2. Das Lied Moses
1Horcht auf, ihr Himmel, denn ich will reden,
und die Erde vernehme die Worte meines Mundes!
2Wie Regen ergieße sich meine Belehrung,
wie Tau riesele meine Rede,
wie Regenschauer auf junges Grün
und wie Regentropfen auf Pflanzen!
3Denn den Namen (= Ruhm) des HERRN will ich verkünden:
gebt unserm Gott die Ehre!
4Er ist ein Fels, vollkommen ist sein Tun,
denn alle seine Wege sind recht;
ein Gott der Treue und ohne Falsch,
gerecht und wahrhaftig ist er.
5Übel haben an ihm gehandelt, die wegen ihrer Verworfenheit nicht seine Söhne (oder: Kinder) sind,
ein verderbtes und verkehrtes Geschlecht.
6Durftest du dem HERRN so vergelten,
du törichtes und unverständiges Volk?
Ist nicht er dein Vater, der dich geschaffen?
Hat nicht er dich gemacht und bereitet?
7Gedenke der Tage der Vorzeit,
betrachte die Jahre von Geschlecht zu Geschlecht!
Frag deinen Vater, der wird dir’s kundtun,
deine Greise, die werden dir’s erzählen:
8Als der Höchste den Völkern ihren Erbbesitz zuteilte,
als er die Menschenkinder voneinander schied,
da setzte er die Gebiete (oder: Grenzen) der Stämme fest
nach der Zahl der Kinder Israel.
9Denn der Anteil des HERRN ist sein Volk,
Jakob der Bezirk seines Erbguts.
10Er fand es im Bereich der Wüste,
in der Einöde voll Geheul der Wildnis;
er umhegte es schützend, nahm sich seiner an,
hütete es wie seinen Augapfel.
11Wie ein Adler, der seine Brut aus dem Nest hinausführt
und über seinen Jungen flatternd schwebt,
seine Fittiche über sie breitet, sie aufnimmt,
sie trägt auf seinen Schwingen:
12so leitete der HERR allein das Volk,
kein fremder Gott war mit ihm (oder: bei ihm).
13Er ließ es auf den Höhen der Erde einherfahren,
und es aß die Erträgnisse des Gefildes;
er ließ es Honig aus Felsen schlürfen
und Öl aus Kieselgestein,
14Sahne von Kühen und Milch vom Kleinvieh,
dazu das Fett von Lämmern und Widdern,
Sprößlinge (d. h. Stiere) von Basan und Böcke
samt dem Nierenfett des Weizens;
und Traubenblut trankst du, feurigen Wein.
15Da wurde Jeschurun fett und schlug aus
– ja, fett wurdest du, wurdest dick, wurdest feist! –
und verwarf den Gott, der ihn geschaffen,
und verachtete den Felsen seines Heils.
16Sie reizten ihn zur Eifersucht durch fremde Götter,
erbitterten ihn durch greulichen Götzendienst:
17sie opferten den Dämonen, die nicht Gott sind,
Göttern, die (vorher) ihnen unbekannt gewesen,
neuen Göttern, die erst vor kurzem aufgekommen waren,
die eure Väter nicht verehrt hatten.
18Des Felsens, der dir das Dasein gegeben, gedachtest du nicht mehr
und vergaßest den Gott, dem du das Entstehn verdanktest.
19Der HERR sah es und verwarf sie
voll Unmuts über seine Söhne und Töchter;
20er sprach: »Ich will mein Angesicht vor ihnen verbergen,
will sehen, welches ihr Ausgang sein wird;
denn ein Geschlecht voll Verkehrtheit sind sie,
Kinder, in denen keine Treue wohnt.
21Sie haben mich zur Eifersucht gereizt durch Nicht-Götter,
mich erbittert durch ihre nichtigen Götzen;
so will auch ich sie zur Eifersucht reizen durch ein Nicht-Volk,
durch einen unverständigen Volksstamm sie erbittern.
22Denn ein Feuer ist durch meinen Zorn entbrannt
und hat bis in die Tiefen der Unterwelt gelodert;
es hat die Erde samt ihrem Ertrag verzehrt
und die Grundfesten der Berge in Flammen gesetzt.
23Ich will Leiden auf sie häufen,
meine Pfeile gegen sie verbrauchen:
24sind sie vor Hunger verschmachtet
und von Fieberglut und giftigen Seuchen verzehrt,
so will ich den Zahn wilder Tiere gegen sie loslassen
samt dem Gift der im Staube kriechenden Schlangen.
25Draußen soll das Schwert sie (der Angehörigen) berauben
und drinnen daheim der Schrecken (sie wegraffen),
den Jüngling wie die Jungfrau,
den Säugling mitsamt dem Graukopf.«
26Ich hätte gesagt: »Zerstreuen (oder: zerschlagen) will ich sie,
ihr Gedächtnis unter den Menschen verschwinden lassen!«,
27wenn nicht Verdruß ich vom Feinde her fürchtete,
daß nämlich ihre Widersacher es falsch deuteten,
daß sie sagen möchten: »Unsere Hand hat obgesiegt,
und nicht der HERR hat dies alles vollbracht!«
28Denn ein Volk sind sie, dem alle Einsicht abgeht,
und kein Verständnis findet sich bei ihnen.
