1 Tim 1,3, der Briefautor habe Timotheus beauftragt, in Ephesus zu bleiben, um dort die rechte Lehre zu verkündigen, wird diskutiert, ob Ephesus die reale historische Metropole oder wiederum eine fiktive Stellvertretergröße sei, die paradigmatisch für die Situation einer (kleinasiatischen?) Gemeinde und deren Probleme im zweiten nachchristlichen Jahrhundert stehe. Zu diesen Problemen könnten die Auseinandersetzungen mit „Irrlehrern“ oder „Gegnern“ gehören, die immer wieder in 1Tim als „Falschlehrer“ begegnen. Erwogen wird, dass es sich bei diesen um gnostische oder prägnostische Strömungen handelt, möglicherweise auch um judaisierende Kräfte oder um innergemeindliche Gruppen, in denen von der „gesunden Lehre“ abweichende Sichtweisen vertreten werden.

3. Zur Brieflichkeit des ersten Timotheusbriefes

Ist 1Tim überhaupt ein Brief oder eher ein Traktat bzw. eine „Regel“? Eindeutig ist, dass sich das Schreiben eine briefliche Form gibt, wie sie von den Paulusbriefen her bekannt ist. 1 Tim gliedert sich in einen Briefeingang mit Präskript (1,1f.) und brieflicher Einführung (1,3-20), eine Briefmitte („Briefcorpus“, 2,1-6,2) und einen Briefschluss (6,3-21) mit Schlussparänese (6,3-21a) und Schlussgruß / Gnadenwunsch (6,21b).1Tim lässt sich als ein fingierter Brief beschreiben, der Züge eines Ermahnungs-, Erziehungs- und Lehrbriefes trägt. Der (fiktive) Adressat Timotheus soll durch das briefliche Medium und dessen paränetisch-pädagogischen Charakter zu einer vorbildlich tugendhaften Leitfigur und einem ebensolchen Lehrer erzogen werden. 1Tim leistet somit einen Beitrag zur Identitätskonstruktion frühchristlicher Lehr- und Leitungsfiguren. Zugleich lässt er sich als ein Brief „höherer Wirksamkeit“ beschreiben, der, durch Timotheus vermittelt, auch Dritte zu ethischer Lebensführung erzieht. Insofern Timotheus durch die paränetische Kommunikationsstruktur des Briefes nicht nur als Empfänger, sondern auch als Vermittler von Weisungen kenntlich gemacht wird, gewinnt 1Tim den Charakter einer zweistufigen brieflichen Instruktion. Er weist damit ein gattungstypisches Element hellenistisch-römischer Mandatsschreiben von Herrschern und hohen Beamten an untergeordnete, ihrerseits weisungsbefugte Amtsträger auf.

