Struktur-Lege-Verfahren
(erstellt: Februar 2019)
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Digital Object Identifier: https://doi.org/10.23768/wirelex.StrukturLegeVerfahren.200646
1. Begriff und Entstehungskontext
Struktur-Lege-Verfahren lassen sich als empirische Forschungsmethode der qualitativen Sozialforschung zuordnen. Der Begriff „Struktur-Lege-Verfahren“ bezeichnet eine Technik, „mentale Modelle bzw. kognitive Konstrukte von Befragten gezielt in der Interviewkommunikation herauszuarbeiten“ (Kruse, 2017, 1644) und optisch darzustellen. Die optische Repräsentation basiert auf der Idee der Netzwerktechnik, bei der in einem hierarchisch organisierten Netzwerk (Map) einzelne Begriffe durch Relationen miteinander in Verbindung gebracht werden (Tergan, 1986, 36).
Die optisch repräsentierten mentalen Modelle werden im Kontext der Struktur-Lege-Verfahren als subjektive Theorien bezeichnet. Konkret können subjektive Theorien verstanden werden als:
„Kognitionen der Selbst- und Weltsicht, die im Dialog-Konsens aktualisier- und rekonstruierbar sind, als komplexes Aggregat mit (zumindest impliziter) Argumentationsstruktur, dass auch die zu objektiven (wissenschaftlichen) Theorien parallelen Funktionen der Erklärung, Prognose, Technologie erfüllt“ (Groeben/Wahl/Schlee/Scheele, 1988, 22).
Diese Definition geht auf die Vertreterinnen und Vertreter des Forschungsprogramms Subjektive Theorien zurück. Ihre Programmatik kann als zentraler Ausgangspunkt der Struktur-Lege-Verfahren gesehen werden (Kruse, 2017). In den 1980er-Jahren sind es Groeben, Wahl, Schlee und Scheele, die Legeverfahren erstmals ausführlich als empirische Forschungsmethode beschreiben. Dafür greifen sie teilweise auf bereits bestehende Verfahren zurück (Feldmann, 1979) und betten diese in einen umfassenden kognitionspsychologischen und forschungsmethodischen Kontext ein. Grundlegend ist für sie die Annahme, dass jeder Mensch in der Lage ist, aus der Auseinandersetzung mit sich selbst und seiner Umwelt Erklärungsmuster für bestimmte Ereignisse, Situationen oder Verhaltensweisen abzuleiten und sein eigenes Handeln reflexiv zu durchdringen (Scheele/Groeben, 2010). Solche Erklärungsmuster können durch die Befragten selbst mittels Struktur-Lege-Verfahren sichtbar gemacht werden. Das historisch älteste Verfahren, das im Rahmen des Forschungsprogramms Subjektive Theorien entstand, ist die Heidelberger Struktur-Lege-Technik (Scheele/Groeben, 1984). Sie ist der Ausgangspunkt für weitere etablierte Legeverfahren, beispielsweise das Alltagssprachliche Struktur-Lege-Spiel (Scheele/Groeben/Christmann, 1992).
Bereits von Beginn an werden Struktur-Lege-Verfahren vor allem in pädagogischen Handlungsfeldern eingesetzt, um die subjektiven Theorien von im Feld professionell Agierenden zu rekonstruieren. Ihre Anwendung konzentriert sich dabei auf die schulische Bildungsforschung und hier vor allem auf die subjektiven Theorien von (angehenden) Lehrpersonen (Schlee/Wahl, 1987; Mutzeck, 1988). In diesem Bereich lassen sich aktuell vor allem drei Forschungsstränge ausmachen. Das erste Anwendungsfeld bezieht sich auf subjektive Theorien zur Identität, dem eigenen Rollenverständnis und der individuellen beruflichen Entwicklung von Lehrkräften (Hollick, 2013). Der zweite Forschungsschwerpunkt nimmt die Vorstellungen von Lehrpersonen zu erziehungswissenschaftlichen und allgemein didaktisch-methodischen Themen in den Blick, beispielsweise ihre subjektiven Theorien zum Übergang von der Grundschule zur weiterführenden Schule (Pohlmann, 2009). Zum dritten Forschungsschwerpunkt lassen sich schließlich Studien zuordnen, die Lehrerinnen und Lehrer nach ihren subjektiven Theorien zur Unterrichtsgestaltung oder Lehr-Lern-Prozessen in bestimmten Unterrichtsfächern befragen (Mesaros/Diethelm, 2012).
