Die Bestrafung des Stammes Benjamin
Besuch beim Schwiegervater in Betlehem
1Damals gab es noch keinen König in Israel.
Zu dieser Zeit lebte ein Levit als Fremder
im Hinterland des Gebirges Efraim.
Er hatte sich eine Nebenfrau genommen,
die aus Betlehem in Juda stammte.
2Eines Tages ärgerte sich seine Nebenfrau über ihn,
sie ärgerte sich so sehr, dass sie ihm weglief.
Sie kehrte in ihr Vaterhaus zurück
nach Betlehem in Juda.
Dort blieb sie ganze vier Monate.
3Da machte sich ihr Mann auf den Weg zu ihr.
Er wollte sie dazu bewegen, zu ihm zurückzukommen.
Auf die Reise nahm er einen Knecht und zwei Esel mit.
Seine Frau führte ihn ins Haus ihres Vaters.
Als nun der Vater der jungen Frau ihn sah,
freute er sich und kam ihm entgegen.
4Sein Schwiegervater, der Vater der jungen Frau,
wollte ihn aber nicht gleich wieder gehen lassen.
So blieb der Levit drei Tage bei ihm.
Sie aßen, tranken und übernachteten dort.
5Am Morgen des vierten Tages standen sie früh auf,
um abzureisen.
Der Vater der jungen Frau sagte zum Schwiegersohn:
»Iss doch noch einen Bissen Brot!
Ihr könnt euch später auf den Weg machen.«
6So blieben sie noch.
Die beiden Männer aßen miteinander und tranken.
Dann sagte der Vater der jungen Frau zu dem Mann:
»Du willst doch nicht schon gehen?
Bleib über Nacht und lass es dir gut gehen!«
7Doch der Mann stand auf und wollte abreisen.
Sein Schwiegervater aber nötigte ihn zu bleiben.
So blieb er noch eine Nacht.
8Am Morgen des fünften Tages stand er früh auf,
um endlich abzureisen.
Da sagte sein Schwiegervater schon wieder:
»Iss doch noch etwas!«
Und sie ließen sich Zeit bis zum Nachmittag.
Die beiden Männer aßen wieder.
9Dann stand der Mann auf und wollte abreisen,
zusammen mit seiner Ehefrau und seinem Knecht.
Sein Schwiegervater, der Vater der jungen Frau,
sagte daraufhin:
»Seht doch, wie spät es schon ist!
Es wird bald Abend, bleibt doch noch über Nacht!
Ja, der Tag ist schon fast vorbei.
Bleib die Nacht hier und lass es dir gut gehen!
Ihr könnt euch morgen früh auf den Weg machen.
Dann geht’s nach Hause.«
10Doch der Mann wollte auf keinen Fall bleiben.
So ging er los und kam bis zu der Stadt Jebus,
das ist Jerusalem.
Er führte die beiden bepackten Esel mit sich,
und seine Ehefrau begleitete ihn.
Auf der Suche nach einer Unterkunft in Gibea
11Als sie in die Nähe von Jebus kamen,
war es schon sehr spät am Tag.
Da sagte der Knecht zu seinem Herrn:
»Lass uns vom Weg abbiegen
und in die Stadt der Jebusiter gehen!
Dort können wir übernachten.«
12Sein Herr aber sagte zu ihm:
»Nein! Wir gehen nicht in eine fremde Stadt.
Die Jebusiter gehören nicht zu den Israeliten.
Wir ziehen weiter bis Gibea.«
13Etwas später sagte er zu seinem Knecht:
»Auf geht’s! Lass uns versuchen,
eine der israelitischen Ortschaften zu erreichen.
In Gibea oder in Rama können wir übernachten.«
14Sie zogen also weiter, an Jerusalem vorüber.
Die Sonne aber ging schon unter.
Da erreichten sie Gibea, das zu Benjamin gehört.
15Sie bogen vom Weg ab, um in Gibea zu übernachten.
Der Levit ging hin und stellte sich auf den Dorfplatz.
