Prediger 4
7. Weitere Überlstände des irdischen Lebensglücks
a) Unterdrückung, Eifersucht und teils ruhelose Arbeit, teils träge Ruhe entwerten das Leben
1Und wiederum betrachtete ich alle Bedrückungen, die unter der Sonne verübt werden; ich sah da die Tränen der Bedrückten, die keinen Tröster hatten und von seiten ihrer Bedrücker Gewalttat (oder: Mißhandlung) erlitten, ohne daß jemand Trost für sie hatte. 2Da pries ich die Toten, die längst gestorben sind, glücklicher als die Lebenden, die jetzt noch am Leben sind; 3aber glücklicher als beide pries ich den, der noch nicht ins Dasein getreten ist und deshalb das böse Treiben noch nicht gesehen hat, das unter der Sonne stattfindet.
4Weiter habe ich eingesehen, daß alle Mühe und aller Erfolg, den man bei seiner Tätigkeit hat, nur eine Folge der Eifersucht (oder: des Neides) des einen gegen den andern ist. Auch das ist nichtig und ein Haschen nach Wind. 5Der Tor dagegen legt die Hände ineinander (= in den Schoß) und zehrt von seinem eigenen Fleisch: 6»Besser ist eine Hand voll Ruhe als beide Fäuste voll Arbeit und Haschen nach Wind.«
b) Das Sichmühen des Alleinstehenden ist zwecklos; zwei vereint Arbeitende sind besser daran
7Ich habe auch noch ein anderes Beispiel eitlen Mühens unter der Sonne gesehen: 8Da ist einer, der ganz allein steht ohne Freunde und Genossen; auch einen Sohn und Bruder hat er nicht; gleichwohl wird er nicht müde, sich zu plagen, und seine Augen sehen sich am Reichtum nicht satt (er müßte sich doch sagen): »Für wen mühe ich mich ab und versage mir jeden Genuß?« Auch das ist nichtig und ein verfehltes Tun.
9Besser sind zwei daran als ein Einzelner, weil ihnen ein guter Lohn für ihre Mühe zuteil wird; 10denn wenn sie fallen, so hilft der eine dem andern wieder auf. Wehe aber dem Einzelnen! Wenn er hinfällt, ist kein Zweiter da, um ihm wieder aufzuhelfen! 11So auch, wenn zwei zusammen schlafen, so wärmen sie sich gegenseitig; aber ein Einzelner, wie soll dem warm werden? 12Und während jemand einen Einzelnen überwältigen mag, so werden sie zu zweit vor ihm standhalten, und (gar) eine dreifache Schnur wird nicht so bald zerreißen.
c) Mitteilung eines geschichtlichen Vorgangs, durch den die Beobachtung des Predigers, daß Volksgunst unzuverlässig sei, bestätigt wird
13Ein armer, aber weiser Jüngling ist mehr wert als ein alter, jedoch törichter König, der keine Belehrung (oder: Warnung) mehr annimmt. 14Denn aus dem Gefängnis gelangte er auf den Thron, obgleich er unter der Regierung jenes in Armut geboren war. 15Ich sah alle Lebenden, die unter der Sonne wandelten, die Partei des Jünglings ergreifen, der an jenes Stelle treten sollte: 16endlos war die Menge aller derer, die ihn sich zum Führer erkoren hatten. Gleichwohl freuten die Späteren sich seiner nicht mehr. So war denn auch dieses nichtig und ein Haschen nach Wind.
8. Mahnung zur Vorsicht bei der Ausübung gottesdienstlicher Pflichten (beim Opfer, beim Gebet und bei Gelübden)
17Gib acht auf deinen Fuß, wenn du zum Hause Gottes gehst; denn hintreten, um zu hören (oder: gehorsam zu sein), ist besser, als wenn die Toren Opfer darbringen: sie wissen ja nichts weiter als Böses zu tun. –
Die Heilige Schrift, übersetzt von Hermann Menge. Neuausgabe © 1949/2003 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart. Apokryphen aus: Die Heilige Schrift des Alten und Neuen Testaments, übersetzt von Hermann Menge © 1967, Württembergischen Bibelanstalt, Stuttgart