Wie es zur Braille-Bibel auf Acholi kam – und warum auch blinde Menschen eine Bibel in ihrer Muttersprache brauchen
Alles begann auf einer Weihnachtsfeier vor zwei Jahren. Am 19. Dezember 2019 lud die Bibelgesellschaft von Uganda im Rahmen ihres Engagements für Menschen mit Sehbehinderungen Gemeindeleitende und Betroffen zu einer Feier ein. Ein blinder Mann las dabei laut auf Englisch aus der Bibel vor. Die anwesenden Pastoren und Pfarrerinnen waren beeindruckt und es inspirierte sie so, dass sie bald selbst sehbehinderte Menschen in ihren Gemeinden darum baten, die Schriftlesung zu übernehmen.
Ungefähr ein Jahr später plante Bischof Johnson Gakumba in der Northern-Region einen großen Gottesdienst, bei dem neue Geistliche ordiniert werden sollten. Er wollte, dass ein blindes Gemeindemitglied eine der Lesungen bei diesem wichtigen Ereignis übernahm.
Die Bibelgesellschaft schlug Patrick Owiyo vor, der sich entsprechend vorbereitete. Doch als der Gottesdienst begann, wurde ihm klar, dass alles in der lokalen Sprache Acholi stattfinden würde. Er selbst war auch Acholi-Sprecher, allerdings würde er seine Lesung auf Englisch halten müssen – denn er hatte nur eine Braille-Bibel auf Englisch. Als sein Auftritt kam, entschuldigte er sich bei den Anwesenden, dennoch applaudierten alle und freuten sich über seinen Beitrag.
Wenig später bat Patrick bei Bischof Gakumba und der Bibelgesellschaft um die Braille-Bibel auf Acholi, damit nicht nur sehende, sondern auch blinde Menschen die Bibel in ihrer Muttersprache lesen könnten. Insgesamt gibt es 1,6 Millionen Acholi-Sprecher in der Northern-Region Ugandas und Teilen des Südsudan.
Bis zum Erscheinen der Braille-Bibel mussten er und andere Braille-Leser weiter sehende Menschen darum bitten, ihnen die entsprechende Passage wieder und wieder vorzulesen, damit sie sie selbst auf Braille transkribieren konnten. Denn erfreulicherweise luden mittlerweile mehr und mehr Gemeinden blinde Menschen dazu ein, die Schriftlesung zu übernehmen. Doch es blieb ein mühsames Unterfangen und immer wieder kam es zu Problemen, weil eine falsche Bibelstelle genannt worden war oder die Passage im letzten Moment geändert wurde.
Im März 2021 begann die Bibelgesellschaft damit, die gesamte Acholi-Bibel in Brailleschrift zu transkribieren. Am 20. November wurde sie schließlich veröffentlicht. Hunderte Leute kamen zusammen, um sie begeistert willkommen zu heißen.
Der blinde Schüler Peter Angelo war dabei und freute sich, endlich selbst die Bibel in seiner Muttersprache lesen zu können. „Ich werde dadurch immer mehr verstehen und auch anderen Gottes Wort in unserer Muttersprache erklären können“, sagte er lächelnd.
Korrekturleser Denis Komakech betonte, wie wichtig es sei, dass es Braille-Bibeln auch in lokalen Sprache gebe: „Durch diese Blindenbibel auf Acholi haben wir die Möglichkeit, Lesungen im Gottesdienst und bei öffentlichen Veranstaltungen zu übernehmen. Dadurch beginnen andere, den Wert von Menschen zu sehen, die sehbehindert sind. Es hilft dabei, Vorurteile zu überwinden.“ Auch seien blinde Menschen nicht länger von anderen abhängig, wenn sie Gottes Wort lesen und auslegen wollten.
Der Bibelgesellschaft von Uganda ist es ein Anliegen, dass alle die Bibel in ihrer Muttersprache und im passenden Format erhalten können. Bislang gibt es die Bibel in Brailleschrift auf Englisch und in drei weiteren lokalen Sprachen Ugandas. Doch die Bibelgesellschaft braucht dafür auch Unterstützung: Eine Braille-Bibel besteht aus 40 Bänden und kostet im Druck ungefähr 600 US-Dollar.
Dass Patrick Owiyo, der den Anstoß zur Braille-Bibel auf Acholi gab, das Wort Gottes nun selbst studieren kann, hat zu einer großen Entscheidung in seinem Leben geführt: Er möchte Pastor werden und hat mit dem Studium begonnen. Wenn er fertig ist, wird er der erste ordinierte Geistliche mit Sehbehinderung in Uganda sein.
Basierend auf einem Bericht von Alfred Angudubo, Mitarbeiter der Bibelgesellschaft von Uganda