Israel im Gebiet von Moab
Der Seher Bileam
Der König ruft um Hilfe
1Die Israeliten brachen auf
und lagerten in den Steppen von Moab.
Das war am Ostufer des Jordan, gegenüber von Jericho.
2Balak, der Sohn des Zippor, hatte alles gesehen,
was die Israeliten den Amoritern angetan hatten.
Er war zu dieser Zeit König von Moab.
3Die Moabiter fürchteten sich sehr vor dem Volk Israel,
weil es so groß war.
Die Moabiter verabscheuten die Israeliten
4und sagten zu den Ältesten der Midianiter:
»Dieser Haufen wird alles um uns herum fressen,
so wie ein Ochse die Weide kahl frisst!«
5Da schickte Balak Boten zu Bileam,
dem Sohn des Beor.
Der wohnte in Petor am Eufrat,
das im Heimatland von Bileam lag.
Die Boten sollten ihn um Hilfe bitten und ihm sagen:
»Ein Volk ist aus Ägypten hierhergekommen.
Sie besetzen wirklich schon das ganze Land,
so weit das Auge reicht.
Sie haben sich ganz in meiner Nähe niedergelassen.
6Bitte komm her! Verfluche dieses Volk für mich!
Denn es ist stärker als meines.
Vielleicht kann ich es dann besiegen
und aus dem Land vertreiben.
Denn ich weiß:
Wen du segnest, der ist gesegnet.
Und wen du verfluchst, der ist verflucht!«
7Die Ältesten von Moab und Midian
überbrachten Bileam die Botschaft von Balak.
Sie hatten Lose zum Wahrsagen dabei.
8Bileam sagte zu ihnen: Ȇbernachtet hier!
Morgen kann ich euch sagen,
was der Herr mir aufträgt.«
So blieben die führenden Männer von Moab bei Bileam.
9Gott kam zu Bileam und fragte ihn:
»Wer sind diese Männer bei dir?«
10Bileam antwortete Gott:
»Sie wurden von Balak geschickt,
dem Sohn des Zippor und König von Moab.
Er hat ausrichten lassen:
11Da ist ein Volk aus Ägypten gekommen.
Es besetzt schon das ganze Land,
so weit das Auge reicht.
Bitte komm her! Verfluche es für mich!
Vielleicht kann ich es dann im Kampf vertreiben.«
12Gott aber entgegnete Bileam:
»Du wirst nicht mit den Männern gehen!
Und du darfst das Volk nicht verfluchen,
denn ich habe es gesegnet!«
13Am nächsten Morgen stand Bileam auf
und sagte zu den Boten von Balak:
»Kehrt zurück in euer Land!
Der Herr erlaubt es mir nicht, mit euch zu gehen.«
14Die Ältesten von Moab kamen zu Balak zurück und sagten:
»Bileam hat sich geweigert, mit uns zu kommen.«
15Aber Balak schickte noch einmal Boten los.
Diesmal waren es noch mehr Männer,
und sie hatten noch größeres Ansehen.
16Als sie zu Bileam kamen, sagten sie zu ihm:
»So spricht Balak, der Sohn des Zippor:
Lass dich nicht davon abhalten, zu mir zu kommen!
17Ich will dich reich belohnen
und alles tun, was du von mir verlangst.
Komm jetzt und verfluche dieses Volk für mich!«
18Bileam antwortete den Dienern von Balak:
»Balak könnte mir alles Silber und Gold geben,
das er besitzt.
Trotzdem kann ich den Befehl
des Herrn, meines Gottes, nicht missachten.
Das gilt im Kleinen wie im Großen.
19Aber bleibt doch die Nacht über hier!
Dann werde ich wissen,
ob der Herr mir noch etwas sagt.«
20In der Nacht kam Gott zu Bileam und sagte zu ihm:
»Wenn die Männer wiedergekommen sind,
um dich zu rufen, dann geh ruhig mit ihnen.
Du darfst aber nur das tun, was ich dir sage!«
21Am nächsten Morgen stand Bileam auf.
Er sattelte seine Eselin
und ging mit den Ältesten von Moab mit.
Bileam und seine Eselin
22Gott geriet aber doch in Zorn darüber,
dass Bileam die Männer von Balak begleitete.