2. Methodischer Ablauf
Der methodische Ablauf verschiedener aus dem Forschungsprogramm Subjektive Theorien hervorgegangener Struktur-Lege-Verfahren ist vergleichbar (Scheele/Groeben, 2010, 509-511). Die Rekonstruktion der subjektiven Theorie erfolgt in zwei Erhebungsphasen, die gleichzeitig zwei Sitzungen zwischen der Forscherin oder dem Forscher und der Versuchsperson darstellen. Die erste Phase konzentriert sich auf die Inhalte der subjektiven Theorie und erhebt diese mittels Interview. Die zweite Phase fokussiert die Theoriestruktur und beinhaltet das Struktur-Lege-Verfahren.
Für die erste Phase ist ein Leitfadeninterview vorgesehen. Mit dem halbstandardisierten Interview entwickelt Groeben im Rahmen des Forschungsprogramms Subjektive Theorien eine eigene Interviewform (Scheele/Groeben, 1988, 35-37). Durch hypothesen-ungerichtete Fragen, hypothesen-gerichtete Fragen und Störfragen wird der oder die Interviewte dazu angeregt, die Inhalte seiner oder ihrer subjektiven Theorie möglichst umfassend darzustellen. Konkrete Beispiele dienen dazu, die Wissensinhalte auszuführen und zu präzisieren. Vor der zweiten Phase extrahiert die Forscherin oder der Forscher aus dem Interview die ihrer oder seiner Meinung nach wichtigsten Begriffe und notiert diese auf Konzept-Karten. Das Extrahieren der Inhalte stellt einen analytischen Zwischenschritt zwischen der ersten und zweiten Phase dar (Groeben/Wahl/Schlee/Scheele, 1988, 154).
Die zweite Phase ist die Struktur-Lege-Sitzung. Beim zweiten Treffen validiert die Versuchsperson zunächst die Beschriftung der Konzept-Karten und fügt gegebenenfalls weitere Karten hinzu. Dann stellt sie zwischen den Karten eine strukturelle Ordnung her. Dies geschieht auf zweifache Weise. Erstens werden die Konzept-Karten mit Hilfe formaler Relationen untereinander verbunden. Bei der Heidelberger Struktur-Lege-Technik, dem historisch ältesten Legeverfahren des Forschungsprogramms Subjektive Theorien, stehen insgesamt 20 solcher Relationen zur Verfügung (Scheele/Groeben, 1984, 23-30). Acht kommen aus dem Bereich der definitorischen Festlegung (z.B. definitorisch identisch mit, Voraussetzung) und zwölf stellen Beziehungen im Bereich der Erklärungsstruktur dar (z.B. A bewirkt B, Abhängigkeit B von A). Die formalen Relationen sind als Symbole dargestellt, teilweise ergänzt durch Schlagworte. Zusätzlich können von der befragten Person weitere Relationen entwickelt werden, die zur Darstellung der eigenen Kognitionsstruktur erforderlich sind. Zweitens kann bei der Heidelberger Struktur-Lege-Technik die strukturelle Ordnung zusätzlich durch Vor- und Überordnung optisch dargestellt werden, wodurch Gewichtungen und Intensitäten zum Ausdruck kommen können. Der vor- bzw. übergeordneten Konzept-Karte wird immer das größere Gewicht zugesprochen. Das Ergebnis dieses Prozesses ist ein Strukturbild als optisches Abbild der subjektiven Theorie. Da es sich beim Struktur-Lege-Verfahren um eine sehr komplexe Technik handelt, erhalten die Untersuchungspartnerinnen und -partner im Vorfeld einen Struktur-Lege-Leitfaden, der das Regelwerk des Legeverfahrens an Beispielen erläutert (Scheele/Groeben, 1984, 31).
