DER BRIEF DES JEREMIA: 6,1–72
Ein Wort aus Jerusalem an die Verbannten:
Abschrift eines Briefes, den Jeremia an jene gesandt hat, die vom König der Babylonier als Gefangene nach Babel weggeführt werden sollten; darin teilte er ihnen mit, was Gott ihm aufgetragen hatte.
Versuchung zum Bilderkult: 6,1–6
1Wegen der Sünden, die ihr gegen Gott begangen habt, werdet ihr von Nebukadnezzar, dem König der Babylonier, als Gefangene nach Babel geführt. 2Seid ihr dann nach Babel gekommen, so müsst ihr dort viele Jahre bleiben, für lange Zeit, bis zu sieben Generationen; danach führe ich euch von dort in Frieden wieder heraus. 3Nun werdet ihr in Babel Götter aus Silber, Gold und Holz sehen, die man auf den Schultern trägt und die den Völkern Furcht einflößen. 4Hütet euch dann, euch den Fremden anzugleichen und euch von Furcht vor diesen Göttern erfassen zu lassen, 5wenn ihr seht, wie die Menge sich vor und hinter ihnen niederwirft; sprecht vielmehr in Gedanken: Dir gebührt Anbetung, Herr! 6Denn mein Engel ist bei euch; er wird über euer Leben wachen.
Trügerischer Glanz: 6,7–14
7Ein Handwerker hat ihnen eine glatte Zunge angefertigt; sie selbst wurden mit Gold und Silber überzogen; doch sind sie Trug und können nicht reden. 8Wie für ein Mädchen, das Schmuck liebt, nimmt man Gold und fertigt Kronen für die Häupter ihrer Götter. 9Manchmal nehmen aber die Priester Gold und Silber heimlich von ihren Göttern weg und verwenden es für sich selber; sie geben davon auch den Huren in der Kammer. 10Man schmückt sie auch, die Götter aus Silber, Gold und Holz, mit Gewändern wie Menschen. Diese Götter werden aber nicht vor Rost und Fraß gerettet. 11Sie sind in Purpurgewänder gehüllt und doch muss man ihnen den Staub aus dem Gesicht wischen, der im Tempel aufwirbelt und sich dick auf sie legt. 12Sogar ein Zepter trägt ein solcher Gott, wie jemand, der das Land regiert, doch niemand töten kann, der sich gegen ihn verfehlt. 13Er hat in der Rechten einen Dolch oder eine Streitaxt, kann aber nicht einmal sich selbst vor Krieg oder Räubern retten. 14So zeigen sie deutlich, dass sie keine Götter sind. Fürchtet sie also nicht!
Leblose und nutzlose Götterbilder: 6,15–22
15Wie eines Menschen Gefäß, das zerbricht, unbrauchbar wird, so geht es auch mit ihren Göttern, die in ihren Tempeln aufgestellt sind: 16Ihre Augen sind voll vom Staub, den die Füße der Besucher hineintragen. 17Und wie die Höfe rings verschlossen sind, sobald jemand, der sich am König vergangen hat, zur Hinrichtung abgeführt werden soll, so sichern die Priester deren Tempel mit Türen, Riegeln und Querbalken, damit sie nicht von Räubern geplündert werden. 18Die Priester zünden Lichter an, mehr sogar als für sich selbst, doch die Götter können keines davon sehen. 19Es geht ihnen wie einem Balken am Tempel: Ihr Inneres wird, wie man sagt, zerfressen. Sie aber bemerken nicht die Würmer, die aus der Erde kommen und sie selbst samt ihren Gewändern aufzehren. 20Ihre Gesichter sind geschwärzt vom Rauch, der im Tempel aufsteigt. 21Auf ihrem Körper und auf ihrem Kopf lassen sich Fledermäuse, Schwalben und andere Vögel nieder, ebenso auch Katzen. 22Daran erkennt ihr, dass sie keine Götter sind. Fürchtet diese da also nicht!
