Schiff / Schiffbau
(erstellt: Mai 2024)
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Der antike nahe Osten ist reich an unterschiedlichen Fortbewegungsmitteln zu Wasser, die sich literarisch, bildlich (ikonographisch) und archäologisch erschließen lassen. Die ersten und einfachsten Wasserfahrzeuge waren kleinere Boote und bestanden aus getrockneten Pflanzen wie → Schilf
1. Ägypten und der Nil
Die Bedeutung der Schifffahrt auf dem → Nil
Die Anfänge der Bewegung auf den Wassern des Nils findet man in Papyrusbooten. Die Vielzahl unterschiedlicher Formen von Papyrusbooten findet jedoch literarisch kaum einen Niederschlag. Ikonographisch sind Papyrusboote aber dominant und schon seit der 4. Dynastie (Mitte des 3. Jt.s v. Chr.) belegt. Ritzzeichnungen und Petroglyphen aus der Naqada-Zeit (4500-3000 v. Chr.) belegen nicht weiter identifizierbare Bootstypen sogar schon früher. Papyrusboote fanden nur Verwendung auf dem Nil oder in anderen ägyptischen Binnengewässern. Boote aus Binsen, Fellen oder Häuten sind seltener für Ägypten belegt, fanden jedoch auch Verwendung. Kleine Boote aus Papyrus, Binsen, Fellen oder Häuten waren vor allem in privatem Kontext in Gebrauch, z.B. zum Fischfang oder für kleinere Transporte. Götterbarken aus Papyrus bilden eine Ausnahme.
Hölzerne Boote und Schiffe und ihr Bau gelten zu vielen Zeiten als königliches oder staatliches Privileg und sind ebenso seit der 4. Dynastie belegt. Der hohe Wert des Materials Holz für das sog. ‚holzarme Ägypten‘, wie auch die Möglichkeiten, die sich über Transportschiffe und Überseehandel ergeben, mögen zu dieser Regelung geführt haben. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass alle Holzschiffe dem Staat unterstellt waren. Der Begriff „Staatsschiff“ legt zum Beispiel nahe, dass nur einige Schiffe dem Staat unterstanden.
Von der Vielzahl literarisch bekannter ägyptischer Schiffstypen bzw. Holzschiffstypen, wie dem Seheri-Schiff aus der Siegesstele des Pije (8. Jh. v. Chr.) oder die Mek-Schiffe, Djat-Schiffe und Gold-Schiffe aus dem Kriegszug des Ka-Mose (16. Jh. v. Chr.), kann kein einziges bildlich identifiziert werden. Detaillierte Beschreibungen fehlen ebenso. Ikonographisch lassen sich eine Vielzahl von Schiffstypen identifizieren, von denen sich jedoch die meisten nicht über Technik, Schiffsbau oder Funktion definieren lassen. Eine Ausnahme bilden möglicherweise die „Byblos-Schiffe“ aus dem 3. Jt. v. Chr. Von diesen wird jedoch allgemein angenommen, dass es sich um levantinische Wasserfahrzeuge handelt, nicht um ägyptische (s.u. 3.).
Kriegsschiffe kennt Ägypten kaum. Bis zum Neuen Reich werden in Kriegen Schiffe nur zum Truppentransport eingesetzt. Auch in der Schlacht gegen die → Seevölker
Nur theoretisch rekonstruierbar sind die monumentalen Transportschiffe des Neuen Reiches, mit denen → Obelisken
Schiffe und Boote finden im Alten und Mittleren Reich vor allem Anwendung auf dem Nil und anderen Binnengewässern, wie Seen, Ufersümpfen oder künstlich angelegten Kanälen. Die Anwendung eigener ägyptischer Konstruktionen auf dem Meer ist zweifelsfrei erst seit dem Neuen Reich (1532-1070 v. Chr.) belegt.
