Jonatan, Hohepriester, sein politisches Geschick in den seleukidischen Thronfolgewirren: 10,1–11,74
1Im Jahr 160 zog Alexander Epiphanes, der Sohn des Antiochus, gegen Ptolemaïs und eroberte es. Die Einwohner nahmen ihn auf und er trat dort die Herrschaft an. 2Als König Demetrius das hörte, sammelte er sehr viele Truppen und zog gegen ihn in den Kampf.
3An Jonatan schickte Demetrius einen Brief mit Friedensbeteuerungen und versprach ihm hohe Würden. 4Denn er dachte: Wir wollen schnell mit ihnen Frieden schließen, bevor er sich mit Alexander gegen uns verbündet. 5Sonst erinnert er sich nämlich an all das Böse, das wir ihm, seinen Brüdern und seinem Volk angetan haben. 6Er gab Jonatan die Vollmacht, Truppen auszuheben, Waffen anzuschaffen und sich Bundesgenosse des Königs zu nennen. Auch versprach er, die in der Burg von Jerusalem festgehaltenen Geiseln freizulassen.
7Jonatan kam nach Jerusalem und las den Brief der ganzen Bevölkerung und der Besatzung der Burg laut vor. 8Als sie hörten, dass er vom König die Vollmacht erhalten hatte, Truppen auszuheben, bekamen sie große Angst. 9Die Besatzung der Burg lieferte dem Jonatan die Geiseln aus und er gab sie ihren Eltern zurück. 10Jonatan ließ sich in Jerusalem nieder und begann in der Stadt mit Bauarbeiten und Ausbesserungen. 11Er gab den Handwerkern den Auftrag, den Berg Zion und die Stadtmauern mit Quadersteinen zu befestigen. Das führten sie auch aus.
12Darauf flohen die Fremden aus den Festungen, die Bakchides erbaut hatte. 13Sie machten sich alle davon und kehrten nach Hause zurück. 14Nur in Bet-Zur blieben von denen, die vom Gesetz und von den Geboten abgefallen waren, einige zurück; dort fanden sie nämlich Zuflucht.
15König Alexander erfuhr, was Demetrius Jonatan alles zugesichert hatte. Man berichtete ihm auch von den Kriegen und den Heldentaten Jonatans und seiner Brüder und von den zahlreichen Anstrengungen, die sie auf sich genommen hatten. 16Da sagte er: Können wir noch einmal solch einen Mann finden wie ihn? Wir wollen ihn jetzt zu unserem Freund und Verbündeten machen. 17Er schrieb also einen Brief und schickte ihn an Jonatan. Der Brief hatte folgenden Inhalt: 18König Alexander grüßt seinen Bruder Jonatan. 19Wir haben über dich gehört, dass du ein starker Held bist; du bist es wert, unser Freund zu sein. 20Darum ernennen wir dich heute zum Hohepriester über dein Volk; du darfst den Titel Freund des Königs führen. Halte zu uns und bewahre uns die Freundschaft! Zugleich übersandte er ihm den Purpurmantel und einen goldenen Kranz.
21Im siebten Monat des Jahres 160 legte Jonatan am Laubhüttenfest das heilige Gewand an. Er hob Truppen aus und verschaffte sich eine Menge Waffen.
22Als Demetrius davon hörte, traf es ihn hart. Er sagte: Was haben wir da gemacht! 23Alexander ist uns zuvorgekommen. Er hat die Freundschaft der Juden gewonnen, sodass sie ihn unterstützen. 24Doch auch ich will ihnen schreiben. Ich will ihnen Unterstützung zusagen und versprechen, sie auszuzeichnen und zu beschenken. Vielleicht werden sie mich dann unterstützen.