Götterbilder, in den Schmutz gezogen: 6,23–28
23Sie sind mit Gold überzogen, damit sie schön aussehen; wenn aber niemand den Schmutz wegputzt, glänzen sie ganz und gar nicht. Nicht einmal, als sie gegossen wurden, spürten sie es. 24Jeden Preis zahlte man für sie, obwohl sie keinen Lebensatem besitzen. 25Da sie ihre Füße nicht gebrauchen können, werden sie auf den Schultern getragen und zeigen so den Menschen ihren eigenen Unwert. Sie beschämen auch ihre Diener; denn ein solcher Gott muss von ihnen aufgestellt werden, damit er nicht zu Boden fällt. 26Stellt man ihn aufrecht hin, so kann er sich selbst nicht bewegen; steht er schief, kann er sich nicht aufrichten. Vielmehr setzt man ihnen die Gaben vor wie den Toten. 27Aus ihren Opfern aber ziehen die Priester Nutzen, indem sie sie verkaufen. Nicht besser handeln ihre Frauen: Sie pökeln davon ein, aber einem Armen oder Schwachen geben sie nichts. Sogar Frauen mit Monatsblutungen und Wöchnerinnen berühren ihre Opfer. 28Daran erkennt ihr, dass sie keine Götter sind. Fürchtet sie also nicht!
Unwürdige Kulte und ohnmächtige Bilder: 6,29–39
29Wie könnte man sie Götter nennen, da doch sogar Frauen ihnen Gaben vorsetzen, diesen Göttern aus Silber, Gold und Holz? 30In ihren Tempeln fahren die Priester den Prozessionswagen, das Gewand zerrissen, Kopf und Bart geschoren und das Haupt entblößt. 31Sie heulen und schreien vor ihren Göttern wie andere beim Totenmahl. 32Von ihren Gewändern nehmen die Priester und kleiden damit ihre Frauen und Kinder.
33Ob jemand diesen Göttern Böses oder Gutes antut, sie sind nicht imstande, es zu vergelten. Einen König können sie weder einsetzen noch absetzen. 34Ebenso wenig können sie Reichtum oder auch nur Geld verschaffen. Hat ihnen jemand ein Gelübde gemacht, erfüllt es aber nicht, so können sie keine Rechenschaft fordern. 35Sie können keinen Menschen vom Tod erretten noch einen Schwachen dem Starken entreißen. 36Einen Blinden können sie nicht sehend machen, einen Bedrängten nicht befreien. 37Mit der Witwe haben sie kein Mitleid, dem Waisenkind helfen sie nicht. 38Den Steinen aus den Bergen gleichen die hölzernen, mit Gold und Silber überzogenen Götter. Wer diese da verehrt, wird beschämt. 39Wie kann einer da glauben oder behaupten, sie seien Götter?
Selbstbetrug im Kult der Götter: 6,40–44
40Ihrer Ehre schaden die Chaldäer sogar selbst. Sehen sie nämlich einen Stummen, der nicht sprechen kann, so bringen sie ihn zu Bel und bitten, dass er die Sprache erhalte, als ob Bel ihn auch nur wahrnehmen könnte. 41Und obwohl sie das wissen, bringen sie es doch nicht über sich, diese Götter da zu verlassen; sie haben ja keinen Verstand. 42Die Frauen aber sitzen, mit Schnüren umwunden, an den Wegen und lassen Kleie in Rauch aufgehen. 43Sobald nun eine von ihnen von einem Vorübergehenden mitgeschleppt worden ist und bei ihm gelegen hat, schmäht sie ihre Nachbarin, weil diese nicht gleich ihr für würdig befunden und ihre Schnur noch nicht zerrissen wurde. 44Was immer bei diesen Göttern geschieht, ist Trug. Wie kann einer da glauben oder behaupten, dass diese da Götter seien?
