Die Mächtigen fragen nicht nach Gottes Willen ...
1Warum setzt Gott nicht einfach Tage fest,
dass seine Treuen sehn, wie er Gericht hält?
2Die Mächtigen verrücken Feldergrenzen;
den kleinen Leuten stehlen sie die Herden
und treiben sie auf ihre eigene Weide.
3Das Rind der Witwe nehmen sie als Pfand,
den Waisen rauben sie den letzten Esel.
4Die Armen werden aus dem Weg gestoßen,
sie fliehn vor Furcht und müssen sich verstecken.
5Wie wilde Esel in der dürren Steppe
gehn sie bei Morgengrauen an die Arbeit.
Für ihre Kinder suchen sie nach Nahrung,
die in der Steppe doch nur kärglich wächst.
6Sie sammeln Reste auf dem Feld des Reichen,
in seinem Weinberg suchen sie nach Beeren.
7Nackt müssen sie im Freien übernachten
und keine Decke schützt sie vor der Kälte.
8Im Bergland triefen sie von Regennässe
und drücken sich zum Schutz dicht an die Felsen.
9Der Witwe nimmt man ihren Säugling fort,
den Schuldnern pfändet man sogar den Mantel.
10Die Armen müssen ohne Kleidung gehn;
sie hungern, weil sie nichts zu essen haben,
selbst wenn sie für die Reichen Garben tragen.
11Im Garten pressen sie Oliven aus,
sie keltern Wein und müssen durstig bleiben.
12Die armen Stadtbewohner klagen laut,
das Röcheln der Verletzten schreit zum Himmel,
doch Gott beachtet all den Wahnsinn nicht!
13Die Bösen hassen jede Art von Licht;
drum wissen sie auch nichts von Gottes Wegen
und fragen nicht danach, was ihm gefällt.
14Im Morgengrauen steht der Mörder auf
und bringt den Armen um, der schutzlos ist.
Bei Nacht bricht er in Häuser ein und stiehlt.
15Der Ehebrecher wartet bis zum Abend
und bindet sich die Maske vors Gesicht,
damit kein Auge ihn erkennen kann.
16Im Dunkeln raubt der Dieb die Häuser aus.
Bei Tage schließen sie sich alle ein,
weil sie vom hellen Licht nichts wissen wollen.
17Ihr Tag beginnt erst, wenn es dunkel wird,
und keine Finsternis kann sie erschrecken.
... aber Gott wird sie vernichten
18Der Böse wird von Fluten fortgeschwemmt,
sein Grund und Boden ist von Gott verflucht
und auch zum Weinberg geht er niemals wieder.
19Die Sonnenhitze lässt den Schnee verschwinden,
der ausgedörrte Boden schluckt das Wasser.
Genauso schluckt die Totenwelt den Sünder.
20Selbst seine Mutter denkt nicht mehr an ihn;
er ist ein fettes Fressen für die Würmer.
Aus der Erinnerung ist er verschwunden;
der Böse wurde wie ein Baum gefällt.
Das ist die Strafe für sein schlimmes Unrecht:
21Die kinderlose Frau hat er misshandelt,
der Witwe keine Freundlichkeit erwiesen.
22Die Mächtigen rafft Gottes Macht hinweg;
erhebt er sich, verzweifeln sie am Leben.
23Gott wiegt sie anfangs nur in Sicherheit,
doch achtet er genau auf ihre Taten.
24Sie werden groß, doch nur für kurze Zeit;
dann schrumpfen sie wie eine Blütendolde
und werden abgeschnitten wie die Ähre.
25So ist es! Was ich sage, ist die Wahrheit.
Kann einer mir das Gegenteil beweisen?«