4. Wichtige Themen und theologische Schwerpunkte

Die ethisch-moralische Integrität von Leitungsfiguren in der Gemeinde, das Verhältnis der Geschlechter zueinander und das komplexe Bild Gottes sind wichtige Themen des 1Tim. So ist der Brief z. B. in 3,1-13 darum bemüht, darzulegen, worin idealiter das ethische Profil der Lebensführung, der inneren Geisteshaltung, des sozialen Verhaltens eines Bischofs und eines Diakons bestehen. Dabei sind auch Frauen als Diakoninnen vorausgesetzt (3,11; vgl. Krauter, Genderrollen). Zu weiteren Rollen von Frauen heißt es in 1Tim 2,11f. (vermutlich auf den Gottesdienst bezogen): „Eine Frau lerne in der Stille mit aller Unterordnung. Einer Frau gestatte ich nicht, dass sie lehre, auch nicht, dass sie über den Mann herrsche, sondern sie sei still.“ Eine Lehr- und Leitungsfunktion von Frauen in der Gemeinde wird somit ausgeschlossen. Aber es wird erkennbar, dass „Witwen“ (das sind Frauen, die nicht mehr verheiratet sind oder nie verheiratet waren) gute Werke tun (5,10) und wohl in ein bezahltes „Witwenamt“ aufgenommen werden können (5,3-16). Allerdings wird davon in einer Weise gesprochen, dass der Eindruck entsteht, die Funktionsträgerinnen sollten möglichst wenig in Erscheinung treten. Das Thema „Amtsträgerinnen“ erweist sich somit als ein Spezifikum des 1Tim, und zwar in deutlich restriktiver Ausprägung. Frauen sind jedoch für den 1Tim grundsätzlich Adressatinnen von Gottes Rettungshandeln: Sie werden „durch das Kindergebären hindurch“ gerettet (2,15; die instrumentale Lesart „mittels des Kindergebärens“ ist nicht zwingend; vgl. Zimmermann, Gott, unser Retter, 418-421). Gott selbst sind sie darin verwandt, dass sie Leben schaffen. Indem sie Kinder zur Welt bringen, führen sie ein gottgemäßes, dem Heil entsprechendes Leben. Im 1Tim fällt die besondere Dichte an Gottesbezeichnungen auf, die zu einem komplexen Gottesbild und einer anspruchsvollen Theologie führt. Gott ist der „eine Gott“ (2,5), der „einzige Gott“ (1,17), der „selige Gott“ (1,11), der „unvergängliche Gott“ (1,17), der „unsichtbare Gott“ (1,17), der „lebendige Gott“ (3,15; 4,10), der Schöpfer, der alles Leben erschaffen hat (6,13; vgl. 4,4), der „Vater“ (1,2), der „König der Zeitalter“ (1,17), der „König der Könige“ und der „Herr der Herren“ (6,15) sowie der „Retter aller Menschen, besonders derer, die glauben“ (1,1; 2,3f; 4,10). Die Bezeichnung Gottes als Retter ist dabei eng verknüpft mit der Rede von Gott als Schöpfer und hat programmatische Funktion für die argumentative Auseinandersetzung des Briefes mit den Falschlehrern: Vor diesen wird gerade der Schöpfer- und Rettergott die Gemeinde bewahren, die ihrerseits ihre Identität aus der Bezugnahme auf das Schöpfer- und Retter-Sein Gottes gewinnt.

Literatur:

  • Weiß, B.: Die Pastoralbriefe (KEK), Göttingen 71902.
  • Herzer, J.: Die Briefe des Paulus an Timotheus und Titus (ThHK), Leipzig 2024.
  • Hoegen-Rohls, Ch.:  Art. Pastoralbrief, in: Eve-Marie Becker, Ulrike Egelhaaf-Gaiser, Alfons Fürst (Hg.), Handbuch Brief – Antike (erscheint: Berlin 2025).
  • Krauter, S.: Genderrollen in den Pastoralbriefen. Ein Experiment mit verschiedenen Lesestrategien, ThLZ 146 (2021), 374-387.
  • Priesemuth, A,; „Der ein unzugängliches Licht bewohnt“. Die Rede von Gott in 1 Tim, Diss. masch., Kiel 2023.
  • Schleiermacher, F.D.E.: Über den sogenannten ersten Brief des Paulos an den Timotheos. Ein kritisches Sendschreiben an J. C. Gaß (1807), in: ders., Schriften aus der Hallenser Zeit 1804–1807, hg. v. H. Patsch (Friedrich Schleiermacher, Kritische Gesamtausgabe I. Abt. Band 5), Berlin 1995, 153‒242.
  • Standhartinger, A.: Von wegen „schweigen“: Frauen in den Pastoralbriefen, https://www.katholisch.de/ artikel/45939-von-wegen-schweigen-frauen-in-den-pastoralbriefen, aufgerufen am 20.02.2024.
  • Weidemann, H.-U.: Die Pastoralbriefe, ThR 81 (2016), 353–403.
  • Zimmermann, Ch.: Gott, unser Retter – Christus, unsere Hoffnung: Soteriologische Aspekte des 1. Timotheusbriefes, in: dies., D. du Toit / Ch. Gerber (Hg.), Soteria. Salvation in Early Christianity and Antiquity, Leiden 2019, 406–426.

A) Exegese kompakt: 1 Tim 3,16

16καὶ ὁμολογουμένως μέγα ἐστὶν τὸ τῆς εὐσεβείας μυστήριον·

ὃς ἐφανερώθη ἐν σαρκί,

ἐδικαιώθη ἐν πνεύματι,

ὤφθη ἀγγέλοις,

ἐκηρύχθη ἐν ἔθνεσιν,

ἐπιστεύθη ἐν κόσμῳ,

ἀνελήμφθη ἐν δόξῃ.

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Übersetzung

16a      Und nach dem Urteil aller ist groß das Geheimnis der Frömmigkeit / Gottesfurcht:

16b      der geoffenbart wurde im / durch Fleisch,

16c      (der) gerechtfertigt / gerecht gemacht wurde im / durch Geist,

16d      (der) gesehen wurde von Engeln / Boten,

16e      (der) verkündigt wurde unter Völkern / durch Völker,

16f       (der) geglaubt wurde im / durch Kosmos,

16g      (der) aufgenommen wurde in / durch Herrlichkeit.

