1. Die Vorgeschichte
a) Die Schicksale Noomis im Lande der Moabiter
1Zu der Zeit, als die Richter (in Israel) walteten, kam einmal eine Hungersnot über das Land. Da wanderte ein Mann aus Bethlehem in Juda mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen aus, um eine Zeitlang im Gebiet der Moabiter als Fremdling zu leben. 2Der Mann hieß Elimelech, seine Frau Noomi (vgl. V. 20); und seine beiden Söhne hießen Machlon und Kiljon; sie waren Ephrathiter aus Bethlehem in Juda. Sie kamen auch glücklich im Gebiet der Moabiter an und blieben dort. 3Da starb Elimelech, der Mann Noomis, so daß sie mit ihren beiden Söhnen allein zurückblieb. 4Diese nahmen sich dann moabitische Frauen, von denen die eine Orpa, die andere Ruth (d. h. Freundin) hieß. So wohnten sie dort etwa zehn Jahre. 5Als dann auch die beiden Söhne, Machlon und Kiljon, starben und die Frau, ihrer beiden Söhne und ihres Mannes beraubt, allein stand, 6machte sie sich mit ihren beiden Schwiegertöchtern auf, um aus dem Gebiet der Moabiter in ihre Heimat zurückzukehren; denn sie hatte im Lande der Moabiter in Erfahrung gebracht, daß der HERR sich seines Volkes gnädig angenommen und ihm wieder Brot gegeben habe.
b) Aufbruch Noomis und ihrer beiden Schwiegertöchter zur Rückkehr nach Bethlehem; Orpas Abschied, Ruths Treue
7Sie verließ also in Begleitung ihrer beiden Schwiegertöchter den Ort, wo sie bis dahin gewohnt hatte. Als sie aber ihres Weges zogen, um ins Land Juda zurückzukehren, 8sagte Noomi zu ihren beiden Schwiegertöchtern: »Kehrt jetzt wieder heim, eine jede ins Haus ihrer Mutter. Der HERR segne euch für die Liebe, die ihr den Verstorbenen und mir erwiesen habt! 9Der HERR vergönne euch beiden, ein ruhiges Heim im Hause eines Gatten zu finden!« Als Noomi sie hierauf geküßt hatte, begannen jene laut zu weinen 10und sagten zu ihr: »Nein, wir wollen dich zu deinem Volke (= in deine Heimat) begleiten!« 11Aber Noomi entgegnete: »Kehrt um, liebe Töchter! Warum wollt ihr mit mir gehen? Darf ich etwa noch hoffen, Söhnen das Leben zu geben, daß sie eure Männer werden könnten? 12Nein, kehrt um, liebe Töchter! Geht heim! Ich bin ja zu alt, um mich nochmals zu verheiraten. Und wenn ich auch dächte, noch Aussicht auf eine neue Ehe zu haben, ja wenn ich noch in dieser Nacht das Weib eines Mannes und sogar Mutter von Söhnen würde: 13wolltet ihr deshalb warten, bis sie erwachsen wären? Wolltet ihr euch deshalb bis dahin einschließen und unverheiratet bleiben? Nein, liebe Töchter! Ich bin ja euretwegen tief betrübt, daß die Hand des HERRN mich so schwer getroffen hat!« 14Da begannen sie von neuem laut zu weinen; dann küßte aber Orpa ihre Schwiegermutter und ging weg, Ruth aber schloß sie fest in ihre Arme. 15Da sagte Noomi zu ihr: »Nachdem nun deine Schwägerin zu ihrem Volk und zu ihrem Gott zurückgekehrt ist, so kehre auch du um und folge deiner Schwägerin!« 16Aber Ruth erwiderte: »Dringe nicht in mich, dich zu verlassen und ohne dich umzukehren; Nein, wohin du gehst, dahin will auch ich gehen, und wo du bleibst, da bleibe ich auch: dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott! 17Wo du stirbst, da sterbe ich auch, und da will ich begraben sein. Der HERR mache mit mir, was er will: nur der Tod soll mich von dir scheiden!« 18Als Noomi nun sah, daß Ruth fest entschlossen war, mit ihr zu gehen, redete sie nicht weiter auf sie ein.
c) Ankunft und Empfang der beiden Frauen in Bethlehem
19So gingen denn die beiden weiter, bis sie nach Bethlehem gelangten. Als sie aber dort ankamen, geriet der ganze Ort ihretwegen in Aufregung, und alle Frauen sagten: »Ist das nicht Noomi?« 20Da antwortete sie ihnen: »Nennt mich nicht Noomi (d. h. meine Wonne oder: die Liebliche), nennt mich lieber Mara (d. h. die Bittere); denn der Allmächtige hat mich viel Bitteres erleben lassen. 21Voll (= vollzählig) bin ich weggegangen, und leer (= arm) hat mich der HERR zurückkehren lassen. Warum nennt ihr mich Noomi? Hat sich doch der HERR selbst gegen mich erklärt und der Allmächtige mich in Leid gestürzt!« 22So kehrte Noomi und mit ihr Ruth, ihre Schwiegertochter, die Moabitin, aus dem Lande der Moabiter heim, und zwar kamen sie in Bethlehem an beim Beginn der Gerstenernte (d. h. im April).