Archäologische Funde von Wasserfahrzeugen vor der Cheopspyramide und aus Dashur datieren in das Alte und Mittlere Reich und bestätigen bzw. ergänzen die gewonnenen Erkenntnisse aus Darstellungen und Texten. So wurden die Einzelteile des Schiffs vor der Cheopspyramide (Kielplanke, Planken und Spanten) durch Seile zusammengehalten. Längs über die Fugen zwischen den Planken waren außerdem noch Stützhölzer gelegt. Die Form einiger Planken des Cheopsschiffes legt nahe, dass sie ursprünglich für einen anderen Zweck vorgesehen waren und als Schiffsplanke nur wiederverwendet wurden. Ein Schiffsmast wurde nicht gefunden. Das Schiff vor der Cheopspyramide wird häufig als „Staatsboot“ angesprochen, aufgrund von Ähnlichkeiten seiner Form mit ikonographischen und weiteren Parallelen. Die wesentlich kleineren Boote von Dashur kamen ohne Spanten und ohne Verlaschung aus. Ihr Aufbau wird allein durch Nut und Feder mit Zapfen (Döteln, Holz oder Metallnägel, die von innen oder außen durch die Verbindung von Nut und Feder getrieben werden) und hölzernen Schwalbenschwänzen gesichert. Die Boote von Dashur hatten keine Segel. Es sind noch weitere, vereinzelte Bauteile eines oder mehrerer Schiffe aus el-Lisht und Takhan erhalten, die zeigen, dass auch Kombinationen aus Verlaschung mit Nut und Feder-System bekannt waren. Kalfatterung für Schiffe (das äußere und innere Abdichten durch wasserabweisende Substanzen, Textilien oder Metall) ist für Ägypten nicht eindeutig zu belegen. Schiffsgruben (leere) in Verbindung mit Gräbern sind häufig belegt und unterstreichen noch einmal die Bedeutung von Wasserfahrzeugen in kulturellen Kontexten.
1.1. Schiffbau am Nil
Papyrusbootsbau ist trotz seiner Unsichtbarkeit im archäologischen Befund wahrscheinlich der am weitesten verbreitete Baustil gewesen, schon aufgrund des leichten Zugangs zum Material – das Boot des „einfachen Mannes“ war wohl sicher ein Papyrusboot.
Papyrusboote wurden aus mehreren langen Papyrusrollen geflochten. Die ausgedünnten Enden dieser Rollen wurden zusammengebunden und hochgebogen. Weil Papyrusboote nicht stabil genug sind, um einen Mast aufzunehmen bzw. die Kraftübertragung des Windes über das Segel und den Mast das instabile Material und die Bootskonstruktion beschädigen würde, konnten Papyrusboote nur gerudert, gepaddelt oder gestakt werden. Häufig belegt sind Darstellungen von Papyrusbooten, deren beide Stevenenden mit einem Seil zusammengehalten werden. Die Konstruktion einer solchen Spanntrosse war wahrscheinlich notwendig, weil sich Vorder- und Hinterteil des Bootes mit Wasser vollsaugen, schwerer werden und mit der Zeit dann nach unten sinken.
