Deutsche Bibelgesellschaft

Legenden/Legendendidaktik

Andere Schreibweise: Hagiografie; Heiligenerzählung; Heiligenvita; engl. legend

(erstellt: Februar 2025)

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Digital Object Identifier: https://doi.org/10.23768/wirelex.400050

1. Erzählform Legende

1.1. Begriff

Das Wort Legende stammt von dem lateinischen Gerundiv legenda („das zu Lesende“; „das, was gelesen werden soll“) und ist als Lehnwort ab Mitte des 13. Jahrhunderts belegt (vgl. Ehrismann, 2011, 98). Im religionsgeschichtlichen Kontext des Christentums bezeichnete legende die liturgische Lesung von Heiligenviten im Gottesdienst oder in der klösterlichen Gemeinschaft (u.a. Tischlesung), regelmäßig am Festtag des/der Heiligen. Landläufig wird die schriftlich fixierte „Beschreibung des Lebens heiliger bzw. als heilig geltender Personen“ (Feistner, 1997, 180) als Legende benannt, während geschichtswissenschaftlich die Bezeichnungen Hagiografie und Heiligenvita bevorzugt werden.

Das narrativ gestaltete Leben und Wirken heiliger Frauen und Männer (→ Heilige) bietet in der Regel keine faktuale Biografie oder Charakterstudie, sondern erzählt mit fiktionalen Strategien exemplarisch über die „Berührung von Immanenz und Transzendenz“ (Feistner, 1997, 180). Betont wird das über-menschliche Moment, also die Gnade und Macht Gottes, die dem/der Heiligen zuteilwird. Im Gegensatz zu Märchen sind Heiligenviten als „fiktionale[] Texte auf historischer Basis“ (Ehrismann, 2011, 104) in einer geschichtlichen und damit realistischen Welt verortet: Die Protagonisten sind zumeist historisch bezeugt, es bestehen Bezüge zu geschichtlichen Ereignissen, bisweilen liegt Quellenmaterial (z.B. Märtyrerakten) zugrunde (vgl. Buckl, 2006, 741f.). Daneben finden sich Viten ungeschichtlicher Heiliger wie diejenige der Barbara von Nikomedien oder des Christusträgers Christophorus. Die Lebensgeschichten Heiliger wurden mündlich tradiert, in epischer, lyrischer und dramatischer Form schriftlich entfaltet sowie in Bildern und Symbolen dargestellt, weshalb Legenden eine wesentliche Quelle der christlichen Bilderwelt sind (vgl. Koch, 2016, 245; Wetzel, 2011, 13). Neuzeitlich wird die Erzählform Legende eher abschätzig im Sinne von frei erfunden, nicht-historisch, unglaubwürdig bewertet, positiv verknüpft ist das Wort mit außergewöhnlichen Leistungen einer Person (z.B. Sport-, Musiklegende).

Im christlichen Kulturkreis gelten vor allem Heiligenerzählungen als Legenden. Die Hagiografie beginnt in der Spätantike mit narrativen Darstellungen des Martyriums von Christinnen und Christen. Es folgen Einzelviten zu herausragenden Asketen und Eremitinnen, Mönchen und Bischöfen (z.B. Leben des Wüstenvaters Antonius oder des Martin von Tours). Im Mittelalter wird dieser Personenkreis sukzessive erweitert um Adlige (z.B. Elisabeth von Thüringen), Könige und Königinnen (z.B. Kunigunde von Luxemburg) sowie Ordensgründer (z.B. Franz von Assisi), von deren Leben in Latein und Volkssprache, in Versform und Prosa erzählt wird. Ab karolingischer Zeit finden sich Sammelwerke (sogenannte Passionare und Legendarien), die verschiedene Heiligenviten kalendarisch oder thematisch zusammenstellen; im Spätmittelalter prominent überliefert im Passional und in der Legenda aurea des Jacobus de Voragine. Die Vita eines/einer Heiligen wurde oftmals mit Mirakelsammlungen verbunden, die Wunder zu Lebzeiten und (mit Blick auf die Heiligsprechung) vor allem nach dem Tod bezeugten. Ebenso wurden Marienlegenden und -mirakel zusammengestellt. Heiligenerzählungen liegen in verschiedenen Varianten und Überlieferungen vor; sie wurden fortgeschrieben, im Kontext der jeweiligen Zeit neu gelesen und (theologisch) in Dienst genommen (vgl. Angenendt, 2007, 138-148; Baumeister, 2006; Köpf, 2008).