Nichts als Werke von Menschenhand:6,45–51
45Von Handwerkern und Goldschmieden sind sie verfertigt. Sie werden nichts anderes, als was sie nach dem Willen der Künstler werden sollten. 46Die sie machen, erreichen selbst kein hohes Alter; wie sollten da ihre Machwerke Götter sein? 47Nein, nur Trug und Schande hinterlassen sie ihren Nachkommen. 48Nähern sich nämlich Krieg und Unheil diesen Göttern da, dann beraten die Priester miteinander, wo sie sich mit ihnen verstecken können. 49Wie sollte man da nicht merken, dass sie keine Götter sind, da sie sich selbst weder vor Krieg noch vor Unheil retten können? 50Sie sind ja nur hölzerne, mit Gold und Silber überzogene Gebilde; man wird nach alldem erkennen, dass sie Trug sind. Allen Völkern und Königen wird es dann offenbar, dass jene keine Götter sind, sondern Werke von Menschenhand und dass ihnen keine göttliche Wirkkraft innewohnt. 51Wer sieht da nicht, dass sie keine Götter sind?
Macht- und schutzlose Götterbilder: 6,52–58
52Sie können weder einen König im Land einsetzen noch den Menschen Regen spenden. 53Sie halten nicht Gericht bei ihnen und befreien keinen, dem Unrecht geschah; denn sie sind machtlos wie die Krähen zwischen Himmel und Erde. 54Ergreift gar Feuer den Tempel der hölzernen, mit Gold und Silber überzogenen Götter, dann fliehen zwar ihre Priester und retten sich, sie selbst aber verbrennen darin wie die Balken. 55Keinem König und keinem Feind bieten sie Widerstand. 56Wie kann einer da annehmen oder glauben, dass sie Götter sind? 57Weder vor Dieben noch vor Räubern können sie sich retten, diese hölzernen, mit Silber und Gold überzogenen Götter. Jene sind stärker und nehmen ihnen das Gold und Silber ringsum ab, samt den Gewändern, die ihnen umgelegt sind, und machen sich damit fort, ohne dass die Götter auch nur sich selber helfen könnten. 58Besser ist darum ein König, der seine Mannhaftigkeit zeigt, besser ein nützliches Hausgerät, das der Besitzer brauchen kann, als solche trügerischen Götter; besser im Haus eine Tür, die das, was drinnen ist, schützt, als solche trügerischen Götter; besser im Königspalast eine hölzerne Säule als solche trügerischen Götter.
Himmlischen Kräften unterlegen: 6,59–64
59Sonne, Mond und Sterne, die bestellt sind, um als Leuchten zu nützen, gehorchen willig. 60Ebenso ist auch der Blitz, wenn er aufleuchtet, schön anzusehen. Genauso ist es beim Wind, der über das ganze Land weht. 61Wenn den Wolken von Gott befohlen wird, über die ganze Erde dahinzuziehen, so vollführen sie den Auftrag. Wird endlich das Feuer von oben ausgesandt, um Berge und Wälder zu verzehren, so tut es, was befohlen war. 62Alldem kommen aber diese Götter weder an Erscheinung gleich noch an Kraft. 63Daher kann man weder glauben noch behaupten, dass sie Götter sind; sie sind ja nicht imstande, Gericht zu halten oder den Menschen Gutes zu tun. 64Da ihr nun wisst, dass sie keine Götter sind, so fürchtet sie nicht!
Hilflose Götterbilder: 6,65–72
65Sie können den Königen weder fluchen noch sie segnen. 66Sie lassen bei den Völkern keine Zeichen am Himmel erscheinen. Sie können nicht strahlen wie die Sonne noch leuchten wie der Mond. 67Die Tiere sind besser daran als jene; denn sie können an einen schützenden Ort fliehen und sich selber helfen. 68So ist uns auf gar keine Weise sichtbar, dass sie Götter sind. Darum fürchtet sie nicht!
69Wie im Gurkenfeld eine Vogelscheuche, die nichts behütet, so sind ihre hölzernen, mit Gold und Silber überzogenen Götter. 70Ebenso gleichen sie einem Dornbusch im Garten, auf den sich Vögel jeder Art niederlassen; oder auch einem Toten, der ins Dunkel geworfen ist, gleichen diese hölzernen, mit Gold und Silber überzogenen Götter. 71Auch am Purpur und am Marmor, der an ihnen verrottet, erkennt ihr, dass sie keine Götter sind. Zuletzt werden sie selbst zerfressen und zum Gespött im Land.
72Besser ist also ein gerechter Mensch, der keine Götterbilder hat; denn er ist sicher vor dem Gespött.