Wie schon erwähnt, gelten Holzschiffe in einigen Zeiten als Regalie oder sind zumindest im Besitz staatlicher Institutionen. Die ersten Holzgefährte waren jedoch, wie auch Papyrusboote, reine Binnengefährte, konstruiert für Fahrten auf dem Nil, und weisen daher auch lange Zeit keinen Kiel auf, sondern nur breite Kielplanken. Von dieser Kielplanke ausgehend, ist zuerst die Schale des Schiffes oder Bootes aufgebaut worden. Ein echter Kiel ist in Ägypten erst seit dem Neuen Reich bekannt und vielleicht auf Einfluss von Technologie aus der Ägäis oder der Levante-Küste zurückzuführen. Die einzelnen Planken wurden anfangs nur verlascht (durch Seile zusammengehalten), später aber auch durch andere Verbindungsmethoden, wie Nut und Feder oder Schwalbenschwänze, ergänzt. Die Methode des Verlaschens setzt besonders dicke Planken voraus, durch die Kanäle für Seile gebohrt werden konnten. Die Planken waren besonders kurz und wurden, wie die Ziegel bei Gebäuden, versetzt übereinander verlascht. Die Kürze der Planken mag den lokal zur Verfügung stehenden Gewächsen und der intensiven Wiederverwendung von → Holz
Von den meisten dieser technischen Details muss auf Bautraditionen von Götterbarken für Kult und Ritus geschlossen werden (→ Ägypten
Ägypten war wahrscheinlich lange Zeit, trotz der immer wieder postulierten Holzarmut, auf den Import von Holz nicht zwingend angewiesen. Es ist gut möglich, dass Holz erst ab dem Mittleren Reich (2137-1781 v. Chr.) in größerem Stil importiert wurde und dies weniger für den Schiffbau als für den Bau von Gebäuden. Diese Überlegung ergibt sich aus der Beobachtung spezieller Konstruktionsweisen ägyptischer Schiffe (wie den Spanntrossen für eine segmentierte und verlaschte Kielplanke), die nahelegen, dass ägyptische Schiffbauer Mittel und Wege gefunden haben, binnen- und vielleicht auch küstenschifffahrtstaugliche Gefährte zu entwerfen, die mit den spärlichen, vorhandenen Ressourcen zu realisieren waren. Es ist nicht unmöglich, dass die sog. Holzarmut Ägyptens im Altertum überschätzt wird, da wir aus Quellen auch noch Wälder oder zumindest signifikanten Baumbestand im 1. Jt. v. Chr. am Roten Meer kennen. Erst ab dem Neuen Reich muss Holz gezielt für Schiffbauprojekte importiert worden sein. Technische Übernahmen, wie der Kiel, oder auch die Super-Frachter zum Transport monumentaler Architekturteile erforderten geeignete Hölzer, die sicherlich nicht mehr in Ägypten vorhanden waren. Die wichtigsten einheimischen Hölzer für den Schiffbau stammen vom → Feigenbaum
Aus Ägypten kennen wir Bilder mit Beschriftungen, die Szenen aus Holzverarbeitungs-Werkstätten zeigen, keine Werften im eigentlichen Sinne. Dort werden Schiffszimmermänner und Schiffsbauer genannt sowie die „Ältesten der Werft“ und Aufseher der Zimmerleute. Die einzelnen Bauteile wurden gesägt und auch zurechtgemeißelt. Schiffbau ist in Ägypten dezentral organisiert und konnte damit an vielen Orten mit Wasser, nicht nur am Nil, stattfinden (Schiffe nach Punt wurden z.B. wahrscheinlich am Roten Meer gebaut). In Ägypten wird für das Bauen eines Schiffes der Begriff des „Zusammenbindens“ benutzt, was wiederum eine Abhängigkeit des Holzschiffbaus vom Papyrusbootsbau nahelegt oder auf die Verlaschung anspielt.
2. Euphrat und Tigris
Unglücklicherweise ist die Überlieferung für die mesopotamische Schiffbaukunst nicht so reich an großformatiger Ikonographie wie die Ägyptens. Die Rekonstruktion von Details, wie sie in Ägypten möglich ist, wird für die mesopotamischen Gesellschaften schwierig bis unmöglich. Jedoch lässt sich auch für die mesopotamischen Gesellschaften die Bedeutung von Schiffen und Schifffahrt kaum unterschätzen. Die ältesten sumerischen (→ Sumer
Während in Ägypten die ersten Wasserfahrzeuge aus Papyrusbündeln bestanden, waren es an → Euphrat
Die in Texten häufig erwähnten Magan-, Dilmun-, Meluhha- und Schulu-Schiffe (unbekannt) sind Bauten, die nach ihrem Ziel- oder Herkunftsort benannt sind (wie auch die Byblos-Schiffe in ägyptischen Texten; s.o. 1. und s.u. 3.). Dass sie einen bestimmten Bautypus darstellen, ist unwahrscheinlich, jedoch legt die große Entfernung der Zielorte nahe, dass es sich um seetüchtige Fernhandelsschiffe mit viel Fassungsvermögen gehandelt haben muss. Beschreibungen zu diesen oder anderen Schiffen fehlen. Bildliche Darstellungen lassen sich ebenso wenig mit namentlich bekannten Schiffstypen in Verbindung bringen. Schiffe werden jedoch durch ihr Fassungsvermögen kategorisiert, wodurch sich auch spezielle Bautypen ergeben könnten. Texte aus der frühdynastischen Zeit (2500-2350 v. Chr.) beschreiben regelmäßig Schiffe, die 120 gur (1 gur = 300 kg) tragen, in wenigen Fällen ist sogar die Rede von 360 gur tragenden Schiffen. Ob eine dieser Tonnageklassen jedoch ein „Magan-Schiff“ oder ein „Dilmun-Schiff“ darstellt und wie es gebaut wurde und ausgesehen hat, kann nicht gesagt werden.
