Die Rede des Stephanus: 7,1–53
1Der Hohepriester aber fragte: Ist das wahr? 2Stephanus antwortete: Brüder und Väter, hört mich an! Der Gott der Herrlichkeit erschien unserem Vater Abraham, als er in Mesopotamien lebte, ehe er sich in Haran niederließ, 3und sagte zu ihm: Zieh weg aus deinem Land und aus deiner Verwandtschaft und geh in das Land, das ich dir zeigen werde! 4Da zog er aus dem Land der Chaldäer fort und ließ sich in Haran nieder. Von dort ließ Gott ihn nach dem Tod seines Vaters in dieses Land übersiedeln, in dem ihr jetzt wohnt. 5Er hat ihm darin kein Erbteil gegeben, auch nicht einen Fußbreit, doch hat er verheißen, das Land ihm und seinen Nachkommen zum Besitz zu geben, obwohl er kinderlos war. 6So sprach Gott: Seine Nachkommen werden als Fremde in einem Land wohnen, das ihnen nicht gehört; und man wird sie zu Sklaven machen und sie vierhundert Jahre lang hart behandeln. 7Aber auch über das Volk, dem sie als Sklaven dienen, werde ich Gericht halten, sprach Gott, und danach werden sie ausziehen und mich an diesem Ort verehren. 8Und er gab ihm den Bund der Beschneidung. So zeugte Abraham den Isaak und beschnitt ihn am achten Tag, ebenso Isaak den Jakob und Jakob die zwölf Patriarchen. 9Die Patriarchen aber waren eifersüchtig auf Josef und verkauften ihn nach Ägypten; doch Gott war mit ihm. 10Er rettete ihn aus allen seinen Nöten, schenkte ihm Weisheit und die Gunst des Pharao, des Königs von Ägypten, und er bestellte ihn zum Herrscher über Ägypten und über sein ganzes Haus. 11Es kam aber eine Hungersnot über ganz Ägypten und Kanaan und das Elend war groß. Auch unsere Väter hatten keine Nahrung mehr. 12Als Jakob hörte, dass es in Ägypten Getreide gab, schickte er unsere Väter ein erstes Mal dorthin. 13Beim zweiten Mal gab Josef sich seinen Brüdern zu erkennen und dem Pharao wurde Josefs Herkunft bekannt. 14Josef aber ließ seinen Vater Jakob und seine ganze Familie holen: fünfundsiebzig Menschen. 15So zog Jakob nach Ägypten hinab; und er starb und auch unsere Väter starben. 16Man brachte sie nach Sichem und bestattete sie in dem Grab, das Abraham von den Söhnen Hamors in Sichem für Silbergeld gekauft hatte.
17Als aber die Zeit der Verheißung herankam, die Gott dem Abraham zugesagt hatte, vermehrte sich das Volk und breitete sich in Ägypten aus, 18bis ein anderer über Ägypten König wurde, der von Josef nichts wusste. 19Er ging gegen unser Volk heimtückisch vor und zwang unsere Väter, ihre Kinder auszusetzen; sie sollten nicht am Leben bleiben. 20In dieser Zeit wurde Mose geboren und Gott hatte Gefallen an ihm. Drei Monate lang wurde er im Haus seines Vaters aufgezogen; 21als er aber ausgesetzt wurde, nahm ihn die Tochter des Pharao auf und erzog ihn als ihren Sohn. 22Und Mose wurde in aller Weisheit der Ägypter ausgebildet und er war mächtig in Wort und Tat. 23Als er vierzig Jahre alt war, reifte in ihm der Gedanke, nach seinen Brüdern, den Söhnen Israels, zu sehen. 24Und als er sah, wie einem von ihnen Unrecht geschah, kam er dem Unterdrückten zu Hilfe und rächte ihn, indem er den Ägypter erschlug. 25Er dachte, seine Brüder würden begreifen, dass Gott ihnen durch seine Hand Rettung bringen wolle; doch sie begriffen es nicht. 26Am folgenden Tag kam er dazu, wie sie sich stritten; er versuchte, sie auszusöhnen und Frieden zu stiften, und sagte: Männer, ihr seid doch Brüder. Warum tut ihr einander Unrecht? 27Der Mann aber, der seinem Nächsten Unrecht getan hatte, stieß ihn weg und sagte: Wer hat dich zum Anführer und Schiedsrichter über uns bestellt? 28Willst du mich etwa umbringen, wie du gestern den Ägypter umgebracht hast? 29Daraufhin floh Mose und hielt sich als Fremder in Midian auf; dort wurden ihm zwei Söhne geboren. 30Als vierzig Jahre vergangen waren, erschien ihm in der Wüste beim Berg Sinai ein Engel im Feuer eines brennenden Dornbusches. 