Deutsche Bibelgesellschaft

Dürre (AT)

(erstellt: Dezember 2010)

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→ Hungersnot; → Wasserversorgung; → Wetterphänomene

1. Begriffsklärung

Da in Palästina und in den angrenzenden Gebieten verhältnismäßig wenig Niederschlag fällt, die Quellen je nach Gegend nicht sonderlich ergiebig sind und nur wenige Flüsse und Bäche das ganze Jahr über Wasser führten, ist die Trockenheit ein Grundphänomen des Klimas der Region (→ Fluss / Bach / Wadi).

Da die Versorgung mit Wasser regional sehr unterschiedlich ist, unterscheidet man Zonen des fruchtbaren, kultivierbaren Landes von trockenem Land (אֶרֶץ־צִיָּה ’æræṣ ṣijjāh) und der Steppe bzw. → Wüste (מִדְבָּר midbār). Die Trockenzeit war ein normaler Bestandteil des Jahreszyklus. Unter „Dürre“ ist eine Phase der Trockenheit zu verstehen, die so lange andauert, dass Pflanzen und Tiere schwer geschädigt werden und auch die Menschen in eine lebensbedrohliche Situation kommen. Im Hebräischen werden dafür die Begriffe חרב choræv „Öde / Dürre“, בצרת baṣṣoræt „Mangel / Dürre“ (nur Jer 17,8) und eventuell תלאבת tal’uvot (nur Hos 13,5, Bedeutung unsicher) verwendet.

2. Die Dürre und ihre Begleitphänomene

Grundlage der Wasserversorgung in Palästina, etwa im Unterschied zu Ägypten, das den → Nil als ständige Wasserader besitzt, ist der Leben spendende Regen (Dtn 11,11), der allerdings nur in der Regenzeit in stark variierenden Mengen fällt. Die Kultur ist auf Phasen der Trockenheit durchaus eingestellt. Eine längere Zeit der Dürre, in der zum Mangel an Niederschlag (1Kön 17,1) Hitze und warmer (Ost-)Wind (Jes 25,5; Hos 13,15; Jon 4,8; Ps 107,33) kommen können, kann das Land und den Erdboden schwer treffen. Sie führte zu Hungersnot sowie damit verbunden Krankheiten und wird im Alten Testament in Erzählungen wie Ankündigungen als Katastrophe beschrieben (Unwetter). Beispielsweise liefert → David anlässlich einer dreijährigen Dürre die Söhne → Sauls an die Gibeoniten aus, die sie töten (2Sam 21,1-14). → Elia verursacht während der Regierung → Ahabs eine große Trockenheit (1Kön 17,1-18,46). Besonders eindringlich ist die Schilderung einer Dürre in den Klagen → Jeremias (Jer 14,2-9) und → Joels (Jo 2,12f). Dürre macht das Land auf Dauer unbewohnbar (Jer 2,6; Jer 51,43), sie betrifft sowohl Pflanzen (Gen 41,23; Num 6,3; Hi 13,25; Jes 1,30; Jes 56,3; Jes 34,4; Nah 1,10), als auch Tiere (Gen 41,19) und Menschen. Dabei entsteht ein Bild der Hoffnungslosigkeit.