25Er schrieb ihnen also folgenden Brief: König Demetrius grüßt das Volk der Juden. 26Ihr habt die Verträge, die ihr mit uns geschlossen habt, gehalten, habt uns die Freundschaft bewahrt und euch nicht unseren Feinden angeschlossen. Wir haben es vernommen und uns darüber gefreut. 27Bleibt uns auch weiterhin treu! Wir werden euch das Gute vergelten, das ihr uns erweist. 28Wir werden euch viele Verpflichtungen erlassen und euch Geschenke machen. 29Von heute an erkläre ich euch für frei und erlasse allen Juden Tribute, Salzsteuer und Kranzsteuer. 30Von heute an verzichte ich für immer auf den dritten Teil der Erträge der Felder und auf die Hälfte der Erträge der Bäume, die mir zustehen sowohl aus dem Land Juda als auch aus den drei an Juda angeschlossenen Bezirken Samariens und Galiläas, vom heutigen Tag an und für alle Zeit. 31Jerusalem sei heilig und mit seiner Umgebung vom Zehnten und von Abgaben befreit. 32Ich verzichte auch auf die Befehlsgewalt über die Burg von Jerusalem und übergebe sie dem Hohepriester. Ich gestatte ihm, selbst die Männer auszuwählen, die er als Wache in die Burg legen will. 33In meinem ganzen Reich lasse ich alle Juden, die als Gefangene aus dem Land Juda verschleppt worden sind, ohne Lösegeld frei. Allen sollen die Steuern erlassen sein, auch die auf Nutztiere stehenden Abgaben. 34An allen Festen, Sabbaten, Neumonden und Feiertagen sowie drei Tage vor und nach einem Fest braucht kein Jude in meinem Reich Steuern oder Schulden zu bezahlen. 35Niemand soll einen von ihnen in irgendeiner Sache belangen oder belästigen dürfen. 36Bis zu dreißigtausend Juden sollen in das königliche Heer aufgenommen werden und den gleichen Sold erhalten wie alle anderen Soldaten des Königs. 37Sie sollen auch in den großen Festungen des Königs Dienst tun und dürfen Vertrauensstellungen im Reich einnehmen. Ihre Offiziere und Befehlshaber sind aus ihren eigenen Reihen zu wählen. Sie dürfen nach ihren eigenen Gesetzen leben, ganz so, wie es der König im Land Juda angeordnet hat. 38Die drei Bezirke, die von der Provinz Samarien abgetrennt und Judäa angeschlossen worden sind, sollen unter einer einzigen Verwaltung zu Judäa gehören und keiner anderen Hoheit als der des Hohepriesters unterstellt sein. 39Ptolemaïs und das angrenzende Gebiet vermache ich als Geschenk dem Tempel von Jerusalem; daraus soll der nötige Aufwand für den Tempeldienst bestritten werden.
40Auf eigene Rechnung will ich aus geeigneten Orten jährlich fünfzehntausend Silberschekel aufbringen. 41Alles, was die Behörden von den in den früheren Jahren üblichen Zuwendungen noch nicht bezahlt haben, sollen sie von nun an für die Arbeiten am Tempel zur Verfügung stellen. 42Auch die fünftausend Silberschekel, die bisher vom Jahresaufkommen des Tempels als Steuer erhoben wurden, werden erlassen und sollen den diensttuenden Priestern zukommen. 43Jeder, der sich in das Heiligtum von Jerusalem flüchtet oder in das zum Tempel gehörende Gebiet, wird mit seinem ganzen Besitz, den er in meinem Reich hat, von jeder Schuld dem König gegenüber und von jeder anderen geschäftlichen Verpflichtung frei sein. 44Die Kosten für die Arbeiten am Heiligtum, sowohl für Neubauten wie für Ausbesserungen, gehen ebenfalls zu Lasten des Königs, 45ebenso gehen die Kosten für den Bau der Mauern in Jerusalem und für die Stadtmauern, die es umgeben, auf die Rechnung des Königs, schließlich auch die Mauerbauten in Judäa.
