Topographie als Theologie, NT
(erstellt: Februar 2019)
Permanenter Link zum Artikel: https://bibelwissenschaft.de/stichwort/200655/
Digital Object Identifier: https://doi.org/10.23768/wirelex.Topographie_als_Theologie_NT.200655
Wie Jesus zu verstehen ist, was seine Botschaft ausmacht und für heute bedeutet, ist nicht nur aus der Bibel zu rekonstruieren. Auch Topographie ist Theologie. Die Orte, die Jesus aufsucht, die Landschaft, die er durchzieht, sind so etwas wie ein „fünftes Evangelium“, das zu lesen vieles erschließt, was in den vier verschrifteten Evangelien zu finden ist (Pixner, 1992).
Topographie als Theologie zu deuten, hat viele Gründe. Es macht deutlich, dass Jesus nicht jenseits der geschichtlichen und geographischen Kontexte gedeutet werden kann. Die agrarische Welt, die er in den Gleichnissen anspricht (vgl. Mk 4
Erkundungen der Topographie sind so nicht nur geographiewissenschaftlichem Interesse geschuldet, sondern stellen eine genuin theologische Aufgabe dar, insofern sie zum Verstehen der Rede und Taten Jesu, seiner Person und seines Schicksals beitragen. Der folgende Beitrag kann nicht die Fülle, der in den Evangelien und der Briefliteratur genannten Orte erörtern. Aber er versucht, für die Jesusgeschichte und die Urgemeinde wichtige Topoi zu beschreiben, in ihrem theologischen Gehalt zu verdeutlichen und damit Anknüpfungspunkte für heutige Lernmöglichkeiten aufzuzeigen.
Die Auswahl orientiert sich einerseits am Lebensweg Jesu und damit einer chronologischen Abfolge. Andererseits werden die Orte nach ihrer Bedeutsamkeit für die Jesusgeschichte und die Urgemeinde ausgewählt und spiegeln auf diese Art und Weise ein theologisches Programm wider.
1. Galiläa: Von der Peripherie in das Zentrum – Topographie als theologisches Programm
Galiläa, der Landstrich im Nordosten Israels, spielt im AT keine Rolle. Insgesamt wird Galiläa in der hebräischen Bibel nur sechsmal erwähnt: Jos 20,7
Josephus Flavius (Bel III, 3,2f.) beschreibt Galiläa als fruchtbares Land, das sich durch eine gute geologische wie klimatische Lage auszeichnet, so dass kein Teil brach liegt. Galiläa kennt zwei scharf getrennte Jahreszeiten: trockene Sommer und regenreiche Winter. Es gibt Weizen im Überfluss genauso wie Oliven und auch Weinbau, wenn auch nicht so üppig wie Getreide und Oliven.
Um die Zeitenwende ist Galiläa dicht besiedelt. Sepphoris und Kafarnaum sind die beiden bedeutendsten Städte. Während Kafarnaum auch im Leben Jesu eine Rolle spielt, ist die Residenz des Herodes Antipas, obwohl strategisch höchst bedeutsam (zwei Handelsstraßen führen an ihr vorbei: die Via Maris und die Querverbindung vom See Gennesaret nach Ptmolemais = Akko), für die Evangelien uninteressant. Politisch, religiös und geographisch markiert Galiläa die Peripherie. Es spielt so gut wie keine Rolle für das politische und religiöse Machtzentrum in Jerusalem und liegt auch geographisch von den Palästen des Herodes und dem Tempel weit entfernt. Für Jesus selbst aber gehören Nazaret und vor allem der See neben ganz Galiläa zu den wichtigsten geographischen Haftpunkten seines Lebens. Von Galiläa nach Jerusalem zu ziehen, von der Peripherie ins Zentrum, von der tief gelegenen Landschaft zum hochgelegenen Jerusalem ist nicht nur eine geographische Aussage, sondern ein theologisches Programm: die Botschaft Jesu ist eine, die die Menschen am Rand in die Mitte holt und die Peripherie zum theologischen Erkenntnisort erklärt. Das wird in der Einzelanalyse der markantesten galiläischen Orte immer wieder mit je eigenen Nuancen deutlich werden.
