Andere Schreibweise: Selah (engl.), Sélah (frz.)
(erstellt: Oktober 2021)
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Sela (hebr. סֶלָה sælāh) ist ein biblisch-hebräisches Wort unbekannter Bedeutung, das biblisch ausschließlich in → Psalmen
1. Sela als Gliederungssignal
Im Konsonantentext der Psalmen steht Sela außerhalb des Psalmentextes. So wird es auch in der Septuaginta, in allen Übersetzungen in moderne Sprachen und in gängigen Wörterbüchern (vgl. DCH 6,159; Gesenius, 544-545; Gesenius, 18. Aufl., 888; HALAT, 714; KAHAL, 378) behandelt. Die Forschung hat dieses paratextuelle Sela unterschiedlich zu erklären versucht, ohne je zu einem Konsens über seine Etymologie oder Bedeutung zu finden.
1.1. Sela im biblischen Konsonantentext
Sela kommt 71 Mal in 39 Psalmen des Psalters und außerhalb des Psalters weitere drei Male im Psalmgebet Hab 3
Nach Büchern aufgeteilt steht Sela in neun Psalmen des ersten (Ps 3-4; Ps 7
Mit Sicherheit lässt sich über Sela im hebräischen Konsonantentext lediglich sagen, dass es sich um ein Gliederungssignal handelt. Die beiden Teile, aus denen Ps 108 besteht (Ps 108,2-6
1.2. Sela als Diapsalma
Die → Septuaginta
Am Ende eines Psalms lässt die Septuaginta Sela regelmäßig fort (Ps 3,9
Diapsalma wird meist mit ‚Zwischenspiel‘ (Parisot, 580; Rehkopf, 75 [mit Fragezeichen]; Lyon, 204) oder, da das Präverb δια- dia- in διαψάλλεσθαι diapsallesthai ‚zupfen‘ bei Eupolis (fr. 77 Kock = fr. 88 Kassel / Austin) nicht ‚zwischendurch‘ bedeuten kann, vielleicht treffender mit ‚Instrumentalteil‘ wiedergegeben. Dagegen steht jedoch die einmalige Übersetzung ᾠδὴ διαψάλματος ōidē diapsalmatos ‚Gesang eines Diapsalmas‘ für הִגָּי֥וֹן סֶֽלָה higgājōn sælāh (Ps 9,17
1.3. Ältere und neuere Erklärungsversuche
Die patristische Tradition zu Sela-Diapsalma hängt letztlich von → Origenes
Einige ältere Erklärungen verweisen auf mTam 7,3: Jacob (139.144.170) und Parisot (580-581) vermuten in Sela das Zeichen für die dort beschriebenen Abschnitte im Tempelgesang, an denen die Gesangsstimmen zugunsten der Instrumentalbegleitung pausierten. Snaith (43) wird von der Annahme, die Stelle spreche von immer genau drei Abschnitten, dazu verleitet, diese Dreigliederung textkritisch eigenmächtig überall im Psalter herzustellen. Ihm folgen im Wesentlichen Malachi (108-109), der aber Sela mit „סילוק“ sjlwq (‚Unterbrechung‘) oder „הפסקה“ hfsqh (‚Pause‘) wiedergibt, und Koller. Andere Erklärungen leiten Sela von der Wurzel סלל sll ‚erheben‘ ab: So vermutet Briggs (1899a, 143), an den Stellen sei die Stimme zu erheben, um eine Segensformel oder eine Doxologie anzustimmen. Gleichzeitig kommt seine Tochter (Briggs 1899b, 28-29) im Grunde zu demselben Ergebnis. Ähnlich geht Guidi (554) davon aus, an diesen Stellen seien kurze Gebete gesprochen worden. Allein Hemmerdinger (152) geht über pers. salā ‚das Stimmen der Saiten‘ in eine Richtung, die auch für Sela eine dem Diapsalma (‚Saitenspiel‘) entsprechende Bedeutung annimmt. Andere Erklärungen sehen in Sela ein Wiederholungszeichen: Nach Gyllenberg (1918, 347.355; 1941, 153) ist der auf Sela folgende Vers im Chor zu singen, nach Stieb hingegen, der Sela mit „da capo“ übersetzt (1911, 317; 1913, 678; 1954, 82), ist der voranstehende Vers zu wiederholen. Andere Erklärungen versetzen die erst später nachweisbare eschatologische Reinterpretation an den Anfang der Entwicklung: Candiard (248) hält Sela für eine eschatologische Relektüre des Verses, bei dem es steht. Lyon (185.200.213.252.260.283-284.286) vermutet, Sela kennzeichne Stellen, die um eschatologische Themen wie die Königsherrschaft Jahwes, göttliches Gericht, Sünde und Vergebung kreisen. Weitere Erklärungen bieten die einschlägigen Psalmenkommentare.