46Als Jonatan und das Volk diese Versprechungen hörten, glaubten sie ihnen nicht und gingen nicht darauf ein; denn sie dachten an das große Unheil, das er in Israel angerichtet und in welche Not er sie gebracht hatte. 47Sie hielten zu Alexander, weil er ihnen zuerst Frieden angeboten hatte, und sie kämpften die ganze Zeit auf seiner Seite.
48König Alexander zog große Truppenmassen zusammen und schlug Demetrius gegenüber sein Lager auf. 49Die beiden Könige eröffneten den Kampf gegeneinander. Das Heer des Demetrius floh; Alexander setzte ihm nach und gewann die Oberhand. 50Er kämpfte hartnäckig, bis die Sonne unterging. An jenem Tag fand Demetrius den Tod.
51Alexander schickte Gesandte zu Ptolemäus, dem König von Ägypten, und ließ ihm Folgendes sagen: 52Ich bin in mein Reich zurückgekehrt, habe mich auf den Thron meiner Väter gesetzt und die Herrschaft angetreten. Ich habe Demetrius besiegt und unser Land in meine Gewalt gebracht. 53Ich habe mit ihm gekämpft; er wurde mit seinem Heer von uns vernichtend geschlagen. So haben wir uns auf den Thron seines Reiches gesetzt. 54Lasst uns nun miteinander Freundschaft schließen! Gib mir deine Tochter zur Frau, damit wir uns durch diese Heirat miteinander verschwägern! Ich werde dir und ihr Geschenke machen, die deiner würdig sind.
55König Ptolemäus antwortete: Welch glücklicher Tag, an dem du in das Land deiner Väter zurückgekehrt bist und dich auf den Thron ihres Reiches gesetzt hast. 56Ich will auf deinen Vorschlag eingehen. Doch komm mir bis Ptolemaïs entgegen, damit wir uns kennenlernen. Dann werde ich mich mit dir verschwägern, wie du gesagt hast.
57Ptolemäus verließ Ägypten und nahm seine Tochter Kleopatra mit sich. Im Jahr 162 kam er nach Ptolemaïs. 58Als König Alexander mit ihm zusammenkam, gab er ihm seine Tochter zur Frau. Er veranstaltete in Ptolemaïs eine glänzende Hochzeit für sie, wie es bei Königen üblich ist.
59König Alexander schrieb an Jonatan, er möge doch zu ihm kommen und sich mit ihm treffen. 60Da begab sich Jonatan mit glänzendem Gefolge nach Ptolemaïs und traf dort die beiden Könige. Er brachte ihnen und ihren Freunden Silber, Gold und viele Geschenke mit. So gewann er sie für sich. 61Aber ehrlose Männer aus Israel, Übertreter des Gesetzes, traten gemeinsam gegen ihn auf und klagten ihn an. Doch der König schenkte ihnen keine Beachtung. 62Vielmehr gab er die Anweisung, Jonatan anstelle der Gewänder, die er trug, mit Purpur zu bekleiden. Das geschah 63und der König ließ ihn neben sich Platz nehmen. Dann sagte er zu seinen höchsten Beamten: Nehmt ihn mit in die Stadt und gebt bekannt, dass niemand ihn in irgendeiner Sache anklagen darf; keiner darf ihm aus irgendeinem Grund Ungelegenheiten bereiten. 64Als die Ankläger sahen, dass er öffentlich geehrt wurde und mit Purpur bekleidet war, machten sie sich alle davon. 65Der König ließ Jonatan noch weitere Ehrungen zukommen: Er ließ ihn in das Verzeichnis seiner ersten Freunde aufnehmen und ernannte ihn zum Meridarchen und Statthalter. 66Darauf kehrte Jonatan in Frieden und voll Freude nach Jerusalem zurück.