Legende wird/wurde fallweise als Typisierung für Texte aus der biblischen und apokryphen Überlieferung verwendet, in deren Zentrum eine herausragende Person steht, z.B. Jesus als Kind oder Menschen aus Jesu Nahbereich. Gerade die außerbiblischen Erzählungen über Maria oder den Zwölferkreis spiegeln u.a. das Bedürfnis wider, diesen Personen einen eigenen Lebensweg zu verleihen (vgl. Wetzel, 2011, 14). „Im AT sind Legenden z.B. bei den Erzeltern […] und den Propheten […] häufig, außerdem die Erzählungen im Danielbuch (Dan 6,13), die Märtyrerlegende in 2 Mak 7 oder die Bücher Tob, Jdt, Est. Im NT werden Legenden und legendarische Züge bei den Apostelerzählungen […] und in der Passionsgeschichte erhoben“ (Werlitz, 2018, 226). Allerdings wird kritisiert, dass Legende keine originäre Textform biblischer Literatur und als Gattungsbegriff deshalb wenig dienlich sei (vgl. Backhaus, 2006, 743).

In komparatistischen Untersuchungen aus religionshistorischer Perspektive (u.a. Mircea Eliade) werden wundersame Erzählungen aus dem Leben der Stifterfiguren (Ausfahrten des Siddharta Gautama, Nachtreise des Propheten Muhammad, etc.) oder bedeutender Gestalten der Tradition (z.B. Erzählungen der Chassidim) ebenfalls als Legenden oder legendarische Überlieferung betitelt. Außerdem ist von Orts-/Kultlegenden die Rede, wenn Namen, Gegenstände (z.B. Ikonen) oder Orte mittels wundersamer Ereignisse narrativ erklärt werden. Auch die Literaturwissenschaften verwenden mitunter Legende als Gattungsbegriff. Uneinigkeit besteht jedoch darin – neben der grundsätzlichen Frage der Sinnhaftigkeit von Gattungen und Gattungszuordnungen – welche Eigenarten und Merkmale gegeben sein müssen, um eine Erzählung der Textsorte Legende zuzuweisen und von anderen Gattungen (insb. Märchen und Sage) abzugrenzen (vgl. Rosenfeld, 1964, 4f.). In Sagen ist oftmals ein besonderer Ort oder Naturgegenstand zentral für das Erzählen vom Wirken übernatürlicher Kräfte (Dämonen, Naturgeister) oder eine ungewöhnliche Heldenfigur der Historie. Im Unterschied zur Legende erzählen Sagen jedoch meist nicht von vorbildlichem Verhalten noch von Gott und seiner Heiligkeit (vgl. Wißmann, 2008, 736f.).

1.2. Merkmale und Charakteristika

Christliche Legenden inszenieren und modellieren Heiligkeit mithilfe literarischer Strategien. Als „erzählerisch entfaltete[] Modelle von Heiligkeit“ (Weitbrecht/Benz/Hammer u.a., 2019, 18) veranschaulichen sie die religiösen Ideale ihrer Zeit beispielhaft in einer Figur. Heiligkeit kann im Martyrium bestehen, in Konversion und Bekenntnis, in Buße und Askese, in der Peregrinatio pro Christo oder im Dienst am Nächsten. Heiligkeit wird in solchen Erzählungen personal gefasst: Die/der Heilige ist Gefäß der Präsenz Gottes in der Welt (→ Transzendenz [und Immanenz]). Die Hauptfigur steht „von Geburt an unter dem Signum der Heiligkeit“, sodass bspw. Nikolaus von Myra „bereits als Säugling die Fastengebote einhalten“ (Hammer, 2015, 5) kann. Im Erzählschema christlicher Legenden ist Heiligkeit Voraussetzung und Ziel. Sie wird nie verfehlt, ein Scheitern ist letztlich nicht vorgesehen. Heilige stehen in der Nachfolge Jesu (imitatio Christi), weshalb die Christusgeschichte als Leitnarration dient und vielfältige Bezüge zu Jesu Leben und Sterben auszumachen sind (vgl. Koch, 2016, 247).

In diesem Kontext ist auch das Wunder (miracula) als konstitutives Element von Heiligenviten zu verorten (vgl. Gemeinhardt, 2010, 73). Wunder werden zu Lebzeiten der/des Heiligen und vor allem postmortal (am Grab, bei der Translation, durch Reliquien) als Zeichen von Heiligkeit erzählt. Im Unterschied zum Märchen, wo das Wunderbare selbstverständlich ist, durchbricht das Wunder in Legenden als Faszinosum die natürliche Ordnung: „Im Wunder manifestiert sich die Partizipation des Heiligen an der Heiligkeit Gottes“ (Hammer, 2015, 15). Neben Wundererzählungen im engeren Sinne (Krankenheilungen und Dämonenaustreibungen, Geschenk-, Naturwunder) finden sich vielfältige Schilderungen wundersamer Begebenheiten und Begegnungen (schon vor der Geburt oder in der Kindheit), insbesondere Duft- und Lichterscheinungen, Versuchungen durch den Bösen/das Böse, Abwehr von menschlichen und dämonischen Feinden, sprechende Tiere, Visionen und Entrückungen sowie Traum- und Jenseitsreisen (vgl. Angenendt, 2007, 141; Karlinger, 1986, 7).