1. Fragen und Hilfen zur Übersetzung

V. 16a ὁμολογουμένως ist Adverb des Partizip Passiv Präsens von ὁμολογέω (zusagen, zusichern, versprechen; zugestehen, zugeben; eingestehen, gestehen; frei heraussagen, erklären, bekennen; preisen). Das klassische Wörterbuch zum Neuen Testament von Bauer-Aland verzeichnet es als feste Redewendung (seit Thukydides) mit den Übersetzungsmöglichkeiten „nach dem Urteil aller, übereinstimmend, offenbar, ganz gewiß [sic!]“. Das Nomen εὐσέβεια ist eines der paränetischen Leitworte des Briefes, es begegnet auch in 1 Tim 2,2; 4,8; 6,3.5f.11. Ich bevorzuge die Übersetzung mit „Gottesfurcht“, da in diesem Ausdruck die Haltung des frommen Menschen Gott gegenüber expressis verbis artikuliert wird.

V. 16b-g (1) Wie ist das Relativpronomen ὅς („der“) zu verstehen, welches das Verssegment 16b einleitet und auch in den Verssegmenten 16c-g zu ergänzen ist? Da es sich um ein Relativpronomen im Maskulinum handelt, kann es sich nicht zurückbeziehen auf das Neutrum τὸ μυστήριον (das Geheimnis). Wer aber ist dann „der“, von dem hier die Rede ist? Jenen, die mit der Sprache des Neuen Testaments vertraut sind, fallen vielleicht Passagen ein, in denen solche „der“-Aussagen in auffallender Reihung vorkommen (s. dazu genauer unter 2.). Welche je spezifische oder generelle Funktion haben die finiten Verben im Passiv, die sich auf das Subjekt „der“ beziehen?

V. 16b-g (2) Wie ist die fünffach wiederkehrende Präposition ἐν, verknüpft mit dem Dativ, zu verstehen: lokal oder instrumental oder beides?

V. 16c: Der Geist spielt auch in der Geistrede 1 Tim 4,1–5 eine wichtige Rolle: „Der Geist aber sagt ausdrücklich, dass (…)“ heißt es in 1 Tim 4,1. Mit dem Stichwort „Geist“ (im Singular; gemeint ist: der göttliche Geist, der heilige Geist) stellt der Briefautor bewusst einen Gegensatz her zu den „irrenden Geistern“ bzw. „Lehren der Dämonen“ (im Plural), von denen er die Irrlehrer, gegen die er anschreibt, besessen sieht.

2. Literarische Gestalt und Kontext

Der sprachlich markante Predigtvers besteht aus einer Einleitungswendung, die ein übereinstimmendes Urteil zur Geltung bringt (V.16a), und einer klangstilistisch geprägten Passage, die von den wiederkehrenden passiven finiten Verben lebt (16b-g):  Akustisch einprägsam erzeugt bei lautem Lesen des griechischen Textes die Endsilben-Folge ἐφανερώ-θη, ἐδικαιώ-θη, ὤφ-θη, ἐκηρύχ-θη, ἐπιστεύ-θη, ἀνελήμφ-θη ein sechsfaches Echo; bei lautem Lesen des deutschen Textes klingt die Vorsilbe ge- vierfach wieder (ge-offenbart, ge-rechtfertigt, ge-sehen, ge-glaubt). Auch wenn sich dabei kein festes metrisches Schema ausmachen lässt, wirkt die Passage rhythmisch gegliedert und erregt eine hohe Spannung beim Sprechen und Hören: Immer wieder ist Atem zu holen, bevor das nächste Glied der Kette ausgesprochen wird, immer wieder ist aufmerksam wahrzunehmen, was von Verssegment zu Verssegment an Neuem ausgesagt wird.