Abschließend wird das Strukturbild mit dem Legevorschlag der Forscherin oder des Forschers verglichen, das diese oder dieser vor dem zweiten Treffen erstellt hat. Die Versuchsperson kann nun entscheiden, ob und an welchen Stellen sie ihr eigenes Strukturbild verändern und an den Legevorschlag der Forscherin oder des Forschers anpassen möchte. Es kann auch eine neue Version entstehen, die beide Versuche integriert (Scheele/Groeben, 2010, 513). In diesem letzten Schritt offenbart sich der Dialog-Konsens als zentrales Prinzip für den gesamten Rekonstruktionsprozess der subjektiven Theorie. In einem ständigen Austausch zwischen Forscherin oder Forscher und befragter Person und letztendlich der Einigung auf ein Konsensbild soll der subjektiven Theorie der Versuchsperson möglichst nahegekommen werden. Ihre Zustimmung zum Strukturbild wird dabei als oberstes Validitätskriterium gesehen (Groeben/Scheele, 2000).
Ein solches zweiphasiges Legeverfahren eignet sich besonders zur optischen Darstellung subjektiver Theorien mittlerer Reichweite. Im Vergleich zu subjektiven Theorien kurzer Reichweite, die einzelne Handlungssequenzen erfassen, beziehen sie sich auf umfassende Konzepte und übergeordnete Handlungskategorien (Scheele/Groeben, 1984, 9).
3. Möglichkeiten und Grenzen
Für den Einsatz von Struktur-Lege-Verfahren sprechen verschiedene Gründe: (1) Das Struktur-Lege-Verfahren ist nicht nur eine Forschungsmethode, gleichzeitig ist es durch die historische Entwicklung im Rahmen des Forschungsprogramms Subjektive Theorien mit einer Forschungsmethodologie verknüpft. Diese kann helfen, das eigene forschungsmethodische Vorgehen an ein psychologisch fundiertes Konzept rückzubinden. (2) Der methodische Ablauf der Struktur-Lege-Verfahren ist im Rahmen des Forschungsprogramms sehr detailliert beschrieben und liefert damit dem oder der Forschenden eine solide Orientierung für die eigene Umsetzung des Forschungsvorhabens in der Praxis. (3) Das Strukturbild macht Argumentationsmuster, Gedankengänge sowie strukturelle Beziehungen zwischen einzelnen Begriffen und Konzepten explizit sichtbar. Die Untersuchungspartnerinnen und -partner sind selbst an der Erstellung dieser optischen Repräsentation beteiligt, die Struktur der subjektiven Theorie wird also nicht alleine durch die Forschenden rekonstruiert. (4) Das Struktur-Lege-Verfahren ist in seinem forschungsmethodischen Aufbau zweiphasig angelegt. Diese Anlage führt in der Regel zu zwei Treffen mit der befragten Person, was den Austausch mit den Interviewpartnerinnen und -partnern intensiviert. Struktur-Lege-Verfahren weisen den Untersuchungspartnerinnen und -partnern eine zentrale Rolle im Forschungsprozess zu und realisieren damit einen Ursprungsgedanken qualitativer Sozialforschung.
Diesen Stärken stehen aber auch Grenzen des Verfahrens gegenüber: (1) Der zweiphasig angelegte Forschungsprozess des Struktur-Lege-Verfahrens bringt einen erhöhten Zeit- und Organisationsaufwand sowohl auf Seiten der Forschenden als auch auf Seiten der Untersuchungspartnerinnen und -partner mit sich. (2) Die Erstellung der Konzept-Karten als analytischer Schritt zwischen dem Interview und der Struktur-Lege-Sitzung ist im Rahmen des Forschungsprogramms Subjektive Theorien nur angedeutet und methodisch nicht hinreichend differenziert aufgeführt. (3) Der Ablauf des Struktur-Lege-Verfahrens ist überaus komplex, denkt man beispielsweise an die große Anzahl struktureller Verbindungen. Die Struktur-Lege-Sitzung stellt deshalb für die Befragten eine große Herausforderung dar. Angesichts des komplexen Regelwerks ist fraglich, inwieweit es beim Abgleich mit dem von der Forscherin oder dem Forscher erstellten Strukturbild tatsächlich zu einem dialogischen Aushandeln kommt. (4) Schließlich wird im Rahmen des Forschungsprogramms Subjektive Theorien zwar der Ablauf des Struktur-Lege-Verfahrens sehr detailliert beschrieben, es fehlen aber konkrete Hinweise zu Analysemethoden der Strukturbilder. Gerade ein personenübergreifender Vergleich stellt eine große forschungsmethodische Herausforderung dar, beinhaltet doch jedes Strukturbild ein individuelles Set an Konzept-Konzerten.