Legenden sind eingebunden in eine konkrete Religion, in ihr spezifisches Glaubenssystem und ihre Praxis; sie spiegeln religiöse und theologische Ideale ihrer Zeit. So ist die christliche Hagiografie aufs Engste verwoben mit der Heiligenverehrung und dem Heiligenkult. Theologisch zeigt sich in Legenden die Macht und Gnade Gottes, die das Leben und die Wundertätigkeit der Heiligen überhaupt erst ermöglichen. Gottes Heilsplan wird „in seinem Wirken für und durch die Heiligen transparent“ (Gemeinhardt, 2010, 74), sie machen die von Gott geschaffene Weltordnung (ordo) anschaulich.

Textpragmatisch setzen Heiligenlegenden den Glauben voraus, sie sind eine „Form der Glaubensmitteilung“ (Halbfas, 1977, 637) und erfüllen unterschiedliche Funktionen: Sie erbauen und belehren, trösten und ermuntern, unterhalten und begeistern. Gläubige werden durch Legenden ermutigt, Gott zu vertrauen, und zur Nachahmung (imitatio) im Geist der Gottes- und Nächstenliebe aufgerufen (vgl. Karlinger, 1986, 37; Rosenfeld, 1964, 5;14). Einen Sonderfall stellen „Anti-Figuren“ (Judas, Päpstin Johanna) dar, deren Biografie als fehlerhaft oder sogar verdammt gilt, und die eine mahnende, abschreckende Wirkung erzielen wollen (vgl. Hammer, 2015, 449).

Die Vita eines/einer Heiligen wird von einem Erzähler, der selbst keine Figur der erzählten Welt ist, „skizzenhaft und effektbetont“ geschildert (Ehrismann, 2011, 10); viele Aspekte werden dabei nicht expliziert. Legenden haben kein historisch dokumentierendes und kein biografisches Interesse nach modernen Maßstäben (vgl. Angenendt, 2007, 139). Ihre Figuren verfügen kaum über individuelle Züge und zeigen keine nennenswerte Entwicklung: Sie sind Typen von Heiligkeit und werden als ungebrochene, tugendhafte Helden mit idealisierten Eigenschaften (z.B. Weisheit, Heiterkeit, Demut, Enthaltsamkeit, Gottesfurcht, Frömmigkeit; vgl. Angenendt, 2007, 139f.) charakterisiert. Konstitutiv ist oftmals das Wegmotiv: In aneinandergereihten Episoden tritt die Hauptfigur nach und nach in die Gemeinschaft der Heiligen ein (vgl. Hammer, 2015, 446). Männliche Heiligkeit scheint dabei die Norm zu setzen, Protagonistinnen können sich diesem Ideal über Jungfräulichkeit und Gelehrsamkeit annähern (vgl. Feistner, 1999). Typische narrative Darstellungsmittel sind Episodenreihung, Wiederholung, Vergleich und Symbolik, (Über)Steigerung und Superlative, Antagonismen und Paradoxien sowie Zitate und Anspielungen auf biblische (vor allem neutestamentliche) Texte.

Prototypisch lassen sich das Erzählschema einer christlichen Märtyrer- und Bekennerlegende unterscheiden. Märtyrerlegenden (Passiones) sind im Kontext der antiken Christenverfolgung (→ Christenverfolgungen im frühen Christentum) angesiedelt und fokussieren den Opfertod des/der Heiligen. Verhör, Haft und Hinrichtung bilden narrative Kernelemente, die durch (grausame) Folterszenen, Wunder- und Bekehrungsgeschichten variiert sowie mit Vor- und Nachgeschichten flankiert werden. Bekennerinnen und Bekenner (Confessores) bezeugen in ihrem Leben die Kraft Gottes und des Glaubens, ohne das Martyrium zu erleiden. Eine Reihe von Episoden, chronologisch oder thematisch angeordnet, veranschaulichen das gottergebene, tugendhafte Verhalten in ihrer Biografie als bspw. Bischof oder Eremitin (vgl. Feistner, 1997, 180).

1.3. Bedeutung und Rezeption

Im christlichen Kulturkreis stellten Heiligenlegenden in der Spätantike sowie im Hoch- und Spätmittelalter ein weit verbreitetes und beliebtes Erzählformat dar, das zum Teil ästhetisch und theologisch anspruchsvoll gestaltet wurde (vgl. Ehrismann, 2011, 9). Frömmigkeitsgeschichtlich eingebunden sind diese Erzählungen in die Heiligenverehrung: Für Menschen „des christlichen Mittelalters sind Heilige […] Mittler zwischen Mensch und Gott […], sie sind über Gebet und Fürbitte erreichbar und können […] in die Gegenwart der Menschen eingreifen“ (Hammer, 2015, 11). Heiligenviten waren zumeist Auftragsarbeiten einzelner Personen oder bestimmter Gruppen, die mit der Verehrung eines/einer Heiligen auch (kirchen-)politische und wirtschaftliche Interessen verfolgten (z.B. Wallfahrt), und wurden wegen des Verfahrens der Kanonisation mitunter planmäßig abgefasst. Als Verfasser solcher Viten sind zumeist Kleriker und damit die litterati (schriftkundig, gebildet) auszumachen – zumal das Schreiben von Heiligenbiografien als Bußleistung galt –, während die Rezeption eher auf Seiten der illiterati (schreibunkundig) lag. Legenden konnten flexibel an Situation und Publikum angepasst werden, es gab Ausgestaltungen für Kleriker und Laien (vgl. Buckl, 2006, 742; Feistner, 1997, 180). Eine gängige Form der Auslegung war die Allegorese, welche über den Wortsinn hinaus nach einer übertragenen, tieferen Bedeutung des Textes sucht. So kann die berühmte legendarische Episode von der Mantelteilung des Heiligen Martin spirituell (im Bettler zeigt sich Christus), ethisch (sich wie Jesus der Bedürftigen erbarmen) und eschatologisch (ewiges Urteil nach den Werken der Barmherzigkeit) gelesen werden.

