Jeremias Klage über sein Volk
1Ach dass ich eine Herberge hätte in der Wüste, so wollte ich mein Volk verlassen und von ihnen ziehen! Denn es sind lauter Ehebrecher und ein treuloser Haufe. 2Sie schießen mit ihren Zungen lauter Lüge und keine Wahrheit und treiben’s mit Gewalt im Lande und gehen von einer Bosheit zur andern, mich aber achten sie nicht, spricht der HERR. 3Ein jeder hüte sich vor seinem Freunde und traue auch seinem Bruder nicht; denn ein Bruder überlistet den andern, und ein Freund verleumdet den andern. 4Ein Freund täuscht den andern, sie reden kein wahres Wort; sie haben sich daran gewöhnt, dass einer den andern betrügt. Sie freveln und es ist ihnen leid umzukehren. 5Es ist allenthalben nichts als Trug unter ihnen, und vor lauter Trug wollen sie mich nicht kennen, spricht der HERR.
6Darum spricht der HERR Zebaoth: Siehe, ich will sie schmelzen und prüfen; denn was soll ich sonst tun, wenn ich ansehe die Tochter meines Volks? 7Ihre falschen Zungen sind tödliche Pfeile; mit dem Munde reden sie freundlich zu ihrem Nächsten, aber im Herzen lauern sie ihm auf. 8Sollte ich das nicht heimsuchen an ihnen, spricht der HERR, und sollte ich mich nicht rächen an einem Volk wie diesem?
9Ich muss über die Berge weinen und heulen und über die Weidegründe in der Steppe klagen; denn sie sind verödet, dass niemand hindurchzieht und man auch kein Vieh blöken hört. Die Vögel des Himmels und das Vieh sind geflohen und fort. 10Und ich will Jerusalem zu Steinhaufen und zur Wohnung der Schakale machen und will die Städte Judas zur Wüste machen, dass niemand darin wohnen soll.
11Wer ist nun weise, dass er dies verstünde, und zu wem spricht des HERRN Mund, dass er verkündete, warum das Land verdirbt und öde wird wie eine Wüste, die niemand durchwandert? 12Und der HERR sprach: Weil sie mein Gesetz verlassen, das ich ihnen vorgelegt habe, und meinen Worten nicht gehorchen, auch nicht danach leben, 13sondern folgen ihrem verstockten Herzen und den Baalen, wie ihre Väter sie gelehrt haben, 14darum spricht der HERR Zebaoth, der Gott Israels: Siehe, ich will dies Volk mit Wermut speisen und mit Gift tränken. 15Ich will sie unter Völker zerstreuen, die weder sie noch ihre Väter gekannt haben, und will das Schwert hinter ihnen her schicken, bis es aus ist mit ihnen.
16So spricht der HERR Zebaoth: Gebt Acht und bestellt Klageweiber, dass sie kommen, und schickt nach denen, die klagen können, 17dass sie herbeieilen und um uns klagen, dass unsre Augen von Tränen rinnen und unsre Augenlider von Wasser fließen. 18Horch, man hört ein Klagegeschrei in Zion: Ach, wie hat man uns Gewalt angetan und wie sind wir zuschanden geworden! Wir müssen das Land räumen; denn sie haben unsre Wohnungen geschleift.
19Ja, höret, ihr Frauen, des HERRN Wort, und nehmt zu Ohren die Rede seines Mundes! Lehrt eure Töchter klagen, und eine lehre die andere dies Klagelied: 20»Der Tod ist zu unsern Fenstern hereingestiegen und in unsere Häuser gekommen. Er würgt die Kinder auf der Gasse und die jungen Männer auf den Plätzen.« 21So spricht der HERR: Die Leichen der Menschen sollen liegen wie Dung auf dem Felde und wie Garben hinter dem Schnitter, die niemand sammelt.
Das rechte Rühmen
22So spricht der HERR: Ein Weiser rühme sich nicht seiner Weisheit, ein Starker rühme sich nicht seiner Stärke, ein Reicher rühme sich nicht seines Reichtums. 23Sondern wer sich rühmen will, der rühme sich dessen, dass er klug sei und mich kenne, dass ich der HERR bin, der Barmherzigkeit, Recht und Gerechtigkeit übt auf Erden; denn solches gefällt mir, spricht der HERR.
Israel ein unbeschnittenes Volk
24Siehe, es kommt die Zeit, spricht der HERR, dass ich heimsuchen werde alle, die an der Vorhaut beschnitten sind, 25nämlich Ägypten, Juda, Edom, die Ammoniter, Moab und alle, die das Haar rundherum abscheren, die in der Wüste wohnen. Denn alle Heiden sind nur unbeschnitten, aber ganz Israel hat ein unbeschnittenes Herz.