29Wären sie weise, daß sie dies begriffen,
so würden sie bedenken, welches ihr Endgeschick sein wird.
30Wie könnte ein einziger Tausend vor sich hertreiben
und zwei Zehntausend in die Flucht schlagen,
hätte nicht ihr Fels sie verkauft
und der HERR sie preisgegeben?
31Denn nicht wie unser Fels ist ihr Fels;
das müssen unsere Feinde selbst anerkennen.
32Doch vom Weinstock Sodoms stammt ihr Weinstock
und aus den Gefilden Gomorrhas:
ihre Trauben sind Gifttrauben,
gallenbittre Beeren haben sie;
33Schlangengeifer ist ihr Wein
und grausiges Otterngift.
34»Liegt das nicht bei mir aufbewahrt,
versiegelt in meinen Schatzkammern?
35Mir steht die Rache und Vergeltung zu
für die Zeit, da ihr Fuß wanken wird;
denn nahe ist der Tag ihres Verderbens,
und eilends kommt das ihnen bestimmte Schicksal heran.«
36Denn der HERR wird sein Volk richten,
aber seiner Knechte sich erbarmen,
wenn er sieht, daß jeder Halt geschwunden
und daß dahin sind Hörige wie Freie.
37Da wird er sagen: »Wo sind nun ihre Götter,
der Fels, auf den sie sich verließen?
38Wo sind die, welche das Fett ihrer Schlachtopfer aßen,
den Wein ihrer Gußopfer tranken?
Sie mögen auftreten und euch helfen,
damit sie euer Schirm sind!
39Erkennet jetzt, daß ich allein es bin
und neben mir kein andrer Gott besteht!
Ich bin’s, der tötet und lebendig macht,
ich verwunde, aber heile auch wieder,
und niemand kann aus meiner Hand erretten!
40Nun denn, ich erhebe meine Hand zum Himmel
und gelobe: So wahr ich ewig lebe:
41Hab’ ich mein blitzendes Schwert geschärft
und hat meine Hand zum Gericht gegriffen,
so werde ich Rache an meinen Feinden nehmen
und denen vergelten, die mich hassen!
42Meine Pfeile will ich mit Blut trunken machen
– und mein Schwert soll Fleisch fressen –
mit dem Blut der Erschlagnen und Gefangnen,
vom Haupt der Fürsten des Feindes!«
43Jubelt, ihr Heidenvölker, über sein Volk!
denn er wird das Blut seiner Knechte rächen
und Rache an seinen Bedrängern nehmen
und entsünd’gen sein Land, sein Volk.
3. Letzte Einschärfung des Gesetzes; Mose empfängt Weisungen bezüglich seines bevorstehenden Todes
44Mose ging dann hin und trug den ganzen Wortlaut dieses Liedes dem Volke laut vor, er und Hosea (= Josua), der Sohn Nuns (vgl. 4. Mose 13,16). 45Als Mose aber dieses ganze Lied allen Israeliten bis zu Ende vorgetragen hatte, 46sagte er zu ihnen: »Beherzigt all diese Worte, die ich euch heute feierlich ans Herz lege! Ihr sollt sie euren Kindern einprägen, damit sie auf die sorgfältige Beobachtung aller Bestimmungen dieses Gesetzes bedacht sind; 47denn es ist kein bedeutungsloses Wort für euch, sondern euer Leben hängt davon ab, und durch die Beobachtung dieses Wortes werdet ihr ein langes Bestehen in dem Lande gewinnen, in das ihr jetzt über den Jordan zieht, um es in Besitz zu nehmen.«
48An demselben Tage aber sagte der HERR zu Mose (vgl. 4. Mose 27,12-14): 49»Steige auf das Gebirge Abarim hier, auf den Berg Nebo, der im Lande der Moabiter, Jericho gegenüber, liegt, und sieh dir das Land Kanaan an, das ich den Israeliten zum Eigentum geben will. 50Dann sollst du auf dem Berge, auf den du hinaufsteigen wirst, sterben und zu deinen Stammesgenossen versammelt werden, wie dein Bruder Aaron auf dem Berge Hor gestorben und zu seinen Stammesgenossen versammelt worden ist. 51Denn ihr habt euch inmitten der Israeliten am Haderwasser von Kades in der Wüste Zin treulos gegen mich erwiesen, weil ihr inmitten der Israeliten mir nicht als dem Heiligen die Ehre gegeben habt. 52Denn nur gegenüber sollst du in das Land, das ich den Israeliten geben will, hineinsehen, aber nicht in das Land selbst hineinkommen!«