Gut / Gutes (AT)
(erstellt: April 2018)
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1. Die Begriffe „gut“, „Gutes“ und „Güter“
Das Wort „gut“ ist ein Grundbegriff unserer Sprache und unseres Denkens. Als „gut“ bezeichnet werden können einerseits Dinge, Pflanzen, Tiere oder Umstände in ihrer zweckmäßigen oder wesensgemäßen Beschaffenheit, andererseits vernunftbegabte Wesen in ihren Absichten oder Handlungen. Die Philosophie hat hier die Unterscheidung in das moralisch Gute (die Gutheit des Willens) und das ontisch Gute (die Gutheit der Dinge) eingeführt. Das Gegenteil des moralisch Guten nennen wir „böse“, das Gegenteil des ontisch Guten „schlecht“.
Der determinierte Singular „das Gute“ ist im philosophischen und theologischen Sprachgebrauch der Inbegriff des Wünschenswerten, ein von allen anzustrebendes Ziel. Hier taucht die Idee einer universalen Definition des Guten auf.
Auf der anderen Seite wissen Philosophie und Theologie um die Pluralität dieser erstrebenswerten Dinge und Werte und sprechen in diesem Zusammenhang von „Gütern“ (Singular: „das Gut“; vgl. dazu Anselm; → Gut / Güter [NT]
Keiner der philosophischen Definitionsversuche hat im neuzeitlichen Diskurs allgemeine Anerkennung gefunden: weder die metaphysische Bestimmung, wonach das Gute objektiv vorgegebene Idee (Platon) oder Zielvorstellung (Aristoteles) ist, noch die Reduktion des Guten auf streng subjektive Kategorien wie die des Angenehmen (Hedonismus) oder des Nützlichen (Utilitarismus). Aus dem sprachlich-philosophischen Befund lassen sich nur wenige konsensfähige Charakteristika für das Gute festhalten:
1. Das Gute ist keine objektiv fassbare, absolute Größe, sondern es gibt Gutes in vielerlei Beziehung. Immer ist es gut für oder in Bezug auf etwas oder jemanden. Das Gute ist also stets relational.
2. Das Gute ist keine Eigenschaft, sondern ein Werturteil und damit immer subjektiv.
3. Das Gute ist attraktiv. Es erweist sich, indem es sich als die bessere Alternative präsentiert und zwar hinsichtlich der Eignung, Zweckmäßigkeit und Funktionalität für das, was das Wesen eines Dinges bzw. Lebewesens oder den Sinn einer Handlung ausmacht.
Das heißt 4.: das Gute ist immer funktional zu bestimmen.
5. In theologischer Perspektive ist ein weiterer Punkt beachtenswert: Trotz der sinnvollen Unterscheidung in moralisch und ontisch Gutes ist das eine Wort „gut“ ein Indiz für einen inneren Zusammenhang beider Kategorien. Bemisst man das Gute am eigentlichen, wesensmäßigen Sinn und Zweck eines Dinges, einer Tat oder einer Person, bietet sich im theologischen Kontext der Begriff der „Bestimmung“ an. Er bildet die Klammer, die moralisch und ontisch Gutes zusammenhält: Etwas ist gut in dem Maße, wie es seiner Bestimmung gerecht wird.
2. Semantik der Wurzeln טוב ṭwb / יטב jṭb
Das deutsche Wort „gut“ hat im hebräischen טוֹב ṭôv sein Äquivalent. Seine Wurzel טוב ṭwb und deren Nebenform יטב jṭb werden im Alten Testament insgesamt 738-mal hebräisch, 4-mal aramäisch, außerdem in Eigennamen gebraucht:
1) Das Adjektiv טוֹב ṭôv – formal nicht immer sicher vom Verb zu unterscheiden (vgl. Stoebe, 652; Gesenius, 18. Aufl., 417) – ist in der Hebräischen Bibel ca. 562-mal belegt. Es wird oft substantiviert verwendet, meistens als Abstraktum: „etwas Gutes“ bzw. „das Gute“, so insbesondere das Femininum טוֹבָה ṭôvāh (67-mal). Das Bedeutungsspektrum der Nomina reicht von „gute Tat“, „Wohltat“ und „Güte“ über „Hab und Gut“ und „Wohlstand“ bis zu „Schönheit“, „Wohlergehen“, „Glück und Segen“.
2) Semantisch weitgehend deckungsgleich wird das Substantiv טוּב ṭûv verwendet (32-mal).