Eingeleitet wird diese spannende Segmentfolge durch das oben erwähnte Relativpronomen „der“, mit dem etwa der Hebräerbrief (anstelle eines typischen Briefbeginns) seinen theologisch dichten Eingangstext inszeniert (Hebr 1,1-4): „Nachdem Gott vorzeiten vielfach und auf vielerlei Weise geredet hat zu den Vätern durch die Propheten, hat er in diesen letzten Tagen zu uns geredet durch den Sohn, den er eingesetzt hat zum Erben über alles, durch den er auch die Welt gemacht hat, der – Abglanz seiner [sc. Gottes] Herrlichkeit und Abdruck seines [sc. Gottes] Wesens seiend, alle Dinge mit seinem kräftigen Wort tragend, Reinigung von den Sünden vollzogen habend – sich gesetzt hat zur Rechten der Majestät in der Höhe […].“ In einer besonderen, auf der Grenze von Poesie und Prosa stehenden Sprache, die als „hymnisch“ bzw. „lobpreisend“ verstanden und bezeichnet werden kann, wird das Handeln Gottes und seines Sohnes thematisch. Auch andere Texte im Neuen Testament sprechen unter Verwendung eines einleitenden oder mehrfach wiederkehrenden maskulinen Relativpronomens in solch „hohem Ton“ von Jesus Christus und seiner Relation zu Gott, wie etwa Phil 2,6–11; Eph 1,3–14; Kol 1,15–20; 1 Petr 2,21–25. Ob der Predigtvers 1 Tim 3,16 ein in der Tradition verankerter „frühchristlicher Hymnus“ ist, ist zwar in der Forschung neuerdings umstritten, doch bleibt die Wahrnehmung und Wertschätzung seiner performativen Sprachkraft davon unberührt.

Eingebettet ist der Predigtvers in einen Kontext, der sich als Mikro-, Meso- und Makrokontext bestimmen lässt. Als kleinste Einheit (Mikrokontext) bilden 1 Tim 3,14–16 einen Sinnzusammenhang. Als mittlere Einheit (Mesokontext) ergibt sich der Sinnzusammenhang 1 Tim 1,1–3,16, der durch vielfache Bezüge dieser kleinsten Einheit zu vorausgehenden Briefteilen gebildet wird. Als Makrokontext lassen sich vier Bereiche identifizieren: der Sinnzusammenhang, den (a) der Brief als ganzer herstellt; der sich (b) durch Bezüge zu 2 Tim und Tit ergibt; der (c) unter Berücksichtigung der originalen Paulusbriefe erschlossen wird; der (d) durch Bezüge zum übrigen Neuen Testament erhoben werden kann. Einige Schlaglichter seien auf diesen facettenreichen Kontext geworfen:

Der Mikrokontext gibt den Blick frei auf eine persönliche Notiz des Briefautors, in der dieser auf sein briefliches Schreiben reflektiert (3,14–15): „Dies [gemeint sind: alle Mahnungen und ethischen Weisungen] schreibe ich dir [gemeint ist Timotheus], […], damit du weißt, wie es nötig ist, im Haus Gottes sein Leben zu führen, welches die Versammlung des lebendigen Gottes ist, Säule und Fundament der Wahrheit.“ Der bildhafte Ausdruck „Haus Gottes“, der, wie der Verszusammenhang erläutert, für die ἐκκλησία θεοῦ ζῶντος (die Versammlung / Gemeinde des lebendigen Gottes) steht, kommt in den Pastoralbriefen nur hier vor. Er ist eng verknüpft mit der vom gleichen griechischen Wortstamm gebildeten, im Mesokontext verwendeten Metapher der „Ökonomie Gottes“ (1 Tim 1,4: οἰκονομία θεοῦ), die für den Gedanken steht, dass Gott sein „Haus“ ordnet und verwaltet, also das der Gemeinde zugedachte Heil nach klarem Plan verfolgt. Dieses wohlgeordnete, gut verwaltete „Haus“ ist zugleich „Säule und Fundament der Wahrheit“. Bewusst wecken die Bilder aus dem Bereich der Architektur Assoziationen zu Aspekten wie Sicherheit, Stabilität und Sichtbarkeit. Sie dienen dem Gedanken der Beziehung zwischen Gott und seiner Gemeinde: Gott als Urheber und Eigentümer des „Hauses“ / der Gemeinde garantiert Sicherheit und Stabilität; die Gemeinde / sein „Haus“ weiß sich geborgen in diesem bergenden Bau und stellt ihrerseits eine tragende, sichtbar aufragende Säule und eine sichere Grundlage der Wahrheit Gottes, der Wahrheit des Evangeliums dar, indem sie diese zu erkennen und zu kommunizieren sucht. Über den Makrokontext (c) stellen sich außerdem Bezüge zu dem paulinischen Gedanken her, dass die Gemeinde der „Tempel des lebendigen Gottes“ sei (1 Kor 3,16f; 2 Kor 6,16: ναὸς θεοῦ). Das „Haus“ ist also kein rein profaner, sondern zugleich ein sakraler Ort: Die Gemeinde ist Ort der heiligen Gegenwart Gottes. In ihr kann Gott begegnet und gefeiert werden. Im Makrokontext (a) ist 1 Tim 3,14–15 besonders eng mit 1 Tim 4,1–16 und 6,13 verknüpft: Der Brief rückt den lebendigen und lebendig machenden Gott ins Licht und porträtiert ihn als Retter der Menschen, besonders der Glaubenden (1 Tim 4,10).