Darum stellte sich ihm ein Engel des Herrn
als Gegner in den Weg.
Bileam ritt auf seiner Eselin
und hatte zwei seiner Knechte dabei.
23Die Eselin sah den Engel des Herrn,
der mit gezogenem Schwert auf dem Weg stand.
Die Eselin wich vor ihm aus
und lief vom Weg aufs Feld.
Da schlug Bileam die Eselin,
um sie auf den Weg zurückzutreiben.
24Der Engel des Herrn aber ging zu einer Engstelle
zwischen den Mauern der Weinberge.
25Die Eselin sah den Engel des Herrn
und drängte sich an eine der Mauern.
Dabei klemmte sie Bileams Fuß an der Mauer ein,
und er schlug sie noch einmal.
26Der Engel des Herrn ging ein Stück weiter.
Er stellte sich an eine noch engere Stelle.
Dort konnte die Eselin nicht mehr ausweichen,
weder nach rechts noch nach links.
27Als die Eselin diesmal den Engel des Herrn sah,
legte sie sich unter Bileam einfach hin.
Bileam wurde wütend
und schlug die Eselin mit dem Stock.
28Da verlieh der Herr der Eselin die Fähigkeit zu sprechen,
und sie sagte zu Bileam: »Was habe ich dir getan,
dass du mich jetzt zum dritten Mal schlägst?«
29Bileam antwortete der Eselin:
»Nun, du hast mir übel mitgespielt.
Wenn ich ein Schwert in der Hand gehabt hätte,
dann hätte ich dich getötet.«
30Die Eselin sagte zu Bileam:
»Bin ich nicht deine Eselin,
auf der du schon dein Leben lang reitest?
Habe ich mich dir gegenüber jemals so verhalten?«
Er antwortete: »Nein!«
31Da öffnete der Herr Bileam die Augen,
und Bileam konnte den Engel des Herrn sehen.
Er stand mit gezogenem Schwert auf dem Weg.
Bileam verneigte sich und verbeugte sich bis zum Boden.
32Der Engel des Herrn fragte ihn:
»Warum hast du deine Eselin drei Mal geschlagen?
Ich selbst trete dir als Gegner entgegen,
weil du auf dem falschen Weg bist.
33Die Eselin hat mich gesehen
und ist mir drei Mal ausgewichen.
Wenn sie nicht ausgewichen wäre,
dann hätte ich dich getötet!
Aber die Eselin hätte ich am Leben gelassen.«
34Bileam sagte zu dem Engel des Herrn:
»Ich habe Unrecht begangen.
Ich habe nicht erkannt,
dass du selbst dich mir in den Weg gestellt hast.
Wenn ich in deinen Augen in die falsche Richtung gehe,
dann kehre ich sofort um.«
35Der Engel des Herrn entgegnete Bileam:
»Geh ruhig mit den Männern!
Aber du darfst ihnen nur das weitergeben,
was ich dir sage.«
So ging Bileam mit den Boten Balaks.
Balak tadelt Bileam für sein Zögern
36Balak erfuhr, dass Bileam zu ihm unterwegs war.
Da ging er ihm bis zu einer Stadt in Moab entgegen.
Sie lag in der Nähe des Arnon, an der Grenze zu Moab.
37Balak warf Bileam vor:
»Habe ich dich nicht dringend hierherrufen lassen?
Warum bist du nicht sofort zu mir gekommen?
Kann ich dich etwa nicht ausreichend belohnen?«
38Bileam entgegnete Balak:
»Ich bin doch zu dir gekommen.
Jetzt fragst du dich,
ob ich nicht einfach alles sagen kann.
Nein, ich kann nur das weitergeben,
was Gott mir in den Mund legt.«
39Darauf ging Bileam mit Balak nach Kirjat-Huzot.
40Dort brachte Balak Rinder und Schafe
als Schlachtopfer dar.
Das Fleisch ließ er Bileam und den Boten auftischen,
die bei ihm waren.
Der erste Segensspruch über Israel
41Am nächsten Morgen führte Balak
Bileam hinauf nach Bamot-Baal,
das heißt: auf die Höhe des Baal.
Von dort sah Bileam einen Teil des Volkes Israel,
das in den Steppen von Moab lagerte.