3) Das denominierte Verb טוב ṭwb mit der Nebenform יטב jṭb bedeutet im Qal (18-mal טוב ṭwb, 44-mal יטב jṭb) „gut sein“ und zwar in vielerlei Hinsicht: funktional und ethisch „angemessen“, „schön“, „angenehm“, „gelungen“, „förderlich“, im Hif. (3-mal טוב ṭwb, 73-mal יטב jṭb) „(etwas für jemanden) gut machen“ oder „Gutes bewirken“.
4) Eine Ableitung vom Kausativstamm ist מֵיטָב mêṭāv „das gute / beste Teil“ (6-mal).
5) In den aramäischen Teilen des Alten Testaments sind das Adjektiv טָב ṭāv („gut“) zweimal und die Verba טאב ṭʼb und יטב jṭb je einmal im Pe. („gut sein“) belegt.
6) Dazu kommen die Eigennamen Land Tob (4-mal), Abitub (1-mal), Ahitub (15-mal), Tob-Adonija (1-mal), Tobija (17-mal; → Tobit
Wie unser „gut“ steht das hebräische טוֹב ṭôv in ganz unterschiedlichen Bezügen: טוֹב ṭôv genannt werden können Dinge (z.B. Honig in Spr 24,13
Auch sonst finden sich in der Semantik der Derivate von טוב ṭwb zahlreiche Parallelen zum deutschen „gut“:
2.1. Ontisch und moralisch Gutes
Charakteristisch für die Sicht der Hebräischen Bibel ist die Zusammenschau von ontisch und moralisch Gutem.
2.1.1. Die gute Beschaffenheit und Eignung
Wie bei Dingen, wo es naturgemäß immer um eine Qualitätsbezeichnung geht, kann טוֹב ṭôv in Bezug auf Menschen entweder die besondere Eignung für bestimmte Aufgaben meinen: Als „gut“ gelten das Neugeborene, wenn es kräftig ist (Ex 2,2
Oder טוֹב ṭôv ist eine Bewertung des Äußeren und ist dann sachgemäß mit „schön“ oder „attraktiv“ wiederzugegeben – zuweilen ausdrücklich durch eine Constructus-Verbindung angezeigt (Gen 24,16
Beides ist nicht immer scharf zu trennen: vgl. Gen 6,2
Das sittlich Gute ist hier noch nicht im Blickfeld.
2.1.2. Das gute Befinden
2.1.2.1. Das Angenehme und Förderliche. Gute Dinge oder gute Umstände lösen Wohlbefinden beim Menschen aus. Die Wurzel טוב ṭwb beschreibt das Angenehme, das sich als das Lebensförderliche erweist.
Charakteristischerweise steht etwa das Substantiv טוּב ṭûv, das als Konkretum „Kostbares“ (z.B. Gen 24,10
2.1.2.2. Gute Lebensumstände als „Glück“. Im Sinne eines solchen umfassend guten Ergehens werden טוּב ṭûv, טוֹב ṭôv und טוֹבָה ṭôvāh im Deutschen zuweilen mit „Glück“ wiedergegeben. So besonders im → Koheletbuch
Mit einer einzigen Ausnahme (Pred 7,20
Die Einheitsübersetzung übersetzt das substantivierte טוֹב ṭôv im Koheletbuch durchgängig mit „Glück“. Schwienhorst-Schönberger (69-82) fasst das Genießen der Gaben Gottes unter dem Begriff „Glück“ zusammen, das er als Hauptthema des Koheletbuches bestimmt (ähnlich auch Naumann, 76-81) und dem griechischen Eudaimonia-Diskurs zurechnet. Beides ist nicht unproblematisch.
Zur Vorsicht mahnt die Tatsache, dass „Glück“ im modernen Sprachgebrauch entweder als Zufallstreffer oder als subjektive Erfahrung, als Glücksgefühl verstanden wird. Das erste trifft für טוֹב ṭôv gar nicht zu, das zweite nicht unbedingt.
