Jakobs Trennung von Laban: 31,1–32,1
1Er hörte aber, dass die Söhne Labans sagten: Jakob hat alles, was unserem Vater gehört, weggenommen; auf Kosten unseres Vaters hat er sich so bereichert. 2Jakob sah an Labans Gesicht: Er war ihm nicht mehr zugetan wie gestern und vorgestern. 3Da sagte der HERR zu Jakob: Kehr zurück in das Land deiner Väter und zu deiner Verwandtschaft! Ich werde mit dir sein. 4Jakob ließ Rahel und Lea auf das Feld zu seiner Herde rufen 5und sagte zu ihnen: Ich sehe am Gesicht eures Vaters, dass er mir nicht mehr zugetan ist wie gestern und vorgestern. Aber der Gott meines Vaters war mit mir. 6Ihr wisst, dass ich mit allen Kräften eurem Vater gedient habe. 7Aber euer Vater hat mich hintergangen und meinen Lohn zehnmal geändert; Gott aber hat ihm nicht erlaubt, mich zu schädigen. 8Sagte er, die Gesprenkelten sollen dein Lohn sein, dann warfen alle Tiere gesprenkelte Junge; sagte er, die Gestreiften sollen dein Lohn sein, dann warfen alle Tiere gestreifte Junge. 9Gott hat eurem Vater den Viehbestand entzogen und ihn mir gegeben. 10Zur Zeit, da die Tiere brünstig waren, erhob ich meine Augen und hatte einen Traum: Siehe, gestreifte, gesprenkelte und gefleckte Böcke besprangen die Tiere. 11Der Engel Gottes sprach im Traum zu mir: Jakob! Ich antwortete: Hier bin ich. 12Dann sprach er: Erhebe doch deine Augen und schau hin: Alle Böcke, welche die Tiere bespringen, sind gestreift, gesprenkelt oder gefleckt. Ich habe nämlich alles gesehen, was dir Laban antut. 13Ich bin der Gott von Bet-El, wo du das Steinmal gesalbt und mir ein Gelübde gemacht hast. Jetzt steh auf, zieh fort aus diesem Land und kehr in das Land deiner Verwandtschaft zurück! 14Rahel und Lea antworteten und sagten ihm: Haben wir noch Anteil oder Erbe im Haus unseres Vaters? 15Gelten wir ihm nicht wie Fremde? Er hat uns ja verkauft und sogar unser Geld restlos aufgezehrt. 16Ja, der ganze Reichtum, den Gott unserem Vater entrissen hat - uns gehört er und unseren Söhnen. Jetzt tu alles, was Gott dir gesagt hat. 17Da machte sich Jakob auf, hob seine Söhne und Frauen auf die Kamele 18und führte sein ganzes Vieh fort, seinen ganzen Besitz an Vieh, den er in Paddan-Aram erworben hatte, um zu seinem Vater Isaak nach Kanaan zurückzukehren.
19Laban war weggegangen, um seine Schafe zu scheren; da stahl Rahel die Götterbilder ihres Vaters 20und Jakob überlistete den Aramäer Laban: Er verriet ihm nicht, dass er fliehen wollte. 21Er floh mit allem, was ihm gehörte. Er machte sich auf, überquerte den Strom und wandte sein Gesicht dem Gebirge von Gilead zu. 22Am dritten Tag meldete man Laban, Jakob sei geflohen. 23Da nahm er seine Brüder mit sich, jagte ihm sieben Tage lang nach und kam ihm im Gebirge von Gilead ganz nahe. 24Gott aber kam in einem nächtlichen Traum zum Aramäer Laban und sprach zu ihm: Hüte dich, Jakob auch nur das Geringste vorzuwerfen!
25Laban holte Jakob ein, als dieser gerade im Gebirge sein Zelt aufgeschlagen hatte. Da schlug auch Laban mit seinen Brüdern im Gebirge von Gilead die Zelte auf. 26Laban sagte nun zu Jakob: Was hast du getan? Du hast mich überlistet und meine Töchter wie Kriegsgefangene weggeführt. 27Warum bist du heimlich geflohen, hast mich bestohlen und mir nichts gesagt? Ich hätte dich gern mit einem Freudenfest, mit Gesang, Pauken und Leiern entlassen. 28Du hast mir aber nicht einmal gestattet, meine Söhne und Töchter zu küssen. Jetzt hast du töricht gehandelt. 29Es stünde in meiner Macht, euch Schlimmes anzutun; aber der Gott eures Vaters hat mir gestern Nacht gesagt: Hüte dich, Jakob auch nur das Geringste vorzuwerfen! 30Nun bist du fortgezogen, weil du Heimweh hattest nach deinem Vaterhaus. Aber warum hast du meine Götter gestohlen? 31Jakob antwortete und sagte zu Laban: Ja, ich fürchtete mich, denn ich meinte, du könntest mir deine Töchter wegnehmen. 32Bei wem du aber deine Götter findest, der soll nicht am Leben bleiben. In Gegenwart unserer Brüder durchsuche, was ich habe, und nimm, was dein ist! Jakob wusste nicht, dass Rahel sie gestohlen hatte.
