Klagelied und Hilferuf des gesetzestreuen, aber von seinen Feinden besiegten und mißhandelten Volkes
1dem musikmeister; von den korahiten (42,1) ein lehrgedicht (vgl. 32,1).
2O Gott, mit eignen Ohren haben wir’s gehört,
unsre Väter haben’s uns erzählt,
was du Großes in ihren Tagen vollführt hast,
in den Tagen der Vorzeit.
3Du hast Heidenvölker mit deiner Hand vertrieben
und sie an deren Stelle eingepflanzt;
Völker hast du vernichtet, sie aber ausgebreitet.
4Denn nicht mit ihrem Schwerte haben sie das Land gewonnen,
und nicht ihr Arm hat ihnen den Sieg verschafft,
nein, deine Rechte und dein Arm
und deines Angesichts Licht, denn du hattest Gefallen an ihnen.
5Nur du bist mein König, o Gott:
entbiete Hilfe (oder: Heil, Siege) für Jakob!
6Mit dir stoßen wir unsre Bedränger nieder,
mit deinem Namen zertreten wir unsre Gegner.
7Denn nicht auf meinen Bogen verlasse ich mich,
und nicht mein Schwert verschafft mir den Sieg;
8nein, du gewährst uns Hilfe gegen unsre Bedränger
und machst zuschanden, die uns hassen:
9Gottes rühmen wir uns allezeit
und preisen deinen Namen ewiglich. SELA.
10Und doch hast du uns verstoßen und Schmach uns angetan
und ziehst nicht mehr aus mit unsern Heeren;
11du hast vor dem Feinde uns weichen lassen,
und die uns hassen, haben sich Beute geholt;
12du hast uns hingegeben wie Schafe zur Schlachtung
und unter die Heiden uns zerstreut;
13du hast dein Volk verkauft um ein Spottgeld
und den Preis für sie gar niedrig angesetzt;
14du hast uns unsern Nachbarn zum Hohn gemacht,
zum Spott und Gelächter rings umher;
15hast gemacht, daß den Heiden zum Sprichwort (oder: Spottlied) wir dienen,
daß den Kopf die Völker über uns schütteln.
16Allzeit steht meine Schmach mir vor Augen,
und die (Röte der) Scham bedeckt mir das Antlitz,
17weil ich höre den lauten Hohn und die Lästerreden,
weil den Feind und seine Rachgier ich sehn muß.
18Dies alles hat uns getroffen,
und wir hatten dich doch nicht vergessen
und dem Bunde mit dir die Treue nicht gebrochen.
19Unser Herz ist nicht von dir abgefallen
und unser Schritt nicht abgewichen von deinem Pfade,
20daß du zermalmt uns hast an der Stätte der Schakale
und mit Todesnacht uns umlagert hältst.
21Hätten wir unsres Gottes Namen vergessen
und unsre Hände erhoben zu einem fremden Gott:
22würde Gott das nicht entdecken?
Er kennt ja des Herzens geheimste Gedanken.
23Nein, um deinetwillen werden wir täglich gemordet
und werden dem Schlachtvieh gleich geachtet.
24Wach auf! Warum schläfst du, o Allherr?
Erwache! Verwirf nicht für immer!
25Warum verbirgst du dein Angesicht,
denkst nicht an unser Elend und unsre Bedrängnis?
26Ach, bis in den Staub ist unsre Seele gebeugt,
unser Leib liegt da, am Erdboden klebend!
27Steh auf, komm uns zu Hilfe
und erlöse uns um deiner Gnade willen!