In der Neuzeit fand eine deutliche Kritik und Abwertung von Heiligenlegenden als „defizitäre Geschichtsquellen“ (Wischmeyer, 2009, 352) statt. Pointiert in Martin Luthers Wortspiel von der „Lügende“ des Heiligen Johannes Chrysostomus eingefangen, wurden Legenden zur „naiv-volksfrommen Erzählung“ (Feistner, 1997, 181) verkürzt und als unhistorisch, unaufgeklärt abgestempelt – ein Etikett, das ihr bis heute anhaftet. Im Unterschied zur Aufklärung, die legendarischen Überlieferungen ablehnend gegenüberstand, ist die Erzählform Legende bei Herder, Goethe und in der Romantik als „Volkes Stimme“ positiv besetzt (vgl. Legendensammlung der Brüder Grimm in den Kinder- und Hausmärchen oder Ludwig Tiecks Trauerspiel von der heiligen Genoveva). Die Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts verließ in ihrer Adaption und Transformation christlicher Legenden schließlich den religiösen Rahmen (z.B. Gottfried Kellers „Sieben Legenden“). Katholischerseits bediente sich die Neuscholastik der Heiligenlegenden für die kirchliche und moralische Lehre, um das eigene Glaubenssystem zu stabilisieren und zu plausibilisieren.

Im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts wurden Legenden Gegenstand wissenschaftlicher (vor allem religionsgeschichtlicher und hagiografischer) Forschung und bis heute gilt ihnen dort ein mannigfaltiges Interesse: Theologie und Religionswissenschaft, Literatur-, Geschichts-, Kulturwissenschaften, Kunstgeschichte, Psychologie und Soziologie erforschen Heiligenerzählungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln (vgl. Karlinger, 1986). So analysiert bspw. die Kirchengeschichtswissenschaft Heiligenviten als spezifische Quellen, die u.a. eine Konstruktion der Mentalitätsgeschichte ihrer Entstehungszeit ermöglichen.

Mit Blick auf den heutigen Glauben katholischer Christinnen und Christen besitzt die Heiligenverehrung und mit ihr die Heiligenvita kaum noch Relevanz. U.a. im Zuge des Zusammenbruchs katholischer Milieus, des Modernisierungsschubs der katholischen Kirche, einer Christuszentrierung der Theologie und der emanzipatorischen Kritik von Vorbildern zog sich diese Frömmigkeitspraxis deutlich zurück und ist noch am ehesten in traditionalistischen Milieus beheimatet. In Brauchtumsfesten (z.B. Martins- und Nikolaustag, Namenstag) und Riten (z.B. Blasiussegen) sind Heilige und ihre Biografien nach wie vor fragmentarisch präsent, ebenso in der Tradition beruflicher Sondergruppen (z.B. Feuerwehr) oder im touristischen Sektor als Aushängeschild. Außerdem werden einige wenige Heiligenviten im Bildungskontext als Erzählungen in Dienst genommen, die Humanität und Hilfsbereitschaft universal, über kulturelle und religiöse Unterschiede hinweg, verkörpern (z.B. Martinslegende).

2. Didaktik der Legende

2.1. Vorüberlegungen und Beobachtungen

Insgesamt stehen sehr wenige religionsdidaktische Erwägungen zur Legende als Bildungsgegenstand einer größeren Anzahl von Unterrichtsmaterialien gegenüber. In den 1970er Jahren widmete sich Hubertus Halbfas im Kontext seiner religiösen Sprachlehre der Legende als genuinem Medium und postulierte eine „Didaktik des meditativen Bedenkens“ (Halbfas, 1977, 632), die ein wiederkehrendes Hören und Deuten einem punktuellen Durchnehmen und Besprechen entgegensetzt. Abgesehen von sporadischen Beiträgen in Arbeitsbüchern und Zeitschriften (vgl. Epping, 2009; Scheicher, 2020), ist es um die Legende jedoch recht still. Im Kontext eines → Biografischen Lernens werden zwar Heilige als Lerngegenstand reflektiert, aber kaum Überlegungen zur Erzählform Legende getätigt (vgl. u.a. Mendl, 2015).

