Hiob 11
5. Erste Rede Zophars
a) Hiobs Gerede verlangt Zurückweisung; Gott hat mit seinem Scharfblick Hiobs Schuld klar durchschaut und ihn noch mit Nachsicht bestraft
1Da nahm Zophar von Naama das Wort und sagte:
2»Soll (dieser) Wortschwall ohne Antwort bleiben und dieser Zungenheld recht behalten? 3Dein Gerede sollte Männer zum Schweigen bringen, und du solltest höhnen dürfen, ohne von jemand widerlegt zu werden?! 4Du hast ja doch behauptet: ›Meine Darlegung ist richtig‹, und: ›Ich stehe unsträflich in deinen Augen da!‹ 5Ach, möchte Gott doch reden und seine Lippen gegen dich auftun 6und dir die verborgenen Tiefen der Weisheit offenbaren, daß sie allseitig an wahrem Wissen sind! Dann würdest du erkennen, daß Gott dir einen Teil deiner Sündenschuld noch zugute hält. 7Kannst du den Urgrund der Gottheit erreichen oder bis zur Vollkommenheit des Allmächtigen vordringen? 8Himmelhoch ist sie – was kannst du denn erreichen? Tiefer als das Totenreich ist sie – wie weit reicht denn dein Wissen? 9Länger als die Erde ist ihr Maß und breiter als das Meer. 10Wenn er daherfährt und in Verhaft nimmt und zur Gerichtsverhandlung ruft – wer will ihm da wehren? 11Denn er kennt die nichtswürdigen Leute und nimmt das Unrecht wahr, ohne besonderer Aufmerksamkeit zu bedürfen.«
b) Hiob muß seine Verblendung ablegen; durch ernstliche Buße kann er noch das Heil erlangen, während der Frevler verloren ist
12»Da muß selbst ein Hohlkopf zu Verstand (oder: zur Besinnung) kommen und ein Wildeselfüllen zum Menschen umgeboren werden. 13Wenn du nun dein Herz in die rechte Verfassung setzen und deine Hände zu ihm (d. h. zu Gott) ausbreiten wolltest – 14klebt eine Schuld an deiner Hand, so entferne sie und laß in deinen Zelten kein Unrecht wohnen! –: 15ja, dann könntest du dein Angesicht vorwurfsfrei erheben und würdest wie aus Erz gegossen (= unerschütterlich) dastehen, frei von aller Furcht; 16ja, dann würdest du dein Leiden vergessen, würdest daran zurückdenken wie an Wasser, das sich verlaufen hat. 17Heller als der Mittag würde das Leben dir aufgehen; mag auch einmal Dunkel dich umgeben, wie lichter Morgen würde es werden. 18Du würdest dich dessen getrösten, daß noch Hoffnung vorhanden sei, und wenn du Umschau hieltest, getrost dich zum Schlafen niederlegen; 19du würdest dich lagern, ohne von jemand aufgeschreckt zu werden, und viele würden sich um deine Gunst bemühen. 20Dagegen die Augen der Frevler erlöschen: für sie ist jede Möglichkeit zum Entfliehen verloren, und ihre (einzige) Hoffnung ist – die Seele (= das Leben) auszuhauchen!«
Die Heilige Schrift, übersetzt von Hermann Menge. Neuausgabe © 1949/2003 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart. Apokryphen aus: Die Heilige Schrift des Alten und Neuen Testaments, übersetzt von Hermann Menge © 1967, Württembergischen Bibelanstalt, Stuttgart