3. Theologische Akzentuierung

Der für die Christnacht ausgewählte Predigtvers hält zunächst fest: Die Haltung der Gottesfurcht ist keine Selbstverständlichkeit, nichts Alltägliches, nichts vordergründig Verfügbares, sondern ein Mysterion, etwas Geheimnisvolles, Großes, das „abgeschritten“, dem sich angenähert werden muss über jene einzelnen, Gottesfurcht erzeugenden Stufen, von denen die Verssegmente 16b-g sprechen. Eine erste Stufe auf dem Wege zur Gottesfurcht besteht in der Wahrnehmung der Inkarnation des Gottessohnes, seines In-die-Welt-Kommens, genauer: darin, dass er nach Gottes Willen geoffenbart wurde in fleischlicher, menschlicher Gestalt (passivum divinum; lokal-instrumentales ἐν). Eine zweite Stufe auf dem Wege zum Geheimnis der Gottesfurcht besteht in der Erkenntnis, dass der göttliche Geist es ist, der die Gottheit des Sohnes nach seiner inkarnatorischen Zeit, die mit seinem Leiden und dem Kreuzestod endet, dadurch legitimiert, dass Gott durch eben diesen seinen Geist die Auferweckung bzw. Auferstehung des Gekreuzigten wirkt, genauer: gewirkt hat (passivum divinum bzw. pneumaticum; instrumentales ἐν). Die dritte Stufe bezieht sich auf eben dieses Geschehen der Auferstehung, das von keinem Menschen beobachtet, sondern allein von Gottes Boten, den Engeln, gesehen wurde (passivum divinum; dativus instrumentalis). Wie von Engeln gesehen, so aber von Menschen unter den Völkern und durch die Völker selbst verkündigt: Das ist die vierte Stufe, die es zu erklimmen gilt auf dem Weg zur Gottesfurcht – und dabei ist zu bestaunen, dass Menschen überhaupt dazu in der Lage waren, die Verkündigung, die „Kommunikation des Evangeliums“, weltweit auszurichten, so dass (im Sinne einer fünften Stufe auf dem Weg zum Geheimnis der Gottesfurcht) der menschgewordene und durch den Geist legitimierte Christus von der Menschenwelt (partikularer Kosmosbegriff) und vom ganzen Kosmos (universaler Kosmosbegriff) als Sohn Gottes geglaubt wurde (passivum anthropologicum / kosmologicum; lokales und instrumentales ἐν). Den Abschluss dieser Stufen, die ein Netzwerk herstellen zwischen dem Handeln Gottes, dem Handeln seines Geistes und dem Handeln der Menschen und des Kosmos, bildet die Einsicht in den göttlichen Ringschluss, der darin besteht, dass Gott seinen Sohn nicht nur geoffenbart hat im Fleisch (Inkarnation) und durch das Kreuz hindurch legitimiert hat durch den Geist (Auferstehung), sondern auch aufgenommen hat in und durch seine himmlische Herrlichkeit (Erhöhung; passivum divinum; lokal-instrumentales ἐν).

So fokussiert der Predigtvers auf Gott und seinen Geist als Akteure des Heilsgeschehens in Christus, an dem auch Menschen, Engel und der ganze Kosmos beteiligt sind. Dass dieses komplexe Geschehen zur Haltung der Gottesfurcht führt, in der Gottes Schöpferkraft und Rettermacht anerkannt wird, und dass diese Anerkennung ihren Ausdruck findet in einer Gott gemäßen, seinem Heilswillen entsprechenden Lebensführung – das will der Briefautor dem Timotheus und den mit ihm gemeinsam angeschriebenen Adressaten der Gemeinde in Ephesus feierlich einprägen.