4. Variationen und Weiterentwicklungen
Die oben beschriebenen Möglichkeiten erklären, warum Struktur-Lege-Verfahren sich mittlerweile als Forschungsmethode der qualitativen Sozialforschung fest etabliert haben. Gerade in der schulischen Bildungsforschung sind verschiedene Modifikationen entstanden, die den oben dargestellten idealtypischen Ablauf der Struktur-Lege-Verfahren innovativ weiterentwickeln, und so auch einige der beschriebenen Schwächen des Verfahrens ausgleichen können. Im Folgenden werden ausgewählte innovative Variationen skizziert. Diese betreffen vor allem drei Bereiche des Struktur-Lege-Verfahrens: Der Weg zu den Konzept-Karten, das Regelwerk zur Erstellung des Strukturbildes sowie die Dokumentation der Struktur-Lege-Sitzung.
(1) Im idealtypischen Ablauf werden die Konzept-Karten für das Struktur-Lege-Verfahren aus zeitlich vorgeschalteten Interviews gewonnen. Für jede Versuchsperson ergibt sich daraus ein individuelles Set an Karten. Bei diesem Schritt lässt sich eine methodische Variation identifizieren, bei der ein quantitativer Zugang zum Einsatz kommt. Dabei werden Fragebögen verwendet, um die nach Meinung der Befragten wichtigsten Konzepte herauszufinden. Diese werden schließlich auf den Konzept-Karten festgehalten (Gramzow, 2004). Ein solcher quantitativer Zugriff ist meist mit der Entscheidung gekoppelt, allen Befragten in der Legesitzung ein verbindliches Set an Konzept-Karten zur Verfügung zu stellen, diese also nicht individuell für jede Versuchsperson zu entwickeln. Dieses Vorgehen ermöglicht auch ein vergleichsweise großes Sample (Gastager, 2010).
(2) Bei der Wahl des Struktur-Lege-Verfahrens orientieren sich die meisten Studien an der Heidelberger-Struktur-Lege-Technik. Da diese sehr komplex ist, variieren die Forschenden deren Regelwerk. Hier lassen sich drei Vorgehen identifizieren, um das Verfahren zu vereinfachen. Erstens kann die Anzahl der zur Verfügung gestellten strukturellen Beziehungen, mit denen die Konzept-Karten verbunden werden, reduziert werden (z.B. Wiedemair, 2010). Zweitens kann den Befragten die Gelegenheit geben werden, die Anzahl der Konzept-Karten stark zu reduzieren, bevor daraus das Strukturbild erstellt wird (z.B. Merz-Atalik, 2001). Drittens besteht die Möglichkeit, bei einer großen Anzahl an Konzept-Karten darauf zu verzichten, alle mittels Strukturkarten verbinden zu lassen. Stattdessen können das strukturelle Zueinander und Verbindungen der Konzept-Karten auch durch räumliche Anordnungen (z.B. Gruppieren, Nähe und Distanz) oder andere optische Hilfsmittel (z.B. Formulieren von Überschriften auf farbigen Karten, Wollfäden) ausgedrückt werden (Kindermann/Riegel, 2016). Ein Beispiel für ein nach diesem modifizierten Regelwerk entstandenes Strukturbild kann hier (Abb. 1) eingesehen werden.
(3) Besonders bei der zuletzt genannten Variation muss kritisch angefragt werden, inwieweit die Analyse der subjektiven Theorie alleine anhand des Strukturbildes erfolgen kann. Allerdings wurden hier Möglichkeiten entwickelt, das reine optische Abbild zu ergänzen. Gramzow (2004) und Wiedemair (2010) fordern die Befragten nach vollendetem Strukturbild auf, das gesamte Bild bzw. ausgewählte Teile daraus zu kommentieren. Kindermann und Riegel (2016) zeichnen die Struktur-Lege-Sitzung mit einer Handkamera auf, so dass der gesamte Legeprozess in Ton und Bild für die Analyse der subjektiven Theorie zur Verfügung steht. Beide methodischen Variationen geben einen Einblick in die subjektive Logik, welche die Befragten selbst ihrem Strukturbild zuschreiben. Das Vorgehen von Kindermann und Riegel erlaubt es zudem, den Entstehungsprozess des Strukturbildes inklusive aller Lege- und Umlegeprozesse nachzuzeichnen und mögliche fehlende optische Verbindungen zwischen den Konzept-Karten durch verbale Erläuterungen der Versuchsperson während der Struktur-Lege-Sitzung einzuholen.