Kriegsschiffe sind aus dem Zweistromland nicht bekannt, dafür jedoch Götterbarken und Prunkschiffe, die nach den textlichen Zeugnissen vor allem mit Edelmetallen verziert waren. Sie stellen jedoch Ausnahmen dar. Abbildungen von Booten, auf denen göttliche Individuen fahren, sind bekannt, jedoch nicht detailliert genug, um Rückschlüsse auf Konstruktionsweisen zu gewinnen.
Die frühen Leder- oder Schilfboote wie die späteren Holzfahrzeuge waren nicht nur für die Binnenschifffahrt konstruiert. Der frühe und so bedeutsame Fernhandel legt nahe, dass mesopotamische Schiffe für die Binnen- und die Seeschifffahrt konzipiert wurden.
Archäologische Funde gibt es in Form von Bootsmodellen und in Form von Bitumenüberresten mit den Abdrücken nicht erhaltener Bootsverschalung. Die schon erwähnten Modelle der chalkolithischen Obed-Kultur (→ Chalkolithikum
Fortbewegungsmethoden zu Wasser sind für das Zweistromland in Form von Segeln, Rudern, Staken und Treideln belegt. Große Schiffe wurden bevorzugt durch Kanäle und stromaufwärts getreidelt, während das Segeln auf See und dem Meer die dominante Fortbewegungsmethode war.
2.1. Der Schiffbau im Zweistromland
Ebenso wie Ägypten war Mesopotamien in der Antike nicht so holzarm wie heute. Konstruktionen kleinerer Fischerboote konnten sicherlich bis ins 1. Jt. v. Chr. durch die lokalen Holzbestände bedient werden. Dennoch taucht Holz als eines der wichtigsten Importgüter schon in schriftlichen Zeugnissen der Ur-III-Zeit auf.
Die Vielfalt schwimmfähiger Fahrzeuge auf Euphrat und Tigris war wahrscheinlich nicht größer als auf dem Nil, jedoch scheint es keine klare Dominanz eines Wasserfahrzeuges oder einer Form gegeben zu haben. Wie schon erwähnt, werden die Bootsmodelle in Gräbern der Obed-Kultur für korbartige Geflechte aus Schilf gehalten. Die sog. quffas des vormodernen Irak waren runde Boote aus Korbgeflecht und werden häufig als Nachkomme assyrischer Rundboote verstanden. Akkadische Abschriften sumerischer Texte erwähnen Namen von Wasserfahrzeugen, in denen das Wort quffa seinen Ursprung haben soll. Auch schwimmfähige Konstruktionen, die sich luftgefüllter Lederbälger bedienten, scheinen im antiken Zweistromland üblich gewesen zu sein. Durch die unterschiedlichen Fließgeschwindigkeiten an den Oberläufen der Flüsse im Vergleich zu den Unterläufen mag es regionale Präferenzen gegeben haben, die sich heute jedoch nicht mehr nachvollziehen lassen. Kombinationen aus beidem (mit Leder besponnene quffas) sind auch denkbar, aber nicht nachzuweisen.