B) Praktisch-theologische Resonanzen

1. Persönliche Resonanzen

Mehr als deutlich

Da wird man wachgerüttelt: nicht durch Lautstärke, sondern durch die Klarheit, mit der dieser poetische Vers daherkommt – analog zu der Klarheit des Herrn, die Engel umleuchtet und Hirten erleuchtet. Ich lese und höre eine klare und eingängige Aneinanderreihung von Glaubensaussagen. Der Klang lässt mich zuhören, der Rhythmus mich mitgehen.           

Ich weiß, dass 1 Tim auf einem komplexen Gottesbild gründet und eine ebenso komplexe Christologie darlegt. Gerade deshalb ist es beeindruckend, wie sich Christologie, Gottesbegriff und Offenbarungstheologie in einen einzigen Vers einzupassen vermögen!

Ein Hymnus oder ein Bekenntnis oder – profaner formuliert – ein Statement zu dem, was es mit Christus auf sich hat, wird in wenigen Worten und poetischer Gestalt dargereicht, dient als theologische Bekräftigung und nicht weniger als Lob!   

 Mehr als eine „zweite Meinung“

Gerne hole ich mir eine zweite Meinung ein, gehöre eher zu den Vorsichtigen und will bestätigt wissen, dass ich hier nicht allein bin. Wenn hier sogar alle einer Meinung sind – dann hilft mir das schon einmal sehr! Aber tatsächlich geht es hier um etwas anderes als „Meinungen“: Das „Urteil aller“ ist mehr als ein Meinungsbildungsprozess – diejenigen, die dieses Urteil gefällt haben, stimmen alle überein, dass es die Wahrheit der Offenbarung Gottes ist, die kein anderes Urteil zulässt.

Mehr als eine passive Feststellung

Geoffenbart“, „ge-…“ – die Passivkonstruktionen dominieren und versetzen uns doch nicht in die Passivität. Das wäre auch gar nicht im Sinne von 1 Tim, der an anderer Stelle dezidiert einfordert, die Lehre von Gott, Christus und Geist zu verstehen, sich bewusst von falschen Lehren abzugrenzen, dem Geist zu folgen, der die falschen Geister erkennen lässt, um dann aktiv in der wahren Lehre das eigene Leben zu gestalten. Zudem verstehe ich uns Christ:innen durchaus als „Aktive“ in diesem Vers bedacht: Wir – von den ersten Zeugen, denen, die ihn gesehen haben und über Jahrhunderte Christentum (und nicht nur „Christnachts-Christentum“!) hinweg – haben ihn aufgenommen, geglaubt. Wir verkünden – und feiern begründet Christnacht.      

2. Thematische Fokussierung

Der Vers enthält eine ganze Christologie, die innerhalb der Gotteslehre eingeordnet ist, doch nicht minder den glaubenden Menschen miteinbezieht, und die Exegetin zeigt mir, wie mit den Versteilen ein Weg abgeschritten wird – hin zum Geheimnis der Gottesfurcht. Es sind Stufen, die Gottesfurcht – und damit Ehrfurcht, aber auch Furcht vor dem noch Unbekannten in IHM, verbunden mit dem Unbekannten in mir, die ich in die eigenen Tiefen gehe, Ängste und Schwächen, aber auch ungeahnte Stärken entdecken könnte –, voraussetzen, bevor der erste Schritt gegangen wird. In der in dieser Weise bedachten Gottesfurcht finden sie aber auch ihr Ziel: Sie führt mich. Sinn für das Geheimnis wird eröffnet, wenn eine Predigt nur ein wenig die Sinne dafür schärfen kann.

1 Tim will mit seinen Worten andernorts so häufig ermahnen – doch hier auch einführen. Es mutet mystisch, ja mystagogisch an und Mystik nutzt bekanntermaßen bestimmte Sprachformen, so dass diese Form von theologischer Poesie angemessen erscheint. Damit erweist sich der Vers einerseits als klar in seinem Urteil oder als Urteil und gebraucht doch eine Sprachform, die den Weg innerhalb eines großen Geheimnisses aufzeigt und mitgehen lässt. Diesen Anspruch für die Predigt aufzuarbeiten, erinnert an die theologische Annäherung an das geoffenbarte Geheimnis Gottes und den Versuch seiner Versprachlichung, der jedes Mal von Predigenden unternommen wird – und dennoch kann letztlich nur ein Raum eröffnet und in Ansätzen gestaltet werden, in dem jede:r einzelne Wege individuell, d. h. situationsabhängig und bedürfnisorientiert, in der jeweiligen Glaubensexistenz geht. 