Eine Vorauswahl und Modellierung schaffen Curricula. Soweit eruierbar, führen Lehrpläne für den Religionsunterricht die Erzählform Legende nicht als eigenen Gegenstand an und buchstabieren diesen auch nicht kompetenzorientiert aus. Vielmehr findet die Hagiografie ihren Weg ins Klassenzimmer über Lernbereiche, in denen Heilige Thema sind. Als ein solcher Appendix werden Heiligenviten jedoch kaum als Bildungsgegenstand ernst- oder als eigenständiges Medium wahrgenommen. So werden Lernende bspw. aufgefordert, „Informationen“ zu ihrem Namenspatron zu recherchieren, ohne zu antizipieren, auf welch abenteuerliche, mitunter kuriose und grausame Viten (z.B. Dorothea von Caesarea) Kinder dabei ohne Vorkenntnisse und Lesehilfen stoßen. Im Literaturunterricht wird oftmals unter dem Etikett Kurzepik die Trias von Märchen, Sage, Legende thematisiert, um prototypische Vorstellungen dieser Genres zu gewinnen; die Besonderheiten dieser Erzählformen kommen dabei aber meist zu kurz.

Vorrangig werden christliche Legenden im Primarbereich und in der Unterstufe – nebenbei und punktuell – thematisiert, wenn Gedenktage und (regionales) Brauchtum des katholischen Kirchenjahres vorgestellt, Kirchenräume erkundet oder Heilige als besondere Glaubensgestalten u.a. mit Blick auf konfessionelle Unterschiede bedacht werden. Die Hagiografie bietet hierfür ein Portrait des/der Heiligen, liefert Erklärungen für Riten und Bräuche (z.B. Martinsgans, Barbarazweige) und hilft, ikonografische Darstellungen zu entschlüsseln. Außerdem kommen Legenden über historische Themen in den Unterricht, wenn Einzelpersonen der Christentumsgeschichte betrachtet werden (z.B. Bonifatius oder Bistumsheilige). Der Religionsunterricht konstruiert auf diese Weise einen internen „Heiligenkalender“, ein eigenes „Legendarium“ sowie ein (zumeist vergangenes) „katholisches“ Brauchtum inklusive konfessionellem Differenzmarker, in dem bestimmte Heilige mit ihren Viten, Gedenktagen und Bräuchen revitalisiert werden. Mit zu den beliebtesten Heiligen(viten) zählen: Martin von Tours, Nikolaus von Myra, Lucia von Syrakus, Barbara von Nikomedien, Katharina von Alexandrien, Christophorus, Franz von Assisi, Elisabeth von Thüringen. Legendarische Überlieferungen der biblischen Heiligen (z.B. Maria, Petrus) sind hingegen im Unterricht nicht zu finden.

Unterrichtshilfen und Erzählvorlagen (vgl. Kamishibai) finden sich zu einzelnen Heiligen sowie als Kompilation verschiedener Heiliger. Fast alle diese Materialien arbeiten mit hagiografischen Texten, die entweder als Kurzviten im Stil eines Lexikoneintrags oder als längere Erzählbögen gestaltet sind. Bei Sammelwerken ist die bunte Mischung auffällig: Hier stehen ungeschichtliche Heilige neben geschichtlichen, biblische neben außerbiblischen, neuzeitliche neben antiken (z.B. Heiliger Georg neben Mutter Teresa), ohne dass eine Unterscheidung des Erzählschemas zu erkennen wäre. Bei den meisten Materialien bleibt unklar, welche Quellen den dargebotenen Texten zugrunde liegen und welche Stationen, Episoden, Wunder und Mirakel aus welchen Gründen gewählt wurden.

Im Umgang mit Heiligenviten sind in Unterrichtsmaterialien verschiedene Strategien auszumachen. Zum einen werden Legenden historisierend als Berichte gelesen, denen man ungefiltert Angaben zur (scheinbar) faktualen Lebensgeschichte des/der Heiligen entnehmen kann; die fiktionalen Strategien und narrativen Spezifika von Legenden (vgl. 1.2.) bleiben dabei unberücksichtigt. Methodisch dominiert das informationsermittelnde Lesen mithilfe von Fragen, Steckbriefen oder Kreuzworträtseln. Zum anderen werden Legenden oftmals (und zwar nicht nur im Religionsunterricht) auf einen moralischen Lehrsatz verkürzt, der im Stile eines unreflektierten → Modelllernens auch für die eigene Lebensführung leitend sein soll (z.B. Martin ist hilfsbereit, indem er seinen Mantel teilt: Wo kannst du teilen?). Angebahnt wird eine solche Moralisierung häufig durch Einfühlübungen (z.B. Wie fühlt sich der Bettler?). Zudem findet sich die Strategie einer erklärenden Rationalisierung, bei der die Erzählung in einen begrifflichen Merksatz überführt wird (z.B.: Die Legende von Christophorus will uns sagen, „dass Gottes Macht sich in den Schwachen zeigt“; Halbfas, 1977, 641). Eine deutende Erklärung wird oft durch eine Textzusammenfassung und die Frage nach der Autorintention angestrebt. Sowohl mit Blick auf das Ziel einer Sensibilisierung für religiöse → Sprache als auch auf → ethische Bildung und Erziehung sind diese Strategien jedoch als wenig produktiv anzusehen.