Doch es ließ sich niemand blicken,
der sie zum Übernachten nach Hause einlud.
16Schließlich kam ein alter Mann vorbei,
der bis zum Abend auf dem Feld gearbeitet hatte.
Der Mann stammte aus dem Gebirge Efraim
und lebte als Fremder in Gibea.
Die Bewohner des Ortes aber waren Benjaminiter.
17Als der Mann aufblickte,
sah er den Reisenden auf dem Dorfplatz stehen.
Da fragte der alte Mann:
»Wohin willst du?
Und woher kommst du?«
18Der Levit sagte zu ihm:
»Wir sind auf der Durchreise.
Wir kommen von Betlehem in Juda
und wollen ins Hinterland des Gebirges Efraim.
Dort bin ich nämlich zu Hause.
Ich machte eine Reise nach Betlehem in Juda.
Und jetzt bin ich gerade auf dem Heimweg.
Doch niemand will mich in sein Haus einladen.
19Und das, obwohl wir alles dabeihaben:
Stroh und Futter für unsere Esel,
Brot und Wein für mich, meine Frau und meinen Knecht.
Es fehlt wirklich an nichts.«
20Da sagte der alte Mann:
»Friede sei mit dir!
Was du brauchst, lass meine Sorge sein!
Nur übernachte nicht hier auf dem Dorfplatz!«
21Er nahm sie mit in sein Haus,
fütterte die Esel und wusch seinen Gästen die Füße.
Dann setzten sie sich zum Essen und zum Trinken.
Die Schandtat in Gibea
22Während sie sich’s gut gehen ließen,
kamen Leute aus der Stadt, ganz üble Kerle.
Die umstellten das Haus und schlugen an die Tür.
Sie verlangten von dem alten Mann, dem Hausherrn:
»Gib den Mann heraus, den Leviten,
der als Gast in dein Haus gekommen ist!
Der soll uns mal so richtig kennenlernen.«
23Da ging der Hausherr hinaus und sagte zu ihnen:
»Nein, meine Brüder!
Vergewaltigt ihn nicht!
Der Mann ist doch als Gast in mein Haus gekommen.
Tut nicht so etwas Schlimmes!
24Seht, hier ist meine unverheiratete Tochter
und hier ist die Ehefrau des Leviten!
Diese beiden will ich euch herausgeben.
Vergewaltigt sie und tut mit ihnen, was ihr wollt!
Doch diesem Mann hier dürft ihr nichts Schlimmes tun.«
25Die Männer wollten aber nicht auf ihn hören.
Da packte der Levit seine Ehefrau
und brachte sie zu ihnen hinaus auf die Straße.
Die Männer vergewaltigten sie und missbrauchten sie
die ganze Nacht bis zum Morgen.
Es dämmerte schon,
als sie aufhörten und sie gehen ließen.
26Bei Tagesanbruch kam die Frau zurück.
Sie kam bis an den Eingang des Hauses,
in dem sich ihr Mann aufhielt.
Dort brach sie zusammen und blieb liegen,
bis es hell wurde.
27Am Morgen stand ihr Mann auf,
öffnete die Haustür und ging hinaus.
Er wollte sich auf die Heimreise machen.
Da lag die Frau im Eingang des Hauses,
ihre Hände berührten die Türschwelle.
Als er seine Ehefrau so daliegen sah, 28sagte er zu ihr:
»Steh auf! Wir wollen gehen!«
Doch sie gab keine Antwort.
Da legte er sie auf seinen Esel
und machte sich auf den Weg nach Hause.
29Als er aber zu Hause ankam, griff er nach einem Messer.
Dann nahm er den Leichnam seiner Frau
und zerschnitt ihn in zwölf Stücke.
Die schickte er überall hin in Israel.
30Jeder, der es sah, rief aus:
»So etwas Unglaubliches ist noch nie geschehen,
seit Israel aus dem Land Ägypten gezogen ist.
Bis heute ist so etwas nicht vorgekommen.
Nun denkt nach, beratet euch und entscheidet!«