1.1. Nazaret vs. Betlehem – Garantinnen des wahren Menschseins Jesu
Nazaret, das Dorf im galiläischen Bergland, ist fest mit Jesus verbunden und Jesus mit ihm. Elfmal wird Nazaret in den Evangelien erwähnt, und zwar immer im Zusammenhang mit Jesus. Insgesamt zwanzigmal kommen Wortverbindungen vor wie z.B., dass Jesus als einer aus Nazaret beschrieben wird (z.B. Lk 1,16
Nazaret ist zur Zeit Jesu eine unbedeutende kleine Stadt bzw. ein Dorf. Die großen Handelsstraßen ziehen an Nazaret vorbei, der Tempel in Jerusalem und damit das religiöse Zentrum liegen weit entfernt, der galiläische Dialekt, der in Nazaret gesprochen wird, ist in anderen Gegenden verpönt, die Dekapolis mit ihrer heidnischen, unbeliebten Bevölkerung ist nicht weit entfernt und taucht Nazaret ebenso ins Zwielicht. In Nazaret geboren und aufgewachsen zu sein, bedeutet, dass nicht das Zentrum, sondern die Peripherie, nicht der Königspalast in Jerusalem, sondern eine unbedeutende Wohnhöhle wie sie um die Zeitenwende üblich war, Jesu Geschichte bestimmen. Nazaret wird theologisch gesehen zum Inbegriff dafür, dass nicht erst das Vorzügliche, Außergewöhnliche, Elitäre – ob in gesellschaftlicher, kultureller oder religiöser Hinsicht – gut genug ist, um Ort Gottes zu sein, sondern das Kleine, Marginale, das Verborgene und Unbedeutende Gottes Weisen sind, sich zu zeigen und gefunden zu werden.
Die Verwiesenheit Jesu auf Nazaret zeigt aber noch etwas Anderes. Als historisch wahrscheinlicherer Geburtsort konkurriert es mit dem theologisch aufgeladenen Betlehem. Mindestens für die matthäische und lukanische Gemeinde (also ab 80 n. Chr.) ist es unmöglich geworden, sich vorzustellen, dass nicht die Davidsstadt Betlehem, sondern das unbedeutende Nazaret Geburtsort Jesu gewesen sein soll. Für die judenchristliche Gemeinde des Mt muss der Messias dem Stamm Davids angehören und dort geboren werden, wo ihn die Verheißungen lokalisieren (Mi 5,1.3
Sich mit Nazaret zu beschäftigen, heißt damit auch für heute, sich bewusst zu werden, dass diese Welt und unsere Geschichte, und mögen sich noch so abseitig und alltäglich sein, Orte sind, an denen sich Gott zu erkennen und erfahren gibt.
1.2. Kafarnaum – Anfang und Scheitern
Kafarnaum ist trotz Jesu Herkunftsort Nazaret „seine Stadt“ (idia polis) (vgl. zum Folgenden: Bösen, 1990, 75-97). Nach dem Mk-Ev wirkt Jesus in Kafarnaum seine ersten Wunder (Mk 1,21-28
Kafarnaum versinnbildet damit die Ambivalenz, die Jesu Wirken begleitet, und markiert zugleich, wie sehr Jesus die Menschen herausfordert, sich selbst zu positionieren. Gerade dies sind auch für heute wichtige Fragen. So sehr Kafarnaum für die Erfahrung steht, dass Gott einer ist, der heilt und rettet, der in Jesus den Menschen nahe gekommen, ja einer von ihnen geworden ist, so wird in Kafarnaum auch deutlich, dass diese Taten und Worte nicht einfach für sich stehen. Sie können sich zwar vor den Augen der Menschen ereignen. Dass die Menschen sie als Zeichen der Zuwendung Gottes begreifen, braucht deren Offenheit und Zustimmung. Das war damals nicht anders als heute. Jesu Botschaft steht nicht einfach für sich, sondern provoziert zu einer eigenen Position.