3. Dürre als göttliche Strafe

Dem Land die → Fruchtbarkeit zu garantieren ist im Alten Orient zunächst Aufgabe des Königs – 2Sam 21,1-10, wo David Sauls Söhne dem Tod ausliefert, um einer Dürrezeit zu entgehen, ist aus diesem Hintergrund zu verstehen – und auch Aufgabe Gottes. Jahwe hat in diesem Kontext die Funktion eines → Wettergottes. Er verspricht bzw. schenkt seinem Volk schließlich ein Land, wo → Milch und Honig fließen, die Fruchtbarkeit also garantiert ist (Dtn 11,14; Dtn 28,12). Dabei wird Gott mit Zügen des kanaanäischen Wettergottes → Baal beschrieben (Dtn 33,26). Während in → Ugarit der Wechsel von Trockenzeit und Regenzeit mit dem Tod und der Wiederbelebung Baals in Verbindung gebracht wurde, ist die Dürre im Falle JHWHs oft mit seiner bewussten und begründeten, oft strafenden Entscheidung in Verbindung gebracht. Wenn JHWH zornig wird, so kann er die Gabe des Regens bis zum Eintreten todbringender Dürre aussetzen (Dtn 11,17). JHWH handelt dabei nicht willkürlich, sondern die Dürre wird als Strafe für den Ungehorsam des Volkes verstanden bzw. eine Dürre wird mit dem Zorn Gottes (→ Zorn) und dieser mit dem Ungehorsam der Betroffenen erklärt (Dtn 28,15.22; 1Kön 8,35.37; Ps 68,7; Zef 2,13; Hag 1,11; Hag 2,17; Am 4,9). Auf der anderen Seite hat ein gottgemäßes Leben die Fruchtbarkeit des Landes zur Folge (Lev 26,3-4). Auf diese Weise wird die Naturkatastrophe dem moralischen Fehlverhalten des Menschen zugeschrieben (Hos 4,1-3). Ein intrinsischer Zusammenhang, wie er modernem ökologischen Denken unterliegt, dass nämlich der Mensch durch rücksichtlose Ausbeutung der Natur so stark in natürliche Kreisläufe eingreift, dass die Folgen dieses Tuns seine eigenen Lebensgrundlagen gefährden, vom Aussterben von Arten bis hin zum Klimawandel, ist in den alttestamentlichen Aussagen nicht zu finden (Ebach, Stahl). In der Vorstellung, dass die Verödung des Landes dazu dient, dass das Land seine Sabbate nachholen kann, die ihm die Menschen genommen haben (Lev 26,34-35), kann man aber den Kern eines intrinsischen Zusammenhangs zwischen Vergehen des Menschen gegen die Natur und der darauf bezogenen Strafe erkennen.

Das Bild eines grünen und fruchtbaren Landes, das dem Menschen ein Leben in Sicherheit und Wohlstand, aber in Harmonie mit der Natur, ermöglicht, ist schließlich das eschatologische Sinnbild eines messianischen, göttlichen Reiches (→ Eschatologie). Das dürre Land wird zu einem Garten, in dem Quellen sprudeln, Ströme fließen und alles blüht (Jes 35,6-7; Jes 41,18; Jes 44,3; Jes 55,10).

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • International Standard Bible Encyclopedia, Grand Rapids 1980-1988
  • Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
  • Herders Neues Bibellexikon, Freiburg 2009
  • Das große Bibellexikon, Wuppertal 1987-1996

2. Weitere Literatur

  • Abujaber, R.S., 1995, Water Collection in a Dry Farming Society, in: A. Hadidi (Hg.), Studies in the History and Archaeology of Jordan 5, 737-744
  • Clines, D.J.A., 1992, Was there an chbl II „be dry“ in Classical Hebrew?, VT 42, 1-10
  • Dietrich, M. / Loretz, O., 1991, Ugaritisch dr’, drt, dry und hebräisch zrh II, UF 23, 79-82
  • Ebach, J., Schöpfung in der hebräischen Bibel, in: G. Altner (Hg.), Ökologische Theologie. Perspektiven zur Orientierung, Stuttgart, 1989, 98-129
  • Paganini, S., 2008, „Und die Bäume des Feldes werden klatschen“ (Jes 55,12), in: ders., Der Gartentraum des Jesajabuches, BH 2, 8-9
  • Ritter-Kaplan, H., 1984, The Impact of Drought on Third Millennium B.C. Cultures on the Basis of Excavations in the Tel Aviv Exhibition Grounds, in ZDPV 100, 2-8
  • Stahl, R., 1992, „Deshalb trocknet die Erde aus und verschmachten alle, die auf ihr wohnen …“ Der Versuch einer theologiegeschichtlichen Einordnung von Hos 4,3, in: J. Hausmann / H.-J. Zobel (Hgg.), Alttestamentlicher Glaube und Biblische Theologie (FS H.D. Preuss), Stuttgart u.a., 166-173
  • Zwickel, W., 2007, Regen, Dürre, Hungersnöte. Die Erforschung des Klimas in Palästina in den letzten 10.000 Jahren, WUB 46, 2-7

Abbildungsverzeichnis

  • Ausgemergelte Nomaden (Detail des Hungersnotreliefs; Aufgang zur Pyramide des Unas in Sakkara; um 2500 v. Chr.). Aus: Wikimedia Commons; © public domain; Zugriff 17.4.2010

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