Tonmodelle des 2. Jt.s v. Chr. aus → Zypern
Der Beginn des Holzschiffbaus lässt sich nicht nachweisen, jedoch erwähnen bereits sumerische Texte Holz für den Bau von Wasserfahrzeugen. Wie in Ägypten kamen die ersten hölzernen Schiffe auf Euphrat und Tigris wahrscheinlich ohne Kiel aus, sondern nur mit Kielplanke. Die Bitumenabdrücke aus den Vereinigten Arabischen Emiraten aus der Zeit um 2300 v. Chr. zeigen Außenschalen, die gemischt waren aus Holzplanken und Schilfbündeln, alles zusammen verlascht, und andere Außenschalen aus einfachen Schilfmatten, ebenso verlascht. Besonders die letzte Konstruktionsvariante setzt Spanten voraus. Andere Verbindungstechniken wie Holznägel, Nut und Feder oder auch Krampen sind schriftlich belegt. Die Form oder die Dimensionen der Schiffsüberreste von der Nordküste der Arabischen Halbinsel lässt sich nicht rekonstruieren, jedoch lassen sie sich sicher mit in Texten erwähnten Magan-Schiffen identifizieren. Ob dies private Schiffe gewesen sind oder ob sie Teil einer staatlichen Flotte darstellen, kann nicht mehr sicher gesagt werden.
Von Rollsiegeln (→ Siegel / Stempel
Die einzige belegte Segelform ist das Rahsegel, wie auch in Ägypten. Kalfatterung durch Bitumen ist in Mesopotamien seit der Ur-III-Zeit ein Standard. Die Schiffe von Götterbarken konnten auch mit Edelmetallen belegt sein. Letzteres wird jedoch wahrscheinlich nur für Wasserfahrzeuge in rituellen Kontexten vorgekommen sein. Die Mehrstöckigkeit der → Arche
Als wichtigstes Holz für den Schiffbau, wie auch für Bauwerke, muss wieder die Libanon-Zeder genannt werden. Kiefernholz (→ Kiefer
3. Die Küste der Levante
Die Schiffbaukunst der Kanaanäer, → Phönizier
Die ältesten Informationen zu levantinischen Schiffen stammen aus dem 3. Jt. v. Chr. und liegen uns in Form der sog. „Byblos-Schiffe“ aus Ägypten vor. Was genau unter diesem Begriff zu verstehen ist, bleibt unklar, es wird jedoch allgemein angenommen, dass es sich dabei um große Frachtschiffe aus der Levante handelt und nicht um ägyptische Schiffe (s.o. 1.). Auf einem Relief im Grab des Pharao Sanhure (2490-2476 v. Chr.) werden solche Schiffe dargestellt. Obwohl die Darstellung ägyptischen ikonographischen Stilmitteln unterliegt, zeigen sich klare Unterschiede zu den zeitgleichen Abbildungen ägyptischer Schiffe: so sind die Planken des Schiffes durchgehend von Heck nach Bug und nicht segmentiert, die Ruder sind durch die Mitte des Schiffes geführt, und der Rumpf wird als bauchiger interpretiert. Für einen solchen Schiffstypus darf ein echter Kiel angenommen werden.
Ein schon erwähntes Schiffsmodell aus dem 2. Jt. v. Chr. aus Zypern zeigt ebenfalls einen breiten, bauchigen Aufbau und ist von außen mit simplen Linien und einem Netzmuster bemalt. Tonfiguren, die die Besatzung des Gefährtes darstellen, sitzen auf der Bordwand. Darstellungen wie diese erinnern stark an die mesopotamischen quffas, waren aber wohl auf dem offenen Meer unterwegs (s.o. 2.). Dieses Modell legt einen starken technologischen Einfluss aus Mesopotamien auf die levantinische Schiffbaukunst nahe. Weitere Modelle, ebenso aus dem 2. Jt. v. Chr., sind weniger bauchig, aber detailreicher gestaltet. Sie zeigen Masthalterungen, einen echten Kiel, in den nur Nägel oder Dötel geschlagen werden konnten, und eine Bordwand, die an beiden Außenseiten eine hervorstehende Leiste zeigt – ein Detail, das möglicherweise eine abgekürzte Darstellung für Decksbalken, die auf Balkwegern ruhen, sein könnte.