2.2. Unterrichtliche Konkretisierung

2.2.1. Didaktische Grundierung

Heiligenviten bilden einen Kontrast zur heutigen Lebenswelt: Weder sind die dort propagierten Ideale von Heiligkeit Schülerinnen und Schülern nahe noch der Weg einer imitatio Jesu oder die Sinnfigur einer göttlichen Heilsgeschichte (vgl. 1.2.). Radikale Umkehr und radikales Engagement mögen in ihrer existenziellen Dimension durchaus greifbar sein, aber kaum in ihrer Ausrichtung auf die Gottes- und Christusbegegnung. Überdies ist zu bedenken, dass viele Heranwachsende den Lebensgeschichten Heiliger vorrangig im Unterricht begegnen, insofern die Heiligenverehrung in der Glaubenspraxis kaum noch eine Rolle zu spielen scheint. Bisweilen wird unterrichtlich eine (religiöse) Sonderwelt erschaffen, in der Heiligenkult und Brauchtum reinszeniert sowie Heiligenviten ungebrochen als Vorbilderzählungen präsentiert werden. Auf der anderen Seite sind „Legenden […] inhaltlich gesehen abenteuerliche Geschichten, die davon handeln wie es in der Welt ‚sub specie aeternitatis‘ zugeht“ (Haas, 1986, 150). Sie machen religiöse Vorstellungen und Ideale (von Heiligkeit) anschaulich und erzählen über die Berührung von Immanenz und Transzendenz (vgl. 1.1.). Gerade dieses Potenzial müsste in religionsdidaktischer Theorie und Praxis ausgelotet werden.

Grundlegend wäre die Erzählform Legende bzw. die Heiligenvita in eine religiöse Sprachlehre einzubinden, die für die Besonderheiten des religiösen Weltzugangs sensibilisiert. → Schülerinnen und Schüler sollten aufmerksam werden für die narrativen Eigenarten dieser Texte, sich inhaltlich mit den religiösen Sinnsetzungen, den Vorstellungen von Gott, Welt, Mensch und den Heiligkeitsidealen von Legenden auseinandersetzen sowie ihren Appellcharakter (imitatio) bedenken. Darauf aufbauend können Legenden als spezifisch historische Quellen (→ Quellenarbeit, kirchengeschichtsdidaktisch) wahrgenommen und analysiert werden, die das religiöse Denken und Leben ihrer Entstehungszeit spiegeln und intertextuell verwoben sind (vgl. Scheicher, 2020, 51f.). Folgende Spezifika (vgl. 1.2.) sind didaktisch zu reflektieren, wenn Legenden zum Unterrichtmedium (→ Medien) transformiert werden:

  • Insider-Perspektive: Als Nachfolgegeschichten sind Heiligenviten für gläubige Menschen verfasst; sie setzen Glaube und Bekenntnis voraus (vgl. Epping, 2009, 86; Halbfas, 1977, 635).
  • Vorbildcharakter im Glauben: Legenden erzählen von nachahmenswerten Vorbildern, die Gottvertrauen und Gottesfurcht in idealer Weise leben, und rufen in diesem Sinne zur imitatio auf.
  • Heiligkeit der Hauptfigur: In christlichen Legenden wird Heiligkeit in Idealtypen (z.B. Märtyrerin und Bekenner) inszeniert. Ein Verfehlen oder Scheitern gibt es nicht.
  • Heilsgeschichte: Heiligenviten haben kein historisches oder biografisches Interesse im modernen Sinne. Sie erzählen von Gottes Gnade, Macht und Wirksamkeit im Heiligen.
  • Überwirkliches: Legenden erzählen relativ realistisch, zugleich bricht Wundersames und Unerwartetes in die erzählte Wirklichkeit ein.

Damit eröffnen sich verschiedene Spannungsfelder, die bei einer Didaktisierung produktiv zu bearbeiten sind: Die Insider-Perspektive steht in Spannung zu einer Schülerschaft, die formal zwar einer Konfession angehört, aber eher eine Outsider-Perspektive einnimmt. Vorbildcharakter und Heiligkeit reiben sich an einem → Modelllernen, das Schülerinnen und Schüler konsequent als Subjekte ethischen und biografischen Lernens sieht. Heiligkeit und Heilsgeschichte erscheinen in einer emanzipatorischen, säkularisierten und szientistisch orientierten Denkweise als fragwürdige Konzepte. Und schließlich besteht eine Grundspannung zwischen historischer Faktizität und fiktionalem Erzählen, zwischen historischem Dokument und Glaubenstext, zwischen empirischer und transzendenter Wirklichkeit, die letztlich – wie bei biblischen Texten – die Frage nach „der“ → Wahrheit bzw. dem Wahrheitsgehalt in den Raum stellt.