1.3. Der See – Ort der Berufung und Sendung
Eine besondere Rolle in der Jesusgeschichte spielt der See von Gennesaret, der in den Evangelien einfach auch See heißt oder See von Galiläa oder bei Joh See von Tiberias genannt wird (Joh 6,1
Mk schildert die Jüngerberufung sehr schlicht und eng an das alttestamentliche Berufungsschema angelehnt (Mk 1,16-20
Zugleich sind die Grenzen, wie sie sich im Ufer geographisch ausgestalten, in den Evangelien Orte, an denen sich Jesus zeigt und an denen Menschen auf ganz neue Wege gestellt werden. Das Ufer ist in den Evangelien Ort der Berufung und Sendung. An den Ufern des Sees von Galiläa beginnt die enge Beziehung der Jünger mit Jesus und an diesem Ufer wird Jesus ihnen nach der Auferstehung nochmals begegnen und sie nochmals neu senden (Joh 21,1-14
Der See ist aber auch Ort der Predigt Jesu und „Bühne“, um Jesu Vollmacht zu zeigen. Die Stillung des Sturms (Mk 4,35-41
Sich mit dem See von Gennesaret zu beschäftigen, heißt von daher, auch für heute nachzufragen, was Berufung und Sendung heißen, was es bedeutet, dass Gott nicht eine abstrakte Masse, sondern den konkreten Menschen beruft und wie sich dies im eigenen Leben zeigen kann. Der See stellt aber auch vor Augen, dass Enge und Weite, Grenze und Zusage der Gegenwart Gottes, Macht und Gewalt, die nicht zerstören, sondern aufrichten, Spannungsverhältnisse markieren, die Jesus, seine Botschaft und sich in die Nachfolge Jesu zu stellen, begleiten. Damit veranschaulicht der See in sehr sinnenfälliger Weise, dass die Nähe zu Jesus nicht einfach nur beruhigt, sondern auch herausfordert.
1.4. Galiläa insgesamt – Das Tor zur Welt
Galiläa ist Ort für Jesu Anfänge und im Matthäusevangelium Ort der Himmelfahrt Jesu (Mt 28,16-20
2. Der Jordan – Topographischer Exkurs und theologisches Vorzeichen
Die Synoptiker, allen voran das Lk-Ev, schildern Johannes den Täufer als bedeutsame Figur für Jesus bzw. als dessen Vorläufer. Sie alle überliefern die Taufe Jesu durch Johannes im Jordan (vgl. Mk 1,1-8
Mit der Figur des Johannes und auch mit der Taufe in der südlichen Jordangegend schwingt noch ein zweiter theologischer Aspekt mit: Johannes der Täufer scheint mit seiner Predigt im Dunstkreis Qumrans und damit der Essener einzuordnen zu sein. D.h., dass deren strenge Auslegung der Tora, deren Tempel- und Aristokratiekritik über Johannes den Täufer auch an Jesus herangetragen worden ist. So sehr diese asketische Ausrichtung in den Beginn des öffentlichen Auftretens Jesu hineinspielte, so sehr setzen die Evangelien die Figur Jesu von Nazaret und seine Botschaft von Anfang an aber auch davon ab (Theißen, 2001, 138). Lk vollzieht dies mittels des Überbietungsschemas: Was an Johannes dem Täufer geschieht, wird in Jesus nochmals übertroffen (Lk 1-2
3. Unterwegs von Galiläa nach Jerusalem – Der Alltag findet im Dazwischen statt
Kann man Galiläa als Topos verstehen, an dem Jesus seine ersten öffentlichen Schritte setzt und sich seines Auftrags gewiss wird, so markiert Jerusalem den Ort der Erfüllung. Dazwischen aber liegt der Alltag, und der macht bekanntlich den größten Teil des Lebens aus – so auch beim Jesus der Evangelien. Unterwegs von Galiläa nach Jerusalem – bei den Synoptikern beschreitet Jesus nur einmal diesen Weg, bei Joh insgesamt viermal (Gnilka, 1993, 273f.) – verkündet Jesus das Evangelium, heilt Kranke, treibt Dämonen aus, sammelt weitere Jüngerinnen und Jünger und verleiht dem Reich Gottes immer mehr Gestalt.
Auf der Passage von Galiläa nach Jerusalem sollen im Folgenden exemplarisch drei Topoi näher beschrieben werden: Die nördliche Scheitelseite des Sees, und besonders der Ort der Brotvermehrung (Siebenquell = Tabgha), Caesarea Philippi am Hermon und die Dekapolis, in der Jesus viele Wunder wirkte.
