»Zeig, was du kannst!«
1Danach zog Jesus weiter durch Galiläa. In Judäa wollte er sich nicht aufhalten, weil die führenden Männer der Juden dort seinen Tod beschlossen hatten. 2Kurz vor dem jüdischen Laubhüttenfest aber 3forderten ihn seine Brüder auf, mit ihnen nach Judäa zu gehen: »Komm mit und zeig deinen Anhängern dort, welche Wunder du tun kannst! 4Kein Mensch versteckt sich, wenn er bekannt werden will. Wenn du schon Wunder vollbringst, dann tu es vor aller Welt!« 5So konnten seine Brüder nur reden, weil auch sie nicht an ihn glaubten.
6Jesus antwortete ihnen: »Jetzt kann ich noch nicht dorthin gehen, weil meine Zeit noch nicht gekommen ist. Ihr könnt gehen und tun, was ihr wollt. 7Denn die Welt hat ja keinen Grund, euch zu hassen. Aber mich hasst sie, weil ich ihr böses Tun beim Namen nenne. 8Geht ihr nur zum Fest! Ich komme diesmal nicht mit. Denn die Zeit zum Handeln ist für mich noch nicht da.« 9Das sagte er zu seinen Brüdern und blieb in Galiläa.
Jesus auf dem Laubhüttenfest in Jerusalem
10Nachdem seine Brüder nach Jerusalem gereist waren, ging auch Jesus dorthin, allerdings heimlich und ohne öffentlich in Erscheinung zu treten. 11Die führenden Männer des jüdischen Volkes suchten ihn während des Festes und fragten überall: »Wo ist denn dieser Jesus?« 12Auch unter den Festbesuchern wurde viel über ihn gesprochen. Einige hielten ihn für einen guten Menschen, andere wieder behaupteten: »Er verführt das Volk!« 13Aber keiner hatte den Mut, frei und offen seine Meinung über ihn zu sagen. Alle fürchteten sich vor den führenden Männern.
14Als die Festwoche zur Hälfte vorüber war, ging Jesus in den Tempel und lehrte dort öffentlich. 15Die Juden staunten: »Wie kann jemand so viel aus der Heiligen Schrift wissen, obwohl er nicht darin unterrichtet worden ist?«
16Jesus erwiderte auf ihre Frage: »Was ich euch sage, sind nicht meine eigenen Gedanken. Es sind die Worte Gottes, der mich gesandt hat. 17Wer bereit ist, Gottes Willen zu tun, der wird erkennen, ob diese Worte von Gott kommen oder ob es meine eigenen Gedanken sind.
18Wer seine eigene Lehre verbreitet, dem geht es um das eigene Ansehen. Wer aber Anerkennung und Ehre für den sucht, der ihn gesandt hat, der ist vertrauenswürdig und hegt keine falschen Absichten. 19Mose hat euch doch das Gesetz gegeben, aber keiner von euch lebt danach! Mit welchem Recht also wollt ihr mich töten?«
20Da empörte sich die Menge: »Du bist ja besessen! Wer will dich denn umbringen?« 21Jesus entgegnete: »Ihr ärgert euch darüber, dass ich hier am Sabbat einen Menschen geheilt habe! 22Mose hat angeordnet, dass eure Kinder am achten Tag beschnitten werden sollen. Genau genommen geht die Beschneidung gar nicht auf Mose zurück, sondern schon auf die Stammväter. Auch eure Söhne werden am achten Tag beschnitten, selbst wenn es ein Sabbat ist. 23Wenn ein Mensch am Sabbat an einem Teil seines Körpers beschnitten werden darf, um das Gesetz von Mose nicht zu brechen, warum seid ihr dann so erbittert darüber, dass ich einen Menschen am Sabbat am ganzen Körper gesund gemacht habe? 24Richtet nicht nach dem äußeren Schein, sondern urteilt gerecht!«
Jesus im Widerstreit der Meinungen
25Da meinten einige Leute von Jerusalem: »Ist das nicht der Mann, den sie töten wollen? 26Jetzt redet er hier in aller Öffentlichkeit, und keiner verbietet es ihm. Sollte der Hohe Rat etwa tatsächlich davon überzeugt sein, dass er der Christus ist, der von Gott versprochene Retter? 27Aber er kann es doch gar nicht sein! Schließlich kennen wir seine Herkunft. Wenn der Christus kommt, wird niemand wissen, woher er stammt.«