2. Sela als Temporaladverb
In den Rezensionen der Septuaginta, insbesondere der des Aquila, in den syrischen Übersetzungen und im Targum tritt eine Neuinterpretation von Sela zu einem Temporaladverb zutage, die aus dem Paratext einen Bestandteil des umgebenden Kontextes macht. Sie ist auch in der inschriftlich nachweisbaren formelhaften Verbindung von Sela mit Amen vorausgesetzt. Und sie wirkt noch in der masoretischen Akzentuation fort (→ Bibeltext / Textkritik
2.1. Reinterpretation von Sela
Die ältere Übersetzung Diapsalma wird zunächst durch bloße Transkription rückgängig gemacht, so in der Zwölfprophetenrolle 8ḤevXIIgr (1. Jh. v. / n.Chr.) durch σελε sele (Hab 3,13
Die Hexapla (→ Origenes
Dass Sela mitgelesen wurde, ist erstmals in 11QPsApa / 11Q11 VI,14 belegt, wo ihm ויענו wj‛nw ‚und sie sollen antworten‘ vorausgeht (Lyon, 246). Die Umdeutung von Sela zu einem Temporaladverb gelingt syntaktisch ungehindert, führt aber semantisch zu einem eschatologischen Verständnis der betreffenden Verse. Sie ist daher sicher nicht das Ergebnis einer eschatologischen Relektüre des Psalters (gegen Candiard, 248), sondern vielmehr deren Auslöser (→ Eschatologie
2.2. Sela als Schlussformel
Jüdische Inschriften verbinden dieses Adverb Sela mit Amen zu einer bekräftigenden Schlussformel, meist in der Form אמן אמן סלה ’āmēn ’āmēn sælāh ‚Amen, Amen, Sela‘ (das heißt: ‚So sei es für immer und ewig‘). Diese Formel begegnet in Synagogeninschriften (Dothan, 53-54; Gregg / Urman, 95; Lyon, 266-271), auf magischen Beschwörungsschalen (Lyon, 271-276) und im Talmud (bBB 73a, bYom 84a). Sie dringt auch, wie eine Inschrift aus Gerasa aus dem 5. Jh. zeigt, ins Griechische ein: Ἀμήν. Σελά. Ἐρήνη τῇ συναγωγῇ Amēn. Sela. Erēnē tēi synagōgēi ‚Amen, Sela, Friede der Synagoge‘ (fr. 10 Roth-Gerson, 46-47). Und bis heute enden Gebete für den Staat Israel mit ihr (Schuller, 58).
2.3. Sela in der masoretischen Akzentuation
Auch die masoretische Akzentuation steht in der Tradition dieser Reinterpretation, wenn die Masoreten Sela mit verbindenden Akzenten eng an das voranstehende Wort anknüpfen (Ps 62,5
Literaturverzeichnis
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- Die Musik in Geschichte und Gegenwart, 2. Aufl., Kassel / Stuttgart 1994-2008
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- Guidi, I., 1905, הגיון סלה ,הגה, RB 2, 553-555
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- Stieb, R., 1954, Ein dunkles Wort der Bibel aufgeklärt, DtPfrBl 54, 82-83
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