3. Theologische Aktualisierung

Viel ist schon da.

Dieser Vers, dieses klanglich eindrucksvoll gestaltete und mystisch anmutende Statement ist voraussetzungsreich und wird sich an die richten wollen, die schon wissen bzw. die schon erkannt und geglaubt haben; an diejenigen, die diese Deutlichkeit – zwar poetisch, aber nicht verspielt und spekulativ, sondern spirituell pointiert – auch wollen. Der Vers bestätigt, bekennt, dass es urteilskräftig ist, was hier gesagt wird. An der Urteilsfindung waren alle – zumindest viele – beteiligt. Beteiligt war und ist die Gemeinde, in der Wahrheit festgestellt und verbreitet wird. 

1 Tim mahnt heute nicht. Er stellt fest und preist und: vergewissert weihnachtlich! 

Diese theologische Bekräftigungsmaßnahme ist also nicht für die Unsichereren oder Skeptischen unter uns, die eine zweite Meinung bräuchten und dafür Gleichgesinnte suchen. Sondern sie richtet sich an all diejenigen, die das, was von diesem göttlichen Geheimnis, das Gott uns offenbart hat, gesagt wird, bereits selbst wahrgenommen haben und damit leben und Leben gestalten wollen; die erneut und immer wieder von diesem Urteil hören wollen und sich eine immer neue und ihrer Lebenssituation entsprechende und ansprechende Auslegung erhoffen. Könnte man nicht sogar sagen, dass dies das gute Recht aller Glaubenden ist, dem wir gerade heute entsprechen sollten?

Ein (theologisches) Recht auf Bestätigung.

Gewiss, sie haben sich viele Jahre „auch ohne Schein“, ohne dieses „Stück Papier“ geliebt – und doch, nun ist ihre Ehe rechtskräftig und das fühlt sich gut an.

Er hat es ihr bereits – und mehr als deutlich – gesagt und doch ist es für sie noch einmal „gut zu hören“.

Ja, ich fühle mich geliebt – und doch: Ich will es hören und werde es auch denen, die ich liebe, immer wieder sagen.           

Gott hat sich geoffenbart! Bitte lasst uns das von Neuem – in unterschiedlichen Sprachformen, in vielen oder wenigen Worten, in unterschiedlichen Kontexten, Situationen und Lebensphasen – hören und jubelnd mitsprechen!

Mehr als man denkt, ist bereits da. Der Predigttext spricht mit Menschen, die von der Offenbarung hörten, der Verkündigung lauschten, und glauben konnten. Er spricht die an, die hier und heute (noch) „aufnahmebereit“ und „aufnahmefähig“ sind. Verfehlt wäre daher die Ermahnung, zuzuhören, als ob man nicht hier wäre, in diesem Gottesdienst, und dem Geheimnis nicht nachgehen wollte mit den Sprach- und Kommunikationsformen, die über Jahrhunderte gewählt wurden. Diejenigen, die heute hier sind, noch die Orte aufsuchen, an denen Verkündigung geschieht, ja dieses Haus betreten, sind aus unterschiedlichen Gründen hier, doch selbst wenn sie nur mit anderen mitgehen, sind sie hier. „Die Gemeinde ist Ort der heiligen Gegenwart Gottes“ (s. o.) – vielleicht erleben sie es. Der Rhythmus ist da. Vielleicht hören sie es – 1 Tim 3,16 investiert in den Klang. Vielleicht öffnet der Geist uns Augen und Ohren.

Schritte einer glaubenden Existenz    

Das heißt gewiss nicht, dass der Weg zum göttlichen Geheimnis und zu dem aus diesem Geheimnis erwachsenden Geheimnis der Gottesfurcht „zu Ende gegangen ist“, die Stufen, die 1 Tim 3,16 aufzeigt, sind weiterzugehen. Mit kritischem Blick auf das Konzept einer mystischen Stufenfolge, nach dem das „Ziel“ schrittweise zu erreichen ist, ist zu betonen: Der Weg ins Geheimnis wird kein Step-by-Step sich vollziehender Aufstieg, als ob das Geheimnis nicht auch ein Geheimnis in meiner ganzen glaubenden Existenz bleiben wird.         

Geoffenbart, gerechtfertigt, gesehen, verkündigt, geglaubt, aufgenommen – programmatisch und poetisch, zwar unverhandelbar eindeutig, aber doch nicht minder relevant, es heute offen zu sagen und den Inhalt zu preisen. Denn:

„Rechtskräftig“ kann die Ehe sein, aber auch die Scheidung.  