28Darauf rief Jesus, der noch immer im Tempel lehrte, den Menschen zu: »Kennt ihr mich wirklich und wisst ihr, woher ich komme? Ich bin nicht in meinem eigenen Auftrag gekommen. Der mich gesandt hat, ist wahrhaftig und zuverlässig. Ihr kennt ihn nicht, 29aber ich kenne ihn, weil ich von ihm komme und er mich gesandt hat.«
30Nach diesen Worten hätten sie ihn am liebsten festgenommen; doch keiner wagte es, gegen ihn vorzugehen. Denn seine Zeit war noch nicht gekommen. 31Viele seiner Zuhörer im Tempel aber begannen, an Jesus zu glauben, und sagten: »Der Christus kann wohl kaum mehr Wunder vollbringen als dieser Mann hier!«
32Als die Pharisäer hörten, dass die Leute so über Jesus redeten, beschlossen sie zusammen mit den führenden Priestern, Jesus verhaften zu lassen. Dazu schickten sie einige Männer der Tempelwache los. 33Währenddessen sagte Jesus zu der Volksmenge: »Ich bleibe nur noch kurze Zeit bei euch. Danach kehre ich zu dem zurück, der mich gesandt hat. 34Ihr werdet mich suchen, aber nicht finden. Wo ich dann sein werde, könnt ihr nicht hinkommen.«
35»Wo will er denn hin?«, fragten sich die führenden Juden verwirrt. »Will er etwa außer Landes gehen und den anderen Völkern seine Lehre bringen? 36Was meint er, wenn er sagt: ›Ihr werdet mich suchen und nicht finden‹ und: ›Wo ich dann sein werde, könnt ihr nicht hinkommen‹?«
Leben spendendes Wasser
37Am letzten Tag, dem Höhepunkt der Festwoche, trat Jesus wieder vor die Menschenmenge und rief laut: »Wer Durst hat, der soll zu mir kommen und trinken! 38Wer an mich glaubt, wird erfahren, was die Heilige Schrift sagt: Von seinem Inneren wird Leben spendendes Wasser ausgehen wie ein starker Strom.«
39Damit meinte er den Heiligen Geist, den alle bekommen würden, die an Jesus glauben. Den Geist bekamen sie erst, nachdem Jesus in Gottes Herrlichkeit zurückgekehrt war.
40Nach diesen Worten waren einige davon überzeugt: »Er ist wirklich der Prophet, den Mose uns angekündigt hat.« 41Andere wieder sagten: »Nein, er ist der Christus, der von Gott gesandte Retter!« Eine dritte Gruppe meinte: »Das kann gar nicht sein! Er kommt doch aus Galiläa, 42und in der Heiligen Schrift heißt es schließlich, der Christus soll von David abstammen und wie David aus Bethlehem kommen.«
43So waren die Meinungen über Jesus sehr geteilt. 44Einige hätten ihn gern festgenommen; aber keiner wagte es, gegen ihn vorzugehen.
Nikodemus spricht für Jesus
45So kehrte die Tempelwache zu den obersten Priestern und den Pharisäern zurück, ohne Jesus festgenommen zu haben. »Weshalb bringt ihr ihn nicht mit?«, stellten sie die Soldaten zur Rede. 46Die Soldaten verteidigten sich: »Noch nie hat ein Mensch so geredet wie dieser Mann!« 47Da wurden die Pharisäer ärgerlich: »Habt ihr euch also auch von ihm beschwatzen lassen? 48Gibt es etwa unter uns Pharisäern oder Mitgliedern des Hohen Rates auch nur einen Einzigen, der diesem Menschen glaubt? 49Nur dieses verfluchte Volk läuft ihm nach, das keine Ahnung vom Gesetz hat.«
50Doch Nikodemus, der auch zu den Pharisäern gehörte und Jesus früher einmal aufgesucht hatte, widersprach ihnen: 51»Seit wann verurteilt denn unser Gesetz einen Menschen, ehe man ihn verhört und ihm seine Schuld nachgewiesen hat?« 52Da fragten ihn die anderen Pharisäer: »Bist du etwa auch aus Galiläa? Du brauchst nur in der Heiligen Schrift nachzulesen. Dann weißt du: Kein Prophet kommt aus Galiläa!«
53Danach gingen sie alle nach Hause.