Tobits Gebet: »Mach meinem Leben ein Ende!«
1Ich wurde sehr traurig und weinte laut. Ich betete zu Gott und mein Gebet war von vielen Seufzern begleitet.
2»Herr«, sagte ich, »du bist gerecht, und alles, was du tust, ist gerecht. Stets handelst du nach deiner Barmherzigkeit und Treue. Du bist ja der Richter der ganzen Welt.
3Wende dich nicht von mir ab, sondern blicke freundlich auf mich! Strafe mich nicht für meine Verfehlungen und Sünden und auch nicht für die Sünden meiner Vorfahren, 4die deinen Geboten nicht gehorcht haben. Du hast uns dafür der Plünderung, der Verbannung, dem Tod ausgeliefert; Hohn und Spott müssen wir erdulden bei den Völkern, unter die du uns zerstreut hast.
5Auch die schweren Schläge, die mich jetzt treffen, sind gerecht. Ich habe sie verdient mit meinen Verfehlungen und mit denen meiner Vorfahren; denn wir sind dir nicht treu geblieben und haben deine Gebote nicht befolgt.
6Aber jetzt erweise mir die Gnade und mach meinem Leben ein Ende! Lass mich nicht länger auf dieser Erde leben; lass mich wieder zu Erde werden. Ich möchte lieber tot sein als weiterleben, nachdem ich solche unverdienten Vorwürfe anhören musste. Mein Leid ist unermesslich! Ach Herr, befiehl doch, dass ich von diesem Elend erlöst werde. Gib, dass ich zur ewigen Ruhe gelange. Wende dich nicht von mir ab, Herr! Ich möchte lieber tot sein, als in diesem Elend leben und solche Schmähungen hören.«
Schweres Leid auch für die junge Sara
7Am selben Tag musste auch Sara, die Tochter Raguëls in der Stadt Ekbatana in Medien, solche Vorwürfe hören – von einer der Dienerinnen ihres Vaters. 8Sie war nämlich schon sieben Männern nacheinander zur Ehe gegeben worden; aber der böse Geist Aschmodai hatte alle sieben in der Hochzeitsnacht getötet, bevor sie die Ehe mit ihr vollziehen konnten.
»Du bringst alle deine Männer um«, warf die Dienerin Sara vor. »Sieben bist du schon zur Frau gegeben worden und von keinem trägst du den Namen. 9Warum schlägst du uns dafür, dass sie gestorben sind? Folg ihnen doch nach, damit wir es nicht erleben müssen, dass du auch noch einen Sohn oder eine Tochter in die Welt setzt!«
10Sara brach in Tränen aus und flüchtete sich ins Obergemach des Hauses. Sie war so tief verletzt, dass sie sich erhängen wollte. Aber dann besann sie sich und dachte: »Die Leute werden meinen Vater dafür verantwortlich machen und zu ihm sagen: ›Eine einzige Tochter hast du gehabt, an der dein Herz hing, und die hat sich aus Verzweiflung aufgehängt!‹ Dann werde ich schuld sein, wenn mein alter Vater vor Kummer stirbt. Ich will mich lieber nicht umbringen, sondern den Herrn bitten, dass er mich sterben lässt und ich nicht mehr solche Schmähungen anhören muss.«
Saras Gebet: »Mach meinem Leben ein Ende!«
11Sie wandte sich zum Fenster, das in Richtung Jerusalem lag, breitete ihre Hände zum Gebet aus und sagte: »Gepriesen seist du, gütiger Gott; gepriesen sei dein Name in alle Ewigkeit! Alles, was du geschaffen hast, muss dich ewig rühmen!
12Ich blicke Hilfe suchend zu dir empor und bitte dich: 13Befiehl doch, dass ich von diesem Leben erlöst werde und keine Schmähungen mehr hören muss!
14Du weißt, dass ich noch eine unberührte Jungfrau bin 15und dass ich meinen Namen und den Namen meines Vaters hier in der Fremde vor Schande bewahrt habe.
Ich bin das einzige Kind meines Vaters, er hat außer mir keinen Erben; und es gibt in der ganzen Verwandtschaft niemand mehr, der mich heiraten kann und für den ich mein Leben erhalten müsste.
Sieben Männer habe ich verloren; warum soll ich noch länger leben? Wenn du mich aber nicht sterben lassen willst, Herr, dann hilf mir doch aus dieser Schande!«
Gott bereitet die Rettung vor
16Die Gebete der beiden drangen bis zum Thron Gottes und Gott erhörte sie sogleich. 17Er sandte seinen Engel Rafaël, um die beiden aus ihrer Not zu retten. Der Engel sollte Tobit heilen, damit er mit seinen Augen wieder das von Gott geschaffene Licht sehen könnte. Und Sara sollte er dem jungen Tobias zur Frau geben und sie aus der Gewalt des bösen Geistes Aschmodai befreien. Denn es war so bestimmt, dass Tobias und kein anderer sie zur Frau bekommen sollte.
Zu eben der Zeit, als Sara vom Obergemach in die Wohnung ihrer Eltern hinabstieg, trat auch Tobit aus dem Hof in sein Haus.