Selbst im Koheletbuch ist das mit טוֹב ṭôv bezeichnete umfassende „Gute“ zwar sehr konkret und erfahrbar, liegt aber dennoch weder in den Dingen noch im Erleben. Entscheidend ist, dass die konkreten Erfahrungen des Guten zu Gott in Beziehung gesetzt und aus seiner Hand angenommen werden. Im Gedankenexperiment Pred 1,12-2,26
Dem deutschen „Glück“ und dem philosophischen Konzept der εὐδαιμονία eudaimonia (→ Gut / Güter [NT]
Auch an anderen Stellen bleibt die Übersetzung von טוֹב ṭôv mit „Glück“ erklärungsbedürftig. Beispielsweise ist das Vertrauen auf die Nähe Gottes in Ps 73,28
2.1.2.3. Das wohlgestimmte Herz. Auch dort, wo vom menschlichen Herzen (לֵב lev) ausgesagt ist, es sei טוֹב ṭôv, geht es nie um innere Werte, sondern immer um ein Wohlbefinden. Das „gute Herz“ steht in der Hebräischen Bibel für einen – durch Essen, Trinken und Fröhlichkeit – heiteren Gemütszustand (vgl. die entsprechenden Vokabeln im Kontext: „freuen“, „Freude“ in 1Kön 8,66
Moralisch geprägt sind dagegen das „reine“ (Ps 24,4
2.1.3. Die gute, d.h. angemessene Handlungsweise
Auch dort, wo טוב ṭwb die Taten von Menschen qualifiziert, liegt nicht unbedingt ein ethisches Urteil vor. Meistens geht es auch dabei um die Einschätzung, ob etwas förderlich oder günstig erscheint (vgl. Stoebe, 656): Worte und Botschaften sind „gut“, wenn sie den Adressaten willkommen sind und günstig erscheinen (z.B. Gen 40,16
Sogar in Gen 4,7
2.1.4. Das moralisch Gute: der gute Mensch
Das moralisch Gute rückt dort in den Blickpunkt, wo Texte von einer „guten Sache“ (דָּבָר טוֹב dāvār ṭôv) reden (vgl. 2Chr 12,12
Die moralisch gute Tat ist in der Regel gemeint, wo טוֹב ṭôv als nominales Objekt zu עשׂה ‘śh „tun“ tritt (Ez 18,18
Das Verb im Hif. bedeutet nur dort „(moralisch) Gutes tun“, wo es absolut, ohne Objekt (Gen 4,7
Der moralische Sinn steht im Vordergrund bei Wendungen wie „Gutes suchen“ (Dtn 23,7
Das gilt auch für das Gegensatzpaar טוֹב ṭôv und רָע rā‘ in 1Kön 3,9
An allen diesen Stellen geht es implizit um das vor dem Gesetz oder vor Gott Gute, das als bekannt oder erkennbar vorausgesetzt wird.
In der lebenspraktischen Perspektive der Weisheit kann auch ein prinzipielles Urteil über einen Menschen gefällt werden: Es gibt den Guten (טוֹב ṭôv: Spr 2,20
2.1.5. Der gute Gott
Wo Gott die Quelle, der Maßstab und der Lehrer des Guten ist, muss er selbst auch als „gut“ qualifiziert werden. Das geschieht meistens „in jüngeren Texten und vor allem in der Psalmensprache“ (Stoebe, 661).
Gott ist טוֹב ṭôv (Ps 25,8
Die „Gutheit“ Gottes ist aber im Hebräischen nie als abstrakte Eigenschaft verstanden (vgl. Stoebe, 662). Vielmehr ist das Gute auch hier in Relation zu sehen. Das geschieht zum Teil ausdrücklich (Ps 73,1
Gott kann das Leben, eine Lebensphase oder eine konkrete Situation im Leben von Menschen „gut machen“ (oft יטב jṭb Hif.: Gen 32,10
2.2. Das Gute ist relational
Das absolute Gute ist nicht empirisch dingfest zu machen, weder in der Philosophie noch in der Bibel. Vielmehr ist das Gute in vielerlei Beziehung und mancherlei Hinsicht je konkret zu bestimmen.
