Medien
(erstellt: Januar 2015)
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Digital Object Identifier: https://doi.org/10.23768/wirelex.Medien.100024
1. Der Begriff „Medien“
Ein Leben ohne Medien ist nicht vorstellbar, denn der Zugang zur Welt ist zumeist medial vermittelt und weniger auf direkte Erfahrungen gestützt. Im allgemeinen Sprachgebrauch werden dabei unter Medien → (
Ein solch triadischer Medienbegriff verdeutlicht, dass erstens Kommunikation, Verständigung und auch Lernen grundlegend auf Medien angewiesen sind (→ Lerntypen
2. „Medien“ im theologischen Horizont
Wenn der Zugang zur und die Kommunikation über Realität grundlegend medial geprägt sind, dann sind auch → Religion
Dabei ist das Maß des Mediums im Christentum die christliche Botschaft selbst. Die Vermittlung der Botschaft kann an ihrer richtig verstandenen Medialität gemessen werden, denn sie ist als Botschaft nicht für sich da, sondern zuinnerst adressiert (Trocholepczy, 2004, 35). So lässt sich sowohl das Verständnis der Selbstoffenbarung Gottes in Jesus Christus als auch jenes der Vermittlung und Tradierung seiner Botschaft durchgängig als Ringen um mediale Konstruktionen deuten.
Medientheoretische Reflexionen sind dem Christentum somit zutiefst zu eigen. Dabei geht es im Kern weniger um die Frage, dass Medien respektive mediale Repräsentation einen Platz in der Tradierung und Vermittlung des Christentums besitzen, sondern vielmehr wie diese konstituiert und interpretiert werden. Ein theologisch verantwortetes Sprechen von der Medialität der Offenbarungsbotschaft Gottes impliziert somit immer zugleich von dem entsprechenden Medienbegriff Rechenschaft abzulegen und angemessene Medien für dessen Kommunikation zu suchen.
3. Medienpädagogik
3.1. Aufgaben und Ziele
Eine Suche nach angemessenen Medien für religiöse Kommunikation und Bildungsprozesse (→ Bildung, religiöse
Entfaltet man diese zentrale Zielsetzung näher, dann können unter den vorliegenden zahlreichen medienpädagogischen Entwürfen folgende Ziel- und Kompetenzfelder als konsensfähig herausgestellt werden: 1. Bewahren: Heranwachsende vor entwicklungsschädlichen medialen Einflüssen schützen, z.B. durch Jugendschutzbestimmungen; 2. Informieren: Kenntnisse über Medien vermitteln, über Medien aufklären; 3. Sensibilisieren: reflektierten Umgang mit Medien ermöglichen; 4. Aktivieren: Medien selbst erstellen und aktiv verwenden, insbesondere in der außerschulischen Jugend- und Erwachsenenbildung (Hüther/Schorb, 2005, 269-272; Hoffmann, 2003, 30).
3.2. Mediendidaktik
Wenn man unter Medienpädagogik die Gesamtheit aller pädagogisch relevanten Überlegungen zu Medien fasst, dann ist die Mediendidaktik ein Teilbereich der Medienpädagogik und fokussiert sich auf Lehren und Lernen mit und über Medien. Dass mit Medien, insbesondere wenn sie unterschiedliche Sinne ansprechen, ein höherer Lerneffekt eintritt, gilt als didaktischer Gemeinplatz, für den es allerdings bislang keine umfassenden empirischen (→ Empirie
Erfolgreiches Lernen mit und über Medien ist somit ein äußerst komplexes Geschehen. Didaktische Überlegungen zum Umgang mit Medien in institutionalisierten Lernprozessen müssen daher von der Interdependenz folgender Faktoren ausgehen: 1. Thema/Inhalt; 2. Ziele/Kompetenzerwerb; 3. Gestaltungsmerkmale des Mediums (didaktische, inhaltliche, formale Eigengesetzlichkeit); 4. Methoden/Sozialformen; 5. soziokulturelle und individuelle Lehr- und Lernvoraussetzungen; 6. Rahmenbedingungen des Lernens (Ort, Zeit, etc.). Erst im Horizont dieser Wechselwirkungen ist ein sachangemessener, didaktisch sinnvoller Umgang mit Medien im Unterricht möglich (→ Unterrichtsplanung
4. Medienpädagogik in religionspädagogischer Perspektive
Sowohl in theologischer (vgl. 2.) als auch medienpädagogischer und -didaktischer (vgl. 3.) Sicht ist somit die mediale Vermittlung und Aneignung der christlichen Botschaft keine nachgängige, sondern zentrale Fragestellung. Medien sind nicht allein Mittel zum Zweck, um Lernziele oder Kompetenzen zu erlangen, sondern Religion und Christentum werden – wie Realität allgemein – über Medialität überhaupt erst zugänglich. Medienpädagogische und -didaktische Grundfragen sind somit auch religionspädagogische Grundfragen. Im Folgenden sollen daher die interdependenten didaktischen Faktoren (vgl. 3.2.) in religionspädagogischer Perspektive näher entfaltet werden, und damit zugleich ein Grundgerüst für einen medienpädagogisch und religionspädagogisch sensiblen Umgang mit Medien erstellt werden (→ Bildung, mediale
Thema/Inhalt: Religion kann – auch in religiösen Lehr-Lernprozessen – nur medial vermittelt und kommuniziert werden. Gelernt wird jedoch aus Sicht der Medienpädagogik nicht nur mit, sondern auch über Medien. In religionspädagogischer Perspektive ist diesbezüglich das Bilder- respektive „Medienbildverbot“ (Pirner, 2013, 284f.) hervorzuheben. Medien im jüdisch-christlichen Kontext explizit zum Thema oder Inhalt zu machen bedeutet, deren Medialität zu fokussieren. Medien präsentieren in der Regel nicht das Abwesende, sondern repräsentieren es. Medien werden somit nicht zu „Idolen“, zum „Goldenen Kalb“, sie sind nicht Selbstzweck, sondern Vermittler (des Göttlichen). Dass ein solches Medienverständnis theologisch an seine Grenzen stößt (z.B. in Hinblick auf Sakramente) sei hier nur am Rande erwähnt (→ Bilder
Ziele/Kompetenzen: Medienpädagogik zielt auf die Information über Medien mit grundlegend aufklärerischem Fokus. Aus Sicht religiösen Lernens und → religiöser Bildung
Gestaltungsmerkmal von Medien: Der didaktische Einsatz von Medien hat deren Eigengesetzlichkeiten zu reflektieren. Medien besitzen (implizite, „heimliche“) Strukturen, die (religiöse) Lernprozesse deutlich prägen, was zwei Beispiele verdeutlichen. Ein Sachtext (→ Textarbeit
Methoden/Sozialformen: Um Medien kompetent zu erschließen und zu verwenden, bedarf es methodischer Kenntnisse. So gibt es unterschiedliche Methodiken, → Filme
Individuelle und soziokulturelle Lehr-Lernvoraussetzungen: In einer durch und durch mediatisierten Gesellschaft wird zum einen Religion und Religiosität auch von nicht religiösen oder kirchlichen Medien thematisiert, zum anderen bedienen sich religiöse und kirchliche Organisationen unterschiedlichster Medien zur Kommunikation ihrer Botschaft. Medien spielen in der religiösen Bildung und Sozialisation (→ Sozialisation, religiöse
Rahmenbedingungen religiösen Lehren-Lernens: Der Umgang mit (religiös relevanten) Medien unterscheidet sich an schulischen respektive außerschulischen Lernorten. Während der Einsatz von Medien in der Schule vielfach rezeptiv und analytisch erfolgt, ist dieser an außerschulischen Lernorten (kirchliche, kulturelle Jugendarbeit, Vereine, Ferienfreizeiten und vieles mehr), verstärkt erlebnis- oder handlungsorientiert (Filmnacht organisieren, Flyer für Zeltlager gestalten, und vieles mehr; → Erlebnispädagogik
Literaturverzeichnis
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- Hoffmann, Bernward, Medienpädagogik, Paderborn 2003.
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- Peirce, Charles S., Phänomen und Logik der Zeichen, Frankfurt a. M. 2. Aufl. 1993.
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- Pirner, Manfred L., Medienweltorientierte Religionsdidaktik, in: Grümme, Bernhard/Lenhard, Hartmut/Pirner, Manfred L., Religionsunterricht neu denken. Innovative Ansätze und Perspektiven der Religionsdidaktik, Stuttgart 2012, 159-172.
- Pirner, Manfred L./Breuer, Thomas (Hg.), Medien – Bildung – Religion. Zum Verhältnis von Medienpädagogik und Religionspädagogik in Theorie, Empirie und Praxis, München 2004.
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- Werbick, Jürgen, Das Medium ist die Botschaft. Über einige wenig beachtete Implikationen des Begriffs der „Selbstoffenbarung Gottes" – im Blick auf die Auseinandersetzung um die fundamentalistische Versuchung im Christentum, in: Werbick, Jürgen (Hg.), Offenbarungsanspruch und fundamentalistische Versuchung, Freiburg i. Br. 1991, 187-245.
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