In einem ägyptischen Grab von ca. 1400 v. Chr. findet sich eine Abbildung von der Ankunft levantinischer Handelsschiffe. Ein wichtiges Detail ist die Form des Rumpfes, der gerundet und breit erscheint und sich damit von dem Baustil der ägyptischen, barkenähnlichen Schiffe absetzt. Bug und Heck sind gleich geformt, und Vorder- und Achtersteven sind gerade nach oben gezogen. Bronzezeitlicher Schiffbau der vorderasiatischen Mittelmeerküste könnte in den Wracks von Ulu Burun und Kap Gelidonya erhalten sein. Trotz der spärlichen Überreste des Schiffes von Ulu Burun konnte noch festgestellt werden, dass die Planken durch Nut und Feder mit Döteln zusammengehalten wurden. Da der größte Teil der Fracht syro-palästinischen bzw. kanaanäischen Ursprungs ist, wird der Bau und Heimat-Hafen ebendort vermutet. Das ca. 100-120 Jahre jüngere Wrack von Kap Gelidonya stammt möglicherweise aus Zypern. In diesem Falle lässt sich nur sagen, dass Nut und Feder ohne Dötel die Planken zusammenhielten. Ob die Form ihrer Rümpfe bauchig und wie Bug und Heck gestaltet waren, lässt sich für beide Wracks nicht mehr entscheiden. Planken und Spanten levantinischer Schiffe konnten auch untereinander verlascht werden, wie die Wracks von Mazarrón und Ma’agen Mikhael bezeugen.
Viele der Veränderungen und Neuerungen im ägyptischen Schiffbau der späten Bronzezeit werden dem Einfluss des Schiffbaus der Levante zugeschrieben, wie Kiel, Mastkorb und horizontal, wie vertikal, durch Seile (genannt „Brassen“ und „Schoten“) verstellbare Rahsegel und durch Seile (genannt „Stage“) gespannte und gesicherte Masten. Ob diese Innovationen wirklich aus der Levante kamen, oder erst durch Kontakte levantinischer Gesellschaften mit der Ägäis übernommen wurden, lässt sich nicht entscheiden. Spätestens durch die Wanderungsbewegungen am Ende der Bronzezeit („Seevölkersturm“) ist die Schiffbaukunst der Levante jedoch um die der Ägäis bereichert.
Kriegsschiffe (Schiffe, die nicht nur Truppen transportieren, sondern solche, die mit einem Rammsporn versehen werden und damit in der Lage sind, andere Schiffe zu versenken) können erst ab dem 5. Jh. v. Chr. eindeutig nachgewiesen werden und gehen wahrscheinlich auch auf Innovationen in der Ägäis zurück. Generell lässt sich postulieren, dass ein mesopotamischer Einfluss stärker war als ein ägyptischer, die lokale Schiffbaukunst jedoch beiden Einflussgebieten in Hinsicht auf den Bau meerestüchtiger Schiffe technologisch wie konstruktiv überlegen und ressourcen-effizienter erscheint.