Ein beredtes Zeugnis davon legen die 71 Belege ab, wo eine Form von טוב ṭwb / יטב jṭb in Relation zu einem mit לְ lə eingeführten, indirekten Objekt näher bestimmt, also der Nutznießer des Guten ausdrücklich genannt wird: „gut für jemanden oder etwas“ (Gen 2,9
2.3. Das Gute ist relativ
Dass Gutes immer nur in seinen konkreten Bezügen bestimmt werden kann, gilt nicht nur hinsichtlich seiner Nutznießer, sondern auch hinsichtlich seines Maßes. Das Gute ist nicht nur relational, sondern auch relativ: Es gibt mehr oder weniger Gutes. Neben den Gegensatz von „gut“ und „böse“ bzw. „gut“ und „schlecht“ tritt also die Alternative „gut“ und „weniger gut“ bzw. „gut“ und „besser“. Das Abwägen des relativ Besten spielt in der biblischen Weisheitstradition eine wichtige Rolle, wie die Besser-als-Sprüche zeigen:
Weisheit ist besser (טוֹב מִן ṭôv min) als Stärke (Pred 9,16
Auch Anmut ist besser als Silber und Gold (Spr 22,1
Ein Tag im Tempel ist besser als tausend ohne Gottesdienst (Ps 84,11
Durchs Schwert sterben ist besser als zu verhungern (Klgl 4,9
Gottes Gnade ist besser als das (Weiter-)Leben ohne sie (Ps 63,4
Auf Gott hören ist besser als Opfer darbringen (1Sam 15,22
An allen diesen Stellen erweist sich das Gute als die bessere Alternative. Diese Definition entspricht dem philosophischen Befund (s.o. 1., Punkt 3).
2.4. Das Gute ist subjektiv
„Gut“ beschreibt keine wahrnehmbare Eigenschaft, sondern ist eine Bewertung. Wie jede andere ist auch die Beurteilung als „gut“ subjektiv.
2.4.1. Was für den einen gut ist, muss es für einen anderen noch lange nicht sein. Das gilt auch für das hebräische טוב ṭwb, das „ganz allgemein die positive subjektive Stellungnahme zu einem Sachverhalt bezeichnet, wobei oft offenbleibt, ob diese Entscheidung richtig ist“ (Stoebe, 656).
Nicht zufällig ist im Alten Testament 59 Mal die Redefigur „gut in den Augen von…“ (טוֹב בְּעֵינֵי ṭôv bə‘ênê …) belegt (Gen 16,6
Ob nun gute Dinge, gute Taten oder gute Menschen – immer sind sie für jemanden, nach seiner oder ihrer Einschätzung „gut“. In den Augen anderer aber kann die Beurteilung abweichen: → David
Zuweilen braucht das Gute Überzeugungskraft, um als solches akzeptiert zu werden: König David lässt sich von Abner sagen, was in den Augen der Nordstämme und der Benjaminiten „gut“ (טוֹב ṭôv) ist (2Sam 3,19
Selbst Gottes Urteil ist in diesem Sinne subjektiv, etwa wenn er in Gen 1,31
2.4.2. Manchmal kann also etwas „gut“ genannt werden, obwohl die äußeren Bedingungen zunächst das Gegenteil vermuten lassen:
Die Israeliten behaupten, die Sklaverei in Ägypten sei „gut“ (טוֹב ṭôv) gewesen – jedenfalls im Verhältnis zu den Beschwernissen der Gegenwart (Ex 14,12
David sieht Gutes (טוֹב ṭôv) in der Flucht ins Philisterland (1Sam 27,1
Auch das Leben in Judäa nach der Eroberung durch die Babylonier kann „gut sein“ (יטב jṭb Qal), selbst wenn die Meinungen darüber auseinander gehen (2Kön 25,24
Ein zutiefst persönliches Urteil fällt der Beter in Ps 119,71
Gottes Gnade kann als höheres Gut (טוֹב מִן ṭôv min) gelten als das Leben (Ps 63,4
2.4.3. Was טוֹב ṭôv ist, muss noch nicht einmal moralisch gut sein. Das Gegenteil ist der Fall bei Abrahams Notlüge in Gen 12,13
Selbst willkürliche Gewalt kann „gut in jemandes Augen“ genannt werden: Saras Eifersucht auf Hagar (Gen 16,6
Zur theologischen Eindämmung einer willkürlichen Bestimmung des Guten s.u. 4.2.
2.5. Das Gute ist funktional definiert
Bestimmend für die Semantik von טוב ṭwb / יטב jṭb ist vor allem der funktionale Aspekt: „Am häufigsten ist auch im AT die zweckimmanente Bedeutung für ṭôb. Unter dem Aspekt der Eignung oder des Nutzens einer Sache oder Person liegt der Schwerpunkt dabei auf dem funktionalen Aspekt als etwas, das in der rechten Ordnung steht, seinem Wesen, d.h. seiner Aufgabe, entspricht.“ (Höver-Johag, 324; vgl. Gordon, 353: „a state or function appropriate to genre, purpose, or situation“).
In Bezug auf Dinge ist es das Taugliche, Zweckdienliche und in seiner Wirkung Angenehme.
Die Bäume in Gen 2,9
Etwas „gut“ zu tun bedeutet nicht unbedingt sittlich gut, sondern es sachgemäß, kunstfertig oder sorgfältig zu tun (so mit טוב ṭwb Hif.: Ex 30,7
Die therapeutische Musik tut Saul gut (1Sam 16,16.23
Auch die ethisch gute Tat hat im alttestamentlichen Verständnis einen starken funktionalen Aspekt. Für den Menschen, sein Wollen und Tun, ist das Gute vor allem das Lebensdienliche. Wo er vor die Alternative gestellt wird, zwischen Gut und Böse zu wählen, hat er zu entscheiden, „was dem Leben nützt und was ihm schädlich ist, ohne daß zunächst eine moralische Beurteilung erfolgt“ (Stoebe 1971, 659).
In diesem Sinne ist auch der Name des → Paradiesbaumes
Beim Tun des Guten geht es im alttestamentlichen Sinne nicht um die Aufrechterhaltung bleibender Werte, sondern immer wieder um ein aktives Entscheiden und Tun. Die Wahl des Guten wird deshalb sehr treffend als das Beschreiten eines Weges beschrieben: Das Gute hat eine Funktion, ein Ziel. Es dient dem Leben (s.u. 4.3.).
Weil für den Erhalt des Lebens eine funktionierende Gesellschaft notwendig ist, ist das Gute auch das Gemeinschaftsfördernde. Die oft parallel zu טוב ṭwb / יטב jṭb verwendeten Begriffe מִשְׁפָּט mišpāṭ „Recht“ und צֶדֶק ṣædæq bzw. צְדָקָה ṣədāqāh „gerechtes / gemeinschaftsgerechtes Verhalten“ (s.u. 4.2.) sind nur der konkrete Ausdruck einer grundlegenden Einsicht: Gut ist, was Gemeinschaft schafft und erhält. Böse ist, was die Gemeinschaft stört.
2.6. Das Gute ist Oppositum zu רעע r‘‘ „böse / schlecht“
Bei aller Relativität und Subjektivität gibt es für das Gute eine eindeutige Richtungsvorgabe. Die gilt auch für das hebräische טוֹב ṭôv: Es ist in der Gegenrichtung des Bösen bzw. Schlechten (im Hebräischen beides רעע r‘‘ → Sünde / Sünder
In der Sprache der → Weisheit
Zum „guten bzw. bösen Weg“ und zur Entscheidung zwischen Gut und Böse s.u. 4.3. und 4.4.; allgemein zum Kontrastbezug von טוֹב ṭôv „gut“ und רַע ra‘ „böse“ im Alten Testament → Sünde / Sünder
3. Hebräische Synonyme für טוב ṭwb / יטב jṭb
3.1. Ausdrücke für Akzeptanz und positive Bewertung: Werte, Güter, Tugenden
Neben Ableitungen der Wurzeln טוב ṭwb / יטב jṭb treten Lexeme, die spezielle Aspekte des Gutseins beschreiben:
Formal entsprechen dem funktionalen und zugleich subjektiven Charakter des Guten Begriffe, die Akzeptanz ausdrücken, wie „gefallen“ (רצה rṣh / רָצוֹן rāṣôn, חפץ ḥpṣ, מצא חֵן mṣʼ ḥen), „angenehm / lieblich sein“ (נעם n‘m / נָעִים nā‘îm, ערב ‘rb III, נאה nʼh), „wählen / erwählen“ (בחר bḥr), „lieben“ (חשׁק ḥšq, אהב ʼhb, יָדִיד jādîd) oder „sich gütlich tun / genießen“ (ענג ‘ng).
Inhaltlich finden sich Überschneidungen bei Eigenschaften, die immer wieder als gut bewertet werden und als moralische Werte und Tugenden gelten:
1) „Gerechtigkeit / Gemeinschaftstreue“ (Wurzel צדק ṣdq): in Verbindung mit טוב ṭwb / יטב jṭb in Jer 22,15
2) „Aufrichtigkeit / Rechtschaffenheit“ (Wurzel ישׁר jšr): in Verbindung mit טוב ṭwb und ישר in Dtn 6,18
3) „Recht“ (מִשְׁפָּט mišpāṭ): in Verbindung mit טוֹב ṭôv in Jes 1,17
4) „Wahrheit / Treue“ (אֶמֶת ʼæmæt): in Verbindung mit טוב ṭwb / יטב jṭb in 2Kön 20,3.19