Diese methodischen Innovationen dokumentieren zum einen die Flexibilität der Struktur-Lege-Verfahren in ihrer forschungspraktischen Anwendung, können sie doch je nach Fragestellung der Untersuchung und gewählten Untersuchungspartnerinnen und -partnern individuell angepasst werden; eine Entwicklung, die auch die Vertreterinnen und Vertreter des Forschungsprogramms Subjektive Theorien von Beginn an beabsichtigt haben und die sie für die Weiterentwicklung ihres methodischen Programms als unabdingbar ansehen (Dann, 1992).
Gleichzeitig offenbaren die methodischen Weiterentwicklungen, dass die im Rahmen des Forschungsprogramms entwickelten Struktur-Lege-Verfahren in der Praxis nicht ohne weiteres umsetzbar sind und deshalb Modifikationen erforderlich machen. Dabei gilt es – beispielsweise beim ausschließlichen Einsatz von Fragebögen zur Erstellung der Konzept-Karten – stets kritisch zu hinterfragen, inwieweit diese noch mit den methodologischen Grundannahmen des Forschungsprogramms Subjektive Theorien konformgehen und tatsächlich die individuelle Selbst- und Weltsicht der Befragten abbilden. Das muss vor allem bei denjenigen Studien angezweifelt werden, bei denen das Strukturbild ausschließlich vom Forschenden erstellt und von den Befragten lediglich validiert wird (z.B. Majer, 2008).
5. Struktur-Lege-Verfahren in der religionspädagogischen Forschung
Struktur-Lege-Verfahren werden in der religionspädagogischen Forschung vergleichsweise selten eingesetzt. Seit 2000 gibt es drei größere Studien, die die subjektiven Theorien von Lehrpersonen anhand dieser Methode rekonstruieren. Gramzow (2004) befragt Lehrkräfte nach deren Gottesbildern und Gottesbeziehungen. Lehner-Hartmann (2014) untersucht die subjektiven Theorien von Religionslehrerinnen und -lehrern zu religiösem Lernen. Kindermann (2017) rekonstruiert die subjektiven Theorien von Lehrpersonen zu Unterrichtsgängen in den Kirchenraum. Die verschiedenen Fragestellungen der drei Untersuchungen zeigen, dass mittels Struktur-Lege-Verfahren sowohl Vorstellungen, die stärker unterrichtspraktisch rückgebunden sind, als auch solche, die wie beim religiösen Lernen einen höheren Abstraktionsgrad aufweisen, empirisch eingeholt werden können.
Allen drei Untersuchungen ist gemeinsam, dass das Strukturbild letztlich nur eines von mehreren Datenquellen darstellt. So ergänzt beispielsweise Lehner-Hartmann (2014) das Struktur-Lege-Verfahren um Gruppendiskussionen und verbindet damit zwei qualitative Forschungszugänge. An dieser Stelle sei noch einmal auf die methodischen Innovationen von Gramzow (2004) sowie Kindermann und Riegel (2016) verwiesen, die zusätzlich zu der im Strukturbild optisch repräsentierten subjektiven Theorie auch Erläuterungen der befragten Lehrpersonen zu diesem optischen Abbild einholen und auf diese Weise die Inhalts-Struktur-Abbildung noch einmal tiefergehend beleuchten können. Damit ist auf religionspädagogischer Seite trotz des eher verhaltenen Einsatzes eine methodisch innovative Auseinandersetzung mit Struktur-Lege-Verfahren erkennbar.
Literaturverzeichnis
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Abbildungsverzeichnis
- Strukturbild einer Religionslehrkraft an der Grundschule zum Thema „Unterrichtsgänge in die Kirche“
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