3.1. Der Ort der Brotvermehrung
In den Evangelien ohne Ortsnamen versehen, sondern lediglich als Ort in einer einsamen Gegend beschrieben (Mk 6,31
Die Speisung der Fünftausend (Mk 6,30-44
3.2. Caesarea Philippi – Geographischer und theologischer Wendepunkt
Mk wählt für sein Evangelium Caesarea Philippi als geographischen und theologischen Wendepunkt. Bis dorthin wechseln sich Rede- und Tatberichte ab. In Mk 8,27-30
Was sich vorher in der Verkündigung, den Jüngerberufungen und den Wundertaten Jesu gezeigt hat, nämlich dass er der → Christus
3.3. Die Dekapolis – Region vieler Wunder
Der Zehn-Städte-Bund im Südosten Galiläas galt als heidnisches Gebiet und wird in den Evangelien als Gegend vieler Wundertaten Jesu erwähnt. Die Heilung des Besessenen in Gerasa (Mk 5,1-20
4. Wüste und (Tabor-)Berge – Extreme als Orte Gottes
Sind Galiläa einerseits und Jerusalem andererseits die Orte, zwischen denen sich das Schicksal Jesu aufspannt, so markieren die Wüste und die (Tabor-)Berge so etwas wie die Extreme darin.
Mk, der auf eine Kindheitserzählung verzichtet, beginnt sein Evangelium damit, nach der Taufe am Jordan den Aufenthalt Jesu in der Wüste zu schildern (Mk 1,12
Indem Mk und die Synoptiker Jesus in der Wüste zeichnen, rufen sie mit diesem Topos auch die alttestamentlichen Erfahrungen auf, die Israel und seine Propheten in der Wüste gemacht haben: Hier spielt die Begegnung des Mose mit JHWH im Dornbusch (Ex 3,1-14
Am Kreuz werden die Evangelisten die Wüstenerfahrung Jesu nochmals auf die Spitze treiben. Auch dort geht es um die Frage, ob letztlich die Gottabwesenheit oder die Gottesgegenwart Jesu Verhältnis zum Vater ausmacht. Dass Gott seine Nähe nicht jenseits von Wüste, Sterben und Tod zeigt, sondern auch in ihnen, mag das Erstaunliche und für das christliche Gottesbekenntnis bleibende sein. Wüste und Kreuz werden so in den Evangelien zu Topoi, die sich gegenseitig interpretieren.
Ähnliche Extremorte sind in den Evangelien die Berge: Jesus zieht sich auf den Berg zurück, um zu beten (Mk 6,46
Gerade für heute geben diese geographischen Extremorte der Wüste und der Berge zu verstehen, dass die Beziehung zu Gott nicht einfach auf der Hand liegt. Sie kennt Höhen und Tiefen, muss errungen und gesucht werden und bleibt zugleich geschenkt.
5. Jerusalem – Der Ort, an dem alles kulminiert: Ende und neuer Anfang
So viel Platz insbesondere die synoptischen Evangelien dem Wirken Jesu in Galiläa zugestehen, so bleibt Jerusalem der Ort, an dem alles auf die Spitze getrieben und wie in einem Brennglas verdichtet wird. Die Synoptiker kennen, wie schon erwähnt, nur einen Weg (des erwachsenen) Jesus von Galiläa nach Jerusalem und gestalten damit die theologische Aussage aus, dass sich das Schicksal eines Propheten in Jerusalem entscheidet. Nach dem Joh-Ev ist Jesus insgesamt viermal nach und in Jerusalem unterwegs, und dies vor allem wegen des Tempels.
Aus den vielen theologischen Aspekten, die mit dem Topos Jerusalem verbunden sind, sollen deshalb im Folgenden nur zwei herausgearbeitet werden: Jerusalem ist der Ort des Tempels und damit als religiöses und politisches Zentrum Israels für Jesus und seine Botschaft bedeutsam. Und: Jerusalem ist der Ort, an dem die Propheten sterben, und damit auch das Schicksal Jesu in seiner Passion besiegelt wird, und der durch die Auferstehungstraditionen völlig neu ausgedeutet werden wird.
5.1. Jerusalem und der Tempel – Das religiöse und politische Zentrum Israels
Der Tempel ist schon seit dem ersten Tempelbau das religiöse Zentrum Israels. Auch wenn wir heute wissen, dass der Opferkult nach der Zerstörung des ersten Tempels im Jahr 587/86 v. Chr. weiterging, wenn auch in einem reduzierten Umfang, wird der Tempel nach dem Wiederaufbau und seiner Vollendung am 1. April 515 (vgl. Bieberstein, 2016, 66f.) zum Kult- und Opferort Israels schlechthin. Zur Zeit Jesu ist er nicht nur das, sondern auch machtpolitische Zentrale und intellektueller Kultur-Ort, an dem sich Pharisäer, Schriftgelehrte und Sadduzäer theologische Wettkämpfe um die angemessene Auslegung der Gesetze lieferten. Jesus opponiert scharf gegen beides: die Ritualisierung des Tempels durch den Opferkult und die Deutungshoheit über das Gesetz, die Pharisäer, Schriftgelehrte und Sadduzäer für sich in Anspruch nehmen.