3.1. Schiffbau an der Levante
Das wichtigste Holz für den Schiffbau an der Levanteküste ist, wie auch in Ägypten und Mesopotamien, die Zeder. Weitere Nadelhölzer, wie Fichten und Pinien, finden ebenfalls Verwendung. Eichenholz (→ Eiche
Schiffswerften sind für → Ugarit
3.2. Schiffe und Schiffbau im Alten Testament
Das Alte Testament eignet sich als literarisches Zeugnis für Schiffe und Schiffbau nur bedingt. Kleinere Boote für Küstenfischfang und Binnenschifffahrt werden selten genannt (Jes 2,16
Eine Einbindung in den besonders lukrativen Fernhandel hatten die Königreiche Juda und Israel nur kurzfristig. Schiffbau wird vor allem in → Ezjon-Geber
In Ez 27
In Jes 33,23
In Ez 27,7
Schiffe und Schifffahrten können als Metapher für Königreiche und deren politische Entwicklung benutzt werden, indem das Schiff das Königreich, der Steuermann den König und Fahrt wie Ziel, politische Entscheidungen und die sich daraus ergebenden Resultate darstellen (vgl. Ez 27
Generell ist anzumerken, dass zwar ausführliche Narration oder Beschreibung von Schiffen im Alten Testament fehlt, dafür jedoch Schiffe und der Kontext der Schifffahrt zur See bekannt waren. Schiffe, Schifffahrten, Schiffbau und Überseehandel werden unterschiedlich und kontextabhängig beurteilt: Ohne kritische Wertung werden Schiffe der „vorstaatlichen“ Zeit beschrieben (Gen 49,13
Die Arche Noah wird im Alten Testament nicht detailliert beschrieben, jedoch lässt sich das Verpichen mit Teer dieses Bauwerkes vom Schiffbau ableiten (vgl. Gen 6-7
Insgesamt werden Schiffe und Schifffahrt im Alten Testament als etwas Fremdes dargestellt und weiter im Norden, an der Mittel- und Nordlevante, verortet. Die wenigen Erwähnungen von Schiffen zeigen jedoch auch, dass die vorhandenen Informationen über dieses Thema aus dem kulturellen Kontext der Levante stammen und in der Regel keine Kenntnisse ägyptischer oder mesopotamischer Schiffbaukunst voraussetzen (mit Ausnahme der Schilderung der Arche Noahs).
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
- Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
- Lexikon der Ägyptologie, Wiesbaden 1975-1992
- Reclams Bibel Lexikon, Stuttgart 1978
- Herders Neues Bibellexikon, Freiburg u.a. 2008
2. Weitere Literatur
- Basch, L., 1987, Le Musée Imaginaire de la Marine Antique, Athen
- Bockius, R., 2007, Schifffahrt und Schiffbau in der Antike. Archäologie in Deutschland, Sonderheft
- Casson, L., 1971, Ships and Seamanship in the Ancient World, Princeton
- Dürring, N., 1995, Materialien zum Schiffbau im Alten Ägypten. Abhandlungen des Deutschen Archäologischen Instituts Kairo, Ägyptische Reihe 11, Berlin
- De Graeve, M.-C., 1981, The Ships of the Ancient Near East (c. 2000 – 500 B.C.), Leuven
- Hausen, J., 1979, Schiffbau in der Antike, Herford
- Kingsley, S.A., 2000, Shipwreck Archaeology in Israel, STRATA 18, 57-71
- Parker, A.J., 1992, Ancient Shipwrecks of the Mediterranean and the Roman Provinces, BAR International 580, Oxford
- Raban, A. / Kahanov, Y., 2003, Clay Models of Phoenician Vessels in the Hecht Museum at the University of Haifa, Israel, International Journal of Nautical Archaeology, 32, 61-71
Abbildungsverzeichnis
- Abb. 1 Umzeichnung eines Reliefs eines ägyptischen Schiffs der Expedition nach Punt von Königin Hatschepsut. Längs über das Schiff gespannt ist eine Trosse erkennbar. 1479-1458 v. Chr. Tempel von Deir el-Bahri. © Wikicommons, Public Domain
- Abb. 2 Detail eines Reliefs aus dem Palast Sennacheribs in Ninive. Im Zentrum wird ein bauchiges Rundboot mit Last auf dem Tigris gerudert. Die Besatzung sitzt auf der Bordwand. Vor und hinter dem Boot sitzen Fischer auf aufgeblasenen Tierbälgen im Wasser und fischen. Im British Museum. 6. Jh. v. Chr. © P. Ebeling
- Abb. 3 Relief aus dem Palast Sargons II. aus Khorsabad, das mehrere levantinische, als hippoi oder gauloi angesprochene Wasserfahrzeuge zeigt, die Holzstämme bzw. Zedernholzstämme liefern. © Musee du Louvre
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