31Als Mose die Erscheinung sah, wunderte er sich darüber. Er ging näher hin, um sie genauer zu betrachten. Da ertönte die Stimme des Herrn: 32Ich bin der Gott deiner Väter, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs. Mose begann zu zittern und wagte nicht hinzusehen. 33Da sagte der Herr zu ihm: Zieh deine Schuhe aus! Denn der Ort, wo du stehst, ist heiliger Boden. 34Ich habe das Elend meines Volkes in Ägypten gesehen und seine Klage gehört. Ich bin herabgestiegen, um sie zu retten. Und jetzt geh, ich sende dich nach Ägypten. 35Diesen Mose, den sie verleugnet hatten mit den Worten: Wer hat dich zum Anführer und Schiedsrichter bestellt?, ihn hat Gott als Anführer und Befreier gesandt durch die Hand des Engels, der ihm im Dornbusch erschien. 36Dieser Mose hat sie herausgeführt, indem er Zeichen und Wunder tat in Ägypten und im Roten Meer und in der Wüste, vierzig Jahre lang. 37Dies ist der Mose, der zu den Söhnen Israels gesagt hat: Einen Propheten wie mich wird Gott euch aus euren Brüdern erwecken. 38Dieser stand bei der Versammlung des Volkes in der Wüste zwischen dem Engel, der mit ihm auf dem Berg Sinai redete, und unseren Vätern. Er hat Worte des Lebens empfangen, um sie uns zu geben. 39Aber unsere Väter wollten sich ihm nicht unterordnen; sie wiesen ihn ab und wandten ihr Herz nach Ägypten zurück. 40Sie sagten zu Aaron: Mach uns Götter, die vor uns herziehen! Denn dieser Mose, der uns aus Ägypten herausgeführt hat - wir wissen nicht, was mit ihm geschehen ist. 41Und sie fertigten in jenen Tagen das Standbild eines Kalbes an, brachten dem Götzen ein Opfer dar und freuten sich über das Werk ihrer Hände. 42Da wandte sich Gott ab und überließ sie dem Sternenkult, wie es im Buch der Propheten heißt: Habt ihr mir etwa Schlachttiere und Opfer dargebracht während der vierzig Jahre in der Wüste, ihr vom Haus Israel? 43Das Zelt des Molochs und den Stern des Gottes Raifan habt ihr herumgetragen, die Bilder, die ihr gemacht habt, um sie anzubeten. Darum will ich euch in die Gebiete jenseits von Babylon verbannen.
44Unsere Väter hatten in der Wüste das Bundeszelt. So hat Gott es angeordnet; er hat dem Mose befohlen, es nach dem Vorbild zu errichten, das er geschaut hatte. 45Und unsere Väter haben es übernommen und mitgebracht, als sie unter Josua das Land der Heidenvölker besetzten, die Gott vor den Augen unserer Väter vertrieb, bis zu den Tagen Davids. 46Dieser fand Gnade vor Gott und bat für das Haus Jakob um ein Zeltheiligtum. 47Salomo aber baute ihm ein Haus. 48Doch der Höchste wohnt nicht in dem, was von Menschenhand gemacht ist, wie der Prophet sagt: 49Der Himmel ist mein Thron und die Erde der Schemel für meine Füße. Was für ein Haus könnt ihr mir bauen?, spricht der Herr. Oder welcher Ort kann mir als Ruhestätte dienen? 50Hat nicht meine Hand dies alles gemacht?
51Ihr Halsstarrigen, unbeschnitten an Herzen und Ohren! Immerzu widersetzt ihr euch dem Heiligen Geist, eure Väter schon und nun auch ihr. 52Welchen der Propheten haben eure Väter nicht verfolgt? Sie haben die getötet, die die Ankunft des Gerechten geweissagt haben, dessen Verräter und Mörder ihr jetzt geworden seid, 53ihr, die ihr durch die Anordnung von Engeln das Gesetz empfangen, es aber nicht gehalten habt.
Die Steinigung des Stephanus: 7,54–8,1a
54Als sie das hörten, waren sie in ihren Herzen aufs Äußerste über ihn empört und knirschten mit den Zähnen gegen ihn. 55Er aber, erfüllt vom Heiligen Geist, blickte zum Himmel empor, sah die Herrlichkeit Gottes und Jesus zur Rechten Gottes stehen 56und rief: Siehe, ich sehe den Himmel offen und den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen. 57Da erhoben sie ein lautes Geschrei, hielten sich die Ohren zu, stürmten einmütig auf ihn los, 58trieben ihn zur Stadt hinaus und steinigten ihn. Die Zeugen legten ihre Kleider zu Füßen eines jungen Mannes nieder, der Saulus hieß. 59So steinigten sie Stephanus; er aber betete und rief: Herr Jesus, nimm meinen Geist auf! 60Dann sank er in die Knie und schrie laut: Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an! Nach diesen Worten starb er.