Die Erzählung der sogenannten Tempelreinigung in Joh 2,13-22
Sich mit dem Tempel und den Tempelworten in den Evangelien auseinanderzusetzen hilft, gerade diese Aspekte der Frohen Botschaft Jesu zu vergegenwärtigen.
5.2. Jerusalem – Ort der Passion und Haftpunkt der Auferstehungstraditionen
Die Tempelkritik, die mit dem Topos Jerusalem verbunden ist, ist letztlich das Hauptmotiv für die Gegnerschaft der Pharisäer zu Jesus, die – historisch gesehen –, zur Kreuzigung Jesu führte. Christologisch gedeutet, ist Jerusalem damit beides: Haftpunkt für die nun nicht mehr auf den Tempel konzentrierte Begegnung Gottes mit dem Menschen sowie Ort der Passion und der Auferstehungstraditionen.
Die Dramaturgie des Mk-Ev ist ganz von dieser Hinordnung des Weges Jesu auf Jerusalem bestimmt, wo die Propheten ihr vorherbestimmtes Schicksal erleiden und umkommen werden (vgl. auch Lk 13,33
6. Rom und darüber hinaus – Zur Universalität und Entgrenzung der Sendung
Spannen die Evangelien topographisch und auch theologisch einen Bogen von Galiläa nach Jerusalem, entwerfen die Erzählungen der Urgemeinde, wie sie in der Briefliteratur und vor allem der Apg tradiert sind, einen Bogen von Jerusalem nach Rom und darüber hinaus.
Ist Jerusalem das religiöse und machtpolitische Zentrum Israels, so ist es für die heidnische Welt Rom. Indem die Jüngerinnen und Jünger, und allen voran Paulus das Verkündigungsgebiet immer weiter ausdehnen und schließlich bis zur Zentrale in Rom kommen, wird deutlich, dass die Botschaft Jesu weder auf eine Volksgruppe, noch eine Kultur, noch Israel begrenzt bleibt. Die Botschaft Jesu ist universal und die Sendung grenzenlos. Die Schreiben an die Gemeinde in Rom (Röm) und die Reisen der Jünger nach Rom illustrieren dies beredt. Nicht mehr nur Israel, sondern die heidnische Welt und alles jenseits dieser – also jenseits von Rom (Apg) – wird zum Topos des Evangeliums. Damit aber zeigt sich, dass nicht mehr nur bestimmte Orte, sondern im Grunde die ganze Welt auch mit ihren hintersten Winkeln fähig ist, Gott zu finden.
So hat sich nunmehr exemplarisch gezeigt und konkretisiert, was dem Artikel bereits vorausgestellt wurde: Die Topographie des NT zu erkunden, ist damit nicht nur geographische oder kulturell-interessierte Neigung. Sie kann zur Weise werden, Theologie anders, ungewohnt vielleicht, aber nicht weniger ertragreich zu betreiben.
Literaturverzeichnis
- Bieberstein, Klaus, Art. Jerusalem, in: Das Wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (www.wibilex.de
), 2016 (Zugriffsdatum 20.06.2018). - Bösen, Willibald, Galiläa als Lebensraum und Wirkungsfeld Jesu, Freiburg i. Br. 2. Aufl. 1990.
- Dohmen, Christoph, Orte der Bibel. Geschichten, Entdeckungen, Deutungen, Stuttgart 1998.
- Gnilka, Joachim, Jesus von Nazaret. Botschaft und Geschichte, Freiburg i. Br. 6. Aufl. 1993.
- Hirschberg, Peter, Art. Heilige Stätten, in: Das Wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (www.wibilex.de
), 2014 (Zugriffsdatum 20.06.2018). - Pixner, Bargil, Mit Jesus durch Galiläa nach dem fünften Evangelium, Rosh Pina 1992.
- Schambeck, Mirjam, Biblische Facetten. 20 Schlüsseltexte für Schule und Gemeinde, Ostfildern 2017.
- Theißen, Gerd, Der historische Jesus. Ein Lehrbuch, Göttingen 3. Aufl. 2001.
PDF-Archiv
Alle Fassungen dieses Artikels ab Oktober 2017 als PDF-Archiv zum Download: