Zehnte Lehrrede: Lass dich nicht verführen
1Mein Sohn, gib acht auf meine Worte
und bewahre meine Gebote wie einen Schatz!
2Halte meine Gebote! Dann wirst du leben!
Bewahre meine Weisung wie deinen Augapfel!
3Binde sie an deine Finger!
Schreib sie auf die Tafel, die du im Herzen trägst!
4Sag zur Weisheit: »Meine Schwester bist du!«
Sprich zur Einsicht: »Du bist mir vertraut!«
5So schützt du dich vor der fremden Frau,
vor der Fremden, die dich mit Schmeicheleien lockt.
6Eines Tages, so erzählt die Weisheit,
blickte ich aus dem Fenster meines Hauses.
Durch das Fenstergitter spähte ich hinaus.
7Auf der Straße sah ich eine Gruppe unerfahrener Leute.
Unter ihnen entdeckte ich einen jungen Mann.
Der hatte keinen Verstand.
8Er überquerte die Straße und bog um die Ecke,
auf dem Weg zum Haus der fremden Frau.
9Es war in der Dämmerung, am Ende des Tages,
als die Nacht anbrach und es dunkel wurde.
10Siehe, da kommt ihm eine Frau entgegen.
Sie ist wie eine Hure gekleidet
und trägt verborgene Absichten im Herzen.
11Sie ist ruhelos und erregt,
in ihrem Haus hält sie es nicht aus.
12Auf Straßen und Plätzen treibt sie sich herum
und lauert hinter jeder Ecke.
13Da erwischt sie den jungen Mann und küsst ihn.
Mit frecher Miene spricht sie ihn an:
14»Ich musste heute Gott ein Dankopfer bringen,
das ich ihm versprochen hatte.
15Deshalb verließ ich das Haus und ging dir entgegen.
Ich wollte dich suchen und habe dich gefunden.
16Auf meinem Bett habe ich Decken ausgebreitet,
bunte Tücher aus ägyptischem Leinen.
17Mit Parfüms habe ich mein Lager besprengt,
es duftet nach Myrrhe, Aloe und Zimt.
18Komm an meine Brust!
Wir wollen uns bis zum Morgen aneinander berauschen
und die Freuden der Liebe zusammen genießen!
19Denn mein Ehemann ist nicht zu Hause,
er ging auf eine weite Reise.
20Den Geldbeutel hat er mitgenommen,
vor Mitte des Monats kommt er nicht zurück.«
21So kann sie ihn schließlich überreden,
lockt ihn mit schmeichelhaften Worten ins Haus.
22Er geht mit ihr, auf der Stelle,
wie ein Ochse, der zur Schlachtung geht.
23Er merkt nicht einmal, dass sein Leben in Gefahr ist,
wie ein Vöglein, das dem Vogelfänger ins Netz geht.
Vielleicht könnte man auch sagen:
Der Dummkopf wurde in Fesseln seiner Strafe zugeführt,
bis ein Pfeil ihm die Leber durchbohrte.
24Ihr jungen Leute, hört also auf mich,
gebt acht auf das, was ich gesagt habe!
25Du sollst einer solchen Frau nicht nachlaufen.
Treib dich nicht auf ihren Wegen herum!
26Denn schon viele hat sie zur Strecke gebracht,
starke Männer, die sie alle getötet hat.
27In ihrem Haus gibt es Wege zur Unterwelt.
Sie führen hinab zu den Kammern des Todes.