Vielleicht war es nicht gut, dass er ihr es heute gesagt hat. Vielleicht muss er es morgen noch einmal versuchen.

Geliebt fühle ich mich nicht, trotz deiner Aussage. Versuche es noch einmal!

Gott hat sich offenbart? Das ist schwer zu glauben. Sagt es mit anderen Worten, mit mehr Worten oder vielleicht mit weniger. Braucht es mehr Poesie oder mehr Prosa? Ich brauche heute diese Worte, morgen aber andere.

Der Vers offenbart die komplexe Theo-logie des Autors in nuce. In nuce sind aber auch die eingewoben, die den Weg ins Geheimnis Gottes gehen wollen, aber zugleich spüren, dass der Weg noch nicht zu Ende ist: Es betrifft ihre ganze Existenz.

„Reicht“ uns dieser eine Vers, um alles zum Geheimnis Gottes zu sagen? Die Predigt kann das Anliegen des Verses bekräftigen und zugleich den Raum eröffnen, um zu beschreiben, wann oder warum es nicht ausreichen kann. Welche Worte bräuchten Sie?, ist dann zu fragen. Oder wir vermuten bei anderen, dass sie das Wort, in dieser sprachlichen Gestalt angeht – stärker noch als andere oder mich. Man will doch nachhaken: Sie dort, die Sie gerade bestätigend genickt haben, als ich laut und deutlich diesen Vers gelesen habe – Sie sind dem Geheimnis Gottes offenbar auf der Spur! Mit Blick auf mein Leben, meine Angst und meine Zweifel und mit Blick auf eine Welt, die viele erschreckende Rätsel aufgibt – darf ich Sie, heute, in diesem Gottesdienst, nach Ihrem Geheimnis in Bezug auf das Geheimnis Gottes fragen?

Uns bleibt nichts übrig, als uns anzunähern. 1 Tim 3,16 beschreitet einen möglichen Weg.     

4. Bezug zum Kirchenjahr

Ich muss noch einmal nachfragen, ob in diesem einen Vers tatsächlich alles enthalten ist, was wir für die Christnacht brauchen. Ich kann nicht noch einmal alles umwerfen und muss mit dem auskommen, was mir mit diesem Vers vorgelegt wird. Die Gemeinde hat schließlich einen Anspruch darauf, von nicht weniger als von Gottes Offenbarung zu hören! Also ganz konkret gefragt: Ist das uns offenbarte Geheimnis Gottes im Vers erwähnt? Ist es? Zum Glück! Wird die Christologie bedacht? Ich sehe schon: Sie ist krippenmäßig kompakt vorhanden! Wird der Geist erwähnt? Wunderbar, denn wenn wir den nicht hätten, bräuchten wir ja gar nicht erst anfangen! Eine letzte Frage, denn das ist schon wichtig für einige: Werden die Engel erwähnt, oder: Sind Engel anwesend? Ach, das ist ja herrlich! Dann kann die Christnacht ja kommen!

5. Anregungen

Kennen Sie Elfchen? Ein Elfchen ist ein 11-Wort, verteilt auf fünf Zeilen (Zeile 1: ein Wort; Zeile 2: zwei Worte; Zeile 3: drei Worte; Zeile 4: vier Worte; Zeile 5: ein Wort), das Ideen bündelt und poetisch sein kann. Inspiriert Sie unser Predigttext nicht auch zu poetischen Formen? Mich schon! Kann ein Elfchen gar ein Hymnus sein? Ein Statement in jedem Fall! In der Gemeinde werden sich bestimmt Poet:innen finden, darunter schon die Kleinsten (Elfchen werden ja bereits in der Grundschule eingeübt!). Ob poetische Formen dieser oder anderer Art vorbereitet werden im Blick auf die Christnacht oder im Gottesdienst selbst Wege gefunden werden – 1Tim 3,16 inspiriert doch geradezu zur theologischen, zur spirituellen Poesie!   

Geglaubt

Geheimnis geteilt

Großer Gott grenzenlos

Gottes Geist gibt Geleit

Geliebt

Autoren

  • Prof. Dr. Christina Hoegen-Rohls (Einführung und Exegese)
  • Dr. Sabine Joy Ihben-Bahl (Praktisch-theologische Resonanzen)

Permanenter Link zum Artikel: https://bibelwissenschaft.de/stichwort/500081

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