67Im Jahr 165 kam Demetrius, der Sohn des Demetrius, aus Kreta in das Land seiner Väter. 68Als König Alexander das hörte, war er sehr bestürzt und kehrte nach Antiochia zurück. 69Demetrius übertrug Apollonius, dem Statthalter von Koilesyrien, die Befehlsgewalt. Dieser brachte ein großes Heer zusammen und schlug sein Lager bei Jamnia auf. Von dort schickte er dem Hohepriester Jonatan diese Botschaft:
70Nur du allein stellst dich gegen uns. Deinetwegen verlacht und verhöhnt man mich. Was für eine Macht maßt du dir an über uns in deinen Bergen? 71Wenn du dich auf deine Truppen verlassen kannst, dann komm doch herunter zu uns in die Ebene; dort wollen wir unsere Kräfte messen. Denn bei mir befinden sich die Truppen aus den Städten. 72Frag doch nach und erkundige dich, wer ich bin und wer die Leute sind, die auf meiner Seite stehen! Man wird dir sagen, dass ihr uns nicht standhalten könnt. Schon zweimal wurden deine Vorfahren in ihrem Land in die Flucht geschlagen. 73In der Ebene wirst du dich auch diesmal gegen die Reiterei und gegen eine solche Streitmacht nicht halten können; da gibt es nämlich keinen Stein und keinen Kiesel und auch keinen Schlupfwinkel, in den man fliehen kann.
74Als Jonatan die Worte des Apollonius vernahm, war er empört und rückte mit zehntausend Mann aus Jerusalem aus. Sein Bruder Simeon ging zu seiner Unterstützung mit. 75Vor Jafo schlug er sein Lager auf. Die Einwohner der Stadt verschlossen die Tore vor ihm; denn Apollonius hatte eine Besatzung nach Jafo gelegt. Als die Juden aber angriffen, 76bekamen die Einwohner Angst und übergaben die Stadt und Jonatan nahm Jafo in Besitz. 77Das erfuhr Apollonius, der mit dreitausend Reitern und einem großen Heer ein Lager bezogen hatte. Er zog auf Aschdod zu, als wolle er durch die Stadt ziehen. Zugleich rückte er in die Ebene vor, weil er sich auf seine starke Reiterei verließ. 78Jonatan aber setzte ihm nach bis vor Aschdod. Dort gerieten die Heere aneinander. 79Apollonius hatte tausend Reiter in einem Hinterhalt zurückgelassen. 80Jonatan bemerkte den Hinterhalt, aber die Reiter umzingelten sein Heer und schossen vom frühen Morgen bis zum Abend mit Pfeilen auf seine Leute. 81Aber die Männer hielten stand, wie Jonatan befohlen hatte, und die Pferde der Feinde wurden müde. 82Dann ließ Simeon seine Streitkräfte ausschwärmen und griff die feindlichen Fußtruppen an. Da die Reiterei erschöpft war, wurde das Heer von ihm aufgerieben und der Rest floh. 83Die Reiterei wurde über die ganze Ebene hin zersprengt und floh nach Aschdod; sie gingen in den Tempel Dagons, ihres Götzenbildes, um sich zu retten. 84Jonatan steckte Aschdod und die Nachbarorte in Brand und plünderte sie; er brannte auch den Tempel des Dagon nieder mit allen, die sich dorthin geflüchtet hatten. 85Es waren etwa achttausend Mann, die durch das Schwert oder im Feuer umkamen.
86Von dort brach Jonatan auf und schlug sein Lager bei Aschkelon auf. Die Einwohner kamen ihm in einem festlichen Zug aus der Stadt entgegen. 87Dann kehrten Jonatan und seine Leute mit großer Beute nach Jerusalem zurück.
88Als König Alexander davon hörte, erwies er ihm noch weitere Ehren. 89Er übersandte ihm eine goldene Spange, wie man sie Angehörigen der königlichen Familie zu verleihen pflegt; auch übergab er ihm die Stadt Ekron mit ihrem ganzen Gebiet zum Besitz.