33Laban betrat das Zelt Jakobs, das Zelt der Lea und das der beiden Mägde, fand aber nichts. Vom Zelt der Lea ging er in das Zelt Rahels. 34Rahel hatte die Götterbilder genommen, sie in die Satteltasche des Kamels gelegt und sich daraufgesetzt. Laban durchstöberte das ganze Zelt, fand aber nichts. 35Sie aber sagte zu ihrem Vater: Zürne nicht, mein Herr! Ich kann vor dir nicht aufstehen, es geht mir gerade, wie es eben Frauen ergeht. Er suchte weiter, die Götterbilder aber fand er nicht.
36Da wurde Jakob zornig und begann mit Laban zu streiten. Jakob ergriff das Wort und sagte zu Laban: Was habe ich verbrochen, was habe ich Unrechtes getan, dass du mir nachhetzt? 37Alle meine Sachen hast du durchstöbert. Was hast du gefunden an Sachen, die zu deinem Haus gehören? Leg sie her vor meine und deine Brüder und sie sollen zwischen uns beiden entscheiden. 38Schon zwanzig Jahre bin ich bei dir. Deine Mutterschafe und Ziegen hatten keinen Fehlwurf. Die Böcke deiner Herde habe ich nicht aufgezehrt. 39Gerissenes Vieh habe ich dir nicht gebracht; ich habe es selbst ersetzt. Aus meiner Hand hast du gefordert, was mir bei Tag oder Nacht gestohlen wurde. 40So ging es mir: Bei Tag fraß mich die Hitze, der Frost bei Nacht und der Schlaf floh meine Augen. 41Schon zwanzig Jahre diene ich in deinem Haus, vierzehn Jahre um deine beiden Töchter und sechs Jahre um dein Vieh. Du aber hast meinen Lohn zehnmal geändert. 42Wäre nicht der Gott meines Vaters, der Gott Abrahams und der Schrecken Isaaks, für mich eingetreten, dann hättest du mich jetzt mit leeren Händen weggeschickt. Doch Gott hat mein Elend und die Mühe meiner Hände gesehen und gestern Nacht hat er entschieden. 43Laban antwortete und sprach zu Jakob: Die Töchter sind meine Töchter und die Söhne sind meine Söhne und das Vieh ist mein Vieh und alles, was du siehst, gehört mir. Was kann ich heute für meine Töchter tun oder für ihre Söhne, die sie geboren haben? 44Jetzt aber komm, wir wollen einen Bund schließen, ich und du. Er soll zwischen mir und dir Zeuge sein. 45Da nahm Jakob einen Stein und richtete ihn als Steinmal auf. 46Jakob sagte zu seinen Brüdern: Tragt Steine zusammen! Da holten sie Steine und legten einen Steinhügel an. Dort auf dem Steinhügel aßen sie. 47Laban nannte ihn Jegar-Sahaduta und Jakob nannte ihn Gal-Ed. 48Dieser Steinhügel, sagte Laban, soll heute Zeuge sein zwischen mir und dir. Darum gab er ihm den Namen Gal-Ed - Zeugenhügel - 49und Mizpa - Spähort - , weil er sagte: Der HERR sei Späher zwischen mir und dir, wenn wir voneinander nichts mehr wissen. 50Solltest du meine Töchter unterdrücken oder dir außer meinen Töchtern noch andere Frauen nehmen - auch wenn kein Mensch bei uns ist: Sieh, Gott ist Zeuge zwischen mir und dir. 51Weiter sagte Laban zu Jakob: Siehe, dieser Steinhügel, siehe, dieses Steinmal, das ich zwischen mir und dir errichtet habe - 52Zeuge sei dieser Steinhügel. Zeuge sei dieses Steinmal: Nie will ich diesen Steinhügel zu dir hin überschreiten und nie sollst du diesen Steinhügel oder dieses Steinmal in böser Absicht zu mir hin überschreiten. 53Der Gott Abrahams und der Gott Nahors, der Gott unserer Väter, seien Richter zwischen uns. Da leistete Jakob einen Eid beim Schrecken seines Vaters Isaak. 54Dann brachte Jakob auf dem Berg ein Schlachtopfer dar und lud seine Brüder ein, Mahl zu halten. Sie aßen und verbrachten die Nacht auf dem Berg.