Deutsche Bibelgesellschaft

Adoniram / Adoram / Hadoram

(erstellt: September 2009)

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1. Vorkommen

Unter dem Namen Adoniram (אדנירם ’ǎdonîrām) begegnet der für die Aufsicht der Fronarbeit zuständige → Beamte (על המס) → Salomos in 1Kön 4,6; 1Kön 5,28 (→ Fron / Frondienst). Ebenfalls als Aufseher über den Frondienst (על המס bzw. אשׁר על המס) wird in 2Sam 20,24 der Name Adoram (אדרם ’ǎdorām) als Beamter → Davids bzw. in 1Kön 12,18 Salomos und → Rehabeams genannt. In der Chronik-Parallelstelle (→ Chronikbücher) zu 1Kön 12,18, also in 2Chr 10,18, begegnet die Namensvariante „Hadoram“ (הדרם hǎdorām). Recht unwahrscheinlich wäre es, dass hier von drei verschiedenen Personen die Rede ist, die alle das Amt des Aufsehers über den Frondienst ausgeübt haben (Adoram zur Zeit Davids, Adoniram zur Zeit Salomos und wiederum Adoram zu Beginn der Herrschaft Rehabeams). In der Septuaginta steht an allen Stellen die gleiche Namensform Αδωνιραμ Adōniram.

Allerdings ist die Annahme einer personalen Identität nicht frei von Problemen. In diesem Fall hätte der als Adoniram (Langform) und Adoram (Kurzform) bezeichnete Beamte unter den Königen David, Salomo und Rehabeam, also mehr als vierzig Jahre, wirken müssen. Auch lassen sich die Namen Adoniram und Adoram etymologisch nur auf unterschiedliche Wurzeln zurückführen. Während אדנירם ’ǎdonîrām vom Hebräischen her „mein Herr ist erhaben“ (Wurzel: רום rwm) bedeutet, ist אדרם ’ǎdorām vom nordwestsemitischen Gottesnamen → Adad / Hadad abzuleiten (s. auch die chronistische Variante Hadoram). Möglich ist, dass der später als anstößig empfundene Name Adoram in Adoniram hebraisiert wurde (Müller, 34 [Neues Bibel-Lexikon]).

2. Das Amt des Aufsehers über die Fronarbeit

Die Mehrheit der Belege des Ausdrucks „Fronarbeit“ (מס mas) bezieht sich auf die erzwungene Verrichtung von Arbeitsleistungen einer unterworfenen bzw. einer abhängigen Gruppe für einen fremden Herrscher (Ex 1,11; Jes 31,8; Klgl 1,1) oder für eine andere ethnisch Gruppe, wobei das Abhängigkeitsverhältnis durch militärische Unterwerfung entstanden ist (Dtn 20,11; Jos 16,10; Jos 17,13 u.a.). Mit Blick auf die sonstige negative Konnotation des Ausdrucks „Fronarbeit“ überrascht, dass die Bautätigkeit Salomos mit Fronarbeit in Verbindung gebracht wird. Die Sichtweise ist dabei nicht stringent durchgehalten. Immerhin wird den 30.000 Männern, die im Rahmen ihrer Fronarbeit in den Libanon entsandt wurden, eine Aufteilung in einen einmonatigen Arbeitsdienst und einen (arbeitsfreien?) zweimonatigen Aufenthalt zu Hause zugestanden (1Kön 5,27). 1Kön 9,15 hält wertfrei fest, dass Salomo seine Bauprojekte in Jerusalem, Hazor, Megiddo und Gezer durch Fronarbeit hat realisieren lassen.

Offen zutage kommt der Konflikt, den die Belastung durch Fronarbeit auslöst, erst nach Salomos Tod. Auf die Forderung der Nordstämme nach einer Erleichterung des schweren Dienstes und Joches reagiert Rehabeam mit einer schroffen Abweisung, die den Abfall zur Folge hat (1Kön 12,17).