2.2.2. Methodische Anregungen

Heiligenviten sind in verschiedenen Varianten erhältlich: als Legendensammlung (z.B. für Kinder von Max Bolliger oder Jakob Streit, für Erwachsene von Eliot Weinberger oder Christian Lehnert), als Einzelgeschichten (z.B. Otfried Preußler, Brot für Myra; Anselm Grün, Die Legende von Sankt Martin), in Übersichtswerken zu Heiligen (z.B. Becker-Huberti, 2001; Ecker, 2001; Haas, 1986; Keller, 2018; Wetzel, 2011) oder im Ökumenischen Heiligenlexikon (www.heiligenlexikon.de/). Selten finden sich in diesen Werken editorische Notizen oder kontextualisierende Hinweise, kaum wird zwischen historischer Erkenntnis und legendarischer Überlieferung (auch nicht im Ökumenischen Heiligenlexikon) unterschieden. Betont werden zumeist die Vorbildhaftigkeit, der tadellose Charakter und die guten Taten der Heiligen; in Legendensammlungen für Kinder werden gerne Episoden aus der Kindheit der/des Heiligen erzählt, beliebt sind außerdem Szenen mit Tieren (inkl. Drachen). Im Unterricht sollte eine knappe Kontextuierung, angepasst an die Jahrgangsstufe, obligatorisch sein.

Bei der Wahl von Methoden und Impulsen sind die sozialisations- bzw. entwicklungsbedingten Deutungsmuster von Heranwachsenden einzubeziehen (→ Entwicklungspsychologie). Während Kinder dem konkret-anschaulichen Denken entsprechend vor allem die Handlung und weniger die Innenwelt der Figuren betrachten, den Plot als durchaus reales Geschehen auffassen, Rückfragen zum „Fantastischen“ stellen, Erzählung und Realität/Lebenswelt abgleichen und moralische Bewertungen von Handlungen vornehmen, tendieren Jugendliche zu parabolischen wie psychologischen Deutungen (vgl. Spinner, 2020, 34-40) (→ Bibelrezeption Jugendlicher). Das Wundersame in Legenden kann in jeder Altersstufe Kritik und Skepsis hervorrufen (→ Wunder, bibeldidaktisch), sodass mitunter die Frage nach dem Wahrheitsgehalt einer Heiligenvita in den Vordergrund rückt. Ebenso ist zu bedenken, welche Lesart (als literarischer Text, als historische Quelle, als Glaubenszeugnis, etc.) durch eine Methode fokussiert wird und welche Nebeneffekte sie möglicherweise produziert (unbedachte Historisierung, Reduktion auf moralische Lehre oder erklärenden Merksatz). Bei handlungs- und produktionsorientierten Verfahren ist die Präsentationsphase wichtig, um gemeinsam nach begründeten Rückbezügen im Text selber zu suchen. Ausgehend von den Charakteristika der Legende scheinen sich folgende methodische Zugänge nahezulegen:

Das zu Lesende: Die „ursprüngliche“ Vorlese-Situation (z.B. Tischlesung) wird inszeniert und reflektiert. Dazu schlüpfen die Lernenden in die Rolle (mittelalterlicher) Zuhörer, während der Text vorgetragen wird. Nach einem Blitzlicht werden die Leseeindrücke besprochen (Was ich gehört habe, was ich mich frage, was mir besonders wichtig/rätselhaft erscheint) und/oder individuelle Nähe und Ferne zur jeweiligen Vita in einer Positionierungsübung ausgedrückt. Dabei können auch Fragen für nachdenkliche Gespräche gesammelt werden. Beim freien Erzählen (→ Erzählen; → Bibel erzählen) sollten die Lernenden eigene Imaginationen entwickeln dürfen, sodass sich ein dosierter Einsatz von Erzählverstärkern empfiehlt, zumal viele Illustrationen von Heiligenviten einförmig und klischeehaft wirken und innovative und kreative Darstellungen selten anzutreffen sind. Möglich wäre außerdem eine Leseinszenierung durch die Lernenden selbst, die einer angeleiteten Vorbereitung bedarf (laut und leise; einzeln, abwechselnd, im Chor; Textstellen wiederholend; im Raum aufgestellt, Mimik und Gestik, Körperhaltung, Geräusche).

Fokus Akteure: Die Lernenden führen ein Interview mit dem/der Heiligen, schreiben einen inneren Monolog, erfinden einen Traum des/der Heiligen, beschreiben ihn/sie aus der Perspektive einer anderen Figur (auch Tier oder Gegenstand) oder verfassen einen Dialog mit einem bzw. einer anderen Heiligen. Es wird untersucht, welche Kräfte und Mächte im Text agieren und welche Bilder vom Menschen (Beziehung zu Gott, Stellung und Wirksamkeit in der Welt, Ethos; vgl. Haas, 1986, 153) darin vorkommen. Die Erkenntnisse werden als Standbild, Textstatue oder Grafik veranschaulicht. Lohnenswert kann ein Blick in die Ikonografie sein, insofern in Kirchen (Altarbilder, Glasfenster, Fresken, Statuen) und Handschriften vielfältige → Bilder von Heiligen sowie Szenen aus ihren Viten zu finden sind. Gemeinsam ist zu fragen, wie Heiligkeit dabei bildlich zum Ausdruck kommt, welche Stationen des Heiligenleben warum/wozu ausgewählt wurden und wie Gott/Transzendenz ins Bild gefasst wird.

