Eunuch
(erstellt: Dezember 2019)
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1. Begriffsbestimmungen
1.1. Eunuch
Das deutsche Wort „Eunuch“ bezeichnet einen kastrierten Mann (s.u.). Es stammt von dem griechischen Begriff εὐνοῦχος eunouchos, der in einem weiteren Sinne gebraucht wird. Er schließt auch von Natur aus zeugungsunfähige Männer mit ein. Darüber hinaus wird der griechische Begriff (ebenso wie seine hebräische Entsprechung) auch übertragen für Stellungen und Aufgaben benutzt, die häufig von kastrierten Männern wahrgenommen wurden.
Die → Septuaginta
1.2. Kastration
Medizinisch bedeutet „Kastration“ das Entfernen oder die künstliche Störung der Funktion der Keimdrüsen, also der Hoden oder der Eierstöcke. Das bedeutet zuerst die Unfähigkeit zur Zeugung oder Empfängnis („Unfruchtbarkeit“). Die körperlichen Folgen betreffen beim Menschen auch die sekundären Geschlechtsmerkmale (Behaarung, Stimmlage, Brüste). Bei Männern, die schon als Kinder kastriert werden, kommt es beispielsweise zur sogenannten „Kastratenstimme“, weil der Stimmbruch ausbleibt. Psychische Folgen wie ein verringerter Geschlechtstrieb sind ebenfalls medizinisch gesichert.
Von „Kastration“ ist sowohl die „Entmannung“ zu unterscheiden, die auch die Entfernung oder Verstümmelung des Penis bezeichnen kann, als auch die „Sterilisation“. Letztere bezeichnet die gezielte Herstellung von Unfruchtbarkeit durch Blockieren oder Durchtrennen von Samen- oder Eileitern. Die Keimdrüsen bleiben dabei intakt.
Die Anfänge der Praxis der Kastration von Menschen liegen im Dunkeln (vgl. Guyot, 256-257). Sie scheint jedoch spätestens in der Antike weit verbreitet gewesen zu sein (vgl. Gamauf, 1026). Unterschieden werden kann nach unfreiwilliger Kastration (beispielsweise als Strafe) und freiwilliger Kastration. Letztere gab es unter anderem aus religiösen Motiven, etwa im Kult der Göttin Kybele.
2. Biblischer Befund
2.1. Altes Testament
2.1.1. Allgemeine Haltung zu Eunuchen und Kastration
Direkt ist im Alten Testament nur von der Kastration bei Tieren die Rede. In Lev 22,24
Dem Ausschluss vom Gottesdienst im → Deuteronomium
In Sir 20,4
2.1.2. Als „Eunuch“ bezeichnete Figuren
An welchen Stellen סָרִיס sārîs im Alten Testament einen Eunuchen im engeren Sinne bezeichnet, ist nicht in allen Fällen abschließend zu klären. Die größte Rolle spielen Eunuchen im Buch → Ester
Solche Aufgaben vertrauter Diener erfüllen auch die übrigen Eunuchen im Buch Ester (vgl. Wahl, 62). Sie sind enge Diener und Ratgeber des persischen Königs (Est 1,10-15
Die → Genesis
Schwierig ist die Beurteilung der Stellen, an denen die Bezeichnung סָרִיס sārîs allein steht, die Septuaginta mit εὐνοῦχος eunouchos übersetzt und die Frage, ob der so bezeichnete Mann kastriert ist, für den Gang der Erzählung keine Rolle spielt. Das gilt zunächst für 1Sam 8,15
In 2Kön 20,8
Obwohl es in → Assyrien
2.2. Neues Testament
Im → Matthäusevangelium
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
- Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament, Stuttgart 1933-1979
- Reallexikon für Antike und Christentum, Stuttgart 1950ff.
- Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
- Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973-2015
- Der Neue Pauly, Stuttgart / Weimar 1996-2003
- Pschyrembel. Klinisches Wörterbuch, Berlin u.a. 258. Auf. 1998
- Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003
2. Weitere Literatur
- Beuken, W. M. A., 2010, Jesaja 28-39 (HThKAT), Freiburg
- Ebach, J., 2007, Genesis 37-50 (HThKAT), Freiburg
- Ego, B., 2017, Ester (BK.AT XXI), Göttingen
- Gamauf, R., 1997, Art. Castratio, in: Der Neue Pauly, Bd. 2, Stuttgart / Weimar, 1026-1027
- Guyot, P., 1998, Art. Eunuchen, in: Der Neue Pauly, Bd. 4, Stuttgart / Weimar, 256-258
- Hieke, T., 2014, Levitikus, 2 Bde. (HThKAT), Freiburg
- Kedar-Kopfstein, B., 1986, Art. סָרִיס sārîs, in: ThWAT, Bd. V, Stuttgart u.a., 948-954
- Koch, K., 2005, Daniel (BK.AT XXII/1), Neukirchen-Vluyn
- Otto, E., 2016, Deuteronomium 12-34. Erster Teilband 12,1-23,15 (HThKAT), Freiburg
- Rüterswörden, U., 1985, Die Beamten der israelitischen Königszeit (BWANT 117), Stuttgart
- Wahl, H.M., 2009, Das Buch Esther, Berlin / New York
Abbildungsverzeichnis
- Höfling auf einem assyrischen Relief. Die Darstellung ohne Bart deutet darauf hin, dass es sich um einen Eunuchen handelt. Er steht in einer Reihe von Höflingen vor dem König, die Hände zum Zeichen des Respekts gefaltet (Palast Sargons II. in Khorsabad; ca. 700 v. Chr.). Mit Dank an © The Trustees of the British Museum; BM 118823, lizenziert unter Creative Commons
-Lizenz, Attribution-Share Alike 4.0 International ; Zugriff 16.1.2020 - Philippus tauft den äthiopischen Eunuchen (handkolorierter Kupferstich nach Maarten de Vos; Buchillustration aus dem 16. Jh.). Aus: Gerard de Jorde, Thesaurus Novi Testamenti elegantissimis iconibus expressus continens historias atque miracula do[mi]ni nostri Iesu Christi, ca. 1580; mit Dank an © The Trustees of the British Museum; BM 1968,1018.1.363, lizenziert unter Creative Commons
-Lizenz, Attribution-Share Alike 4.0 International ; Zugriff 16.1.2020
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