Dass Rehabeam in dieser Situation mit Adoniram ausgerechnet den obersten Aufseher über den Frondienst entsendet, stellt sich im Fortgang der Handlung als schwerwiegender Fehler heraus. Gegen Adoniram entlädt sich der Unmut von ganz Israel, das den verhassten Repräsentanten des Frondienstes zu Tode steinigt (1Kön 12,18).

3. Adonirams / Adorams Ende und das Ende des Großreiches

Die Steinigung Adorams in 1Kön 12,18 folgt auf den Bruch der Nordstämme mit der Davidendynastie (1Kön 12,1-16) und die Thronbesteigung → Jerobeams I. (1Kön 12,17). Die beiden Nachrichten, dass Israel zu seinen Zelten zurückgekehrt sei (1Kön 12,16b) und dass anschließend Jerobeams Regierungsantritt erfolgte, lässt dabei an einen Prozess von einer gewissen zeitlichen Dauer denken.

Der folgende Erzählzug, dass Rehabeam den Fronvogt Adoram sendet (וַיִּשְׁלַח wajjišlach), setzt voraus, dass der König und sein Beamter sich noch in → Sichem befinden und die Beauftragung Adorams einen letzten Versuch darstellt, das Blatt doch noch zu wenden (Noth, 278). Nach dem Eklat der „schimpflichen Ermordung“ Adorams (Noth, ebd.) konnte sich Rehabeam nur mit Mühe nach Jerusalem retten. Oder Rehabeam hatte Adoram zur Rekrutierung neuer Arbeitskräfte entsandt und dieser sei „irgendwo in Israel“ (Seebass, 331) getötet worden. Erst danach sei der König gezwungen gewesen, aus dem „unruhigeren Teil seines Reiches“ (Seebass, ebd.) zu fliehen.

Ob in der Entsendung Adorams ein letzter und hilfloser Versuch zur Besänftigung der Revolte zu sehen ist (Josephus, Antiquitates Judaicae VIII, 219-221 [Text gr. und lat. Autoren]; R. Kittel, 220), der angesichts der ausgebrochenen Revolution ein vergeblicher Tropfen auf dem heißen Stein blieb, oder ob der letzte Beschwichtigungsversuch törichterweise ausgerechnet durch den unbeliebten Minister für den Frondienst erfolgt ist (Donner, 266) oder ob die Maßnahme den Realitätsverlust des Königs widerspiegelt, der mit der Aushebung neuer Arbeiter für den Frondienst das Fass zum Überlaufen brachte (Seebass, ebd.), lässt sich von der erzählerischen Gestaltung her nicht entscheiden.

Bemerkenswert ist die Notiz in 1Kön 11,28, dass Jerobeam, der spätere Widersacher Salomos und erste König über die abgefallenen Nordstämme, im Rahmen des Frondienstes als „tüchtiger Mann“ Karriere macht und es bis zum höheren Beamten bringt. Demnach hat nach dem Tod des obersten Verantwortlichen des salomonischen Frondienstes mit Jerobeam ein nachgeordneter Beamter den Thron über das Nordreich bestiegen.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001

2. Weitere Literatur

  • Donner, H., 1995, Geschichte des Volkes Israel und seiner Nachbarn in Grundzügen. Bd. 2. Von der Königszeit bis zu Alexander dem Großen (GAT 4/2), 2. Aufl., Göttingen
  • Kittel, R., 1925, Geschichte des Volkes Israel. Bd. 2. Das Volk in Kanaan. Geschichte der Zeit bis zum Babylonischen Exil, Stuttgart
  • Noth, M., 1968, 1Könige 1-16 (Biblischer Kommentar. Altes Testament 9/1), Neukirchen-Vluyn
  • Seebass, H., 1967, Zur Königserhebung Jerobeams I., VT 17, 325-333
  • Rüterswörden, U., 1985, Die Beamten der israelitischen Königszeit (BWANT 17), Stuttgart

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