Erzählform Legende: Um strukturelle, thematische und stilistische Merkmale zu entdecken, eigenen sich Methoden der Adaption und Transformation. Dazu wird der Erzähltext in ein Gedicht, einen Comic, ein Theaterstück, ein Filmskript (inkl. Musik), eine Miniatur oder in eine Collage umgewandelt, ggf. mit verfremdenden Elementen. Im Modus des imitativen Schreibens verfassen die Lernenden nach dem Vorlesen selber eine Legende (entweder frei oder mit vorgegebenen Reizwörtern) oder schreiben eine Legende um, indem sie diese ins Heute verlegen oder selber in die Handlung eintreten. Ebenso könnte ein Gegentext zur Legende verfasst werden (vgl. Haas, 1986, 154; Spinner, 2020, 57).

Nachdenken über erzählte Heiligkeit: In theologisierenden Gesprächen (im Plenum, in Gruppen, als Schreibgespräch) werden nach Interessen der Lerngruppe verschiedene Fragen umkreist, z.B. Wer/was ist hier „heilig“? Wie wird Heiligkeit in der Erzählung hergestellt? Wann wäre es kein Heiliger mehr? An welche biblischen Geschichten erinnert dich der Text? Wie hättest du diese Geschichte erzählt? Was müsste man umschreiben, damit alles anders läuft? Ist das eine Abenteuer-, Helden-, Gottes-, Lügengeschichte? Ist die Geschichte wahr? Soll man diese Lebensgeschichte nachahmen? Über wen würdest du eine Legende schreiben? Als begleitende Expertin (→ Kindertheologie) kann die Lehrkraft an passender Stelle Deutungsangebote aus Wirkungsgeschichte und Theologie zur Auseinandersetzung einbringen.

Kontexte einer Heiligenvita: Abhängig von der Lerngruppe können Legenden außerdem miteinander verglichen, die Quellenarbeit fokussiert (wann, wo, von wem, wie, in wessen Auftrag, wozu wurde eine Heiligenvita verfasst?), Fragen nach der Gattung, der Auslegung (Allegorese) der Historizität, dem Wahrheitsgehalt untersucht oder Legenden kritisch in Bezug auf Gotteskonzepte, Heiligkeitsideale, Geschlechterrollen, Familienbilder etc. gelesen werden.

2.3. Desiderata

Das religionspädagogische Potenzial der Erzählform Legende ist grundlegend zu erschließen. Bislang liegt kein Übersichtswerk vor, das die Heiligenvita aus didaktischer Perspektive systematisch durchdenkt. Es steht aus, diese Erzählform im Kontext einer religiösen Sprachlehre zu verorten und das Potenzial von Legenden aus der Perspektive verschiedener religionsdidaktischer Prinzipien zu durchleuchten: naheliegend sind das kirchengeschichtliche, das ethische und das biografische Lernen, darüber hinaus das Theologisieren mit Kindern und Jugendlichen sowie das interreligiöse Lernen. Interdisziplinäre Sichtweisen erscheinen aufgrund der breit gefächerten Legendenforschung (vgl. 1.3.) unumgänglich.

Für die unterrichtliche Praxis fehlt eine wissenschaftlich grundierte, kommentierte und thematisch durchdachte Legendensammlung mit didaktischen Konkretisierungen, hilfreich wäre außerdem eine Analyse und Rezension vorliegender Legendensammlungen für Kinder. Neben den klassischen Heiligenviten der Antike und des Mittelalters müsste dabei auch die Hagiografie der Neuzeit (z.B. Don Bosco, Mutter Teresa) in den Fokus rücken. Schließlich wäre mittels Rezeptionsstudien zu untersuchen, wie Lernende und Lehrende mit der Erzählform Legende umgehen und welche Strategien der Didaktisierung in Unterrichtsmaterialien und Unterrichtspraxis zu finden sind, um zu begründeten Orientierungen für die künftige Praxis zu gelangen.

Literaturverzeichnis

  • Angenendt, Arnold, Heilige und Reliquien. Die Geschichte ihres Kultes vom frühen Christentum bis zur Gegenwart, München 2. Aufl. 2007.
  • Baumeister, Theofried, Art. Hagiographie, in: Lexikon für Theologie und Kirche 3. Aufl. VI (2006), 1143-1147.
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Vielen Dank an apl. Prof. Dr. Peter Scheuchenpflug (Universität Regensburg) für Expertise und Beratung

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