Deutsche Bibelgesellschaft

Der jüdische Kanon

Die Festlegung, welche Bücher zur Heiligen Schrift gehören, vollzieht sich bei der Hebräischen Bibel in einem historischen Prozess. Schrittweise bilden sich drei kanonische Gruppen heraus: Tora, Propheten, Schriften. Im Judentum wird die Heilige Schrift auch Tanakh (gesprochen: Tanach) genannt. Es handelt sich um ein Kunstwort, das aus den Anfangsbuchstaben T-N-K der drei Gruppen gebildet ist: T = Tora (»Gesetz«), N = Nebiim (»Propheten«), K = Ketubim (»Schriften«).

Die erste Gruppe besteht aus den fünf Büchern Mose. Die einzelnen Bücher werden nach den hebräischen Anfangswörtern benannt: Im Anfang, Namen, Er rief, In der Wüste, Reden. Diese Bücher nehmen den ersten Rang im jüdischen Kanon ein und bieten die dem Mose offenbarte und durch ihn vermittelte Weisung Gottes.

Die zweite Gruppe heißt Propheten und besteht aus zweimal vier Büchern. Die ersten vier Bücher bilden die Untergruppe »vordere Propheten«. Es handelt sich um die Bücher Josua, Richter, Samuel und Könige. (1. und 2. Samuel sowie 1. und 2. Könige werden jeweils als ein Buch gezählt.) Diese Bücher werden zu den Propheten gerechnet, weil in ihnen von wichtigen Propheten erzählt wird wie beispielsweise von Samuel, Natan, Elija und Elisa. Die zweiten vier Bücher enthalten die Schriftpropheten. Es handelt sich um die Bücher Jesaja, Jeremia, Ezechiel und das Zwölfprophetenbuch. Dieses fasst die kleinen Propheten von Hosea bis Maleachi zu einem Buch zusammen. Die Propheten nehmen den zweiten Rang im jüdischen Kanon ein und werden als Auslegung der Tora verstanden.

Die dritte Gruppe fasst die restlichen Schriften zusammen. Am Anfang stehen die Psalmen, Hiob und die Sprichwörter, in der Mitte die fünf Festrollen (Megillot) und am Ende Daniel, Esra/Nehemia und Chronik. (Esra/Nehemia und 1. und 2. Chronik werden jeweils als ein Buch gezählt.) Bei den fünf Festrollen handelt es sich um die Bücher: Rut, Hoheslied, Kohelet, Klagelieder, Ester. Sie werden als Festrollen bezeichnet, weil sie im Judentum an Festtagen liturgische Verwendung finden:

Passafest (Erinnerung an den Auszug)

Hoheslied

(Mitte März)

Wochenfest (Erneuerung des Sinaibundes)

Rut

(Ende April)

Gedächtnisfeier (Zerstörung des Tempels)

Klagelieder

(Mitte Juli)

Laubhüttenfest (Erinnerung an die Wüstenzeit)

Kohelet

(September)

Purimfest (Errettung der Juden in der Perserzeit)

Ester

(Mitte Februar)

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Die Dreiteilung und die Rangfolge von Tora, Propheten, Schriften sind wesentlich für den jüdischen Kanon. Die Wertigkeit der drei Gruppen spiegelt sich so auch in der Praxis synagogaler Lesung wider: Die Tora wird in einem durchgehenden Zyklus gelesen, die Propheten werden auswahlweise als Auslegung des jeweiligen Toraabschnitts herangezogen. Die jeweilige Prophetenlesung wird Haftara (»Abschluss«) genannt. Die Schriften werden bei den Lesungen nicht weiter berücksichtigt, abgesehen von der Verlesung der Festrollen an den jüdischen Feiertagen.

Deutsche Bibelgesellschaftv.4.25.3
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