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Los

Unterschiedlich markierte Steinchen, die in einem Behälter geschüttelt und auf den Boden geworfen wurden, um eine Entscheidung herbeizuführen.

Das Losen galt als eine Möglichkeit, bei wichtigen und schwierigen Fragen Gottes Willen zu erkennen oder eine verborgene Wahrheit aufzudecken. In der Regel wurden beim Losen verschieden markierte Steinchen oder Stäbchen als Lose in einen Behälter gelegt. Das konnte je nach der zu entscheidenden Frage je ein Los für »Ja« und »Nein« sein (1. Samuel 14,40-42) oder Lose, die jeweils für eine Person (Apostelgeschichte 1,26) oder für eine Gruppe standen (Josua 7,14-18; 1. Samuel 10,20-21). Dann wurde der Behälter so lange geschüttelt, bis ein Los herausfiel. Das Los wurde also nicht »gezogen«, sondern »geworfen«. Auf diese Weise hoffte man, eine Entscheidung von Gott zu erhalten.
Mit dem Losverfahren wurde z.B. ermittelt, welche Landstücke die einzelnen Stämme Israels in Kanaan bewohnen sollten (4. Mose/Numeri 26,55; 33,54; Josua 13,6) und in welchen Städten die verschiedenen Gruppen der Leviten wohnen sollten (Josua 21,1-42). Lose entschieden darüber, welcher von zwei Ziegenböcken als Sündenbock in die Wüste getrieben wurde (3. Mose/Levitikus 16,8-10). Ebenso versuchte man mit dem Losverfahren herauszufinden, wer aus einer Gruppe Schuld auf sich geladen hatte (Josua 7,14-18; 1. Samuel 14,38-43; Jona 1,7), oder schlichtete Streitigkeiten (Sprichwörter 18,18).
Das Losverfahren war für die Menschen der Bibel eine ebenso wichtige Möglichkeit, Gottes Willen herauszufinden, wie die Traumdeutung und die Prophetie (1. Samuel 28,6). Die israelitischen Priester hatten besondere Lose parat, die sie jederzeit für schnelle Entscheidungen benutzen konnten: In einer Brusttasche an ihrem Priestergewand verwahrten sie die beiden Lose »Urim« und »Tummim« (2. Mose/Exodus 28,30; 3. Mose/Levitikus 8,8). Die Bedeutung der Namen ist nicht vollständig geklärt. Luther übersetzt mit »Licht« und »Recht«. Mit diesen Losen konnte der Priester bei wichtigen Fragen eine »Ja«- oder »Nein«-Entscheidung treffen oder zwischen zwei gegebenen Möglichkeiten die Richtige auswählen (4. Mose/Numeri 27,21; 5. Mose/Deuteronomium 33,8).
Ein bestimmtes Los mit dem Namen »Pur« gewann in der Geschichte Israels eine besondere Bedeutung: Das Buch Ester erzählt, dass der persische König Haman, der die Juden vernichten will, mit diesem Los den günstigsten Tag für sein Vorhaben ermittelt (Ester 3,7). Ester vereitelt Hamans Pläne und kann die Juden retten. Zur Erinnerung an diese Rettung feiern die Juden seitdem das nach dem Los benannte Purim-Fest (Ester 9,24).
Auch im Neuen Testament wird das Los erwähnt. Die einzelnen Dienste der Priester im Tempel werden mit dem Losverfahren verteilt, sodass auch Zacharias der Tag zugelost wird, an dem ihm im Tempel der Engel Gabriel erscheint und ihm die Geburt seines Sohnes Johannes ankündigt (Lukas 1,9). Die Soldaten, die bei der Kreuzigung die Kleidungsstücke von Jesus untereinander aufteilen, entscheiden mit dem Los, wer was bekommen soll (Matthäus 27,35; Markus 15,24; Lukas 23,34; Johannes 19,24). Das Johannesevangelium sieht darin die Erfüllung des Psalmwortes: »Schon verteilen sie meine Kleider unter sich und werfen das Los über meinen Mantel.« (Psalm 22,19) Mit einem Losentscheid wird Matthias als Ersatz für Judas zum Apostel bestimmt (Apostelgeschichte 1,26).


(Quelle: ​BasisBibel. Das Neue Testament und die Psalmen, © 2012 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart)

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